BT-Drucksache 14/2428

Weltweite Verbesserung der Haftbedingungen

Vom 15. Dezember 1999


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

15. 12. 99

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg), Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Irmer, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Hans-Michael Goldmann, Dr. Karlheinz
Guttmacher, Klaus Haupt, Walter Hirche, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb,
Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Jürgen W. Möllemann, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Irmgard
Schwaetzer, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Dieter Thomae und der Fraktion der F.D.P.

Weltweite Verbesserung der Haftbedingungen

Nach übereinstimmenden Berichten des Internationalen Komitees des Roten
Kreuzes (IKRK), Amnesty International und anderen Nichtregierungsorganisa-
tionen haben sich die Haftbedingungen in jüngster Zeit weltweit dramatisch
verschlechtert. Unmenschliche, erniedrigende Behandlung, katastrophale hygi-
enische Verhältnisse, zunehmende Gewalt und systematische Folter sind in vie-
len Ländern an der Tagesordnung. So sind beispielsweise der Internationalen
Gesellschaft für Menschenrechte zahlreiche Gefangene namentlich bekannt,
die aus Verzweiflung über die furchtbaren Haftbedingungen in kubanischen
Gefängnissen Selbstmord begangen haben. Amnesty International berichtet
über menschenverachtende Bedingungen u. a. in kenianischen, ruandischen
und kasachischen Gefängnissen, in denen Häftlinge auf derart kleinem Raum
zusammengepfercht werden, dass dem Einzelnen zum Teil weniger als ein
Quadratmeter zur Verfügung steht. In der Mongolei sollen jährlich Hunderte
von Gefangenen an Unterernährung und Tuberkulose sterben. In China befin-
den sich gegenwärtig Dutzende von weiblichen Mitgliedern der Falun-Gong-
Bewegung im Hungerstreik gegen menschenunwürdige Haftbedingungen. In
den russischen Strafvollzugsanstalten, in denen sich ca. eine Million Menschen
befinden, herrschen laut Amnesty International ebenfalls Krankheit, Unterer-
nährung und Gewalt. Laut türkischem Menschenrechtsverein IHD werden in
türkischen Gefängnissen immer wieder Inhaftierte zu Tode geprügelt, die ge-
gen die inhumanen Haftbedingungen protestieren. Aber auch in Haftanstalten
einiger westeuropäischer Länder gehört Gewaltanwendung zur alltäglichen
Praxis, vor allem in der Polizeihaft.

An völkerrechtlichen Normen, die zur Einhaltung von Mindeststandards für die
Behandlung Strafgefangener verpflichten, mangelt es nicht. Der Internationale
Pakt für bürgerliche und politische Rechte verpflichtet die Staaten in Artikel 10
zur menschenwürdigen Behandlung von Strafgefangenen. Die von dem VN-
Kongress über die Behandlung von Strafgefangenen 1955 angenommenen
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„Standardregeln“ beinhalten spezifische Vorschriften über die Unterbringung,
medizinische Versorgung und Behandlung von Gefangenen. Ähnliche Vor-
schriften finden sich in den „VN-Regeln über den Schutz jugendlicher Straf-
gefangener“ von 1990. Völkerrechtlicher Anspruch und Realität klaffen jedoch
weit auseinander. Die Internationale Konvention über die Folter ist zwar von
der überwiegenden Zahl der Staaten unterzeichnet worden, ihre Ratifizierung
kommt jedoch nur schleppend voran, weil viele Staaten davor zurückscheuen,
die Täter und ihre Hintermänner persönlich zur Rechenschaft zu ziehen. Zur
Umsetzung der Konvention ist neben der Ratifizierung auch die Annahme
eines Zusatzprotokolls erforderlich, das in Analogie zur Europäischen Anti-
folterkonvention Inspektionen in Haftanstalten der Mitgliedstaaten zulässt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Können aus der Sicht der Bundesregierung die Berichte des IKRK, von
Amnesty International und anderen Nichtregierungsorganisationen bestätigt
werden, wonach sich die Haftbedingungen weltweit zunehmend verschlech-
tern?

2. Welche Maßnahmen sind vor der Bundesregierung im Rahmen ihrer Men-
schenrechtspolitik unternommen worden, um diesem Trend entgegenzu-
wirken?

3. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung insbesondere, um
dem völkerrechtlich kodifizierten Gebot einer menschenwürdigen Behand-
lung von Strafgefangenen Geltung zu verschaffen?

4. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung in diesem Zusammen-
hang, um Unterstützung für die Annahme eines Zusatzprotokolls für die
UNO-Konvention gegen die Folter zu finden, mit dem Inspektionen in Haft-
anstalten zugelassen würden?

5. Welche Rolle spielt die Gewährleistung menschenwürdiger Haftbedingun-
gen bei der Gestaltung der bilateralen Beziehungen allgemein und insbeson-
dere bei der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit?

Berlin, den 14. Dezember 1999

Hildebrecht Braun (Augsburg)
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Irmer
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb

Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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