BT-Drucksache 14/1333

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft, Heidemarie Ehlert, Rolf Kutzmutz, Dr. Uwe-Jens Rössel und der Fraktion der PDS - Drs. 14/64 -

Vom 30. Juni 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1333
14. Wahlperiode

30. 06. 99

Beschlußempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuß)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft,
Heidemarie Ehlert, Rolf Kutzmutz, Dr. Uwe-Jens Rössel und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/64 –

Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Leistungen

A. Problem
In dem Antrag – Drucksache 14/64 – wird die Einführung eines er-
mäßigten Mehrwertsteuersatzes für arbeitsintensive Dienstleistungen
gefordert. Dadurch soll die legale Nachfrage nach solchen Leistun-
gen gefördert werden, so daß ein Beitrag zur Bekämpfung der Ar-
beitslosigkeit geleistet wird.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags.
Die Ablehnung erfolgte mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und F.D.P. gegen die
Fraktion der PDS.

C. Alternativen
Einkommensteuerliche Entlastungen und Senkung der Lohnneben-
kosten im Rahmen der ökologischen Besteuerung (Koalitionsfrak-
tionen)

D. Kosten
Keine, da der Antrag abgelehnt wurde.

Drucksache 14/1333 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlußempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 14/64 – abzulehnen.

Bonn, den 21. April 1999

Der Finanzausschuß
Christine Scheel Dieter Grasedieck Dr. Barbara Höll
Vorsitzende Berichterstatter Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/1333

Bericht der Abgeordneten Dieter Grasedieck und Dr. Barbara Höll

I. Verfahrensablauf
Der Antrag zur Einführung eines ermäßigten Mehrwert-
steuersatzes für arbeitsintensive Leistungen – Druck-
sache 14/64 – ist dem Finanzausschuß in der 30. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 25. März 1999 zur feder-
führenden Beratung und dem Ausschuß für Wirtschaft
und Technologie zur Mitberatung überwiesen worden.
Der Finanzausschuß hat den Antrag am 21. April 1999
beraten. Der Ausschuß für Wirtschaft und Technologie
hat die Vorlage am 23. Juni 1999 behandelt.

II. Inhalt der Vorlage
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert
werden, sich im ECOFIN-Rat für eine Änderung der
6. Umsatzsteuerrichtlinie der EG dahin gehend einzuset-
zen, daß auf arbeitsintensive Dienstleistungen, insbeson-
dere auf Reparaturarbeiten des Handwerks, ein ermä-
ßigter Mehrwertsteuersatz angewandt werden kann. Be-
günstigt werden sollen Reparaturarbeiten an beweglichen
körperlichen Gegenständen (einschließlich Fahrrädern,
nicht aber anderen Beförderungsmitteln), Renovierungs-
und Reparaturarbeiten im Wohnungsbau (außer Neu-
bauten), Freizeitparks, Reinigungs- und Wäscherei-
dienstleistungen und Pflegeleistungen in der Wohnung.
Begründet wird die Einführung des ermäßigten Mehr-
wertsteuersatzes insbesondere wie folgt:
– Durch eine relative Verteuerung des Neuerwerbs von

Gütern in Relation zu ihrer Reparatur werde der Res-
sourcenverbrauch geschont und damit eine ökologisch
nachhaltige Produktions- und Konsumtionsweise er-
reicht.

– Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz führe zu niedrige-
ren Verbrauchspreisen für diese Dienstleistungen,
wodurch die Nachfrage danach angeregt werden
könne, so daß mehr Beschäftigung in den betroffenen
Sektoren erreicht werde.

– Durch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für diese
Dienstleistungen werde der Anreiz zur Schwarzarbeit
in diesen Bereichen vermindert.

Außerdem verweisen die Antragsteller darauf, daß die
EU-Kommission bereits Anfang 1998 auf Initiative des
Europaparlaments einen Vorschlag zur Anwendung eines
ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf arbeitsintensive
Dienstleistungen erarbeitet habe.

III. Mitberatender Ausschuß
Der mitberatende Ausschuß für Wirtschaft und Tech-
nologie hat den Antrag mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und
F.D.P. gegen die Stimmen der PDS abgelehnt.

IV. Ausschußempfehlung
Im federführenden Finanzausschuß hat die Fraktion der
PDS darauf hingewiesen, daß sie den Antrag auf Einfüh-
rung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für arbeits-
intensive Dienstleistungen bereits in der 13. Legislatur-
periode des Deutschen Bundestages eingebracht habe.
Dieser Antrag sei jedoch seinerzeit abgelehnt worden.
Sie hat ferner darauf verwiesen, daß in verschiedenen
Mitgliedstaaten der EU über einen ermäßigten Mehr-
wertsteuersatz für solche Dienstleistungen nachgedacht
werde. Dies zeige, daß ein solcher Steuersatz auch für
die Bundesrepublik Deutschland ein beachtenswertes In-
strument zur Belebung des Arbeitsmarktes sei, das zu-
nächst versuchsweise eingeführt werden solle.
Die Bundesregierung hat hierzu dargelegt, daß kein Mit-
gliedstaat einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf die
genannten Dienstleistungen anwende. In zwei Staaten
der EU gebe es jedoch Überlegungen zur Einführung
eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes für diese Dienst-
leistungen, der zur Zeit die 6. Mehrwertsteuerrichtlinie
entgegenstehe. Es handele sich dabei um Frankreich, das
einen ermäßigten Umsatzsteuersatz für Haushaltshilfen
anstrebe, und um die Niederlande, die eine solche Steuer-
ermäßigung für Umsätze von Schuhmachern forderten,
die dort in der Vergangenheit bereits einmal gegolten
habe. In weiteren EU-Ländern fänden solche Überlegun-
gen nicht statt.
Die Fraktion der SPD hat betont, daß sie mit der grund-
sätzlichen Zielsetzung des Antrags, mit steuerlichen
Mitteln einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosig-
keit zu leisten, übereinstimme. Sektorale Lösungen, wie
sie der Antrag vorsehe, lehne sie jedoch ab. Die vorge-
schlagene Regelung führe zu erheblichen Problemen bei
der Abgrenzung zwischen arbeitsintensiven und anderen
Dienstleistungen und zwischen arbeitsintensiven Dienst-
leistungen und der Produktion. Beispielhaft hierfür hat
die Fraktion der SPD bauhandwerkliche, mit Herstel-
lungsaufwand verbundene Reparaturen angeführt. Sehr
schwierig sei auch eine Definition des Begriffs „Frei-
zeitpark“. Darüber hinaus werde eine solche Regelung
Präjudizwirkungen für andere Bereiche haben. Schließ-
lich seien mit ihr Steuerausfälle in der Größenord-
nung hoher Milliardenbeträge verbunden. Statt sektoraler
Lösungen trete die Fraktion der SPD für globale Lösun-
gen ein, wie sie die Erhöhung des steuerfreien Existenz-
minimums und die Senkung des Eingangssatzes bei der
Einkommensteuer darstellten. Auch mittelstandsbezoge-
nen Entlastungen sei gegenüber einem ermäßigten
Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Dienstleistungen
der Vorzug zu geben.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich die-
ser Argumentation angeschlossen. Sie hat zusätzlich auf
das Ziel der Koalitionsfraktionen hingewiesen, die
Lohnnebenkosten im Rahmen der ökologischen Steuer-

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reform zu senken. Mit dem Gesetz zum Einstieg in die
ökologische Steuerreform sei der erste Schritt dazu be-
reits erfolgt. Dieses Konzept sei erfolgversprechender als
ein reduzierter Umsatzsteuersatz für die genannten
Dienstleistungen.
Die Fraktion der CDU/CSU hat gleichfalls die Abgren-
zungsproblematik herausgestellt, die sich beim dienstlei-
stenden Handwerk gegenüber der Produktion ergebe. Sie
hat darüber hinaus darauf verwiesen, daß sich das Ein-
treten Frankreichs und der Niederlande für einen ermä-
ßigten Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Dienstlei-

stungen lediglich auf ganz spezielle Umsätze beziehe,
nicht aber auf arbeitsintensive Dienstleistungen in weiten
Bereichen.
Der Antrag auf Drucksache 14/64 wurde von den Koali-
tionsfraktionen und den Fraktionen der CDU/CSU und
F.D.P. gegen die Fraktion der PDS abgelehnt.
Dem Finanzausschuß lag eine Petition vor, die auf eine
Senkung der Mehrwertsteuer für handwerkliche Dienst-
leistungen abzielt. Mit der Ablehnung des Antrags wurde
diesem Petitum nicht entsprochen.

Bonn, den 21. April 1999

Dieter Grasedieck Dr. Barbara Höll
Berichterstatter Berichterstatterin

Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn
esellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44

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