BT-Drucksache 14/1693

Entwurf eines Gesetzes zur abschließenden Regelung offener Vermögensfragen in Bezug auf Wohngrundstücke im Betrittsgebiet (Wohngrundstücksregelungsgesetz - WoRegG)

Vom 30. September 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1693
14. Wahlperiode

30. 09. 99

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Sabine Jünger, Gerhard Jüttemann,
Christine Ostrowski, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion der PDS

Gesetz zur abschließenden Regelung offener Vermögensfragen in Bezug auf
Wohngrundstücke im Beitrittsgebiet
(Wohngrundstücksregelungsgesetz – WoRegG)

A. Problem
Die aus dem Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ resultierenden
Ungerechtigkeiten und Rechtsunsicherheiten für ehemalige Bürge-
rinnen und Bürger der DDR bestehen trotz einiger Korrekturen seit
nunmehr fast neun Jahren fort. Das im Einigungsvertrag und vom
gesamtdeutschen Gesetzgeber gestellte Ziel, die in der DDR entstan-
denen Eigentums- und Besitzverhältnisse an Wohngrundstücken in
die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu überführen,
ist in großer Zahl auf Kosten von Ostdeutschen und zu Gunsten
westdeutscher „Alteigentümer“ verwirklicht worden. Viele ehema-
lige Bürgerinnen und Bürger der DDR sind aus ihren rechtmäßigen
Eigentümer- oder eigentümerähnlichen Positionen verdrängt worden
oder befinden sich in ungesicherten Rechtspositionen. Sie hatten dar-
auf vertraut, dass die Rechtsordnung ihre redlich erworbenen
Rechtspositionen in Bezug auf die von ihnen bewohnten Grund-
stücke schützen würde und sich auf diesen Grundstücken eingerich-
tet. Sie haben in der Regel unter besonderen Opfern Wohnhäuser auf
diesen Grundstücken errichtet oder die Werterhaltung der vorgefun-
denen Wohnhäuser gesichert, häufig auch deutlich erhöht. Nach dem
Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland sahen sie ihre
Rechtsposition in Frage gestellt, sind teils von ihren Grundstücken
verdrängt worden oder konnten ihr Bleiben nur unter Inkaufnahme
von Verschuldung sichern oder leben zum Teil noch heute in der Un-
sicherheit, ob sie ihr Grundstück weiter behalten können. Notwendi-
ge Werterhaltungs- oder Wertverbesserungsmaßnahmen werden bis
zur endgültigen Klärung der Eigentumsverhältnisse aufgeschoben
oder mit hohem Kostenrisiko durchgeführt. Auf der anderen Seite
sind nicht wenige Ostdeutsche in ihren Rechten auch bestätigt wor-
den. Das Problem besteht insoweit darin, dass die unterschiedliche
Handhabung zumeist durch Umstände zustande kommt, auf die die
Ostdeutschen beim Erwerb keinen Einfluss hatten.

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B. Lösung
Schaffung von Regelungen, die die weitere Verdrängung von Bürge-
rinnen und Bürgern der ehemaligen DDR aus ihren vor dem 3. Okto-
ber 1990 rechtmäßig erworbenen Eigentümer- oder eigentümerähnli-
chen Positionen in Bezug auf Wohngrundstücke verhindern, die zü-
gig Rechtssicherheit herbeiführen und damit auch Investitions-
hemmnisse beseitigen.

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Es sind indirekte Erhöhungen von Einnahmen und Reduzierungen
von Ausgaben zu erwarten, die jedoch nicht näher beziffert werden
können. Sie entstehen durch Wegfall von Investitionshindernissen in
Ostdeutschland, der damit verbundenen Verbesserung der Auftrags-
lage vor allem für kleine und mittlere Unternehmen und den daraus
resultierenden Minderausgaben für Arbeitslosengeld, Arbeitslosen-
hilfe und Sozialhilfe sowie den Mehreinnahmen an Steuern und Bei-
trägen für die Sozialversicherung.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1693

Gesetz zur abschließenden Regelung offener Vermögensfragen in Bezug auf
Wohngrundstücke im Beitrittsgebiet
(Wohngrundstücksregelungsgesetz – WoRegG)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates
das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Vermögensgesetzes

Das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen
vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 1159), zuletzt
geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
§ 4 Abs. 2 Satz 2 erhält folgende Fassung:
„Als dem Eigentumserwerb gleichgestellt gelten auch
die vor dem 3. Oktober 1990 durch Bürger der DDR ge-
tätigten schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfte (notarielle
Beurkundung, Vorverträge bzw. Kaufvereinbarungen
zum Zwecke des Abschlusses eines Kaufvertrages mit
dem Ziel, ein Grundstück oder die aufstehenden Gebäu-
de oder beides zu erwerben) zu den am Tage des Rechts-
geschäftes geltenden Bedingungen.“
Als Satz 3 wird eingefügt:
„Dies gilt nicht, wenn die in Satz 2 genannten Bürger die
Grundstücke am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes
nicht mehr nutzen.“

Artikel 2
Änderung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes
Das Gesetz zur Sachenrechtsbereinigung im Beitritts-
gebiet vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2457), zu-
letzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
1. Nach § 1 Abs. 1 Buchstabe d wird folgender Buch-

stabe e eingefügt:
„e) die aufgrund eines Überlassungsvertrages im

Sinne des Artikels 232 § 1a des Einführungsge-
setzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Wohn-
zwecken genutzt wurden.“

2. § 3 Abs. 3 Nummer 3 wird gestrichen.
3. § 5 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

Buchstabe c wird gestrichen.
4. § 12 wird wie folgt geändert:

Absatz 2 wird gestrichen.
5. § 26 Abs. 1 Satz 3 wird wie folgt geändert:

„Die Ansprüche aus den Sätzen 1 und 2 können nur
geltend gemacht werden, soweit

1. eine über die Größe von 800 Quadratmetern hi-
nausgehende Fläche abtrennbar und selbstständig
baulich nutzbar oder

2. eine über die Größe von 1 200 Quadratmetern hi-
nausgehende Fläche abtrennbar und angemessen
wirtschaftlich nutzbar ist.“

6. § 45 Abs. 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Der Restwert bestimmt sich nach dem Sachwert des
Gebäudes zum Zeitpunkt des Abschlusses des
Überlassungsvertrages abzüglich der Wertminde-
rung, die bis zum Zeitpunkt der Abgabe eines Ange-
bots auf Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages ge-
wöhnlich eingetreten wäre.“

7. § 51 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
In Satz 3 wird das Komma durch einen Punkt er-
setzt. Der zweite Halbsatz entfällt.

8. § 68 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
In Satz 1 und Satz 2 wird das Datum „1. Oktober
1994“ ersetzt durch „Rechtswirksamkeit des Rück-
übertragungsbescheides“.

9. § 74 Abs. 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Die Erhöhung des Preises ist pauschal nach dem
Sachwert des Gebäudes und der Grundstücksein-
richtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Über-
lassungsvertrages abzüglich der Wertminderungen,
die bis zur Abgabe eines Angebots zum Vertrags-
schluss eingetreten wären, zu bestimmen.“

10. § 121 wird wie folgt geändert:
In Absatz 1 Satz 1 wird das Datum „18. Oktober
1989“ ersetzt durch „3. Oktober 1990“. Satz 3 wird
gestrichen.
Absatz 2 wird gestrichen.

Artikel 3
Änderung des Einführungsgesetzes
zum Bürgerlichen Gesetzbuche

Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche
vom 18. August 1896 – EGBGB – (RGBl. I S. 604), zu-
letzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
In Artikel 231 § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 wird
jeweils das Datum „31. Dezember 1999“ durch das Da-
tum „31. Dezember 2004“ ersetzt.

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Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 28. September 1999

Dr. Evelyn Kenzler
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Christine Ostrowski
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/1693

Begründung

A. Allgemeiner Teil
Die gesetzlichen Regelungen mit dem Ziel, die zwischen
dem 8. Mai 1945 und dem 2. Oktober 1990 in Ost-
deutschland erfolgten vermögensrechtlichen Verände-
rungen zurück abzuwickeln, teilweise für Unrecht zu er-
klären, teilweise als unredlichen Erwerb zu qualifizieren
und generell zu „offenen Vermögensfragen“ zu erklären,
haben für hunderttausende ostdeutsche Familien zu einer
Verunsicherung und Bedrohung geführt. Der Gesetzge-
ber hat in der 12. und 13. Wahlperiode durch mehrere
Änderungen der einschlägigen Gesetze einige Unge-
rechtigkeiten beseitigt oder gemildert. Das eigentliche
Ziel, einen sozial verträglichen, rechtsstaatlich vertretba-
ren und gerechten Ausgleich zwischen denen, die in dem
genannten Zeitraum ihr Eigentum oder die reale Verfü-
gungsgewalt darüber verloren hatten und denen, die red-
lich neue Eigentümer- oder eigentümerähnliche Rechts-
positionen erworben hatten, herzustellen, ist nicht oder
nur teilweise gelungen. Da die Gesetzgebung und die
Rechtsprechung die Rechtslage und Lebenswirklichkeit
in der DDR und die soziale Situation der Betroffenen in
Ostdeutschland nicht oder nur unzureichend berücksich-
tigen, sind schwer erträgliche Ungerechtigkeiten ent-
standen, die dringend einer Korrektur durch den Gesetz-
geber bedürfen.

B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Das Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom
7. März 1990 – das sogenannte Modrow-Gesetz (GBl.
DDR I S. 157) – berechtigte Bürgerinnen und Bürger der
DDR zum Erwerb volkseigener Gebäude und der zuge-
hörigen Grundstücke für Wohnzwecke oder für gewerb-
liche Nutzung. Auf dieser Grundlage sind auf dem Ter-
ritorium des Beitrittsgebietes Verkaufsverhandlungen
geführt worden, die vor dem 3. Oktober 1990 – unab-
hängig vom Willen und daher ohne Verschulden der
Beteiligten – mit höchst unterschiedlichen Ergebnissen
endeten. Einige Käufer konnten den Erwerb vollenden
und sind heute im Grundbuch eingetragen. Andere
konnten ihre Kaufverträge noch notariell beurkunden
lassen, sind aber nicht mehr in das Grundbuch eingetra-
gen worden. Eine größere Zahl Betroffener konnte – we-
gen des extremen Mangels an Notaren im Verhältnis zur
damaligen Nachfrage – ihre Verträge nicht mehr nota-
riell beurkunden lassen. Es wurden lediglich sogenannte
Vorverträge zwischen den Parteien abgeschlossen. In
einigen Fällen wurde der Kaufpreis gezahlt, in anderen
nicht mehr.
Als Folge solcher historischen Zufälle des Jahres 1990
können sich heute – in den Gemeinden oft Zaun an Zaun
– einige Käufer als Eigentümer betrachten, andere sehen

sich nach den Bestimmungen des Sachenrechtsbereini-
gungsgesetzes auf den erneuten Ankauf oder das Erbbau-
recht verwiesen, wieder andere sollen nur noch Mieter
ihrer Grundstücke sein oder müssen auch noch neun Jah-
re nach der staatlichen Vereinigung Deutschlands Haus
und Hof verlassen. Dies erscheint moralisch, politisch
und rechtlich unredlich. Insbesondere wirkt die soge-
nannte Stichtagsregelung in § 4 Abs. 2 des Vermögens-
gesetzes willkürlich. Der 18. Oktober 1989 war der Tag
des unfreiwilligen Rücktritts Erich Honeckers. Es bleibt
ein Rätsel des früheren Gesetzgebers, gerade Erich
Honecker durch die Stichtagsregelung in der Weise wür-
digen zu wollen, dass Verträge unter ihm wirksam und
ohne ihn nur noch unwirksam geschlossen werden
konnten. Abgesehen davon war der Rücktritt kein
Rechtsereignis, hat Gesetze und Rechtsbeziehungen der
Bürgerinnen und Bürger der DDR nicht verändert, so-
dass Willkür vorliegt.
Die vorgeschlagene neue Fassung von § 4 Abs. 2 will
diese Stichtagsregelung beseitigen und eine Gleichstel-
lung von vollzogenen und angebahnten Verkäufen er-
reichen. Den Kaufverträgen lag das formell und mate-
riell korrekt zustande gekommene Verkaufsgesetz vom
7. März 1990 zugrunde. Die frei gewählte Volkskammer
der DDR hat dieses Gesetz nicht geändert. Die von die-
ser Volkskammer frei gewählte Regierung erließ viel-
mehr noch im Juli und August 1990 Durchführungsver-
ordnungen zu diesem Gesetz. Durch diese Verordnungen
und die Verkaufspraxis nach dem Inkrafttreten des Ge-
setzes konnten die Bürgerinnen und Bürger gerade nicht
erkennen, dass der Erwerb von Grundstücken nach den
Bestimmungen dieses Gesetzes jemals als unwirksam
gewertet werden könnte. Es bestand – im Gegenteil –
aller Grund für die Erwerberinnen und Erwerber von
Grundstücken, auf den Bestand ihrer in der DDR erwor-
benen Rechte zu vertrauen.
Der Einführung der Stichtagsregelung zunächst in der
Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesre-
publik Deutschland und der Deutschen Demokratischen
Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom
14. Juni 1990 und dann im Vermögensgesetz lag offen-
bar die Vermutung zugrunde, dass sich gerade hohe
Funktionsträger der DDR nach diesem Tag in unred-
licher Weise Eigentum an in Volkseigentum stehenden
Grundstücken verschafft hätten. War in der Gemeinsa-
men Erklärung zunächst noch von einer Überprüfung der
nach dem Stichtag beurkundeten Verkäufe auf „Redlich-
keit“ die Rede, so wurden in dem Vermögensgesetz vom
23. September 1990 rückwirkend und hinsichtlich des
gewählten Datums willkürlich – und damit verfassungs-
rechtlich äußerst bedenklich – grundsätzlich alle nach
dem 18. Oktober 1989 durchgeführten Erwerbsgeschäfte
für nichtig erklärt. Eine Korrektur erfolgte auch nicht, als
sich die oben beschriebene Vermutung als im Wesentli-
chen unzutreffend erwies. Das Bundesverfassungsgericht
hat in diesem Zusammenhang den sozialen Frieden in

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der DDR im Sommer 1990 als ein wichtiges Gut be-
zeichnet, ohne dessen Wahrung die Chancen zur Her-
stellung der deutschen Einheit hätten gefährdet werden
können (NJW 1991, 1597, 1601). Bei der derzeit gülti-
gen Regelung entsteht der Eindruck, das Festhalten der
letzten Regierung der DDR an dem Verkaufsgesetz vom
7. März 1990 sei ein Köder gewesen, der nach Vollzug
der Vereinigung wieder einkassiert wurde. Dies führt bei
vielen Betroffenen zu ernsten Zweifeln am rechtsstaatli-
chen Charakter des Vermögensgesetzes. Die Praxis der
Vermögensämter hat zwischenzeitlich hinreichend deut-
lich gemacht, dass es unredliche Erwerbsgeschäfte nach
dem 18. Oktober 1989 nur in einer verschwindend ge-
ringen Zahl von Fällen gegeben hat. Obwohl sich inso-
fern die getroffene Regelung für den intendierten Zweck
als überflüssig erwiesen hatte, wurde weiterhin an ihr
festgehalten.
Die nunmehr vorgeschlagene Regelung schützt das Ver-
trauen der redlichen Käuferinnen und Käufer in Überein-
stimmung mit dem Verkaufsgesetz vom 7. März 1990
und seinen Durchführungsbestimmungen.
Der Ausschluss von dieser Regelung im neu formulier-
ten Satz 3 erfolgt mangels Schutzbedürftigkeit jener Per-
sonen, die die Grundstücke nicht mehr nutzen.

Zu Artikel 2
Zu Nummer 1
Durch die vorgeschlagene Einfügung des Buchstaben e
soll die Einbeziehung der sog. Überlassungsverträge in
die Sachenrechtsbereinigung erreicht werden.
Durch die hauptsächlich in den Jahren 1968 bis 1975
zwischen den staatlichen Verwaltern und Mieterinnen
und Mietern von Grundstücken, deren Eigentümerinnen
und Eigentümer in der Bundesrepublik oder in Westber-
lin ansässig waren, abgeschlossenen Überlassungsver-
träge entstanden Rechtsverhältnisse sui generis. Sie lie-
ßen das Eigentum am Grundstück unberührt. Der Erwerb
durch die Nutzerinnen und Nutzer war nicht möglich.
Die Übernehmenden hatten aber den Grundstückswert
beim staatlichen Verwalter zu hinterlegen, auf dem
Grundstück lastende Hypotheken abzulösen und für die
Zukunft die öffentlichen Lasten sowie alle Lasten der In-
standhaltung und Instandsetzung zu tragen. Sie hatten
sich bis zur Vereinigung demzufolge 15 bis 20 Jahre
„wie Eigentümer“ um das Grundstück und das Gebäude
gekümmert und in fast allen Fällen Schäden beseitigt
oder abgewendet und den Wert des Grundstücks erhalten
und nicht selten deutlich erhöht.
Aus diesen Gründen ist den „Alteigentümern“ die Ein-
sicht zuzumuten, dass die Nutzerinnen und Nutzer den
Anwesen näher stehen als sie selbst. Dies rechtfertigt die
Einbeziehung der Überlassungsvertragsnehmerinnen und
Überlassungsvertragsnehmer in den Geltungsbereich des
Sachenrechtsbereinigungsgesetzes und damit den auch
anderen „Alteigentümern“ zugemuteten hälftigen Ver-
mögensverlust. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit
dieser Begründung in den in etwa vergleichbaren Fällen
des § 4 Abs. 2 Buchstabe c des Vermögensgesetzes den

Ausschluss der Rückübertragung und damit sogar den
völligen Verlust des Vermögenswertes für zumutbar
gehalten (BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 –
BVerwG 7 C 7.97, ZOV 1/1998, 63-65).
Zu Nummer 2
Durch den Wegfall der Stichtagsregelung in § 4 Abs. 2
des Vermögensgesetzes ist diese Regelung hinfällig.
Zu Nummer 3
Durch die Einbeziehung der Überlassungsverträge in den
Geltungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes
entsprechend der vorgeschlagenen Ergänzung des § 1
Abs. 1 erübrigt sich diese Regelung.
Zu Nummer 4
Vergleiche die Begründung zu Nummer 3.
Zu Nummer 5
Die bisherige Regelung mit einer Anspruchsfläche von
500 Quadratmetern orientiert sich am Baulandgesetz der
DDR, das aber nur für wenige von Restitution betroffene
Grundstücke relevant ist. Wenn solche Grundstücke un-
ter die Regelungen des Baulandgesetzes der DDR fielen,
dann handelte es sich vorwiegend um die Vergabe ding-
licher Nutzungsrechte, die diese Grundstücke ohnehin
vor Restitution schützen. Die problembehafteten und von
Rückübertragungsansprüchen betroffenen Grundstücke
haben dagegen eine durchschnittliche Größe von knapp
1 000 Quadratmetern. Das Problem der zu kleinen An-
spruchsfläche hat sich nach Inkraftreten des Bau- und
Raumordnungsgesetzes verschärft. Durch Wegfall der
bis dahin benötigten Teilgenehmigungen ist die „500-
Quadratmeter-Regelung“ streitbefangen. Die Klärung
vermögensrechtlicher Ansprüche verzögert sich deshalb
oft um Jahre. Schon eine Überschreitung der in § 29
Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bisher festgelegten Größe von 1 000
Quadratmetern um wenige Quadratmeter reicht aus, um
ein langwieriges Verwaltungsgerichtsverfahren in Gang
zu setzen. Eine Neufestsetzung der Regelgrößen er-
scheint deshalb geboten.

Zu Nummer 6
In aller Regel waren die Überlassungsvertragsnehmer
bereits langjährige Mieter, bevor sie den Überlassungs-
vertrag abschlossen. Die vorgeschlagene Formulierung
dient der Klarstellung, dass der Zeitpunkt des Abschlus-
ses des Überlassungsvertrages gemeint ist.

Zu Nummer 7
Mit der Einführung einer Eingangsphase durch § 51 des
Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, in der der Erbbaube-
rechtigte eine besondere Ermäßigung des Erbbauzinses
verlangen kann, sollten diejenigen Nutzerinnen und Nut-
zer begünstigt werden, die möglichst bald nach Inkraft-
treten des Gesetzes die Sachenrechtsbereinigung betrie-
ben und zu einem Abschluss brachten. Diese Eingangs-
phase sollte spätestens am 1. Januar 1995 beginnen.

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Zwischenzeitlich hat sich herausgestellt, dass zahlreiche
Erbbauberechtigte dieser Vorteile ohne eigenes Ver-
schulden mehr oder weniger verlustig gehen, weil
1. die Sachenrechtsbereinigung erst nach erfolgter

Rückübertragung – auf deren Zeitpunkt die Nutzer in
der Regel keinen Einfluss haben – begonnen werden
kann und

2. der Zeitpunkt des Zustandekommens eines Erbbau-
rechtvertrages in vielen Fällen nur gegen den hinhal-
tenden Widerstand der Grundstückseigentümer/„Alt-
eigentümer“ durchsetzbar ist.

Es ist unbillig, die Nutzerinnen und Nutzer die Folgen
für Vorgänge tragen zu lassen, die außerhalb ihres Ein-
flusses stehen. Durch den vorgeschlagenen Wegfall des
Stichtages 1. Januar 1995 bleibt den Nutzerinnen und
Nutzern die Begünstigung auch dann voll erhalten, wenn
die Rückübertragung erst spät erfolgt bzw. der Grund-
stückseigentümer/„Alteigentümer“ den Vertragsabschluß
verzögert.
Zu Nummer 8
Vergleiche die Begründung zu Nummer 7.
Zu Nummer 9
Vergleiche die Begründung zu Nummer 6.
Zu Nummer 10
Nach dem Wegfall der Unwirksamkeit von Käufen nach
dem Stichtag im bisherigen § 4 Abs. 2 des Vermögens-
gesetzes gemäß Artikel 1 dieses Gesetzentwurfs ist in
den Fällen, in denen vor dem Außerkrafttreten des Ver-
kaufsgesetzes vom 7. März 1990 am 2. Oktober 1990
mit staatlichen Stellen der DDR wirksame, beurkundete
Kaufverträge geschlossen wurden und die Rückgabe des
Vermögenswertes bereits rechtskräftig erfolgt ist, die Sa-
chenrechtsbereinigung nach den Regeln des Sachen-
rechtsbereinigungsgesetzes durchzuführen. Die dem § 4
des Vermögensgesetzes nachgebildete Stichtagsregelung
des § 121 Abs. 2 Buchstabe b ist daher zu streichen.
Die bisherige Stichtagsregelung diskriminiert die Nutze-
rinnen und Nutzer, die nach dem Gesetz über den Ver-
kauf volkseigener Grundstücke vom 7. März 1990 kont-
rahierten. Es gilt die Begründung zu Artikel 1. Die für
diese Stichtagsregelung vorgebrachten Argumente sind
nicht stichhaltig. Da das Verkaufsgesetz vom 7. März
1990 auch nach der Gemeinsamen Erklärung vom
15. Juni 1990 in Kraft blieb und die Regierung de Mai-
zière auch nach diesem Datum noch Durchführungsbe-
stimmungen erließ, durften die Nutzerinnen und Nutzer
darauf vertrauen, dass die von ihnen mit staatlichen
Stellen abgeschlossenen Verträge Bestand haben wer-

den. Dass die vereinbarten Preise, die nach eingeholten
Wertgutachten festgelegt wurden und der preisrechtli-
chen Genehmigung bedurften, angesichts des bevorste-
henden Inkrafttretens der Wirtschafts- und Währungs-
union absehbar unter dem dann zu erwartenden Wert der
Grundstücke lagen, führt jedenfalls nicht zur Sittenwid-
rigkeit der Verträge. Es ist sonst weder in der Rechtspre-
chung noch in der Lehre die Ansicht vertreten worden,
ein Rechtsgeschäft, das den zum Zeitpunkt seines Ab-
schlusses geltenden Rechtsvorschriften entspricht, könne
sittenwidrig sein, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsab-
schlusses bereits erkennbar ist, dass sich die Rechtslage
zu Ungunsten der einen oder anderen Vertragspartei än-
dern werde bzw. ein Rechtsgeschäft dieses Inhalts nach
den Maßstäben neuen Rechts keine Wirksamkeit würde
beanspruchen können. So ist beispielsweise keiner der
zahlreichen Grundstücksübereignungsverträge zum Jah-
resende 1995 in Zweifel gezogen worden, die geschlos-
sen wurden, um die zu erwartende höhere Schenkungs-
und Erbschaftssteuer zu umgehen. Der Bundesgerichts-
hof hat im Gegenteil in seinem Urteil vom 27. November
1998, Az. V ZR 68/98 darauf hingewiesen, dass die Ver-
einbarung eines anderen als des zum Zeitpunkt des Ver-
tragsabschlusses preisrechtlich zulässigen und geneh-
migten Preises zu einer Nichtigkeit der Verträge gemäß
§ 68 des Zivilgesetzbuches der DDR geführt hätte.
Zu Artikel 3
Nach Artikel 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsge-
setzes zum BGB erlischt das selbständige Gebäude-
eigentum „wenn nach dem 31. Dezember 1999 das
Eigentum am Grundstück übertragen wird, es sei denn,
dass das Nutzungsrecht oder das selbständige Gebäude-
eigentum ... im Grundbuch ... eingetragen ist oder dem
Erwerber das nicht eingetragene Recht bekannt war“.
Auch in Absatz 4 Satz 1 ist dieses Datum festgelegt.
Diese Frist war eine Verlängerung der ursprünglichen
Frist bis zum 31. Dezember 1996, die sich als nicht aus-
reichend erwiesen hatte, durch das Eigentumsfristenge-
setz vom 20. Dezember 1996. Die Gründe für die dama-
lige Verlängerung bestehen nach wie vor (vgl. die
Drucksache 13/5586, S. 3). Insbesondere sind noch viele
Verfahren nach dem Verkaufsgesetz vom 7. März 1990
und nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz noch
nicht entschieden, wobei die Betroffenen kaum Einfluss
auf den Zeitpunkt des Abschlusses haben. Eine Verlän-
gerung der Frist um weitere fünf Jahre auf den 31. De-
zember 2004 erscheint deshalb geboten. Eine solche
Verlängerung würde unnötige Rechtsstreitigkeiten, die
sonst in nicht unerheblichem Maße auftreten werden,
verhindern.
Zu Artikel 4
Dieser Artikel legt den Zeitpunkt des Inkraftretens fest.

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