BT-Drucksache 14/2063

1. zu dem Antrag der Fraktion SPD,CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. -14/1959 OSZE-Gipfel in Istanbul-für eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der OSZE 2. zu Antrag der Fraktion der PDS -14/1771- Neue eropäische Sicherheitsarchitektur

Vom 11. November 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/2063
14. Wahlperiode

11. 11. 99

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und F.D.P.
– Drucksache 14/1959 –

OSZE-Gipfel in Istanbul – für eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der OSZE

2. zu dem Antrag der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/1771 –

Neue europäische Sicherheitsarchitektur

A. Problem
Als einzige Sicherheitsorganisation in Europa umfasst die OSZE alle
europäischen Staaten, die USA, Kanada sowie die neuen Staaten des
Kaukasus und Zentralasiens. Sie leistet einen entscheidenden Beitrag
zum Aufbau einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur und
bietet den Rahmen für europäische Abrüstungs- und Rüstungskon-
trollverträge. Sie trägt mit ihren diplomatischen Missionen zur Ent-
schärfung innerstaatlicher Konflikte bei. Die OSZE hat sich in Ost-
und Südosteuropa um die Demokratisierung u. a. durch die Organi-
sation von Wahlen und durch Wahlbeobachtung verdient gemacht.

B. Lösung
Aktive Unterstützung des Bemühens der Bundesregierung, die
Handlungsfähigkeit der OSZE zu stärken. Beim OSZE-Gipfel in
Istanbul am 18./19. November 1999 soll eine europäische Sicher-
heitscharta verabschiedet werden, in der das Ziel eines gesamteuro-
päischen Sicherheitsraumes ohne neue Trennlinien bekräftigt und
die Verpflichtung aller OSZE-Teilnehmerstaaten zur Förderung der
Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hervorgehoben
werden. Aus den aktuellen Konflikten soll die OSZE beim Gipfel

Drucksache 14/2063 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

in Istanbul Konsequenzen ziehen und entsprechend die russische
Regierung auffordern, der Gewalt in Tschetschenien ein Ende zu be-
reiten und den Konflikt einer politischen Lösung zuzuführen.
Einstimmige Annahme im Ausschuss

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/2063

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:
1. Dem Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN und F.D.P. auf Drucksache 14/1959 wird in folgender
Fassung zugestimmt:
„OSZE-Gipfel in Istanbul – für eine Stärkung der Handlungsfähig-
keit der OSZE
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die OSZE ist die einzige Sicherheitsinstitution in Europa, die alle
europäischen Staaten, die USA, Kanada sowie die neuen Staaten
des Kaukasus und Zentralasiens umfasst. Sie leistet einen ent-
scheidenden Beitrag zum Aufbau einer gesamteuropäischen Si-
cherheitsarchitektur, bietet den Rahmen für europäische Abrüs-
tungs- und Rüstungskontrollverträge, trägt mit ihren diplomati-
schen Missionen zur Entschärfung innerstaatlicher Konflikte bei
und hat sich in Ost- und Südosteuropa um die Demokratisierung
u. a. durch die Organisierung von Wahlen und durch Wahl-
beobachtung verdient gemacht.
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag unterstützt die Bemühungen der Bundes-
regierung, die Handlungsfähigkeit der OSZE zu stärken. Er begrüßt
das Vorhaben, beim OSZE-Gipfel in Istanbul am 18./19. Novem-
ber 1999 eine europäische Sicherheitscharta zu verabschieden, in
der das Ziel eines gesamteuropäischen Sicherheitsraumes ohne
neue Trennlinien bekräftigt und die Verpflichtung aller OSZE-
Teilnehmerstaaten zur Förderung der Menschenrechte, Demokra-
tie und Rechtsstaatlichkeit hervorgehoben werden.
Die Konflikte in Bosnien und Herzegowina sowie im Kosovo und
in Tschetschenien haben erneut vor Augen geführt, wie aus Miss-
achtung von Menschenrechten, Diskriminierung von Minderhei-
ten und dem Schüren ethnischer Konflikte Krieg entstehen kann.
Gleichzeitig haben sie die fortbestehenden Defizite der Staaten-
gemeinschaft bei der Konfliktverhütung und bei der Wiederher-
stellung rechtsstaatlicher Institutionen deutlich gemacht. Hieraus
muss die OSZE beim Gipfel in Istanbul Konsequenzen ziehen
und entsprechend die russische Regierung auffordern, der Gewalt
in Tschetschenien ein Ende zu bereiten und den Konflikt einer
politischen Lösung zuzuführen.
Die Sicherheitscharta muss dazu beitragen, die im Gefolge der
Kosovo-Krise zwischen einzelnen Staaten entstandenen Irritatio-
nen zu überwinden und die gemeinsame Grundlage für Sicherheit
und Stabilität in Europa zu stärken. Hierzu gehört auch eine Stär-
kung der OSZE als Organisation, die besonders geeignet ist,
europäische Sicherheitskooperation zu fördern. Die Sicherheits-
charta und die Gipfelerklärung von Istanbul sollten
– das Instrument der OSZE-Missionen in Konfliktregionen aus-

bauen. Über die akute Vermittlungstätigkeit hinaus müssen die
OSZE-Missionen ihren Beitrag zur Festigung demokratischer

Drucksache 14/2063 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Strukturen verstärken, u. a. durch Wahlvorbereitung und -orga-
nisation, durch Unterstützung bei der Ausbildung von Justiz-
und Verwaltungspersonal sowie durch eine intensivierte Zu-
sammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen;

– die Fähigkeit der OSZE stärken, im Bedarfsfall unverzüglich
geeignetes ziviles Personal und Polizeikräfte zu mobilisieren.
Die OSZE bedarf einer Straffung und Vereinheitlichung der
Rekrutierungsverfahren und der Schaffung einer Krisenreak-
tionsabteilung zur Stärkung des Sekretariats. Sie braucht auch
eine Straffung des Entscheidungsfindungsprozesses;

– das volle Spektrum von Maßnahmen zur Konfliktverhütung
und Krisenbewältigung bekräftigen, das sich die OSZE beim
Gipfel in Helsinki 1992 gegeben hat. Auch wenn die besonde-
ren Stärken der OSZE bisher im zivilen Bereich liegen, gehört
zu diesem Spektrum auch die Möglichkeit eigener friedens-
erhaltender Maßnahmen unter Einsatz von Streitkräften;

– vor dem Hintergrund des andauernden Tschetschenien-
Konfliktes auf die strikte Anwendung des OSZE-Verhaltens-
kodexes von 1994 bestehen. Der Verhaltenskodex verlangt,
dass im Falle eines Streitkräfteeinsatzes innerhalb eines Mit-
gliedslandes keine unverhältnismäßige Gewalt angewendet
werden darf, Beeinträchtigungen von Zivilpersonen zu ver-
meiden sind und internationale humanitäre Hilfsaktionen zur
Linderung des Leids der Zivilbevölkerung ermöglicht werden
soll;

– die Vorbereitung des bei OSZE-Missionen zum Einsatz kom-
menden Personals verbessern. Der Deutsche Bundestag be-
grüßt das im Juli 1999 begonnene Programm des Auswärtigen
Amts zur Ausbildung deutschen Personals für zivile Frie-
densmissionen insbesondere im Rahmen der OSZE und der
Vereinten Nationen. Gemeinsam mit ähnlichen Programmen
anderer Staaten sollte es zu einer internationalen Vernetzung
nationaler Ausbildungskapazitäten genutzt werden;

– einen Beitrag zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen
der OSZE und anderen internationalen Organisationen zur
Vermeidung von Doppelarbeit leisten;

– die Rolle der OSZE als regionale Abmachung im Sinne von
Kapitel VIII der VN-Charta stärken. Als solche sollte sie in
die Lage versetzt werden, notfalls auch ohne Zustimmung der
an einem Konflikt beteiligten Staaten den Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen anzurufen, Lösungsvorschläge zu unter-
breiten und bei deren Umsetzung mitzuwirken.

Der Deutsche Bundestag würdigt die Beobachtungs- und Bera-
tungstätigkeit des Hohen Kommissars für Nationale Minderheiten
und des OSZE-Beauftragten für die Freiheit der Medien und for-
dert die Bundesregierung auf, deren Arbeit weiter zu unterstützen.
Der Deutsche Bundestag unterstreicht die Bedeutung, die er
einem fristgerechten Abschluss des KSE-Anpassungsvertrages
bis zum OSZE-Gipfel in Istanbul beimisst. Der KSE-Vertrag
stellt einen entscheidenden Pfeiler der europäischen Sicherheit
dar. Der Deutsche Bundestag unterstützt die Anpassung dieses

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/2063

Vertrages an die neuen sicherheitspolitischen Gegebenheiten in
Europa, die gewährleistet, dass der Vertrag funktionsfähig erhal-
ten bleibt.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die im Rahmen der OSZE statt-
findende Arbeit an der Weiterentwicklung des Wiener Doku-
ments über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen. Er
fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass
auch diese Arbeit in Istanbul abgeschlossen werden kann. Ziel der
Verhandlungen muss es sein, die Wirksamkeit von vertrauens-
und sicherheitsbildenden Maßnahmen durch die Verbesserung der
Anwendbarkeit auch in Krisensituationen zu steigern, die Trans-
parenz und Berechenbarkeit militärischer Aktivitäten zu erhöhen
und die Überprüfungsmechanismen zu stärken.“

2. Der Antrag der Fraktion der PDS auf Drucksache 14/1771 wird
abgelehnt.

Berlin, den 11. November 1999

Der Auswärtige Ausschuss
Hans-Ulrich Klose Gert Weisskirchen (Wiesloch) Dr. Andreas Schockenhoff Rita Grießhaber
Vorsitzender Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin

Walter Hirche Wolfgang Gehrcke-Reymann
Berichterstatter Berichterstatter

Drucksache 14/2063 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Gert Weisskirchen (Wiesloch), Dr. Andreas Schockenhoff,
Rita Grießhaber, Walter Hirche und Wolfgang Gehrcke-Reymann

I.
Der Deutsche Bundestag hat die vorliegenden Anträge
auf Drucksache 14/1959 und auf Drucksache 14/1771 in
seiner 66. Sitzung am 4. November 1999 beraten.
Der Antrag auf Drucksache 14/1959 wurde an den Aus-
wärtigen Ausschuss federführend und an den Verteidi-
gungsausschuss, den Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe sowie an den Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Mitbe-
ratung überwiesen.
Der Antrag auf Drucksache 14/1771 wurde an den Aus-
wärtigen Ausschuss federführend und an den Verteidi-
gungsausschuss sowie an den Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union zur Mitberatung über-
wiesen.

II.
Der Verteidigungsausschuss hat beide Anträge in seiner
36. Sitzung beraten. Er empfiehlt zum Antrag auf Druck-
sache 14/1959 mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. bei
Abwesenheit der Fraktion der PDS, dem Antrag zuzu-
stimmen. Den Antrag auf Drucksache 14/1771 haben die
Mitglieder des Verteidigungsausschusses mit den Stim-
men der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und F.D.P. bei Abwesenheit der Fraktion der
PDS abgelehnt.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag auf Drucksache 14/1959 in seiner 26. Sit-
zung beraten und empfiehlt einstimmig bei Abwesenheit
der Fraktion der PDS die Annahme des Antrags.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag auf Drucksache 14/1959 in
seiner Sitzung am 10. November 1999 bei Stimment-
haltung der Fraktion der PDS angenommen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat den Antrag auf Drucksache 14/1771 mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen eine Stimme
der Fraktion der PDS abgelehnt.

III.
Der Auswärtige Ausschuss hat beide Anträge in seiner
32. Sitzung am 10. November 1999 beraten.
Er empfiehlt einstimmig bei einer Stimmenthaltung der
Fraktion der PDS die Annahme des Antrags auf Druck-
sache 14/1959 mit dem Zusatz, dass die OSZE beim
Gipfel in Istanbul die russische Regierung auffordern
müsse, der Gewalt in Tschetschenien ein Ende zu berei-
ten und den Konflikt einer politischen Lösung zuzuführen.
Mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen eine
Stimme der Fraktion der PDS hat er den Antrag auf
Drucksache 14/1771 abgelehnt.

Berlin, den 11. November 1999

Gert Weisskirchen (Wiesloch) Dr. Andreas Schockenhoff Rita Grießhaber
Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin
Walter Hirche Wolfgang Gehrcke-Reymann
Berichterstatter Berichterstatter

Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
esellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn, Telefon: 0228/3 82 08 40, Telefax: 0228/3 82 08 44

ISSN 0720-7980

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