Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2002, Az. 3 StR 161/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2002, 347

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/02vom5. Dezember 2002in der Strafsachegegenwegen Betruges- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der [X.] 17. Oktober und 5. Dezember 2002, an denen teilgenommen haben:Vorsitzender [X.] am [X.] Prof. Dr. [X.],die [X.] am [X.] Dr. [X.], [X.], von [X.], [X.]als beisitzende [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,- in der Verhandlung vom 17. Oktober 2002 -Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20. Dezember 2001 wirda) das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweitder Angeklagte im Fall 21 der Urteilsgründe (Abrechnungs-erklärungen vom 15. April 1999) wegen Betruges verurteiltworden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten [X.] und die notwendigen Auslagen des [X.] Staatskasse zur [X.]) der Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte [X.] in 20 und des versuchten Betruges in 16 [X.] ist.2. Die weitergehende Revision wird verworfen.3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seinesRechtsmittels zu tragen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in 21 Fällen so-wie wegen versuchten Betruges in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe vonzwei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mitder er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, bleibt im wesentli-- 4 -chen ohne Erfolg. Die Verfahrensrügen sind aus den Gründen der [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2StPO. Auch mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts hat die [X.] abgesehen von der Einstellung des Verfahrens im Fall 21 der [X.] der dadurch veranlaßten Änderung des Schuldspruchs - keinen Erfolg.[X.] Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:Der Angeklagte eröffnete im Jahr 1997 eine Zahnarztpraxis als reinePrivatpraxis, weil er einen Antrag auf Zulassung als Kassenarzt wegen seinerVorstrafen nicht als erfolgversprechend ansah. Um auch Kassenpatienten be-handeln und die für diese erbrachten Leistungen abrechnen zu können, setzteer ab Ende 1997 den als Kassenarzt zugelassenen Zeugen [X.], der seineeigene Zahnarztpraxis wegen hoher Schulden und fehlender Einnahmen hatteaufgeben müssen, in seiner Praxis gegen eine monatliche Zahlung von 6.000DM als "Strohmann" ein. Der Angeklagte behandelte neben den Privatpatien-ten 90 % der Kassenpatienten, [X.] nur die restlichen 10 %. [X.] von beiden getroffenen Abrede rechnete [X.]jedoch gegenüber der [X.](im folgenden: [X.]) auch die vom [X.] durchgeführten Behandlungen als eigene ab.Auf diese Weise wurden der [X.] im Zeitraum vom 12. Januar 1998 bis10. April 2000 in 37 Fällen von [X.] unterzeichnete [X.] vorge-legt. Die [X.] zahlte nach Prüfung der Unterlagen Honorare in Höhe von ins-gesamt rund 1,26 Millionen DM an [X.] aus. Das Geld vereinnahmte - abge-sehen von der monatlichen Zahlung von 6.000 DM an [X.] - der [X.] 5 -Bereits in einer bei der [X.] im August 1998 eingegangenen und an [X.] weitergeleiteten anonymen Anzeige wurde der [X.], Behandlungen von Kassenpatienten über einen anderen Kassenarztabzurechnen. Da der Name des [X.] nicht mitgeteilt war, wurde [X.] eingestellt. Nachdem in einer weiteren, direkt an [X.] gerichteten anonymen Anzeige der Name des abrechnen-den [X.] mit "[X.] " genannt worden war, nahm sie die Ermitt-lungen wieder auf und unterrichtete die [X.] am 20. April 1999. Diese [X.] hausinterne Ermittlungen an. Aufgrund der durch sie gewonnenenErkenntnisse faßte ihr Vorstand am 16. Juni 1999 den Beschluß, 50 % der be-antragten Leistungen, jedoch entsprechend den maßgeblichen [X.] 50.000 DM einzubehalten und nur die darüber hinaus gehenden Be-träge auszubezahlen. Die [X.] hatte, nachdem sie in früheren Fällen bei einerrestriktiveren Vorgehensweise in Gerichtsverfahren unterlegen war, in der [X.] festgelegt, daß eine Zurückbehaltung nur bei sehr dichtem Verdacht undnur auf Grund eines Vorstandsbeschlusses möglich sei.Das [X.] hat angenommen, daß für die Zeit vor der [X.] über die zweite anonyme Anzeige am 20. April 1999 die [X.] die Auszah-lungen aufgrund eines Irrtums im Sinne des § 263 StGB veranlaßt habe: [X.] sei auch dann gegeben, wenn der Getäuschte - wie hier - die [X.] Tatsachen bezweifele, aber gleichwohl die Möglichkeit der Unwahrheit fürgeringer erachte. Die [X.] hat daher die Einreichung von [X.] diesem Zeitraum als 21 Fälle des vollendeten Betrugs abgeurteilt. [X.] sie für die nachfolgenden 16 Abrechnungen nur versuchten Betrug bejaht,weil die Entscheidungsträger der [X.] auf Grund der zweiten Anzeige einenverstärkten Verdacht gehegt hätten und davon ausgegangen seien, daß [X.] mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht den Tatsachen [X.] 6 -sprochen hätten. Die späteren Leistungen seien somit nicht mehr durch einenIrrtum veranlaßt gewesen.I[X.] [X.] hält - in dem durch die teilweise Einstellung [X.] beschränkten Umfang - der rechtlichen Nachprüfung aufgrund derSachrüge stand.1. Zum Irrtum:Das [X.] hat, soweit es die vor dem 20. April 1999 [X.] (Fälle 1 bis 20) betrifft, ohne Rechtsfehler angenommen,daß die Sachbearbeiter der [X.] die Auszahlungen trotz des bereits entstan-denen, bis dahin allerdings noch relativ vagen Verdachts auf Grund eines täu-schungsbedingten Irrtums veranlaßt hatten. Soweit es für die späteren Abrech-nungen (Fälle 22 bis 37) wegen des durch die zweite Anzeige verstärkten undkonkretisierten Verdachts einen Irrtum im Sinne des § 263 StGB aus Rechts-gründen verneint und den Angeklagten nur wegen versuchten Betrugs [X.] hat, ist dieser nicht beschwert, so daß für die Entscheidung über seine Re-vision offen bleiben kann, ob es dabei nicht von einem zu engen Maßstab [X.]) Zur Bedeutung von Zweifeln für die Annahme eines Irrtums:Welchen Einfluß beim [X.] Zweifel des Opfers an derWahrheit der vorgetäuschten Tatsache auf die Annahme eines Irrtums haben,ist in der Literatur umstritten.Die herrschende Lehre geht davon aus, daß auch der Zweifelnde imSinne des § 263 StGB irre und Zweifel solange irrelevant seien, als er [X.] der Tatsache noch für möglich halte. Der Getäuschte falle der List- 7 -des [X.] auch dann zum Opfer, wenn er trotz seiner Zweifel infolge der [X.] die Vermögensverfügung vornehme. Ein tatbestandsmäßiger Irrtum seierst dann nicht mehr gegeben, wenn er zwar die vorgespiegelte Tatsache fürmöglich halte, jedoch zur Frage der Wahrheit innerlich nicht Stellung beziehe,ihm der Wahrheitsgehalt gleichgültig sei und er die Vermögensverfügung un-abhängig von ihrer Wahrheit treffe (vgl. insbesondere [X.] in [X.] 263 [X.]. 79 ff.; [X.] in [X.]. § 263 [X.]. 84 ff.; [X.] inSchönke/[X.], StGB 26. Aufl. § 263 [X.]. 40; [X.]/[X.]/[X.],Strafrecht BT Bd. 1, 8. Aufl. § 41 [X.]. 59 ff.; Rengier, Strafrecht BT Bd. 1,4. Aufl. § 13 [X.]. 21; [X.]/Hillenkamp, Strafrecht [X.], 24. Aufl. § 13[X.]. 510; jew. m. w. N.).Demgegenüber vertritt eine Mindermeinung mit durchweg viktimologischorientierten Erwägungen und im einzelnen differierenden Abgrenzungen [X.], daß der [X.] bei zweifelnden Opfern wegen derenverminderter Schutzbedürftigkeit nicht anwendbar sei ([X.], Schutzbe-dürftigkeit des Opfers und Strafrechtsdogmatik S. 131 ff., 147; [X.], [X.] ff.; [X.], [X.], [X.] ff., 183 ff., 194 ff.). Teilweise wird dabei auf den [X.] oder auf dessen Konkretisierung abgestellt ([X.], Straf-recht [X.], 2. Aufl. [X.]. 373, 374; [X.], Das unerlaubte Verhalten beimBetrug, S. 248).Die Rechtsprechung des [X.] stimmt im wesentlichen mitder herrschenden Auffassung im Schrifttum überein ([X.], 305;1992, 95, 97; [X.]R StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 21; vgl. auch [X.]St 2,325, 326). Allerdings wurden bislang - soweit ersichtlich - nur Fälle [X.], in denen das Opfer von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der- 8 -Wahrheit der behaupteten Tatsache ("wenn er die Möglichkeit der Unwahrheitfür geringer hält") ausgegangen ist.Dem Senat geben die Ausführungen des Beschwerdeführers keine Ver-anlassung, von den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung abzugehen.Die viktimologisch motivierten Ansätze zur Einschränkung des [X.] wegen geringerer Schutzbedürftigkeit des zweifelnden Tatopfers fin-den im Wortlaut des § 263 StGB keine Stütze und nehmen den strafrechtlichenSchutz vor Angriffen auf das Vermögen durch Täuschung unangemessen [X.]. Die These, daß keines Schutzes vor solchen Angriffen bedürfe, [X.] an der Wahrheit einer behaupteten, für seine Entscheidung über eineVermögensverfügung erheblichen Tatsache hege, trifft nicht zu. Die ihrzugrundeliegende Vorstellung, daß sich das Tatopfer bei solchen Zweifeln ver-gewissern oder von der schädigenden Vermögensverfügung Abstand nehmenkönne, läuft auf eine dem Strafrecht fremde Bewertung eines Mitverschuldenshinaus, das auch sonst nicht tatbestandsausschließend wirkt, und begegnetzudem in ihren tatsächlichen Prämissen Bedenken: Insbesondere in Fällen, indenen das Tatopfer unter Täuschung über das Vorliegen der Voraussetzungenauf gesetzlich oder vertraglich geschuldete Leistungen in Anspruch [X.], ist seine Freiheit, die Erfüllung wegen Zweifeln an der Wahrheit der an-spruchsbegründenden Behauptungen zu verweigern, faktisch schon durch dasmit der Weigerung verbundene [X.] begrenzt. Das wird durch die hiervom [X.] getroffenen Feststellungen anschaulich bestätigt: Danachwaren für die [X.] in der Vergangenheit gerichtliche Verfahren, in denen sievon Ärzten auf Zahlungen in Anspruch genommen wurde, die sie wegen auf-getretener Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Abrechnungen zurückgehal-ten hatte, negativ ausgegangen. Gerade aus dieser Erfahrung hatte sie ihreSatzung dahin geändert, daß nur bei Vorliegen eines "sehr weit [X.]" Zahlungen zurückgehalten werden dürfen ([X.]). Damit istaber die Entscheidungssituation für den Sachbearbeiter der [X.] in [X.] mit der eines [X.]s vergleichbar, der im Sinne des § 263 StGB auchdann irrt, wenn er Zweifel an der Richtigkeit des vom Kläger behauptetenSachverhalts hat, der Klage aber stattgeben muß, weil der [X.] säumig istoder die Beweislast ausnahmsweise diesen trifft (vgl. zum Irrtum beim Prozeß-betrug [X.] aaO [X.]. 86; [X.] aaO [X.]. 51; [X.] 1977, 16).Danach spielt es für die Tatbestandsmäßigkeit - entgegen dem Vorbrin-gen der Revision - keine Rolle, ob die Entscheidungsträger der [X.] bei sorg-fältiger Prüfung die Täuschung durch den Angeklagten und seinen Mittäter[X.] hätten erkennen können, denn selbst leichtfertige Opfer werden durchdas Strafrecht geschützt (st. Rspr., vgl. [X.]St 34, 199, 201; [X.] 1992,95, 97; [X.] 1972, 387 m. w. N.).Zur Frage, bis zu welcher Intensität Zweifel des [X.] die An-nahme eines Irrtums nicht ausschließen oder - umgekehrt - mit welchem Gradder Wahrscheinlichkeit er die behauptete Tatsache für wahr halten muß, damitein Irrtum bejaht werden kann, neigt der Senat in Fortführung der bisherigenRechtsprechung und in Übereinstimmung mit der oben dargestellten herr-schenden Meinung in der Literatur zu der Auffassung, daß - über die [X.] [X.] entschiedenen Fälle hinaus - Zweifel solange nichtgeeignet sind, die Annahme eines tatbestandsmäßigen Irrtums in Frage zustellen, als das Opfer gleichwohl noch die Wahrheit der behaupteten [X.] möglich hält und deswegen die Vermögensverfügung trifft, also trotz seinerZweifel, seien sie auch noch so erheblich, der List des [X.] zum Opfer fällt([X.] aaO). Auch bei einem solchen Geschädigten ist noch eine Fehlvor-stellung vorhanden, die für die Vermögensverfügung ursächlich wird und unter- 10 -den tatbestandlichen Begriff des Irrtums subsumiert werden kann. Hinzukommt, daß erhebliche praktische Bedenken gegen eine Abgrenzung nachWahrscheinlichkeitsgraden bestehen. Diese ließen sich begrifflich schwer fas-sen und würden Feststellungen erforderlich machen, die über die Grenzendessen hinausgingen, was die Beweisaufnahme leisten kann.Die Frage braucht indes hier nicht abschließend entschieden zu werden.Auch ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung, nach der ein Argwohndes Tatopfers für das Tatbestandsmerkmal des Irrtums jedenfalls dann [X.] ist, wenn es die Möglichkeit der Unwahrheit für geringer hält als dieder Wahrheit, ist die Annahme eines Irrtums und eines vollendeten Betrugs inden Fällen 1 bis 20 nicht zu beanstanden. Es liegt auf der Hand, daß durch dieim August 1998 eingegangene anonyme Anzeige, die den Angeklagten [X.] nannte, aber keinen Hinweis darauf enthielt, über welchen zugelasse-nen Kassenarzt er von ihm erbrachte Leistungen abrechnete, kein mit [X.] von Abrechnungen des [X.] befaßter und für die Auszahlungsanord-nung zuständiger Mitarbeiter der [X.] auf den Gedanken verfallen ist, daß [X.] in dessen Anträgen die vom Angeklagten durchgeführten [X.] sein könnten, und diesen Sachverhalt dann auch noch als wahr-scheinlicher angesehen hat als die von [X.] behauptete Selbsterbringung derLeistungen. [X.] bringt das angefochtene Urteil mit der Feststellung, daßdie "maßgeblichen Entscheidungsträger" in der [X.] vor dem 20. April 1999allenfalls einen vagen Verdacht hatten, noch hinreichend deutlich zum Aus-druck. Etwas anderes läßt sich im übrigen auch dem Vorbringen der Revisionnicht entnehmen, die sich insofern im [X.] ihrer Ausführungen auf den Vorwurfbeschränkt, den zuständigen Mitarbeitern hätten bei sorgfältigerer [X.] kommen können und müssen, die, wie sie - allerdings zu Unrecht -meint, einen Irrtum ausgeschlossen [X.] 11 -Soweit das [X.] den Angeklagten in den Fällen 22 bis 37 wegendes nunmehr verstärkten und in Richtung des [X.] konkretisierten Verdachtsnur wegen versuchten Betrugs verurteilt hat, liegt nahe, daß es gemessen anden vorstehenden Maßstäben zu strenge Anforderungen an die Annahme ei-nes täuschungsbedingten Irrtums gestellt hat. Hierdurch ist der Angeklagte [X.] nicht beschwert.b) Zur gerichtlichen Feststellung des Irrtums:Der Bestand des angefochtenen Urteils wird im Ergebnis auch nicht da-durch gefährdet, daß es das [X.] unterlassen hat, in den [X.] im einzelnen darzustellen, wer in den Abrechnungsfällen jeweils die "maß-geblichen Entscheidungsträger" innerhalb der [X.] gewesen waren und welchekonkreten Vorstellungen diese über die Wahrheit der Angaben in den [X.]) Da der Tatbestand des Betrugs voraussetzt, daß die [X.] durch den Irrtum des [X.] veranlaßt worden ist, müssen [X.] regelmäßig darlegen, wer die Verfügung getroffen hat und [X.] Vorstellungen er dabei hatte. Die Überzeugung des Gerichts, daß derVerfügende einem Irrtum erlegen war, wird dabei in aller Regel dessen [X.] erfordern. Nur in einfach gelagerten Fällen - insbesondere bei derbetrügerischen Erschleichung von Leistungen zum Nachteil von Unternehmen,in denen die Prüfung der anspruchsbegründenden Voraussetzungen in einemstandardisierten, auf massenhafte Erledigung ausgerichteten Abrechnungs-verfahren erfolgt - wird sich die tatrichterliche Überzeugung je nach den nähe-ren Umständen ausnahmsweise auch in anderer Weise gewinnen lassen, etwadurch Vernehmung eines Abteilungsleiters oder Innenrevisors, der [X.] die Schadensfälle bearbeitet hatte und von daher zu den Vorstellungen- 12 -der einzelnen Sachbearbeiter berichten kann (vgl. [X.]R StGB § 263 Abs. 1Irrtum 9). Eine solche mittelbare Beweiserhebung wird jedoch dann nicht aus-reichen, wenn vor der Verfügung ein erheblicher Verdacht einer betrügerischenTäuschung laut geworden ist oder sich sonst Anhaltspunkte für [X.] des konkret für die Verfügung zuständigen Mitarbeiters ergebenhaben, da dann fraglich wird, ob dieser noch einem Irrtum erlegen war unddurch diesen zur Verfügung veranlaßt worden ist.Bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen, Körperschaften und Personen-mehrheiten wird in der Regel auch festzustellen sein, wer im konkreten Fall aufwelcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen die Entscheidung über dieErbringung der vom Täter erstrebten Leistung getroffen und damit die Verfü-gung vorgenommen hat. Im allgemeinen werden Prüfungen und Auszahlungs-anordnungen auf der üblicherweise dafür vorgesehenen Sachbearbeiterebenegetroffen. Im Einzelfall kann die Entscheidung aber auch - etwa wegen [X.] eines Geschäfts oder auf Grund eines geschöpften Verdachts- [X.] vorgelegt worden sein, die dann die [X.] trifft oder dem Sachbearbeiter Weisung für die Erledigung des [X.]. In diesen Fällen kann die Beurteilung der [X.] sich [X.] dann als problematisch erweisen, wenn entweder nachgeordnete Hilfsper-sonen oder Vorgesetzte bessere Erkenntnisse als der irrende Verfügende [X.] und unter Verstoß gegen ihre dienstlichen Pflichten eine entsprechendeInformation oder Weisung zur Verhinderung einer Verfügung unterlassen ha-ben (vgl. [X.] aaO, [X.]. 82 m. w. N.).bb) Das angefochtene Urteil gibt auch unter Berücksichtigung des [X.] keine Veranlassung, zu diesen zum Teil noch wenig geklär-ten Rechtsfragen des näheren Stellung zu [X.] -Für die Fälle 1 bis 20 reichen die allerdings recht pauschalen Feststel-lungen noch aus. Ihre - hier für die Annahme eines Irrtums genügende (s. o. [X.]. a)) - Überzeugung, daß die "maßgeblichen Entscheidungsträger" in-nerhalb der [X.] vor dem 20. April 1999 lediglich einen vagen Verdacht hatten,hat die [X.] ohne Rechtsfehler dadurch gewonnen, daß sie fünf in un-terschiedlichen Funktionen - vom Hauptgeschäftsführer bis zur Leiterin [X.] - tätige Zeugen vernommen und sie insbesondere auch zurBehandlung und Bewertung der ersten anonymen Anzeige befragt hat. Da [X.] keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, daß es innerhalb der [X.]weitergehende Erkenntnisse gegeben haben könnte, durfte die [X.]angesichts des standardisierten, auf Massenerledigung angelegten [X.] auch ohne namentliche Feststellung und Vernehmung dereinzelnen Sachbearbeiter den Schluß ziehen, daß auch diese allenfalls einenlediglich vagen Verdacht hatten, der - wie dargelegt - einen Irrtum nicht in [X.] stellt.Für die nach dem 20. April 1999 bearbeiteten Anträge (Fälle 21 bis 37)hätte das [X.] dagegen - angesichts des nunmehr deutlich stärkerenVerdachts - auf die Feststellung der jeweils verfügenden Mitarbeiter und [X.] über die Wahrheit der behaupteten Tatsachen nicht verzichtendürfen, wenn es den Angeklagten wegen vollendeter Betrugstaten hätte verur-teilen wollen. Da die [X.] indes für diesen Zeitraum ohnehin einen Irr-tum verneint und daher nur versuchten Betrug angenommen hat, kommt es [X.] tatsächlichen Vorstellungen der Mitarbeiter der [X.] ohnehin nicht an.Vielmehr genügt, daß der Angeklagte mit einem Irrtum der zuständigen Sach-bearbeiter rechnete oder ihn jedenfalls ernsthaft für möglich hielt. Das hat das[X.] rechtsfehlerfrei [X.] -2. Zum Vermögensschaden:Die [X.] hat in der Auszahlung der Honorare an den Zeugen[X.] für die Leistungen, die der Angeklagte als Nichtkassenarzt erbracht [X.], ohne Rechtsfehler einen entsprechenden Vermögensschaden gesehen.Nach der für den Bereich des Sozialversicherungsrechts geltenden streng for-malen Betrachtungsweise (vgl. [X.], 85 f.) genügt hierfür bereitsder Umstand, daß der Angeklagte ohne kassenärztliche Zulassung nicht [X.] ist, an der durch die [X.] erfolgten Verteilung der von den Kassen be-zahlten Honorare teilzunehmen. Dabei spielt es keine Rolle, daß den Kasseninfolge der Behandlung ihrer Patienten durch den Angeklagten [X.] möglicherweise gleicher Höhe erspart blieben, die ihnen durch die [X.] durch einen anderen, bei der Kasse zugelassenen Arzt entstanden wären.Denn eine solche Kompensation findet bei der Schadensberechnung nicht statt([X.], 85, 86), zumal ein anderer hypothetischer Sachverhaltzugrunde gelegt wird und offen bleiben muß, ob ein anderer Arzt die [X.] gewählt hätte.Soweit der Beschwerdeführer Bedenken gegen diese streng formale [X.] Betrachtungsweise anmeldet und unter [X.] auf Stimmen aus dem strafrechtlichen Schrifttum (vgl. Volk NJW 2000,3385 ff.) Einschränkungen verlangt, kann offen bleiben, ob dem zu folgen ist.Die Notwendigkeit von Einschränkungen wird diskutiert für Fälle des [X.] begangen durch Ärzte, die sich als Partner einer zugelassenenGemeinschaftspraxis ausgaben, in Wahrheit aber lediglich Angestellte warenund denen deshalb vorgeworfen wurde, sich die Zulassung erschlichen zu ha-ben (vgl. [X.], [X.] 2001, 144 f.). In solchen Fällen mag tatsächlichzweifelhaft sein, ob der Irrtum der Verantwortlichen bei der [X.] nicht allein eine "Statusfrage", nicht aber die Abrechnungsvoraus-setzungen betrifft und ob nicht die Auszahlung des Honorars deswegen auchkeinen Vermögensschaden begründet. Daraus läßt sich aber für die Beurtei-lung der Strafbarkeit des Angeklagten nichts ableiten. Anders als die Ärzte inden genannten Fällen, die immerhin wirksam zugelassen waren und im übrigen- nach Genehmigung - auch als Angestellte eines [X.] hätten tätigwerden dürfen, gehört der Angeklagte nicht zum Kreis der Anspruchsberech-tigten; mit den Abrechnungen, die er und der Mittäter [X.] vorgelegt haben, [X.] lediglich über berufsständische "Statusfragen" getäuscht worden.II[X.] Im Fall 21 hat der Senat das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO ein-gestellt, weil hierzu dem Urteil nicht zu entnehmen ist, ob über den vor [X.] April 1999 eingereichten Antrag vor oder erst nach diesem Zeitpunkt ent-schieden worden ist. Davon könnte aber - wie dargestellt - abhängen, ob diegetroffenen Feststellungen ausreichen, um die Verurteilung des [X.] vollendeten Betrugs auch in diesem Fall zu tragen.[X.] Zum Strafausspruch hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund [X.] ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten ergeben. Das [X.] hat bei der Strafzumessung insbesondereerheblich zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, daß er fachgerechte ärzt-liche Behandlungen durchgeführt und objektiv die abgerechneten Leistungentatsächlich erbracht hat. Auch die Gesamtstrafe hat Bestand, da der [X.] 16 -ausschließen kann, daß das [X.] bei Wegfall der Einzelstrafe von [X.] im Fall 21 angesichts der verbliebenen 36 weiteren Einzelstrafen zueiner niedrigeren Gesamtstrafe gelangt wäre.[X.] [X.] [X.] von [X.] [X.]Nachschlagewerk: ja[X.]St: neinVeröffentlichung: [X.] § 2631. Zur Tatbestandsmäßigkeit des Irrtums bei Zweifeln des Opfers.2. Zu den Anforderungen an die Feststellung eines Irrtums beim Betrug [X.] von arbeitsteilig tätigen Unternehmen, Körperschaften und Perso-nenmehrheiten.[X.], Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 [X.]/02 - [X.] -

Meta

3 StR 161/02

05.12.2002

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2002, Az. 3 StR 161/02 (REWIS RS 2002, 347)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 347

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