BT-Drucksache 14/1870

Bekämpfung jeder Art von Diskriminierung in der Bundeswehr

Vom 27. Oktober 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1870
14. Wahlperiode 27. 10. 99

Antrag
der Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg), Günther Friedrich Nolting,
Jörg van Essen, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Horst Friedrich (Bayreuth),
Dr. Karlheinz Guttmacher, Ulrich Heinrich, Walter Hirche, Dr. Werner Hoyer,
Ulrich Irmer, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Dirk Niebel, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Gerhard Schüßler,
Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion
der F.D.P.

Bekämpfung jeder Art von Diskriminierung in der Bundeswehr

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf sicherzustellen, dass
im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung Soldatinnen
und Soldaten nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden.

Berlin, den 26. Oktober 1999

Hildebrecht Braun (Augsburg) Gudrun Kopp
Günther Friedrich Nolting Jürgen Koppelin
Jörg van Essen Ina Lenke
Rainer Brüderle Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Ernst Burgbacher Dirk Niebel
Horst Friedrich (Bayreuth) Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Karlheinz Guttmacher Gerhard Schüßler
Ulrich Heinrich Marita Sehn
Walter Hirche Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Werner Hoyer Dr. Guido Westerwelle
Ulrich Irmer Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Begründung

Bundesminister Rudolf Scharping sowie Staatssekretär Dr. Peter Wichert haben
in öffentlichen Erklärungen bzw. in einem Schreiben an ein Mitglied des Deut-
schen Bundestages betont, dass Homosexualität nachhaltige Zweifel an der

Drucksache 14/1870 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Qualifikation von Soldaten für die Aufgabe als Vorgesetzte wecke, da ihre
Autorität leiden könnte.

Der Deutsche Bundestag widerspricht dieser Einschätzung nachdrücklich:

In der Bundeswehr dienen Soldatinnen und Soldaten. Jede und jeder Vorge-
setzte tragen Verantwortung für Untergebene, gleich welchen Geschlechts sie
sein mögen. Es ist ihre selbstverständliche Pflicht, ihre Vorgesetztenstellung
unter keinen Umständen zur Erlangung von Vorteilen im zwischenmensch-
lichen Bereich zu nutzen. Wer gegen diese Pflicht verstößt, wird – wie bisher –
auch in Zukunft zur Rechenschaft gezogen und gegebenenfalls bestraft werden.
In diesem Punkt unterscheidet sich der Dienst in der Bundeswehr nur graduell
vom Dienst in der Polizei, in Krankenhäusern, Jugendeinrichtungen, Schulen,
Kirchen etc.

Die Verpflichtung zur Zurückhaltung im privaten Bereich des Umgangs mit
Untergebenen ist allerdings bei der Bundeswehr deshalb besonders wichtig,
weil Vorgesetzte gegenüber Untergebenen in einem auf Befehl und Gehorsam
basierenden System wie den Streitkräften eine stärkere Position haben, als dies
in anderen Bereichen unserer Gesellschaft der Fall ist.

Es ist längst selbstverständlich, wenn in der Bundeswehr Soldatinnen und Sol-
daten Vorgesetzte von Untergebenen des jeweils anderen Geschlechts sind. Die
vom Bundesverteidigungsministerium erhobene Forderung nach unterschied-
licher Behandlung von homosexuell bzw. heterosexuell veranlagten Vorgesetz-
ten kann daher nur das Ergebnis der vorurteilsbelasteten Vorstellung sein,
homosexuelle Vorgesetzte könnten dazu neigen, ihren möglichen sexuell moti-
vierten Wünschen im dienstlichen Umfeld eher nachzugeben, als dies bei der
Mehrheit der Vorgesetzten, die heterosexuell angelegt sind, der Fall wäre. Es
gibt aber keinen Erfahrungssatz dafür, dass diese Annahme gerechtfertigt wäre.

Es mag zutreffen, dass das Bekanntwerden der Homosexualität von Vorgesetz-
ten zunächst zu unangemessenen Reaktionen führt, die die Folge ungenügender
Informiertheit junger Soldatinnen und Soldaten ist. Es ist dann allerdings Auf-
gabe der örtlichen Vorgesetzten, durch entsprechende Informationen darauf
hinzuwirken, dass junge Menschen mit dem Wissen um Homosexualität umzu-
gehen lernen.

Die Bundeswehr darf weder vor der vorhandenen Bereitschaft zur Diskriminie-
rung zurückweichen noch sie gar durch eigene bewusste Diskriminierung be-
stätigen und verstärken.

Der Deutsche Bundestag bekennt sich klar zur Forderung einer diskriminie-
rungsfreien Bundeswehr. Kein Mitglied der Bundeswehr darf wegen seiner
Rasse, seiner Religion, seines Geschlechts, seiner landsmannschaftlichen Zuge-
hörigkeit oder wegen seiner sexuellen Orientierung in irgendeiner Weise diskri-
miniert werden. Es ist vielmehr Aufgabe der Bundeswehr, eventuell bei Ange-
hörigen der Bundeswehr noch vorhandene Vorurteile zu bekämpfen und
aufklärend zu wirken.

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