Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.03.2016, Az. B 14 AS 97/15 B

14. Senat | REWIS RS 2016, 14821

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Tenor

Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 15. April 2015 - L 15 AS 190/12 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 15.4.2015 - L 15 AS 190/12 - ist zulässig, denn er hat einen Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen [X.] nach Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 [X.] Sozialgerichtsgesetz ).

2

Die Beschwerde ist insoweit auch begründet. Der gerügte Verfahrensfehler einer Verletzung von § 33 Abs 1 Satz 1 iVm § 155 Abs 3 und 4 SGG liegt vor. Das [X.] war bei seinem ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteil nicht vorschriftsmäßig besetzt (§ 547 [X.] Zivilprozessordnung iVm § 202 Satz 1 SGG). Denn es hat durch den Berichterstatter anstelle des Senats entschieden, obwohl das hierfür nach § 155 Abs 3 und 4 SGG erforderliche Einverständnis des [X.] nicht vorgelegen hat.

3

Abweichend vom Grundsatz des § 33 Abs 1 Satz 1 SGG kann nach § 155 Abs 3 SGG der Vorsitzende im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats entscheiden. Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden (§ 155 Abs 4 SGG). Die Frage, ob das [X.] über die Berufung durch den Senat entscheidet (grundsätzlich: Vorsitzender, zwei weitere Berufsrichter, zwei ehrenamtliche [X.]; bei [X.] nach § 153 Abs 5 SGG: Berichterstatter, zwei ehrenamtliche [X.]) oder ob durch einen Berufsrichter allein entschieden werden darf, berührt das Recht auf den gesetzlichen [X.] in seiner einfach-rechtlichen Ausprägung (vgl [X.] Beschluss vom 13.2.2014 - [X.] AS 359/13 B - juris-RdNr 7 mwN). Daher kann nur unter den vom Gesetz bestimmten Voraussetzungen des § 155 Abs 3 und 4 SGG, dh im Einverständnis mit den Beteiligten, anstelle des Senats der Vorsitzende oder der Berichterstatter entscheiden.

4

Die Erklärung eines Beteiligten, mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter einverstanden zu sein und damit auf die besondere Art der Gewährung rechtlichen Gehörs durch den Senat zu verzichten, muss klar, eindeutig und vorbehaltlos sein. Denn die Erklärung hat insoweit weitreichende Folgen, als die Entscheidung durch den gesamten Spruchkörper eine höhere Richtigkeitsgewähr als diejenige eines einzelnen [X.]s bietet. Nur wenn eine derartige eindeutige Erklärung abgegeben wird, wird die Zuständigkeit des Vorsitzenden oder des Berichterstatters begründet, anstelle des Senats über die Berufung entscheiden zu dürfen (zu diesen Maßstäben vgl [X.] Beschluss vom 13.2.2014 - [X.] AS 359/13 B - juris-RdNr 8 mwN).

5

Eine Einverständniserklärung des [X.], die den beschriebenen Anforderungen gerecht wird, hat hier nicht vorgelegen. Mit Schreiben vom 27.2.2015 hat das [X.] in diesem wie in den Parallelverfahren angefragt, ob die Beteiligten "mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden sind." In seinem Schreiben vom 8.3.2015 hat der Kläger geantwortet, dass er juristischer Laie sei, und sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Im Übrigen hat er mehrere Fragen zur Anzahl der beteiligten [X.] gestellt, ua welchen Einfluss die Anzahl habe oder welchen Unterschied sie mache, ob sich die Gesetze oder die Sachverhalte dadurch ändern, ob die ihm - nach seiner Ansicht - in früheren Verfahren vorenthaltenen Leistungen zugesprochen worden wären, wenn an den Verfahren "andere / mehr / weniger [X.]" beteiligt gewesen wären. Selbst wenn ein Sinn in diesen Fragen des [X.] nicht zu erkennen sein sollte, zumal er aufgrund seiner zahlreichen Gerichtsverfahren bis zum [X.] mit den Grundzügen des sozialgerichtlichen Verfahrens vertraut sein dürfte, und die Fragen aus Sicht des [X.] zu verneinen gewesen sein sollten, ändert dies nichts an dem Umstand, dass diese Fragen kein Einverständnis des [X.] - auch nicht mittelbar - zu einer Entscheidung des Berichterstatters als Einzelrichter anstelle des Senats iS des § 155 Abs 3 und 4 SGG enthalten.

6

Die in der Entscheidung über die Berufung durch den Berichterstatter ohne Einverständniserklärung des [X.] liegende Verletzung von dessen Recht auf den gesetzlichen [X.] ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 547 [X.] ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG; vgl [X.] Beschluss vom 13.2.2014 - [X.] AS 359/13 B - juris-Rd[X.]1 mwN). Nähere Darlegungen dazu, inwiefern das Berufungsurteil auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann, sind daher nicht erforderlich. Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts führt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§ 160a Abs 5 SGG). Gründe für eine Zurückverweisung an einen anderen Senat des [X.] (§ 563 Abs 1 Satz 2 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG) sind nicht zu erkennen.

7

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung des [X.] vorbehalten.

Meta

B 14 AS 97/15 B

09.03.2016

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Osnabrück, 31. Mai 2012, Az: S 16 AS 72/12

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.03.2016, Az. B 14 AS 97/15 B (REWIS RS 2016, 14821)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14821

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