BT-Drucksache 14/2024

zur zweiten Lesung eines Gesetzes zur Familienförderung der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen -14/1513-

Vom 9. November 1999


Deutscher Bundestag

Drucksache

14/

2024

14. Wahlperiode

09. 11. 99

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ina Lenke, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen,
Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Karlheinz Guttmacher, Ulrich Heinrich,
Walter Hirche, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Dirk Niebel, Detlef Parr und der Fraktion der F.D.P.

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 14/1513, 14/1670, 14/2022 –

Entwurf eines Gesetzes zur Familienförderung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die gesellschaftliche Realität hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Nicht
nur die traditionelle Eltern-Kind-Familie, sondern Verantwortungsgemein-
schaften mit Kindern prägen zunehmend die Form des Zusammenlebens. Es
gibt eine Vielzahl von Nichtverheirateten mit Kindern, Getrenntlebenden mit
Kindern und Geschiedenen mit Kindern, die eine Verantwortungsgemeinschaft
bilden. Auf diese gesellschaftliche Realität muss Politik antworten. Folgende
Grundsätze sollen gelten:

– Das Leitbild der Gesellschaft ist jede Verantwortungsgemeinschaft, in der
Menschen füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen.

– Jeder muss seine individuelle Lebensform frei von gesellschaftlichen und
staatlichen Zwängen wählen können. Aus der Übernahme von Verantwor-
tung für andere im Rahmen von Familien und Lebensgemeinschaften dürfen
keine Nachteile erwachsen.

– Beiden Geschlechtern müssen die gleichen Chancen eingeräumt werden.
Frauen sollen nicht mehr vor der Alternative Familie oder Beruf stehen. Zur
besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss ein ausreichendes und
flexibles Betreuungsangebot geschaffen werden. Notwendig ist auch, ver-
mehrt Teilzeitarbeitsplätze bereitzustellen. Der Erziehungsurlaub muss fle-
xibilisiert werden. Er soll weiterhin drei Jahre betragen, aber auf einen Zeit-
raum von fünf Jahren verteilt werden können. Eine Aufteilung auf beide
Partner wird angestrebt. Die Einführung eines Erziehungsgehaltes wird ab-
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– 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
gelehnt. Dieses birgt die Gefahr, dass ein weiteres Argument dafür geliefert
wird, warum Frauen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen sollen.

Ausgehend von den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom
November 1998 soll die zukünftige Familienförderung, die als „Familiengeld“
bezeichnet wird, wie folgt aussehen: Das familiäre Existenzminimum, wozu
der existentielle Sachbedarf des Kindes, ab dem Jahr 2000 der Betreuungsbe-
darf und ab dem Jahr 2002 der Erziehungsbedarf, gehört, soll als Familiengeld
zusammengefasst werden. Beim Familiengeld soll das Existenzminimum der
Familie als indisponibles Einkommen steuerfrei bleiben. Wenn das Gesamtein-
kommen der Familie nicht das familiäre Existenzminimum erreicht, wird ein
Kindergeldzuschlag gezahlt.

II. Der Bundestag wolle ferner beschließen:

1. Die Höhe des Kinderbetreuungsbetrages (§ 33c EStG) soll 4 000 DM für
das erste und 2 000 DM für jedes weitere Kind betragen.

2. Kinderbetreuungskosten sollen, wenn sie über die angesetzten Pauschalbe-
träge hinausgehen, für Arbeitnehmer als Werbungskosten und für Selbstän-
dige als Betriebsausgaben abzugsfähig sein. Damit soll Eltern die Möglich-
keit erleichtert werden, weiter ihrem Beruf nachgehen zu können.

3. Die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten soll mit dem
Erreichen des 16. Lebensjahres enden.

4. Der in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes angesprochene
Haushaltsfreibetrag kann nach Kinderzahl abgestuft werden (z. B. erstes
Kind 5 500 DM, jedes weitere 4 500 DM).

5. Das direkt ausgezahlte Kindergeld soll grundsätzlich erhalten bleiben.

6. Erreicht das Gesamteinkommen der Familie nicht das familiäre Existenzmi-
nimum, wird ein zusätzlicher Kindergeldzuschlag gezahlt.

7. Beim Existenzminimum für Kinder ist analog dem Existenzminimum für
Erwachsene eine Dynamisierung notwendig, d. h. es muss jedes Jahr den
realen Kosten der Existenzerhaltung angeglichen werden. Dazu gehören
auch die Freibeträge für Betreuung (4 000 bzw. 2 000 DM) und für Erzie-
hung (5 616 DM).

8. Die Finanzierung kann aus dem steigenden Steueraufkommen aufgebracht
werden. Die Steuermehreinnahmen belaufen sich bis zum Jahre 2003 auf
120,5 Mrd. DM.

Berlin, den 28. Oktober 1999

Ina Lenke Ulrich Irmer
Rainer Brüderle Dr. Heinrich L. Kolb
Ernst Burgbacher Gudrun Kopp
Jörg van Essen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Horst Friedrich (Bayreuth) Dirk Niebel
Dr. Karlheinz Guttmacher Detlef Parr
Ulrich Heinrich Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion
Walter Hirche

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