BT-Drucksache 14/1885

Arbeitnehmerentsendegesetz

Vom 28. Oktober 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1885
14. Wahlperiode 28. 10. 99

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Rainer Funke, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hans-Michael Goldmann, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Dr. Werner Hoyer, Ulrich
Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting,
Detlef Parr, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Marita Sehn und der Fraktion der F.D.P.

Arbeitnehmerentsendegesetz

Die Kritik an den Neuregelungen der Regierungskoalition zum Arbeitnehmer-
entsendegesetz hält an. Einschlägige Gutachten rügen die Verfassungswidrig-
keit einzelner Normen, die mit dem „Gesetz zu Korrekturen in der Sozialver-
sicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte“ am 1. Januar 1999 in
Kraft getreten sind. Diese verfassungsrechtliche Kritik konzentriert sich auf
den neuen § 1a Arbeitnehmerentsendegesetz. Danach kann ein Unternehmer,
der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauf-
tragt, als selbstschuldnerischer Bürge in Anspruch genommen werden, wenn
der Nachunternehmer der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestentgelts und
zur Abführung der Urlaubsbeiträge nicht nachkommt. Diese Durchgriffshaf-
tung gilt unabhängig davon, ob den Unternehmer ein Verschulden trifft. Zusätz-
lich zu dieser verfassungsrechtlichen Problematik fürchten die regionalen
Arbeitnehmerverbände in den neuen Bundesländern zudem den Wegfall tau-
sender Jobs nach der Festlegung eines neuen Mindestlohnes durch das Bundes-
ministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Verfassungsrechtler Professor
Dr. Badura in einem Rechtsgutachten vom Juli 1999 zu dem Ergebnis ge-
langt, dass die Durchgriffshaftung des § 1a Arbeitnehmerentsendegesetz
verfassungswidrig ist und dass diese Auffassung von dem renommierten Ar-
beitsrechtler Professor Dr. Hanau im „Erfurter Kommentar zum Arbeits-
recht“ geteilt wird?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass § 1a Arbeitnehmerentsendegesetz mit
zunehmender Tendenz als Konkursabsicherungsnorm missbraucht wird, mit
der Folge, dass das Konkursrisiko von Nachunternehmern nicht mehr von
der Bundesanstalt für Arbeit, sondern vom gewerblichen Bauauftraggeber
getragen werden muß?

3. Beabsichtigt die Bundesregierung eine Streichung dieser Norm oder zumin-
dest eine haftungseingrenzende Modifizierung?

Drucksache 14/1885 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
4. Beabsichtigt die Bundesregierung als Alternative zu dieser Norm die (Wie-
der-)Einführung eines gesetzlichen Pflichtabzugsverfahrens für Lohnsteuer,
Umsatzsteuer und Ertragssteuern als spezifische Sonderregelung für die
Bauwirtschaft, ohne auf eine lang dauernde europäische Einigung zu ver-
weisen?

5. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung dazu vor, ob und inwie-
weit der für die Allgemeinverbindlicherklärung des Mindestlohns im Bau-
bereich notwendige Organisationsgrad in den neuen Ländern auf Arbeit-
geber- und Arbeitnehmerseite erfüllt ist?

6. Treffen Behauptungen zu, daß der vom BMA nunmehr verordnete Mindest-
lohn von 16,28 DM in den neuen Ländern insofern an den Realitäten des
Arbeitsmarktes vorbeigeht, als selbst die Vergütung für qualifizierte Fach-
kräfte am Bau allenfalls geringfügig oberhalb dieses Mindestlohnes liegt?

7. Teil die Bundesregierung die Befürchtung einer Reihe von Arbeitgeberver-
bänden, dass die Einhaltung des vom BMA verordneten Mindestlohns ins-
besondere in den neuen Ländern eine Reihe von Betrieben die Existenz und
damit Arbeitsplätze kosten wird?

8. In welchem Umfang hat die Bundesregierung bislang Verstöße gegen das
Arbeitnehmerentsendegesetz in den neuen und in den alten Bundesländern
festgestellt?

Berlin, den 26. Oktober 1999

Dr. Irmgard Schwaetzer
Rainer Funke
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche

Dr. Werner Hoyer
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Marita Sehn
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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