BT-Drucksache 14/1009

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vertriebenenzuwendungsgesetzes (VetrZuwÄndG)

Vom 6. Mai 1999


Deutscher Bundestag: Drucksache 14/1009 vom 06.05.1999

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU Entwurf eines Ersten Gesetzes
zur Änderung des Vertriebenenzuwendungsgesetzes (VertrZuwÄndG) =

06.05.1999 - 1009

14/1009

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Manfred Grund, Dr. Michael Luther,
Hartmut Büttner (Schönebeck), Georg Janovsky, Hartmut Koschyk,
Dr. Peter Paziorek und der Fraktion der CDU/CSU
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung
des Vertriebenenzuwendungsgesetzes (VertrZuwÄndG)

A. Problem
Nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz wird Vertriebenen, die nach dem
Verlassen des Vertreibungsgebiets ihren ständigen Wohnsitz in der
ehemaligen DDR genommen und keine Hilfen nach Maßgabe der
Kriegsfolgengesetze erhalten haben, in Anerkennung ihres
Vertreibungsschicksals eine einmalige Zuwendung in Höhe von 4 000 DM
gewährt. Voraussetzung ist nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes, daß die
Vertriebenen ihren ständigen Wohnsitz im Beitrittsgebiet vor dem 3.
Oktober 1990 genommen und ihn dort bis zu diesem Zeitpunkt ohne
Unterbrechung innegehabt haben.
Das Gesetz ist bei den Vertriebenen in den neuen Bundesländern auf
große Akzeptanz gestoßen. Allerdings ist es bei der Durchführung des
Gesetzes insbesondere im Hinblick auf die Anspruchsvoraussetzung des
ununterbrochenen Wohnsitzes im Beitrittsgebiet vor dem 3. Oktober 1990
häufig zu Entscheidungen gekommen, die von den Betroffenen aufgrund
ihres persönlichen Lebensschicksals als unzumutbare, ihr
Vertreibungsschicksal verkennende Härte empfunden wurden. Des weiteren
hat sich in der Verwaltungspraxis gezeigt, daß die bisherige
Antragsfrist bis zum 30. September 1995, bei der es sich um eine
Ausschlußfrist handelte, in zahlreichen Fällen den Besonderheiten der
Materie und dem überwiegend hohen Alter des berechtigten
Personenkreises nicht gerecht werden konnte.
B. Lösung
Mit dem Gesetzentwurf soll im Interesse der Betroffenen auf das
Erfordernis des ununterbrochenen Aufenthaltes im Beitrittsgebiet
verzichtet und die Antragsfrist bis zum 31. Dezember 1999 verlängert
werden. Durch Einrichtung eines Härtefonds im Rahmen einer bestehenden
Stiftung soll Betroffenen, die auch noch nach dieser Novellierung von
der einmaligen Zuwendung ausgeschlossen bleiben und bei denen eine
außergewöhnliche Härte vorliegt, die Möglichkeit des Erhalts einer
Leistung ohne Rechtsanspruch eingeräumt werden.

Außerdem soll gesetzlich klargestellt werden, daß die Gewährung und
Annahme der einmaligen Zuwendung keinen Verzicht der Vertriebenen auf
die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückgabe des von ihnen
zurückgelassenen Vermögens bedeutet.
C. Alternativen
Keine
D. Kosten
Durch die Novellierung wird der Kreis der Anspruchsberechtigten für den
Erhalt einer einmaligen Zuwendung in Höhe von 4 000 DM voraussichtlich
um bis zu 30 000 Berechtigte erweitert, die ihren Anspruch entweder im
Wege des Wiederaufgreifens des Verwaltungsverfahrens oder durch
erstmaligen Antrag bis Ende des Jahres verfolgen können. Die genaue
Zahl läßt sich nicht ermitteln. Dies wird zu einer Mehrbelastung des
Entschädigungsfonds in Höhe von rd. 120 Mio. DM führen. Den
finanziellen Mehrbelastungen gegenüber stehen erhöhte und dem
Entschädigungsfonds nunmehr kontinuierlich zufließende Rückzahlungen
aus dem Lastenausgleich. Für die Berücksichtigung von sonstigen Fällen
außergewöhnlicher Härte wird ein Härtefonds mit einem Vermögen von 100
Mio. DM in eine bestehende Stiftung eingestellt.

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung
des Vertriebenenzuwendungsgesetzes (VertrZuwÄndG)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz
beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Vertriebenenzuwendungsgesetzes
Das Gesetz über eine einmalige Zuwendung an die im Beitrittsgebiet
lebenden Vertriebenen (Vertriebenenzuwendungsgesetz - VertrZuwG) vom
27. September 1994 (BGBl. I S. 2624 ff., 2635) wird wie folgt geändert:
1. In § 1 wird nach Satz 2 folgender Satz 3 angefügt:
"Die Gewährung und Annahme der einmaligen Zuwendung stellt keinen
Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückgabe des von den
Vertriebenen zurückgelassenen Vermögens dar."
2. § 2 wird wie folgt geändert:
In Absatz 1 Satz 1 werden die Worte "ohne Unterbrechung" gestrichen.
3. § 4 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Worte "30. September 1995" durch die
Worte "31. Dezember 1999" ersetzt.
b) In Absatz 1 wird folgender neuer Satz 4 eingefügt:
"Sie ist für alle weiteren Verfahren, bei denen die
Vertriebeneneigenschaft festzustellen ist, verbindlich."
Der bisherige Satz 4 wird Satz 5.

4. Es wird ein neuer § 8 eingefügt:
"§ 8
Härtefonds
(1) Sofern der Anspruch auf die einmalige Zuwendung auf Grund von § 2
Abs.1 Satz 1 und 2 ausgeschlossen ist und eine Nichtgewährung für den
Antragsteller eine außergewöhnliche Härte darstellt, kann bei Vorliegen
der sonstigen Voraussetzungen auf Antrag eine einmalige Leistung aus
einem Härtefonds gewährt werden. Auf die Leistung besteht kein
Rechtsanspruch. Sie darf die Höhe der einmaligen Zuwendung nach § 3
nicht übersteigen.
(2) Der Härtefonds wird bei einer rechtsfähigen Stiftung des
öffentlichen Rechts eingerichtet und mit einem Vermögen in Höhe von 100
Mio. DM ausgestattet.
(3) Durch Rechtsverordnung der Bundesregierung werden die
Voraussetzungen und das Vergabeverfahren für die Gewährung von
Leistungen aus dem Härtefonds bestimmt."
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Bonn, den 6. Mai 1999
Manfred Grund
Dr. Michael Luther
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Georg Janovsky
Hartmut Koschk
Dr. Peter Paziorek
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion

Begründung

Zu Artikel 1
Zu Nummer 1
Die Grundsatzbestimmung des § 1 schafft die Rechtsgrundlage für die
einmalige Zuwendung und bestimmt den innerstaatlichen Rahmen der
Leistungen für die durch den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen
besonders betroffenen Vertriebenen im Beitrittsgebiet. In Anlehnung an
die Präambel des Lastenausgleichsgesetzes, die in doppelter Hinsicht
konstitutive Vorbehalte zugunsten der Vertriebenen statuiert, soll
nicht nur in die Gesetzesbegründung, sondern nunmehr auch in die
Grundsatzbestimmung des Vertriebenenzuwendungsgesetzes der Vorbehalt
Eingang finden, daß die Gewährung und Annahme der einmaligen Zuwendung
keinen Verzicht der Vertriebenen auf die Geltendmachung von Ansprüchen
auf Rückgabe des von ihnen zurückgelassenen Vermögens bedeutet. Durch
diesen Vorbehalt wird auch klargestellt, daß sich kein Entzieherstaat
auf die Gewährung einer einmaligen Zuwendung nach dem
Vertriebenenzuwendungesetz als Grundlage für die Ablehnung von
Rückgabe- oder Entschädigungsansprüchen berufen kann. Die individuellen
Rechtspositionen der Vertriebenen im Beitrittsgebiet sollen wie die
Rechtspositionen der Vertriebenen in Westdeutschland offengehalten
werden.
Zu Nummer 2
Der Verzicht auf das Erfordernis des ununterbrochenen Wohnsitzes im
Beitrittsgebiet ist wegen der Zielsetzung des
Vertriebenenzuwendungsgesetzes notwendig. Es widerspricht der
Zielsetzung des Gesetzes, daß Vertriebene, die nur vorübergehend in
Westdeutschland tatsächlichen Aufenthalt hatten, Leistungen im Westen
nach den Kriegsfolgengesetzen nicht erhalten und den überwiegenden Teil
ihres Lebens in der ehemaligen DDR verbracht haben, aus dem Kreis der
Anspruchsberechtigten ausgeschlossen werden. Das Vertreibungsschicksal
dieser Personen ist ebenso anerkennungswürdig. Die bisherige
Durchführung des Gesetzes hat gezeigt, daß bereits kürzeste Aufenthalte
im Westen als Unterbrechung und Aufgabe des Wohnsitzes gewertet werden.
So führen zum Beispiel Aufenthalte zu Ausbildungszwecken im Westen zum
Ausschluß, während diese Folge bei vergleichbaren Aufenthalten in der
früheren Sowjetunion nicht eintritt. In anderen Fällen hatten die
Antragsteller vor dem Mauerbau aus sozialen und familiären Gründen
vorübergehend Aufenthalt in Westdeutschland genommen, waren dann aber
wieder in das Beitrittsgebiet zurückgekehrt, wo sie den ganz
überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben. Auch bei aus der
Kriegsgefangenenschaft in den Westen entlassenen und anschließend in
das Beitrittsgebiet zurückgekehrten Vertriebenen ist die
Anspruchsberechtigung wegen des Erfordernisses des ununterbrochenen
Wohnsitzes verneint worden.

Zu Nummer 3
a) Die bisherige Antragsfrist bis zum 30. September 1995, bei der es
sich um eine Ausschlußfrist handelte, hat sich in der Praxis angesichts
der Schwere und den individuellen Besonderheiten der
Vertriebenenschicksale in vielen Fällen als nicht sachgerecht erwiesen.
Häufig ist die Frist aufgrund von Alter und Krankheit der
Anspruchsberechtigten und Unkenntnis der Rechtslage auch auf seiten des
die Vertriebenen betreuenden Umfeldes versäumt worden. Der allein
dadurch bewirkte Ausschluß vom Antragsverfahren auf Gewährung einer
einmaligen Zuwendung wird von den Betroffenen angesichts der Schwere
und der Nachhaltigkeit ihres erlittenen Vertreibungsschicksals als
unbillig empfunden. Durch Verlängerung der Antragsfrist bis zum 31.
Dezember 1999 soll den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt werden,
doch noch einen erfolgversprechenden Antrag auf Gewährung einer
einmaligen Zuwendung zu stellen.
b) Das Vorliegen der Vertriebeneneigenschaft wird im Rahmen des
Verfahrens zur Gewährung der Vertriebenenzuwendung durch die
zuständigen Behörden festgestellt. Dies gilt auch in Fällen, in denen
der Antrag aus anderen Gründen abgelehnt wird. Durch die Ergänzung in
Absatz 1 wird klargestellt, daß die Feststellung der
Vertriebeneneigenschaft für andere Verfahren, in denen die
Vertriebeneneigenschaft festzustellen ist, rechtlich verbindlich ist.
Dies ist insbesondere zum Zwecke der Rentenberechnung für viele
Vertriebene von großer Bedeutung.
Zu Nummer 4
Wegen der vielfältigen höchst individuellen Vertreibungsschicksale kann
es auch nach dieser Novellierung zu Fällen kommen, in denen die
gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die einmalige Zuwendung nach
§ 2 Abs. 1 nicht vorliegen, eine Versagung aber als eine dem
Gesetzeszweck zuwiderlaufende und von den Betroffenen
als Mißachtung ihres Vertreibungsschicksals empfundene außergewöhnliche
Härte erscheint. In Anlehnung an
§ 301 b Lastenausgleichsgesetz soll deshalb Vertriebenen, die keine
Zuwendung erhalten haben, die Möglichkeit eingeräumt werden, eine
einmalige Leistung ohne Rechtsanspruch in Anerkennung ihres
individuellen Vertreibungsschicksals über einen Härtefonds gewährt zu
bekommen. Dadurch können auch regional unausgewogene Härten infolge
unterschiedlicher Verwaltungspraxis bei der Handhabung vorhandener
Auslegungsspielräume durch die zuständigen Behörden der Länder
gemildert werden. Die aus dem Härtefonds gewährte Leistung darf nicht
höher als 4 000 DM sein.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

06.05.1999 nnnn

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