BT-Drucksache 14/1698

Änderung der Richtlinien zur Überprüfung auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit / Amt für Nationale Sicherheit der ehemahligen Mitarbeiter der DDRepublik gemäß § 44 b des Abgeordnetengesetzes (AbgG)

Vom 30. September 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1698
14. Wahlperiode

30. 09. 99

Sachgebiet 1101

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
(1. Ausschuss)

Änderung der Richtlinien zur Überprüfung auf eine Tätigkeit oder
politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit / Amt
für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
gemäß § 44b des Abgeordnetengesetzes

A. Problem
Durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengeset-
zes vom 20. Januar 1992 wurde mit dem § 44b im Abgeordneten-
gesetz eine Rechtsgrundlage für die Überprüfung der Mitglieder des
Bundestages auf Tätigkeit oder politische Verantwortung für den
Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR geschaffen. Die gesetz-
lichen Regeln werden ergänzt durch die „Richtlinien zur Über-
prüfung auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für das
Ministerium für Staatssicherheit / Amt für Nationale Sicherheit der
ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik“, die den Rang
von Geschäftsordnungsrecht besitzen, sowie durch eine Absprache
des zuständigen Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zur Durchführung dieser Richt-
linien.
Auf der Grundlage dieses Regelungswerks führt der 1. Ausschuss
seither die bezeichneten Überprüfungen der Mitglieder des Bundes-
tages durch. Im Verlauf dieser Arbeit in der 12. und 13. Wahlperiode
hat sich jedoch herausgestellt, daß die Regelungen in einigen Punk-
ten ergänzungs- bzw. verbesserungsbedürftig sind.

B. Lösung
Änderung der gemäß § 44b Abs. 4 AbgG erlassenen Richtlinien zur
Überprüfung auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für
das Ministerium für Staatssicherheit / Amt für Nationale Sicherheit
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gemäß der an-
liegenden Empfehlung.
Breite Mehrheit im Ausschuss
Eine Änderung der Absprache zur Durchführung der Richtlinien zu
§ 44b AbgG bleibt dem 1. Ausschuss vorbehalten.

Drucksache 14/1698 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

C. Alternativen
Beibehaltung der gegenwärtigen Rechtslage.

D. Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1698

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:
Die Richtlinien zur Überprüfung auf eine Tätigkeit oder politische
Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für
Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik vom 13. Dezember 1991 (BGBl. 1992 I S. 76), für die
14. Wahlperiode übernommen durch Beschluss des Deutschen Bun-
destages vom 26. Oktober 1998, werden wie folgt geändert:
1. Nach Nummer 1 der Richtlinien wird folgende Nummer 2 einge-

fügt:
„2. Das betroffene Mitglied kann Einsicht in die beim 1. Aus-

schuss befindlichen Unterlagen verlangen. Es kann sich einer
Vertrauensperson bedienen.
Im Übrigen dürfen Einsicht in die zu den Überprüfungsverfah-
ren geführten Akten des 1. Ausschusses nur die Ausschuss-
mitglieder sowie die mit der Bearbeitung der Vorgänge be-
fassten Sekretariatsmitarbeiter nehmen.
Bei den Beratungen des 1. Ausschusses zu den Überprüfungs-
verfahren ist das Zutrittsrecht für Mitglieder des Bundestages
auf die ordentlichen Ausschussmitglieder und deren Stellver-
treter beschränkt. Der 1. Ausschuss kann im Einzelfall Aus-
nahmen beschließen.“

2. Nummer 2 der Richtlinien wird Nummer 3.
3. Nummer 3 der Richtlinien wird Nummer 4.
4. Nummer 4 der Richtlinien wird Nummer 5 und erhält folgende

Fassung:
„5. Vor Abschluss der Feststellungen gemäß Nummer 4 sind die

Tatsachen dem betroffenen Mitglied des Bundestages zu er-
öffnen und mit ihm zu erörtern.
Der Vorsitzende des 1. Ausschusses unterrichtet den Präsi-
denten des Deutschen Bundestages und den Vorsitzenden
derjenigen Fraktion oder Gruppe, der das betroffene Mitglied
des Bundestages angehört, über die beabsichtigte Feststellung
des 1. Ausschusses.“

5. Nummer 5 der Richtlinien wird Nummer 6.

Berlin, den 30. September 1999

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
Erika Simm Stephan Hilsberg Joachim Hörster
(Vorsitzende) (Berichterstatter) (Berichterstatter)

Drucksache 14/1698 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Stephan Hilsberg und Joachim Hörster

Die neu eingefügte Nummer 2 der Richtlinien regelt in
Bezug auf die Überprüfungsverfahren das Aktenein-
sichtsrecht und das Zutrittsrecht zu den Ausschuss-
beratungen. Die Verfahren nach § 44b AbgG werden
bis zur Veröffentlichung der Feststellungen des 1. Aus-
schusses nicht öffentlich durchgeführt. Die Mitglieder
des 1. Ausschusses sind auch über den Abschluss des
Verfahrens hinaus zur Verschwiegenheit über schutzwür-
dige persönliche Daten der überprüften Abgeordneten
verpflichtet (BVerfGE 94, 351, 371). Dieser vertrauliche
Charakter beschränkt das Akteneinsichtsrecht für Mitglie-
der des Deutschen Bundestages (§ 16 GO-BT) sowie das
Zutrittsrecht zu den Ausschussberatungen (§ 69 Abs. 2
GO-BT). Bislang fehlte jedoch eine ausdrückliche Klar-
stellung dessen in den Richtlinien für die Überprüfungs-
verfahren, die den Rang von Geschäftsordnungsrecht be-
sitzen. Die neu vorgesehenen Bestimmungen gehen den
§ 16 und § 69 Abs. 2 GO-BT als Spezialregelungen vor.
Die weiteren Änderungen ergeben sich als Folge dieser
Einfügung. Die Nummerierung verschiebt sich um eins
nach unten. In der bisherigen Nummer 4 (neu Num-
mer 5) entfällt der zweite Absatz, weil das Aktenein-
sichtsrecht des betroffenen Mitglieds des Deutschen
Bundestages nunmehr bereits in Nummer 2 (neu) im Zu-
sammenhang mit dem Akteneinsichtsrecht der Aus-
schussmitglieder und dem Zutrittsrecht zu den Aus-
schusssitzungen geregelt ist. Dieser neue Standort stellt
darüber hinaus klar, dass das Akteneinsichtsrecht des
Betroffenen von Beginn an und während der gesamten
Dauer des Überprüfungsverfahrens besteht. Demgegen-
über konnte der bisherige Standort in Nummer 4 (alt) der
Richtlinien den unzutreffenden Eindruck erwecken, das
Akteneinsichtsrecht müsse erst gegen Ende des Überprü-
fungsverfahrens „vor Abschluss der Feststellungen“ ge-
währt werden.
Neben den Richtlinien regelt die Absprache des 1. Aus-
schusses zur Durchführung der Richtlinien gemäß § 44b
AbgG (zuletzt abgedruckt in Drucksache 13/2994) wei-
tere Einzelheiten zum Verfahrensablauf. Der 1. Aus-
schuss hat in seiner Sitzung am 19. November 1998
diese Absprache zunächst auch für die 14. Wahlperiode
übernommen und gleichzeitig eine Überarbeitung ver-
einbart. In seiner Sitzung am 16. September 1999 hat er
schließlich neben den oben dargelegten Empfehlungen
zur Änderung der Richtlinien zu § 44b AbgG die folgen-
den Änderungen der Absprache zur Durchführung der
Richtlinien beschlossen:
Die Änderungen der Richtlinien sind im Ausschuss mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. gegen die Stimme der
Fraktion der PDS beschlossen worden.
1. Nummer 4 Abs. 2 der Absprache erhält folgende Fas-

sung:
„Für das Überprüfungsverfahren werden grundsätz-
lich nur zwei Kopien gezogen, die ebenfalls im Se-

kretariat verbleiben. Der Ausschuss kann beschlie-
ßen, den Berichterstattern für ihre Arbeit außerhalb
der Sekretariatsräume jeweils eine weitere Kopie zur
Verfügung zu stellen.“

2. Nummer 4 Abs. 4 der Absprache wird gestrichen.
3. In Nummer 5 Abs. 3 der Absprache werden die

Wörter „aus Anlass“ durch das Wort „während“ er-
setzt.

4. Nummer 6 der Absprache erhält folgende Fassung:
„6. Feststellungskriterien

Feststellungskriterien für den Ausschuss sind:
A. hauptamtliche Tätigkeit für das MfS/AfNS

(vgl. § 6 Abs. 4 Nr. 1 StUG);
B. inoffizielle Tätigkeit für das MfS/AfNS (vgl.

§ 6 Abs. 4 Nr. 2 StUG);
von dieser kann in der Regel insbesondere
dann ausgegangen werden,
I. wenn eine unterzeichnete Verpflichtungs-

erklärung vorliegt, es sei denn, es liegt
Geringfügigkeit („Bagatellfall“) nach § 19
Abs. 8 Nr. 2 StUG vor oder ein tatsächli-
ches Tätigwerden kann wegen fehlender
Unterlagen nicht festgestellt werden,

II. nachweislich Berichte oder Angaben über
Personen außerhalb offizieller Kontakte
geliefert wurden,

III. wenn ein Tätigwerden für das MfS/AfNS
auf sonstige Weise zweifelsfrei belegt
wird; Indizien hierfür sind beispielsweise
a) die nachgewiesene Entgegennahme

von Zuwendungen, Vergünstigungen,
Auszeichnungen oder Vergleichbarem,

b) eine nachgewiesene Eintragung in den
Karteien, insbesondere
– falls unterschiedliche Registrier-

nachweise miteinander korrelieren,
– korrelierende Registriernachweise auf

eine längere Zeit der inoffiziellen
Zusammenarbeit hindeuten

– oder während der Dauer der Erfas-
sung die Führungsoffiziere wech-
selten;

IV. von dieser Indizwirkung kann in der Re-
gel dagegen nicht ausgegangen werden,
wenn Hinweise darauf bestehen, dass

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/1698

Unterlagen zu Lasten Betroffener mani-
puliert worden sind;

C. politische Verantwortung für das MfS/AfNS
oder seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

D. Sind durch eine Tätigkeit oder politische Ver-
antwortung für das MfS/AfNS Einzelpersonen
nachweislich weder mittelbar noch unmittel-
bar belastet oder benachteiligt worden, ist dies
in die Feststellungen aufzunehmen“.

Berlin, den 30. September 1999

Stephan Hilsberg Joachim Hörster
(Berichterstatter) (Berichterstatter)

Drucksache 14/1698 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
esellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.