BT-Drucksache 14/1731

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung)

Vom 6. Oktober 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1731 (neu)
14. Wahlperiode

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Gisela Frick, Hildebrecht Braun (Augsburg),
Rainer Brüderle, Jörg van Essen, Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich,
Walter Hirche, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Gerhard Schüßler,
Dr. Irmgard Schwaetzer, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes
(Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung)

A. Problem
Die Rechtsauffassung zur Besteuerung freiwillig gewährter Trink-
gelder ist nicht mehr zeitgemäß.

B. Lösung
Klarstellung, dass freiwillig gewährte Trinkgelder kein Lohn von
dritter Seite sind.

C. Alternativen
Keine

D. Kosten der öffentlichen Haushalte
Gering

Drucksache 14/1731 (neu) – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes

Der Deutsche Bundestag hat mit Zustimmung des
Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Einkommensteuergesetzes

Das Einkommensteuergesetz in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 16. April 1997 (BGBl. I S. 821),
zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. § 3 Nr. 51 wird gestrichen.

2. Dem § 19 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
„Freiwillig gezahlte Trinkgelder gehören nicht zu den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.“

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 1999
in Kraft.

Berlin, den 6. Oktober 1999

Ernst Burgbacher
Gisela Frick
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher

Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1731 (neu)

Begründung

1. Allgemeines
Freiwillige Trinkgelder von Dritten an Arbeitnehmer
sind nach geltendem Recht Arbeitslohn von dritter Seite
und daher als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu
versteuern. Der Gesetzgeber gewährt in § 3 Nr. 51 EStG
einen Freibetrag von 2 400 DM.
Rechtsprechung und Verwaltung stufen freiwillige
Trinkgelder als Arbeitslohn ein, weil sie im wirtschaft-
lichen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zuflie-
ßen. Diese Voraussetzung liegt nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs vor, wenn der Arbeitnehmer das
Trinkgeld wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung
für den Arbeitgeber betrachten kann. Das sei bei Trink-
geldern der Fall. Der Bundesfinanzhof ist darüber hinaus
der Auffassung, dass selbst aus Sicht des Kunden keine
vom Dienstverhältnis losgelöste, aus privaten Motiven
erfolgte Schenkung an den Trinkgeldempfänger, sondern
ein zusätzliches Entgelt für die entgegengenommene
Dienstleistung vorliege.
Diese Auffassung ist nicht mehr zeitgemäß. Maßstab für
ein Trinkgeld ist heute die Qualität einer Dienstleistung,
die ausschließlich vom Kunden beurteilt wird. Ein
Trinkgeld wird nicht als zusätzliches Entgelt für die er-
haltene Dienstleistung gewährt. Der Kunde honoriert
damit vielmehr seine Zufriedenheit mit der Qualität der
Dienstleistung, die ausschließlich an die Person des
Dienstleistenden gebunden ist. Auch aus Sicht des Emp-
fängers ist das Trinkgeld kein zusätzliches Entgelt für
seine Leistung an den Arbeitgeber. Dafür spricht bereits
der Umstand, dass der Arbeitnehmer ein Trinkgeld we-
der einkalkulieren noch vom Arbeitgeber einfordern
kann. Das Trinkgeld wird vielmehr als besondere per-
sönliche Belohnung seitens des Dienstleistungsempfän-
gers angesehen, die nicht im Zusammenhang mit dem
Dienstverhältnis zum Arbeitgeber steht.
Damit sind die rechtlichen Anforderungen an die Einstu-
fung von Trinkgeldern als Arbeitslohn nicht gegeben.

Gegen eine Besteuerung von Trinkgeldern spricht auch,
dass die Gleichheit der Besteuerung bei allen Trink-
geldempfängern nicht gewährleistet ist. Die Finanz-
verwaltung ist auf die Erklärungsbereitschaft des Steu-
erpflichtigen angewiesen und hat daneben keinerlei
Kontrollmöglichkeit hinsichtlich der Höhe der Trink-
gelder. Das Bundesverfassungsgericht bezweifelt aus
diesem Grund die Rechtmäßigkeit einer solchen Steuer-
belastung. In der Praxis wird die Höhe der Trinkgelder
in der Regel geschätzt, wobei in erster Linie die Gast-
ronomie betroffen ist. Da heute in vielen Dienst-
leistungsbereichen die Zahlung von Trinkgeldern üb-
lich ist, kommt es im Ergebnis zu einer ungleichen Be-
steuerung. Dieses nicht zu behebende Vollzugsdefizit
spricht ebenfalls grundsätzlich gegen die Besteuerung
von Trinkgeldern.

2. Einzelbegründung
Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuer-

gesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 3 Nr. 51)
Da Trinkgelder keinen Arbeitslohn darstellen, ist die
Steuerbefreiung überflüssig.

Zu Nummer 2 (§ 19 Abs. 1)
Mit der Änderung wird klargestellt, dass freiwillig ge-
zahlte Trinkgelder keinen Arbeitslohn darstellen und
damit nicht steuerbar sind.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Artikel 2 regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

Drucksache 14/1731 (neu) – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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