BT-Drucksache 14/1728

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 12a)

Vom 6. Oktober 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1728 (neu)
14. Wahlperiode

06. 10. 99

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Guido Westerwelle, Günther Friedrich Nolting,
Hildebrecht Braun (Augsburg), Jörg van Essen, Dirk Niebel, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Hans-Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher,
Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp,
Ina Lenke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der F.D.P.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 12a)

A. Problem
Eines der letzten geschlechtsspezifischen Berufsverbote betrifft den
gleichberechtigten Zugang von Frauen zur Bundeswehr. Das Grund-
gesetz schreibt vor, dass Frauen „auf keinen Fall Dienst mit der
Waffe leisten“ dürfen. Dadurch wird Frauen der freiwillige Zugang
zu allen Bereichen der Bundeswehr versperrt.
Die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in der
Bundesrepublik Deutschland haben sich aber in fünf Jahrzehnten so
verändert, dass die Aufrechterhaltung dieses Berufsverbotes in kei-
ner Weise mehr gerechtfertigt ist.

B. Lösung
Beseitigung des Verbots für Frauen, Dienst an der Waffe zu leisten.

C. Alternativen
Beibehaltung der geltenden Rechtslage.

D. Kosten
Keine, die über die Kosten der Berufstätigkeit von Frauen in anderen
Bereichen hinausgehen.

Drucksache 14/1728 (neu) – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 12a)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates
das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des
Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel 1
Änderung des Grundgesetzes

Artikel 12a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik
Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Glie-

derungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fas-
sung, das zuletzt durch das Gesetz vom … geändert
worden ist, wird wie folgt geändert:
Absatz 4 Satz 2 wird aufgehoben.

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2000 in Kraft.

Berlin, den 6. Oktober 1999

Dr. Guido Westerwelle
Günther Friedrich Nolting
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Jörg van Essen
Dirk Niebel
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Irmgard Schwaetzer
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1728 (neu)

Begründung

Allgemeine Begründung
Die F.D.P.-Fraktion ist zwar der Auffassung, dass mehr
Gründe für die bereits jetzt bestehende verfassungs-
rechtliche Zulässigkeit des freiwilligen Wehrdienstes
von Frauen in der Bundeswehr mit der Waffe sprechen
als dagegen. Die herrschende Meinung im juristischen
Schrifttum geht allerdings davon aus, dass Artikel 12a
Abs. 4 Satz 2 GG nicht nur die Zwangsverpflichtung,
sondern auch den freiwilligen Dienst von Frauen mit der
Waffe verbietet.
Da eine Änderung dieser Situation nicht absehbar er-
scheint, ist die Einführung eines freiwilligen Wehr-
dienstes von Frauen in der Bundeswehr daher nur im
Wege einer Grundgesetzänderung möglich. Artikel 79
Abs. 3 GG steht einer solchen Grundgesetzänderung
nicht im Wege.
Die Frage, ob eine Wehrpflicht für Frauen eingeführt
werden könnte oder eingeführt werden sollte, hat nur
mittelbare Bedeutung für die Einführung eines freiwilli-
gen Wehrdienstes von Frauen. Ein Verstoß gegen Arti-
kel 3 Abs. 2 GG liegt nicht vor, wenn Männer der Wehr-
pflicht unterliegen, Frauen dagegen nur dem freiwilligen
Wehrdienst.
Außerdem wird damit der in fünf Jahrzehnten gewan-
delten gesellschaftlichen Realität in der Bundesrepublik
Deutschland Rechnung getragen.
Im Jahresbericht 1997 der Jugendoffiziere der Bundes-
wehr wurde beispielsweise die Haltung der weiblichen
Jugend wie folgt beschrieben:
„Das Interesse an der Bundeswehr ist gerade bei jungen
Frauen stark angestiegen. Wie in den vergangenen Jah-
ren wird die praktizierte Grundgesetzauslegung von ih-
nen nicht nachvollzogen, da nach ihrer Auffassung beim
Bundesgrenzschutz oder bei der Polizei gleiche Voraus-

setzungen vorliegen. Sie sehen einen krassen Verstoß
gegen die Gleichberechtigung darin, dass nur ganz weni-
ge Laufbahnen in der Bundeswehr Frauen offen stehen.
Zuweilen wird gar von ‚Rechtsbeugung‘ und ,Frauen-
feindlichkeit‘ gesprochen.“
Durch das Verwaltungsgericht Hannover wurde am
13. Juli 1998 der Fall einer Bewerberin, die Dienst bei
Instandsetzungstruppe bzw. Elektronischer Kampffüh-
rung leisten möchte, an den Europäischen Gerichtshof
verwiesen. Die Entscheidung des EuGH wird, nach er-
folgter Abgabe einer Stellungnahme des Generalanwal-
tes (23. Oktober 1999), für Anfang des Jahres 2000 er-
wartet.
Unter den NATO-Staaten ist Deutschland darüber hinaus
heute das Schlusslicht bei der Öffnung der Streitkräfte
für freiwillige weibliche Bewerber.
Der Gesetzentwurf der F.D.P.-Fraktion führt daher die
längst überfällige verfassungsrechtliche, politische und
gesellschaftliche Normalität in der Bundesrepublik
Deutschland herbei.

Begründung der einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 (Artikel 12a GG)
Durch Artikel 1 wird Absatz 4 Satz 2 des Artikels 12a
GG aufgehoben. Damit entfällt das Verbot für Frauen,
Dienst mit der Waffe zu leisten. Frauen können zukünf-
tig auf freiwilliger Basis in allen Bereichen der Streit-
kräfte – auch an der Waffe – Dienst tun.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

Drucksache 14/1728 (neu) – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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