BT-Drucksache 14/17

Novellierung des Gesetzes über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG) und des Zuordnungsergänzungsgesetzes (ZOEG)

Vom 5. November 1998


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/17 vom 05.11.1998

Antrag der Fraktion der PDS Novellierung des Gesetzes über die
Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen
(Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG) und des
Zuordnungsergänzungsgesetzes (ZOEG) =

5.11.1998 - 17

14/17

Antrag
der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Christa Luft, Maritta
Böttcher, Heidemarie Ehlert, Dr. Ruth Fuchs, Dr. Barbara Höll, Rolf
Kutzmutz, Kersten Naumann, Christine Ostrowski, Petra Pau, Dr. Gregor
Gysi und der Fraktion der PDS
Novellierung des Gesetzes über die Feststellung der Zuordnung von
ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG) und
des Zuordnungsergänzungsgesetzes (ZOEG)

Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Deutschen Bundestag bis zum
31. Januar 1999 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die
Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen
(Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 29.
März 1994, BGBl. I 1994 S. 709 und des Zuordnungsergänzungsgesetzes
(ZOEG), BGBl. I 1994 S. 2064, vorzulegen.
Dabei sind folgende Eckpunkte zu berücksichtigen:
1. Den ostdeutschen Städten, Gemeinden und Landkreisen sollen bis
spätestens 31. Dezember 1999 ihnen zustehende Vermögenswerte aus
ehemals volkseigenem Vermögen im wesentlichen zugeordnet werden.
2. Den ostdeutschen Städten, Gemeinden und Landkreisen soll das Recht
eingeräumt werden, bei den zuständigen Bundesbehörden bereits
abgelehnte Anträge bis zum 31. Mai 1999 nochmals stellen zu können
(Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens). Seitens dieser Behörden
sollte bis zum 31. Juli 1999 eine Einschätzung vorgelegt werden, aus
der - auf der Basis der registrierten Wiederaufnahmeanträge - der
abzuschätzende Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand hervorgeht. Von
dieser Einschätzung sollte die endgültige Frist zur Abarbeitung und
Erledigung der wieder gestellten Anträge abhängig gemacht werden.
3. Es soll eine Regelung verankert werden, wonach Städte, Gemeinden
oder Landkreise einen angemessenen Angleichsausspruch (finanziell oder
naturell) für zu ihren Lasten erfolgte zuordnungswidrige
Privatisierungen der Treuhandanstalt (THA) bzw. der Bundesanstalt für
vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) erhalten.
4. Das VZOG soll durch eine kommunalfreundliche Regelung hinsichtlich
der Kostenübernahme für Trennvermessungen bei zugeordneten Flächen
ergänzt werden.
Die Bundesregierung sollte darüber hinaus dafür Sorge tragen, daß die
kommunalen Spitzenverbände im Verwaltungsrat der BvS vertreten sind.
Bonn, den 4. November 1998
Dr. Uwe-Jens Rössel
Dr. Christa Luft
Maritta Böttcher
Heidemarie Ehlert
Dr. Ruth Fuchs
Dr. Barbara Höll
Rolf Kutzmutz
Kersten Naumann
Christine Ostrowski
Petra Pau
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Begründung
I.
Die teilweise stark rückläufige Auftragslage von kleinen und mittleren
Unternehmen sowie Handwerksbetrieben in Verbindung mit vielerorts
sinkender Zahlungsmoral der öffentlichen Hand resultiert zu einem hohen
Grad aus mangelnder Handlungsfähigkeit von Kommunen. Die Folge sind
Negativwirkungen, insbesondere auf den Arbeitsmarkt, auf
Existenzgründungen und die Unternehmensentwicklung überhaupt.
Besonders deutlich zeigt sich das in Ostdeutschland. Von derzeit
insgesamt rd. 180 Mrd. DM Kreditmarktschulden der Städte, Gemeinden
oder Landkreise entfallen allein ca. 30 Mrd. DM auf ostdeutsche
Kommunen. Den Preis dafür zahlen Einwohnerinnen und Einwohner sowie die
örtliche Wirtschaft mit immer stärkeren Einschnitten und Belastungen.
Zugleich sind die kommunalen Investitionen stark zurückgegangen. Sie
sind - wie in Westdeutschland - seit 1992 anhaltend auf Talfahrt und
liegen 1998 mit 12,8 Mrd. DM um über 30 % unter den 1992 zur Verfügung
gestandenen 18,7 Mrd. DM. So sind Städte, Gemeinden und Landkreise
aufgrund ihrer Finanznot mancherorts kaum noch in der Lage, ihrer
Funktion als Hauptauftraggeber der öffentlichen Hand gerecht zu werden.
Leidtragende davon sind vor allem Unternehmen der örtlichen Bau- und
Baunebenwirtschaft.
Acht Jahre nach der staatlichen Einheit kann eine ganze Reihe von
Kommunen in Ostdeutschland selbst ihnen nach dem
Vermögenszuordnungsgesetz bzw. dem Zuordnungsergänzungsgesetz
zustehende Vermögenswerte (Flurstücke, Grundstücke, ehemals kommunale
Unternehmen u. a.) nicht als Standortfaktor und demzufolge auch nicht
zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie von
Handwerksbetrieben einsetzen bzw. verwerten, weil Bundesbehörden
Städten, Gemeinden und Landkreisen noch immer rd. ein Fünftel dieses
Vermögens vorenthalten.
Per 23. Oktober 1998 hatte die Vermögenszuordnungsstelle beim
Präsidenten der BvS erst 189 090 der ihr vorliegenden 238 152 Anträge
auf Zuordnung von Kommunalvermögen beschieden, d. h. 79,4 %. Der Anteil
der verschiedenen BvS-Ländergruppen ist dabei sehr differenziert. So
erledigte die Ländergruppe Thüringen bislang 91 % (39 575 von 43 682)
ihrer zu bearbeitenden Anträge, die Ländergruppe Sachsen hingegen erst
75 % (30 215 von 40 094 Anträgen).
Nach über acht Jahren staatlicher Einheit ist es nunmehr vordringlich
geboten, den betreffenden Städten, Gemeinden und Landkreisen endlich
das ihnen zustehende Vermögen zu übertragen und diesen Prozeß bis zum
Jahresende 1999 im wesentlichen zum Abschluß zu bringen. Die dafür
erforderlichen Kapazitäten sollten von den zuständigen Bundesbehörden
durch Konzentration der Kräfte und Mittel gesichert werden.
Bearbeitungszeiten über diesen Termin hinaus sollten in der Regel nur
in Fällen der ausdrücklichen Beantragung von Erlösauskehr, Geld- oder
Naturalentschädigung entsprechend den § 10 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 und 2
VZOG erfolgen, zu deren Bearbeitung oft zeitlich sehr aufwendige
Recherchen und Berechnungen notwendig sind bzw. in Fällen, in denen
unausweichbar die Existenz von Unternehmen gefährdet scheint, denen
rechtswidrig Kommunalvermögen zugeordnet wurden.
II.
Die Städte, Gemeinden und Landkreise in der DDR hatten durch die
Überführung von Kommunalvermögen in Volkseigentum die originären
Eigentumsrechte verloren und besaßen als örtliche Staatsorgane
lediglich die Befugnisse eines Rechtsträgers von Volkseigentum. Die
kommunale Selbstverwaltung wurde mit der Verwaltungsreform 1952
abgeschafft und durch zentrale Leitung und Planung ersetzt. Damit und
mit der zugrundeliegenden Eigentumskonzeption wurde die demokratische
Selbstverwaltung und Selbstbestimmung der Kommunen ausgehebelt.
Erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Selbstverwaltung der
Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai
1990 (GBl. I Nr. 28 S. 255) ist die kommunale Selbstverwaltung wieder
eingeführt worden. Gemäß Anlage II Sachgebiet B Abschnitt I des
Einigungsvertrages (BGBl. II 1990 S. 889 ff.) blieb diese
Kommunalverfassung als Landesrecht in Brandenburg, Mecklenburg-
Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bis zum Erlaß eigener
Kommunalverfassungen in Kraft.
Zugleich hat der Einigungsvertrag in den Artikeln 21 und 22 die
ergänzenden Regelungen für das Verwaltungs- und Finanzvermögen der
Kommunen in den neuen Ländern getroffen. Dabei handelt es sich um
grundsätzliche Bestimmungen, die einer spezialgesetzlichen Umsetzung
bedurften. Diese erfolgte durch das wiederholt novellierte
Vermögenszuordnungsgesetz und das Zuordnungsergänzungsgesetz.
Als Zuordnungsbehörden wurden die Präsidentin/die Präsidenten der THA
bzw. die Präsidenten der BvS sowie die in den neuen Bundesländern
gelegenen Oberfinanzdirektionen (Bund) festgelegt.
III.
Nicht unerhebliche Teile des ostdeutschen Städten, Gemeinden und
Landkreisen zustehenden Vermögens wurden durch die THA bzw. BvS bereits
verkauft, ohne daß denen ein angemessener Ausgleich gewährt wurde. Das
trifft z. B. dann zu, wenn der Vermögenswert im Rahmen einer
Unternehmensprivatisierung veräußert wurde.
Daher ist es notwendig, bei der Novellierung des
Vermögenszuordnungsgesetzes und des Zuordnungsergänzungssgesetzes eine
Regelung zu verankern, wonach Städte, Gemeinden und Landkreise einen
angemessenen Ausgleichsanspruch für zu ihren Lasten erfolgte
zuordnungswidrige Privatisierungen der THA bzw. der BvS erhalten.
Weil nicht immer der jeweilige Ablehnungsgrund ersichtlich ist, sollte
zur juristisch einwandfreien, sachkompetenten und terminlichen
Sicherstellung der Vermögenszuordnung den Kommunen das Recht eingeräumt
werden, bei den zuständigen Bundesbehörden bereits abgelehnte Anträge
bis zum 31. Mai 1999 nochmals stellen zu können. Die Anzahl von
Anträgen auf Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens ist zum
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzusehen. Deshalb sollten die
zuständigen Behörden bis zum 31. Juli 1999 eine Einschätzung vorlegen,
aus der - auf der Basis der registrierten Wiederaufnahmeanträge - der
abzuschätzende Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand hervorgeht. Von
dieser Einschätzung sollte die endgültige Frist zur Abarbeitung und
Erledigung der wieder gestellten Anträge abhängig gemacht werden.
Das Vermögenszuordnungsgesetz sollte durch eine kommunalfreundliche
Regelung hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Trennvermessungen
bei der Vermögenszuordnung/Kommunalisierung ergänzt werden.
Trennvermessungen fallen regelmäßig an, wenn Teilflächen aus - in der
DDR ohne Berücksichtigung der Eigentumsfrage gebildeten - Flurstücken
zugeordnet werden sollen. Sie sind oft sehr kostspielig, manchmal
liegen sie in der Summe sogar über dem Verkehrswert des Grundstücks.
Finanzschwache Städte, Gemeinden und Landkreise sind zumeist nicht in
der Lage, diese Kosten aufzubringen. Ohne Trennvermessungen darf jedoch
der neue Eigentümer nicht in das Grundbuch eingetragen werden und kann
folglich das zugeordnete Grundstück nicht nutzen - solange bis die
Vermessung erfolgt ist. In der Praxis muß deshalb manche Kommune
letztlich auf die Nutzung bzw. Verwertung ihr zugeordneter Flächen
verzichten.
Der Gesetzgeber sollte überdies klarstellen, daß Bestrebungen, die
Vermögenszuordnungsstelle beim Präsidenten der BvS aufzulösen und deren
Aufgaben an die Oberfinanzdirektionen (Bund) zu übertragen, weder vom
Gegenstand her noch von der Sachkompetenz schlüssig sind und
gleichzeitig den Prozeß der Vermögenszuordnung bremsen würden anstatt
ihn, wie es notwendig wäre, zu beschleunigen.
Der Prozeß der Vermögenszuordnung könnte überdies sofort qualifiziert
werden, wenn die kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag,
Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) mit ihrer
Kompetenz im Verwaltungsrat der BvS vertreten wären. Die CDU/CSU-
F.D.P.-Koalition hatte dieses abgelehnt.
IV.
Mit der beschleunigten Zuordnung kommunaler Vermögenswerte an
ostdeutsche Städte, Gemeinden und Landkreise durch eine Novellierung
des Gesetzes über die Feststellung der Zuordnung von ehemals
volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG) und des
Zuordnungsergänzungsgesetzes (ZOEG) eröffnen sich neue Chancen für
kommunale Investitionen und die Stärkung der kommunalen
Selbstverwaltung. Zugleich böten sich neue Möglichkeiten für die
regionale Wirtschaft, für kleine und mittlerer Unternehmen sowie
Handwerksbetriebe.

05.11.1998 nnnn

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