BT-Drucksache 14/2297

Innovationspotential moderner Technologien für mittelständische Pflanzenzüchter erhalten

Vom 1. Dezember 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2297
14. Wahlperiode 01. 12. 99

Antrag
der Abgeordneten Ulrich Heinrich, Ulrike Flach, Marita Sehn, Hildebrecht Braun
(Augsburg), Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth),
Rainer Funke, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig,
Dr. Irmgard Schwaetzer, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der F.D.P.

Innovationspotential moderner Technologien für mittelständische
Pflanzenzüchter erhalten

Der Bundestag wolle beschließen:

Die vor allem mittelständisch geprägte Pflanzenzüchtung ist ein wichtiger Sek-
tor der deutschen Landwirtschaft, die einen erheblichen Teil zum Gesamtein-
kommen der Landwirtschaft beiträgt, hochqualifizierte Arbeitsplätze sichert
und einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leistet.

Der Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Ausschussdrucksache
14/108) legt den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, For-
schung, Technologie und Technikfolgenabschätzung vom 8. Juli 1998 (Druck-
sache 13/11253) einseitig aus.

Die moderne Landwirtschaft wird als Verursacher der Verringerung der biologi-
schen Vielfalt kritisiert und besonders die gentechnisch unterstützte Pflanzen-
züchtung dafür verantwortlich gemacht. Der Bericht dagegen stellt eindeutig
dar, dass die gentechnisch unterstützte Pflanzenzüchtung keinen nachweisbaren
Einfluss auf die Biodiversität hat.

Die Rio-Konferenz und die Agenda 21 unterstreichen die Bedeutung der Nach-
haltigkeit. Moderne Technologien und Methoden in der Pflanzenzüchtung spie-
len gerade unter dem Gesichtpunkt der Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Un-
ter Ausnutzung der sich aus den Zukunftstechnologien bietenden Vorteilen und
Möglichkeiten lassen sich die begrenzten Ressourcen schützen und die Ernäh-
rung einer stetig wachsenden Bevölkerung sicherstellen. Verschiedene gesetz-
liche Änderungen vor allem in Deutschland tragen dieser neuen Entwicklung
bereits Rechnung. So hat die konventionelle Landwirtschaft durch die Beach-
tung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis einen erheblichen Beitrag zum
Umweltschutz geleistet. Die gute fachliche Praxis spiegelt den fachlich aner-
kannten Status quo wider. Bereits heute stellt das Pflanzenschutzgesetz in § 2a
Abs. 1 einen Bezug zwischen guter fachlicher Praxis und integriertem Pflan-

Drucksache 14/2297 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

zenschutz her, indem es die Beachtung der Grundsätze des integrierten Pflan-
zenschutzes vorschreibt.

1. Der Deutsche Bundestag lehnt eine einseitige Hervorhebung des sog. Ökolo-
gischen Landbaus – insbesondere gegenüber dem integrieten Pflanzenbau
und auch gegenüber der konventionellen Landwirtschaft – ab. Beide Wirt-
schaftsweisen können den Forderungen einer nachhaltigen Wirtschaftsweise
entsprechen. Dies entspricht auch den Grundsätzen für die Durchführung der
guten fachlichen Praxis, „die nur Methoden einschließt, die praktikabel und
unter Beachtung wirtschaftlicher Aspekte anwendbar sind“, wie es z. B. das
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in seiner
Publikation „Gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz“ vom November 1998
formuliert. Der Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ignoriert die wirtschaftlichen Aspekte dagegen völlig.

2. Der Deutsche Bundestag lehnt eine Einschränkung der Forschungsförderung
von wirtschaftlich bedeutenden Pflanzen ab. Damit wären ernährungspoli-
tisch wichtige Pflanzen betroffen und die wesentlichen Forschungsgebiete
der Pflanzenzüchter eingeschränkt. Eine Ausdehnung der Förderung zur sys-
tematischen Untersuchung wildlebender Pflanzen hinsichtlich ihrer Nut-
zungseignung darf nicht zu Lasten der bisherigen Forschungsförderung ge-
hen.

Im Interesse der Landwirtschaft, Pflanzenzüchtung, Forschung und Entwick-
lung muss das bisher noch ungenutzte Potential von nachwachsenden Roh-
stoffen möglichst optimal ausgenutzt werden. Mit Hilfe der Gen- und Bio-
technologie lassen sich vor allem für den Arznei- und Lebensmittelsektor
maßgeschneiderte Pflanzen mit den gewünschten Inhaltsstoffen produzieren.
Dadurch ergeben sich neue Absatzchancen und -märkte und die Wettbe-
werbs- sowie Einkommenssituation der betroffenen Wirtschaftsbereiche wird
deutlich verbessert. Schließlich sind nachwachsende Rohstoffe ökologisch
besonders wertvoll und interessant. Das Beispiel des Einsatzes von Schmier-
ölen und Hydraulikfetten auf pflanzlicher Basis in umweltsensiblen Berei-
chen, wie z. B. Wasserschutzgebieten, beweist dies eindrucksvoll.

Daher muss die Forschungsförderung für nachwachsende Rohstoffe auch
weiterhin auf eine breite Wertschöpfung in der Landwirtschaft, auf Innova-
tions- und Arbeitsplatzentwicklung ausgerichtet sein. Eine Verengung der
Förderung auf ökologische Kriterien lehnt der Deutsche Bundestag ab.

3. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit müssen angepasste und nach-
haltige Anbaumethoden gefördert werden. Dabei spielen Gen- und Biotech-
nologie eine große Rolle. Die Forschung zur Entwicklung von gentechnisch
veränderten Pflanzenarten für Grenzertragsböden ist zu intensivieren. Die
Absenkung der Mittel für die internationalen Agrarforschungsinstitute durch
die Bundesregierung ist ein falsches Signal.

Die Förderung von In-situ-Maßnahmen für alle Kulturarten und Sorten kann
zu einer Kostenexplosion führen, da diese erheblich teurer als Ex-situ-Maß-
nahmen sind. Deshalb sind je nach Situation und Fruchtart angemessene
In-situ- oder Ex-situ-Maßnahmen zu fördern.

4. Die im Bundesnaturschutzgesetz verankerte Ausgleichsregelung muss in
vollem Umfang erhalten bleiben und auch für FFH-Flächen gelten. Ein-
schränkungen in der Nutzung von Flächen, z. B. für die In-situ-Erhaltung,
müssen ausgeglichen werden. Insbesondere vor diesem Hintergrund lehnt
der Deutsche Bundestag eine pauschale Quote von 10 % der Bundesfläche
als Vorrangfläche für den Naturschutz ab. Im Rahmen der Programme
NATURA 2000 und der Umsetzung in der FFH-Richtlinie geht es nicht um
eine starre Prozentzahl, sondern um die Erhaltung der Naturräume von Tier-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2297

und Pflanzenarten. Dies kann auch auf einer geringeren Fläche realisiert
werden. Die bisherige Ausweisungspraxis der Länder von 1 bis 2 % der
Landesflächen macht deutlich, dass das 10-Prozent-Ziel von SPD und
Grünen nicht realistisch ist.

5. Die von SPD und Grünen geforderte Einrichtung eines Systems zur Inver-
kehrbringung von „Herkunftssaatgut“ wird aus Verbraucherschutzgründen
abgelehnt. Der bürokratische Aufwand und die Probleme der Definition von
Qualitätseigenschaften, Kennzeichnung und Identität stehen in keinem Ver-
hältnis zum Nutzen eines solchen Systems.

Große Sorgen bereitet zudem die Überprüfung der Kriterien zur Sortenzulas-
sung, insbesondere beim „landeskulturellen Wert“. Hierzu gibt es bereits
eine Vielzahl bei der Sortenzulassung zu Grunde liegender Kriterien, die der
jeweiligen Verwendungsrichtung einer Sorte Rechnung tragen, zumal die
nach klassischen Verfahren gezüchteten Sorten im ökologischen Landbau
weitestgehend Verwendung finden.

6. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich innerhalb der
EU für ein einheitliches, einstufiges, transparentes und auf streng wissen-
schaftlichen Kriterien beruhendes europaweites, zentrales Zulassungsver-
fahren bei gentechnisch veränderten Organismen, wie es auch EU-Kommi-
sionspräsident Romano Prodi fordert, einzusetzen. Dazu ist eine
Deregulierung der Richtlinie notwendig. Im globalisierten Markt müssen
bürokratische Hemmnisse zwischen EU und Ländern abgebaut werden, um
die Wettbewerbsfähigkeit der Pflanzenzüchter zu verbessern. Dazu ist eine
europäische Zulassungsbehörde, die mit unabhängigen wissenschaftlichen
Fachleuten besetzt ist, zu schaffen.

7. Die Forderung nach einem eigenständigen Nachzulassungsmonitoring bei
gentechnisch veränderten Pflanzenarten wird abgelehnt. Staatliche Bürokra-
tie und Regulierung dürfen die Entwicklung dieser Zukunftstechnologie
nicht einschnüren. Freilich ist eine anbaubegleitende Überwachung zum
Schutz der Verbraucher unverzichtbar. Dazu sollte auf Methoden des anbau-
begleitenden Monitorings zurückgegriffen werden, wie sie von der betroffe-
nen Wirtschaft entwickelt wurden.

8. Das bisherige Genbanken-System ist zu erhalten und weiter auszubauen. Die
Federführung sollte beim international anerkannten Institut für Pflanzenge-
netik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben liegen. Bei der Bestimmung
der Eigenschaften von Pflanzen wird die Pflanzengenomanalyse erhebliche
Fortschritte bringen. Dies wird gerade auch für die klassische Pflanzenzucht
hilfreich sein. Eine aufwendige Förderung von On-farm-Systemen ist allen-
falls in Einzelfällen sinnvoll, da dies teuer und ineffizient erscheint.

9. Im Bereich der Umweltbildung und der Umwelterziehung müssen die mo-
dernen Technologien der Pflanzenzüchtung und der Bio- und Gentechnolo-
gie stärker Berücksichtigung finden. Dies sollte sich auch im nächsten Be-
richt der Bundesregierung zur Umweltbildung niederschlagen.

Berlin, den 24. November 1999

Ulrich Heinrich
Ulrike Flach
Marita Sehn
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen

Drucksache 14/2297 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Gudrun Kopp
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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