BT-Drucksache 14/1314

Strompreise in Deutschland angleichen - neue Stromsteuern im Osten aussetzen

Vom 29. Juni 1999


Deutscher Bundestag Drucksache 14/1314
14. Wahlperiode
29. 06. 99
Antrag
derAbgeordneten Dr. Michael Luther, Kurt-DieterGrill, Dr. Angela Merkel, Vera Lengsfeld, Günter Nooke, Michael Stübgen, Ulrich Adam, Dr. Joachim Schmidt (Halsbrücke), Hartmut Büttner (Schönebeck), Manfred Grund, Dr. Paul Krüger, Hans-Peter Repnik und der Fraktion der CDU/CSU
Strompreise in Deutschland angleichen - neue Stromsteuern im Osten aussetzen
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die jetzige Bundesregierung beabsichtigt, in den nächsten 4 Jahren die Mineralölsteuer um mindestens 24 Pfennig je Liter, insbesondere aber auch die erst in diesem Jahr neu eingeführte Stromsteuer um weitere 2 Pfennig pro Kilowattstunde anzuheben. Diese sog. Ökosteuern belasten vor allem Pendler und die Landbevölkerung, Arbeitslose, Familien und Rentner. Sie belasten gleichzeitig in besonderer Weise den Standort Ost mit seinen erhöhten Mobilitätsanforderungen an die Bevölkerung und seinen heute noch wesentlich höheren Stromkosten.
Seit Ende 1998 hat sich der Abstand der Strompreise zwischen den alten und den neuen Bundesländern sogar noch vergrößert. Dabei hatte die jetzige Regierungskoalition in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich eine Angleichung der Strompreise zwischen Ost- und Westdeutschland angekündigt. Ein Konzept hierfür hat sie jedoch nicht vorgelegt.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,
1. unverzüglich ein tragfähiges Konzept für eine Annäherung der Strompreise zwischen Ost und West vorzulegen und darauf hinzuwirken, bei der EU-Osterweiterung auch das Preisgefälle zu den osteuropäischen Staaten zu verringern;
2. gleichzeitig auf eine weitere Steuerbelastung im nationalen Alleingang zu verzichten, zumindest aber bei einer 2. Stufe der Ökosteuerreform das Gebiet der neuen Bundesländer bis zum Jahr 2003 von einer Erhöhung der Stromsteuer auszunehmen.
Bonn, den 29. Juni 1999
Dr. Michael Luther Kurt-Dieter Grill Dr. Angela Merkel
Vera Lengsfeld Günter Nooke Michael Stübgen Ulrich Adam
Dr. Joachim Schmidt (Halsbrücke) Hartmut Büttner (Schönebeck) Manfred Grund Dr. Paul Krüger Hans-Peter Repnik
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion
Begründung
Die Belastung der Bevölkerung, insbesondere der sozial schwachen Bürger in Deutschland steigt unaufhörlich. Gleichzeitig fehlen jedoch Reformen für einen tragfähigen, dauerhaften Aufschwung, der mehr Prosperität und einen Zuwachs an Wohlstand bringen würde. Im Gegenteil: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern sich durch die belastenden Gesetze der jetzigen Bundesregierung zunehmend. Hierunter leidet vor allem auch der wirtschaftliche Aufholprozeß der neuen Länder; der Standort Ost wird zunehmend unattraktiv für die Neuansiedlung von Betrieben und Investitionen.
Ein gewichtiger Standortfaktor dabei sind auch die Energie- und insbesondere die Strompreise. Die jetzige Regierungskoalition hat hierzu in ihrem eigenen Koalitionsvertrag eine Angleichung der Strompreise hin zum Niveau der alten Bundesländer versprochen. Diesem Versprechen sind bislang jedoch keine Taten gefolgt. Auch auf Nachfrage konnte die Bundesregierung kein Konzept für eine solche Angleichung oder zumindest Annäherung der Strompreise und damit Standortfaktoren vorlegen.
In Wirklichkeit entwickelt sich dieser Standortfaktor seit Ende 1998 zunehmend zu Lasten der neuen Bundesländer:
Betrug nach Wibera-Angaben der mittlere Strom-Gewerbetarif (3 600 kWh-Jahr) zum 1. September 1998 im Westen noch 32,72 Pfennig zu 35,39 Pfennig in den neuen Ländern, so lautet das Verhältnis zum 1. März 1999 32,10 Pfennig (West) zu 35,40 Pfennig (Ost). Ähnlich sieht es bei den Gewerbetarifen mit 7 500 kWh pro Jahr aus. Entsprechend ist auch die Entwicklung der Stromhaushaltstarife, beispielsweise im Bereich von 3 600 kWh pro Jahr: Zum 1. September 1998 betrug der durchschnittliche Tarif im Westen 25,92 Pfennig und im Osten 27,32 Pfennig. Gleichzeitig wird dort bereits die zunehmende Schere zwischen beiden Tarifentwicklungen deutlich: Im Mai 1999 hat sich der Abstand vergrößert und beträgt im Westen 25,78 Pfennig zu 27,42 Pfennig im Osten.
Dieses Preisgefälle zu Westdeutschland zeigt die besondere, zunehmende Belastung von Bürgern und Gewerbe. Diese Nachteile des Ostens werden sich dann noch wesentlich verstärken, wenn im Rahmen der EU-Osterweiterung osteuropäische Nachbarstaaten ihren Strom in die EU liefern können. Denn die Strompreise bei unmittelbaren Konkurrenten in den östlichen Nachbarländern liegen teilweise heute sogar rd. 40 % niedriger als in den neuen Bundesländern.
Die Bundesregierung ist deshalb aufgefordert, neben einer allgemeinen Verbesserung der Rahmenbedingungen auf eine Angleichung der Strompreise - zumindest auf das Niveau von Westdeutschland - hinzuwirken. Eine Aus-
nahmeregelung bei neuen Stromsteuern zugunsten der neuen Bundesländer bis 2003 würde eine solche Annäherung der Preise unterstützen. Der Hinweis der Bundesregierung, Strompreisnachlässe über Selbstverpflichtungen der ostdeutschen Stromwirtschaft seien der geeignete Weg zur Strompreisangleichung, ist dabei politisch völlig unzureichend und negiert die von der Koalition selbst gesetzte Verantwortung für den Energiebereich. Anstelle energieraubender, ideologisch verblendeter Atomausstiegsszenarien sollte sich die Bundesregierung endlich auf die wesentlichen Themen des Standortes Deutschland konzentrieren, Akzente für den weiteren Aufbau der neuen Bundesländer setzen und den Osten befristet von weiteren Belastungen ausnehmen.

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