BT-Drucksache 14/1279

Verfolgung von Christen in aller Welt

Vom 22. Juni 1999


Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode

Drucksache 14/1279
22. 06. 99

Große Anfrage
der Abgeordneten Hermann Gröhe, Dr. Heiner Geißler, Monika Brudlewsky,
Dr. Christian Schwarz-Schilling, Matthäus Strebl, Dr. Norbert Blüm, Rainer
Eppelmann, Hubert Hüppe, Hans-Peter Repnik, Dr. Erika Schuchardt,
Dr. Hans-Peter Uhl und der Fraktion der CDU/CSU

Verfolgung von Christen in aller Welt

Die Verfolgung von Christen aller Konfessionen nimmt in den letzten Jah-
ren sehr besorgniserregende Ausmaße an. Christen werden wegen ihres
Glaubens diskriminiert, verlieren ihre Arbeitsstellen, ihre Wohnungen,
werden inhaftiert, entführt, verstümmelt und ermordet, ihre Kirchen wer-
den niedergebrannt und ihre Häuser zerstört. Nach Angaben der Deut-
schen Evangelischen Allianz wurden im Jahr 1998 etwa 163 000 Christen
aufgrund ihres Glaubens getötet.

In der Charta der Vereinten Nationen ist als Ziel festgeschrieben, die
„Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne
Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion
zu fördern und zu festigen“ (Kapitel I Artikel 1 Abs. 3). In der Allgemei-
nen Erklärung der Menschenrechte wird jedermann das Recht auf Gedan-
ken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zuerkannt, einschließlich des
Rechts, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln bzw. diese
„allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch
Unterricht, Ausübung, Gottesdienst und Beachtung religiöser Bräuche zu
bekunden“ (Artikel 18).

In zahlreichen weiteren internationalen Abkommen, in erster Linie dem
Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Artikel 18), in dem Interna-
tionalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskri-
minierung (Artikel 5 d vii), vor allem aber in der Erklärung über die Be-
seitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der
Religion und Überzeugung sowie in der Erklärung über die Rechte von
Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen
Minderheiten angehören, wird jedem Menschen die Freiheit der Religion
und der Weltanschauung zugestanden.

Wir verstehen unseren Einsatz für verfolgte Christen als Bestandteil des
Einsatzes für Religionsfreiheit generell. Angesichts der christlichen Prä-
gung unserer politischen Kultur fühlen wir uns aber verfolgten Christen
in besonderer Weise verbunden und zur Solidarität verpflichtet. Zudem

finden die wegen ihrer Glaubenspraxis bedrängten Christen in der Staa-
tengemeinschaft nur selten Anwälte ihrer Interessen und sind daher auf
die Unterstützung von Ländern mit christlich geprägter Tradition ange-
wiesen.

Daher fragen wir die Bundesregierung:

1. Welche Haltung nimmt die Bundesregierung generell zu dem Thema
Christenverfolgung ein?

Wie bewertet sie die Entwicklung der Diskriminierung und Verfolgung
von Christen in den letzten Jahren?

2. Ist das Thema Christenverfolgung Bestandteil des menschenrecht-
lichen Dialogs mit anderen Staaten?

Was unternimmt die Bundesregierung, um diese Länder für das Thema
Religionsfreiheit zu sensibilisieren?

3. Welcher Stellenwert wird in den Länderberichten des Auswärtigen
Amts den Themen Christenverfolgung und Religionsfreiheit einge-
räumt?

4. Unterhalten die deutschen Botschaften Kontakte zu Vertretern christ-
licher Kirchen bzw. Gemeinschaften, die Verfolgungsdruck ausgesetzt
sind?

Wird die Problematik der Christenverfolgung auch bei den vor Ort
menschenrechtlich engagierten Organisationen angesprochen?

5. Wie schätzt die Bundesregierung die Verfolgung von Christen und die
Behinderung ihrer Glaubensausübung in islamisch geprägten Staaten,
wie z. B. in der Türkei, im Iran und im Sudan ein?

Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor im Hinblick auf
zum christlichen Glauben übergetretene Muslime, denen unter dem
Vorwurf der Apostasie die Todesstrafe droht?

6. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, mit kommunisti-
schen und sozialistischen Staaten, wie beispielsweise Kuba und China,
das Thema Religionsfreiheit zu erörtern, und welche Resultate haben
diese Gespräche gezeitigt?

7. Wie bewertet die Bundesregierung das Recht auf Religionsfreiheit
nichtorthodoxer Christen in Ländern mit national ausgerichteten
orthodoxen Kirchen mit privilegierter Rechtsposition?

8. Ist die Verfolgung von Christen wegen ihres sozialen und politischen
Engagements, wie sie vor allem in Staaten Lateinamerikas, aber auch
Asiens praktiziert wird, Gesprächsthema mit diesen Staaten?

9. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die nichtstaatliche
Verfolgung von Christen in den bilateralen Beziehungen, beispiels-
weise zu Indonesien oder zu Indien, zu thematisieren und die Regie-
rungen auf die darin liegende soziale Sprengkraft, aber auch auf ihre
Schutzpflicht für alle Staatsangehörigen aufmerksam zu machen?

Drucksache 14/1279 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode– 2 –

10. Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um weltweit dem
Thema Religionsfreiheit zu einer größeren Bedeutung zu verhelfen,
und das Konfliktpotential, das durch religiöse Intoleranz hervor-
gerufen wird, zu vermindern?

Bonn, den 22. Juni 1999

Hermann Gröhe
Dr. Heiner Geißler
Monika Brudlewsky
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Matthäus Strebl
Dr. Norbert Blüm
Rainer Eppelmann
Hubert Hüppe
Hans-Peter Repnik
Dr. Erika Schuchardt
Dr. Hans-Peter Uhl
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

Drucksache 14/1279Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 –

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