Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2016, Az. VII ZR 126/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16929

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:280116BVIIZR126.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR
126/13

vom

28. Januar 2016

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
28. Januar
2016
durch [X.] Eick, die Richter Halfmeier
und
Prof.
Dr.
Jurgeleit und die Richterinnen
Graßnack und Wimmer
beschlossen:
Der Beschwerde der [X.] gegen die Nichtzulassung der [X.] wird stattgegeben.

Das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 7. Mai 2013 wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: bis 850.000

Gründe:
I.
Die Klägerin zu 1 betreibt ein Juweliergeschäft in [X.] Die Klägerin zu
2 ist ihr Warenversicherer. Die Klägerinnen nehmen die Beklagte auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der der Klägerin zu 1 aufgrund eines Einbruchs in das Juweliergeschäft in der Nacht vom 11.
auf den 12. April 2005 entstanden ist, die Klägerin zu 2 aus übergegangenem Recht, nachdem sie den Schaden der Klä-gerin zu 1 teilweise reguliert hat.
Die Beklagte installierte im Auftrag der [X.]
-
3
-
rin zu 1 die Alarmanlage des Juweliergeschäftes und wartete diese im Rahmen eines mit der Klägerin zu 1 geschlossenen Wartungsvertrags.
Die unbekannten Täter verschafften sich Zugang zum Juweliergeschäft, indem sie auf ein Vordach kletterten, dort unterhalb der Hauswand in der Nähe des Haupteingangs eine kleine Öffnung in einen mit Teerpappe verkleideten Holzbereich machten
und von dort über eine Zwischendecke in das Ladenlokal gelangten. Hierzu zerschnitten sie ein [X.]ech, das durch einen [X.] geschützt war. Nachdem sie ein Loch in die Deckenverkleidung [X.] hatten, kletterten ein oder mehrere Täter durch die Öffnung in die [X.] und leerten dort insgesamt sechs
Auslagen. Obgleich die Alarmanlage in dieser Nacht scharf gestellt war, erfolgte kein Alarm an das mit der Anlage verbundene Polizeirevier. Der Einbruch wurde erst am Morgen des 12. April 2005 entdeckt. In der Folge des Einbruchs installierte
die
Beklagte eine neue Alarmanlage. Die Bestandteile der alten Alarmanlage wurden von ihr entsorgt.
Die Klägerinnen behaupten, die Alarmanlage sei nicht funktionstüchtig gewesen, insbesondere sei der
[X.] auf dem Vordach von der [X.] zu unempfindlich eingestellt worden. Die Beklagte behauptet
demge-genüber, der Einbruch sei am Wochenende zuvor in der [X.] zwischen dem 9.
April und dem 11. April 2005 vorbereitet worden, in der die Alarmanlage

was zwischen den [X.]en unstreitig ist

nicht scharf gestellt
gewesen sei. Über den hierbei ausgelösten und durch ein LED-Lichtsignal angezeigten "stil-len Alarm"
habe sich der Mitarbeiter der Klägerin zu 1 bei der anschließenden Scharfstellung am 11. April 2005 hinweggesetzt.
Die Klägerin zu 1 behauptet, bei dem Einbruch seien insgesamt 1.522 Uhren und Schmuckstücke zu einem Gesamteentwendet
worden. Die Klägerin zu 2 fordert von der [X.] aus übergegan-2
3
4
-
4
-
genem Recht die Erstattung des gegenüber der Klägerin zu 1 regulierten Be-r-
vom
Zoll
aufgefunden wurden. In Höhe dieses [X.] hat die Klägerin zu 1 die Klage für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Teilerledi-gung widersprochen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufungen der Klä-gerinnen hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeän-dert und die Beklagte unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Kläge-rin zu 1 verurteilt, an diese einen Betrag in Höhe Klägerin zu 2 einen Betrag in Höhe Berufungsgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit im Umfang

erledigt ist. Die weitergehende Berufung hat das Berufungsgericht zurückge-wiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der [X.], mit der sie weiter-hin die Abweisung der Klage erreichen will.

II.
1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin zu 1
stehe ge-mäß §
280 Abs.
1 Satz
1 BGB ein Zahlungsanspruch in Höhe von 559.165,43

und der Klägerin zu 2 gemäß §
280 Abs.
1 Satz
1 BGB i.V.m.
§
67 Abs.
1 Satz
1 VVG a.F. ein Anspruch in Höhe von 248.166,91

zu. Es sei davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Alarmanlage von der [X.] fehlerhaft eingestellt und/oder nicht ordnungsgemäß gewartet worden sei und dies zu einem Versagen anlässlich des streitgegenständlichen 5
6
7
-
5
-
Einbruchs geführt habe, so dass kein Alarm an die Polizei weitergeleitet worden sei. Insoweit bestehende Zweifel gingen zu Lasten der [X.], da sie Teile der Alarmanlage entsorgt habe, so dass diese nicht mehr habe untersucht wer-den können.
Die durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Alarmanla-ge jedenfalls in der [X.] nach dem Einbruch nicht ordnungsgemäß funktioniert habe und daher nicht ausgeschlossen werden könne, dass dies auch bereits zuvor nicht der Fall gewesen sei. Dies folge aus der Aussage des Zeugen
Dipl.-Ing. O.
als sachverständigen Zeugen. Dieser habe bekundet, dass er bei nicht scharf gestellter Anlage einen "stillen" Alarm ausgelöst habe. Zuvor habe er sich vergewissert, dass zu diesem [X.]punkt kein anderer Alarm gespeichert gewesen sei und die LED am Steuerungsteil ("Steuerungslinie mit Schallzu-satz"
[X.]) nicht geleuchtet habe. In der Folge habe sich die Anlage nicht scharf schalten lassen, was bei ordnungsgemäßer Funktion hätte möglich sein müssen. Vielmehr habe der Notdienst der [X.] geholt werden müssen, der den gespeicherten Alarm an der [X.] zurückgesetzt habe. Dass die [X.] am 11.
April 2005 nach [X.] habe scharf gestellt werden können, wäre, wenn die Anlage so funktioniert habe, wie vom Zeugen O.
ge-schildert, nicht möglich
gewesen, wenn am 11.
April 2005 ein "stiller" Alarm ge-speichert gewesen wäre. Unstreitig habe die Anlage im scharf gestellten Zu-stand in der [X.] von Montagabend (11.
April 2005) bis Dienstagmorgen (12.
April 2005) nicht ausgelöst. Angesichts dieser Sachlage stehe fest, dass die Alarmanlage insgesamt nicht ausgelöst habe. Ob der oder die Täter nur einmal in der Nacht auf den 12.
April 2005 oder gegebenenfalls mehrmals in das Juweliergeschäft eingedrungen seien, bedürfe insoweit keiner Entschei-dung.

8
-
6
-
Dieses Ergebnis werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die LED in der [X.] bei Entdeckung des Einbruchs am Morgen des 12.
April 2005 ge-leuchtet habe. Der Zeuge [X.], ein Mitarbeiter der [X.], habe nicht aus-schließen können, dass die Spurensicherung
der Polizei
bereits vor seinem Ein-treffen an der [X.] und an dem durch [X.] gesicher-ten [X.]ech tätig gewesen sei und der [X.] erst nach Entde-ckung des Einbruchs ausgelöst worden sei. Ebenso wenig spreche gegen das Ergebnis, dass es den Zeugen M.
und [X.]
am Mittag des 12.
April 2005 möglich gewesen sei, die Alarmanlage scharf zu stellen, obgleich der (vermutlich durch die Spurensicherung ausgelöste) "stille" Alarm gespeichert gewesen sei. Denn, wie der Zeuge M.
bekundet habe, hätten die Zeugen zuvor den gespeicherten Alarm an der [X.] zurückgesetzt. Weshalb die Alarmanlage trotz des massiven Einbruchs nicht ausgelöst habe, lasse sich nicht mehr aufklären, weil die [X.] die Teile der in der Folge ausgebauten Anlage vernichtet habe. Es liege jedoch nahe, dass die [X.] auf dem Vordach nicht sensibel genug eingestellt gewesen seien. Da die Wartung und die zweckentsprechende Einstellung nach dem abgeschlossen Wartungsvertrag der [X.] oblegen hätten, habe
sie hierdurch die ihr obliegenden Pflichten
verletzt. Soweit insoweit eine Unsicherheit bestehe, gehe diese zu Lasten der [X.], da sie die an-sonsten für eine sachverständige Begutachtung geeigneten Teile der Alarman-lage vernichtet habe.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverwei-sung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den An-spruch der [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungser-heblicher Weise verletzt, Art.
103 Abs.
1 G[X.]

9
10
-
7
-
a) Ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht entscheidungserhebliches [X.]vorbringen nicht zur Kenntnis nimmt. Da eine [X.] sich regelmäßig ein für sie günstiges Beweis-ergebnis zu Eigen macht, verletzt das Übergehen eines solchen Beweiser-gebnisses deren Anspruch auf rechtliches Gehör, sofern es entscheidungser-heblich ist (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 3.
Dezember 2015
VII
ZR
77/15
Rn.
14; vom 11.
Oktober
2011
VIII
ZR
88/11 Rn.
9; vom 10.
November
2009

VI
ZR
325/08, NJWRR
2010,
495 Rn.
6 und
vom 7.
Dezember
2010

VIII
ZR
96/10, NJWRR
2011, 704 Rn.
13).
b) Nach diesen Maßstäben ist Art.
103 Abs.
1 GG im Streitfall verletzt.
Das Berufungsgericht hat die für die Beklagte günstigen Aussagen der Zeugen M.
und [X.]
im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht berücksichtigt, wonach die von der [X.] installierte Alarmanlage nach dem Einbruch in der Weise ordnungsgemäß funktioniert habe, dass auf Tests hin der Alarm mit Weiterschaltung zur Polizei habe ausgelöst werden können
(vgl. Protokoll
der öffentlichen Sitzung vom 16. September 2010, [X.]. 884 und 887 d. A.). Das [X.] hat sich mit diesen Aussagen in keiner Weise befasst und damit den Inhalt des Vortrags der [X.] nicht vollständig ausgeschöpft.
Der durch die Aussagen der Zeugen M.
und [X.]
bestätigte Umstand, dass der [X.] nach dem Einbruch bei Tests ausgelöst werden [X.], ist erheblich. Denn hierdurch wird der vom Berufungsgericht gezogene Schluss auf eine Fehlfunktion der Alarmanlage in dem in Frage kommenden Tatzeitraum zwischen dem 9. und dem 12.
April 2005 in Frage gestellt. Das [X.] gibt keine Erklärung dafür, dass der Alarm trotz eingeschalteter Alarmanlage in der Tatnacht vom 11.
auf den 12. April 2005 nicht auslöste, ob-wohl ein Auslösen des Alarms unmittelbar im [X.] an den Einbruch mög-11
12
13
14
-
8
-
lich gewesen ist. Dass der Alarm in der Tatnacht nicht ausgelöst hatte, kann unter Einbeziehung dieses zusätzlichen Indizes nicht allein dadurch erklärt wer-den, dass ein zuvor erfolgtes Scharfstellen
der Alarmanlage am 11.
April 2005
darauf hindeute, dass in den Tagen zuvor kein Alarm ausgelöst worden sei. Vielmehr wird durch den vorgenannten Umstand auch diese, auf die Aussagen des Zeugen O.
gestützte Schlussfolgerung in Zweifel gezogen.
Indem das Berufungsgericht sich mit diesem für die Beweiswürdigung erheblichen und für die Beklagte günstigen Umstand in keiner Weise befasst
und diesen nicht in seine Beweiswürdigung einbezogen hat, hat es das Recht

15
-
9
-
der [X.] auf rechtliches
Gehör in entscheidungserheblicher Weise ver-letzt. Denn es ist nicht auszuschließen, dass es
bei Berücksichtigung dieses Umstands
zu einer für die Beklagte günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
Eick
Halfmeier
Jurgeleit

Graßnack

Richterin
Wimmer
ist aus
dienstlichen
Gründen an der
Unterschriftsleistung gehindert.

Eick
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.09.2009 -
3-3 O 57/06 -

O[X.], Entscheidung vom 07.05.2013 -
5 [X.] -

Meta

VII ZR 126/13

28.01.2016

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2016, Az. VII ZR 126/13 (REWIS RS 2016, 16929)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16929

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.