Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.05.2018, Az. 4 StR 643/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 8680

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Gegenstand

Anordnung der Sicherungsverwahrung: Beurteilung der Erheblichkeit der Anlasstat


Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 11. Juli 2017 wird verworfen.

Jedoch wird das vorgenannte Urteil im Schuldspruch klarstellend wie folgt neu gefasst:

Der Angeklagte ist des sexuellen Übergriffs, exhibitionistischer Handlungen in 43 Fällen und des tateinheitlichen Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften schuldig; im Übrigen ist er freigesprochen.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen „sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger“, wegen exhibitionistischer Handlungen in 43 Fällen und wegen tateinheitlichen Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit ihrer auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision wendet sich die Beschwerdeführerin ausschließlich gegen die [X.] der Sicherungsverwahrung. Das Rechtsmittel, das vom [X.] nicht vertreten wird, bleibt ohne Erfolg.

I.

2

Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

1. Der unter anderem wegen zweier Sexualstraftaten vorbestrafte, bis August 2012 in Haft bzw. im Maßregelvollzug befindliche Angeklagte - 1994 wurde er wegen einer im Jahr 1993 begangenen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung und mit räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und 2004 wegen einer im [X.] begangenen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt - war im [X.] auf Videos aufmerksam geworden, in denen Männer in Zügen masturbierten und dabei mit ihren Mobiltelefonen sich selbst und weibliche Fahrgäste filmten. Er beschloss, solche Videos als Mittel zu seiner sexuellen Stimulation selbst anzufertigen. Zwischen Januar 2014 und November 2016 befuhr er nach dem Erwerb einer [X.] zumeist samstags mehrere Stunden lang mit Regionalzügen die Strecke zwischen [X.]und D.     in beide Richtungen.

4

Am späten Abend des 30. April 2016 filmte er eine Frau, die auf einer Sitzbank des Zuges lag und schlief, wobei ihr Kopf auf einer Armlehne ruhte. Der Angeklagte stellte sich neben sie und manipulierte dabei an seinem entblößten erigierten Penis. Sodann strich er ihr mit seinem Penis durch die Haare. Als sich die Frau daraufhin im Schlaf durch die Haare fuhr, wobei es nicht zu einer Berührung des Geschlechtsteils des Angeklagten kam, entfernte er sich. Einige Minuten später kehrte er zurück und manipulierte erneut neben dem Kopf der schlafenden Frau an seinem entblößten erigierten Penis, ohne dass eine Berührung der Schlafenden stattfand. Weder sie selbst noch andere Fahrgäste nahmen die Handlungen des Angeklagten wahr.

5

In 43 weiteren Fällen im vorgenannten Tatzeitraum setzte sich der Angeklagte im Zug in die Nähe weiblicher Fahrgäste, jeweils nicht mehr als zwei Meter von ihnen entfernt. Er begann, die Frauen zu filmen, und masturbierte hierbei; dies wurde jeweils von den betroffenen Frauen wahrgenommen, die sich hierdurch belästigt fühlten.

6

Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 2. Dezember 2016 wurden auf zwei Computern insgesamt 15 kinderpornographische und 31 jugendpornographische Bilddateien sichergestellt, die der Angeklagte dort abgelegt hatte.

7

2. Das [X.] hat für die Tat des „sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger“ eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten, für die 43 Fälle exhibitionistischer Handlungen [X.] von jeweils neun Monaten und für den tateinheitlichen Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt.

8

Sachverständig beraten hat es von einer Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 3 StGB abgesehen. Die formellen Voraussetzungen der Maßregel gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) und b), [X.] und Nr. 3 StGB lägen ebenso vor wie ein Hang des Angeklagten, Straftaten zu begehen, jedoch sei dieser Hang des Angeklagten nicht mehr, wie von § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB vorausgesetzt, auf die Begehung erheblicher Straftaten gerichtet.

9

Zwar seien vom Angeklagten vergleichbare Straftaten wie die vorliegenden zu erwarten, einschließlich derjenigen des „sexuellen Missbrauchs“, die einen als mittelschwer zu beurteilenden Fall dieses Straftatbestandes darstelle; hierbei handele es sich jedoch nicht um erhebliche Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB. Hingegen sei die Begehung schwerwiegender Taten durch ihn - etwa Vergewaltigungen - nicht mit einer bestimmten, auf konkreten Umständen beruhenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten; eine solche Tat habe er seit dem [X.] nicht mehr begangen.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf die [X.] der Maßregel der Sicherungsverwahrung beschränkt.

a) Grundsätzlich ist eine Beschränkung der Revision auf das Unterlassen einer Maßregelanordnung möglich; dies gilt auch für die [X.] der Sicherungsverwahrung (vgl. etwa [X.], Urteile vom 8. August 2017 - 5 [X.], [X.], 310, 311; vom 29. November 2017 - 5 StR 446/17).

b) Zwischen Strafe und [X.] von Sicherungsverwahrung besteht aufgrund der Zweispurigkeit des Sanktionensystems grundsätzlich keine Wechselwirkung (vgl. [X.], Urteile vom 10. Oktober 2006 - 1 [X.], [X.], 212, 213; vom 1. Juli 2008 - 1 [X.]; vom 23. Februar 1994 - 3 StR 679/93, [X.], 280, 281; [X.]/[X.], [X.], 61. Aufl., § 318 Rn. 26).

Etwas anderes gilt dann, wenn das Tatgericht die Höhe der Strafe von der [X.] von Sicherungsverwahrung abhängig gemacht und damit Strafe und Maßregel in einen inneren, eine getrennte Prüfung beider Rechtsfolgen ausschließenden Zusammenhang gesetzt hat (vgl. [X.], Urteile vom 3. Februar 2011 - 3 [X.], insofern nicht abgedruckt in [X.], 172; vom 11. Juli 2013 - 3 [X.], [X.], 707). Dies ist hier nicht der Fall.

2. Die [X.] der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 StGB hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Annahme des [X.]s, beim Angeklagten bestehe kein Hang zur Begehung erheblicher Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB mehr, weil die [X.] des „sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger“ - ebenso wie zu erwartende vergleichbare Taten - keine erhebliche Straftat in diesem Sinne sei und schwerere Taten nicht zu erwarten seien, ist rechtsfehlerfrei begründet.

a) Mit ihrem Einwand, das [X.] habe die [X.] zu Unrecht nicht als erheblich in diesem Sinne eingestuft und ihr deshalb rechtsfehlerhaft einen Symptomcharakter für die Gefährlichkeitsprognose abgesprochen, dringt die Beschwerdeführerin nicht durch.

aa) Erhebliche Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB sind nach ständiger Rechtsprechung solche, die den Rechtsfrieden empfindlich stören (vgl. [X.], Urteile vom 18. Mai 1971 - 4 StR 100/71, [X.]St 24, 153, 154; vom 17. Dezember 1985 - 1 StR 539/85, [X.], 165; vom 26. April 2017 - 5 StR 572/16; vom 27. Juli 2017 - 3 StR 196/17). Kriterien hierfür ergeben sich zunächst aus den gesetzgeberischen Wertungen, die maßgeblich für die Normierung der formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung geworden sind. Als erhebliche Straftaten kommen danach vornehmlich solche in Betracht, die in den Deliktskatalog von § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) bis c) StGB fallen und die - wie Vorverurteilungen im Sinne von § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] StGB - im konkreten Fall mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe zu ahnden wären, wobei dieser Gesichtspunkt allein zur Annahme der Erheblichkeit allerdings nicht ausreicht (vgl. [X.], Beschluss vom 28. November 2002 - 5 [X.], [X.], 73, 74; LK/Rissing-van Saan/[X.], StGB, 12. Aufl., § 66 Rn. 148; MüKoStGB/[X.]/Drenkhahn/[X.], 3. Aufl., § 66 Rn. 101). Ein weiteres gewichtiges Kriterium zur Bestimmung der Erheblichkeit ergibt sich aus der Hervorhebung der schweren seelischen oder körperlichen Schädigung der Opfer in § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB („namentlich“), wobei aber auch damit keine abschließende Festlegung verbunden ist (vgl. [X.], Urteile vom 18. Mai 1971 - 4 StR 100/71, [X.]St 24, 153, 154; vom 9. Oktober 2001 - 5 [X.], [X.], 38).

Zur Beurteilung, ob die von einem Angeklagten hangbedingt zu erwartenden Taten in diesem Sinne „erheblich“ sind, kann daher kein genereller Maßstab angelegt werden (vgl. [X.], Urteil vom 18. Februar 2010 - 3 StR 568/09, [X.], 172; MüKoStGB/[X.]/Drenkhahn/[X.], aaO, § 66 Rn. 98, 103); erforderlich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles, bei der neben der Schwere der zu erwartenden Taten und den - auch nur potentiell bzw. typischerweise eintretenden - Folgen für die Opfer auch die Tathäufigkeit oder die Rückfallgeschwindigkeit ins Gewicht fallen können (vgl. [X.], Urteile vom 12. Juli 1988 - 1 StR 280/88, [X.]R StGB § 66 Erheblichkeit 2; vom 24. März 2010 - 2 StR 10/10, [X.], 239, 240). Zudem ist im Bereich der mittleren Kriminalität dem Tatrichter, der allein in der Lage ist, eine umfassende Würdigung aller Umstände der Tat und der Persönlichkeit des [X.] vorzunehmen, bei der Entscheidung der Frage, ob er einen Hang zu erheblichen Taten bejahen kann, ein Beurteilungsspielraum eingeräumt; seine Entscheidung kann vom Revisionsgericht nur dann beanstandet werden, wenn der Tatrichter nicht alle für die Gesamtwürdigung bedeutsamen Umstände gewürdigt hat oder das Ergebnis seiner Würdigung den Rahmen des noch Vertretbaren sprengt (vgl. [X.], Urteile vom 24. März 2010 - 2 StR 10/10, aaO; vom 27. Juli 2000 - 1 [X.], [X.], 587, 588; vom 26. August 1987 - 3 [X.], [X.], 22, 23; vom 20. Mai 1980 - 4 StR 187/80, [X.], 532).

bb) An diesen Grundsätzen gemessen hält die Annahme des [X.]s, die vorliegende [X.] des „sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger“ stelle - ebenso wie die zu erwartenden vergleichbaren Taten - keine erhebliche Straftat im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB dar, revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

Soweit das [X.] zur Begründung zunächst darauf verwiesen hat, die [X.] und die zu erwartenden vergleichbaren Taten seien deshalb nicht erheblich, weil hierdurch dem Opfer keine schweren seelischen oder körperlichen Schäden zugefügt würden, steht dieser Gesichtspunkt - für sich betrachtet - der Annahme erheblicher Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB allerdings nicht entgegen. Denn das Gesetz hat, wie bereits ausgeführt, mit den Worten, dass unter erheblichen Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB „namentlich“ solche zu verstehen seien, „durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden“, keine abschließende Festlegung vorgenommen, wann eine Straftat in diesem Sinne erheblich ist, sondern erfordert stets eine Prüfung und Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. [X.], Urteile vom 18. Mai 1971 - 4 StR 100/71, [X.]St 24, 153, 154 f.; vom 9. Oktober 2001 - 5 [X.], [X.], 38 f.).

Die [X.] hat jedoch eine solche Prüfung und Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen. Sie hat bei der Beurteilung der vom Angeklagten zu erwartenden Taten nicht etwa einseitig nur auf mögliche Tatfolgen - ausgehend von der geringen Folge bei der vorliegenden [X.] - abgestellt. Vielmehr hat sie auch das konkrete Erscheinungsbild der Tat und ihre Begehungsweise in den Blick genommen. So hat sie darauf verwiesen, dass diese Tat nur wenige Sekunden andauerte. Darüber hinaus hat sie berücksichtigt, dass die Handlung zwar in [X.] erfolgte, der Angeklagte jedoch lediglich die Haare der Geschädigten berührte, wodurch es - ohne jede Gewaltanwendung - nur zu einem geringen körperlichen Kontakt zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten kam.

Angesichts dieser Umstände ist das [X.] bei der Beurteilung der Erheblichkeit der [X.] im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB von einer sexuellen Handlung ausgegangen, die sich in ihrem Schweregrad nur unwesentlich von den dem Angeklagten im Übrigen angelasteten exhibitionistischen Handlungen - die die Schwelle zur Erheblichkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nicht erreichen (vgl. BT-Drucks. VI/3521, S. 55; [X.], StGB, 65. Aufl., § 66 Rn. 57) - unterscheidet. Dem steht auch nicht entgegen, dass es für diese Tat eine Einzelstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verhängt hat, da diese Strafhöhe ersichtlich nicht auf die [X.] oder die Tatfolgen, sondern auf die Vorstrafen des Angeklagten zurückzuführen ist; für die Beurteilung der objektiven Erheblichkeit der [X.] kommt der strafrechtlichen Vorbelastung jedoch nur eingeschränkte Aussagekraft zu.

Das [X.] hat schließlich bei seiner Beurteilung der Erheblichkeit der [X.] auch keinen wesentlichen Umstand unberücksichtigt gelassen und sich insbesondere mit den Vorverurteilungen des Angeklagten auseinandergesetzt. Insgesamt hält sich seine Beurteilung der Erheblichkeit dieser Tat innerhalb des dem Tatgericht insoweit eingeräumten [X.]. Es begegnet daher keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das [X.] die [X.] nicht als ausreichendes Symptom für einen Hang des Angeklagten zur Begehung erheblicher Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB angesehen hat.

b) Mit ihren weiteren Einwänden gegen die Gefährlichkeitsprognose des [X.]s zeigt die Beschwerdeführerin ebenfalls keinen Rechtsfehler des angefochtenen Urteils auf.

aa) Soweit die Staatsanwaltschaft hier zunächst beanstandet, das [X.] habe bei der Würdigung des Angeklagten und seiner Taten das Fortbestehen seiner Persönlichkeitsstörung sowie seine Lernunwilligkeit und Therapieresistenz nicht ausreichend berücksichtigt, dringt sie hiermit nicht durch. Denn das [X.] hat sich im angefochtenen Urteil mit diesen Umständen ausführlich auseinandergesetzt. So hat es seine Annahme, dass mit weiteren Straftaten des Angeklagten - die allerdings im Schweregrad den festgestellten Taten entsprächen - zu rechnen sei, gerade auf die Persönlichkeitsstörung und Lernunwilligkeit des Angeklagten zurückgeführt. Die von der Revisionsbegründung der Beschwerdeführerin abweichende Bewertung der Schwere der zu erwartenden Straftaten durch das [X.] ist jedoch, worauf der [X.] zutreffend hingewiesen hat, vertretbar und damit revisionsrechtlich nicht angreifbar.

bb) Auch soweit die Beschwerdeführerin beanstandet, die [X.] habe bei der Beurteilung der Rückfallgeschwindigkeit des Angeklagten zu Unrecht zu dessen Gunsten berücksichtigt, dass die Begehung der letzten schweren Tat durch ihn mehr als dreizehn Jahre zurückliege, ohne hiervon die Zeiten seiner Strafhaft und Unterbringung im Maßregelvollzug abzuziehen, zeigt sie einen Rechtsfehler des angefochtenen Urteils damit nicht auf. Denn das [X.] hat bei der Berücksichtigung des Zeitablaufs seit der im [X.] begangenen Tat ersichtlich sowohl die Strafhaft als auch die anschließende Unterbringung des Angeklagten im Blick gehabt; dies zeigt sich insbesondere in der Erwägung der [X.], der Angeklagte sei während der langjährig absolvierten Therapie in der [X.], in der sich auch weibliche Patienten befanden, nicht durch Straftaten zu deren Nachteil auffällig geworden.

3. Zutreffend hat das [X.] die Tat zu [X.] a der Urteilsgründe rechtlich nicht nach der zur Tatzeit geltenden Vorschrift des § 179 Abs. 1 StGB aF gewürdigt, sondern nach der Vorschrift des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB in deren seit dem 10. November 2016 geltender Fassung als milderem Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB. Soweit es diese Tat gleichwohl im Schuldspruch als „sexuellen Missbrauch Widerstandsunfähiger“ bezeichnet hat, erweist sich dies allerdings als unzutreffend, da es sich bei der verwirklichten Straftat nach § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB nF um einen „sexuellen Übergriff“ handelt (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Mai 2017 - 3 StR 43/17, [X.], 33, 34). Der [X.] hat den Schuldspruch entsprechend klargestellt.

Sost-Scheible     

        

Roggenbuck     

        

Quentin

        

Feilcke     

        

Paul     

        

Meta

4 StR 643/17

24.05.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 11. Juli 2017, Az: 34 KLs 20/17

§ 66 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a StGB, § 66 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b StGB, § 66 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst c StGB, § 66 Abs 1 S 1 Nr 4 StGB, § 66 Abs 3 S 1 StGB, § 177 Abs 2 Nr 1 StGB vom 04.11.2016, § 179 Abs 1 StGB vom 27.12.2003, § 183 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.05.2018, Az. 4 StR 643/17 (REWIS RS 2018, 8680)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8680

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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