Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2012, Az. I ZB 65/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6312

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

I ZB
65/11
vom
16. Mai 2012
in der Zwangsvollstre[X.]kungssa[X.]he
Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 732, 794 Abs. 1 Nr. 5
Die Erteilung und der Umfang einer Vollma[X.]ht zur Erklärung der Unterwer-fung unter die Zwangsvollstre[X.]kung in einer notariellen Urkunde sind allein im [X.]sverfahren und ni[X.]ht im Zwangsvollstre[X.]kungsverfahren zu prüfen.
[X.], Bes[X.]hluss vom 16. Mai 2012 -
I [X.]/11 -
LG [X.]

AG S[X.]hwaba[X.]h

-
2 -
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 16.
Mai
2012
dur[X.]h den Vorsitzenden Ri[X.]hter Prof.
Dr.
Bornkamm und die Ri[X.]hter Prof. Dr.
Büs[X.]her, Prof. Dr.
S[X.]haffert, Dr.
Kir[X.]hhoff und Dr.
Ko[X.]h
bes[X.]hlossen:
Auf die Re[X.]htsbes[X.]hwerde der
S[X.]huldner wird der Bes[X.]hluss des [X.] -
15.
Zivilkammer (Einzelri[X.]hter)
-
vom 3.
August 2011 aufgehoben.
Die Sa[X.]he wird zur neuen Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahrens, an das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht zu-rü[X.]kverwiesen.
Geri[X.]htskosten für das Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahren werden ni[X.]ht erhoben.
G

Gründe:
[X.] Die Gläubigerin betreibt gegen die S[X.]huldner die Zwangsvollstre[X.]kung aus der
vollstre[X.]kbaren Ausfertigung einer notariellen Urkunde
über die Bestel-lung einer Grunds[X.]huld. Auf Antrag der Gläubigerin hat die Obergeri[X.]htsvollzie-herin für beide S[X.]huldner einen Termin zur Abgabe der eidesstattli[X.]hen Versi-[X.]herung bestimmt. Beide S[X.]huldner haben
der Verpfli[X.]htung zur Abgabe der eidesstattli[X.]hen Versi[X.]herung widerspro[X.]hen. Sie ma[X.]hen geltend, es liege kein wirksamer Vollstre[X.]kungstitel vor, weil die Notariatsangestellte, die sie bei der Bestellung der Grunds[X.]huld
vertreten habe, ni[X.]ht bevollmä[X.]htigt gewesen sei, die Unterwerfung unter die Zwangsvollstre[X.]kung in das persönli[X.]he Vermögen 1
-
3 -
zu erklären. Zudem liege auf Seiten der Gläubigerin eine Re[X.]htsna[X.]hfolge vor, so dass eine neue [X.] erteilt werden müsse.
Die Widersprü[X.]he der S[X.]huldner sind vor dem Amtsgeri[X.]ht erfolglos ge-blieben. Das [X.] hat die sofortigen Bes[X.]hwerden der S[X.]huldner mit Bes[X.]hluss
des Einzelri[X.]hters zurü[X.]kgewiesen und die Re[X.]htsbes[X.]hwerde [X.]. Mit der Re[X.]htsbes[X.]hwerde verfolgen die S[X.]huldner ihren Widerspru[X.]h weiter.
I[X.] Die statthafte

574 Abs.
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO) und au[X.]h sonst zulässige

575 ZPO)
Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist begründet.
Die angefo[X.]htene Ents[X.]heidung ist unter Verletzung des [X.] des gesetzli[X.]hen Ri[X.]hters (Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG) ergangen. Der [X.] durfte ni[X.]ht selbst ents[X.]heiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm
bejahten grundsätzli[X.]hen Bedeutung der Re[X.]htssa[X.]he gemäß §
568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Ri[X.]htern besetzten Kammer übertragen müssen. Dem originären Einzelri[X.]hter na[X.]h §
568 ZPO ist die Ents[X.]heidung von Re[X.]htssa[X.]hen grundsätzli[X.]her Bedeutung s[X.]hle[X.]hthin versagt
([X.], Bes[X.]hluss vom 13.
März 2002 -
IX
ZB
134/02, [X.]Z 154, 200, 202).
II[X.] Dana[X.]h ist die angefo[X.]htene Ents[X.]heidung aufzuheben und die Sa-[X.]he zur neuen Ents[X.]heidung an das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht zurü[X.]kzuverweisen. Hinsi[X.]htli[X.]h der dur[X.]h die Re[X.]htsbes[X.]hwerde angefallenen Geri[X.]htskosten ma[X.]ht der Senat von der Mögli[X.]hkeit des §
21 GKG Gebrau[X.]h. Die Festsetzung des Gegenstandswerts
beruht auf §
25 Abs.
1 Nr.
4 RVG.
IV.
Für die neue Ents[X.]heidung wird auf
Folgendes hingewiesen:
2
3
4
5
6
-
4 -
1. Die Erteilung
und der Umfang einer Vollma[X.]ht zur Erklärung der [X.] unter die Zwangsvollstre[X.]kung in einer notariellen Urkunde sind
-
wie das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht mit Re[X.]ht angenommen hat
-
allein im Klauselertei-lungsverfahren und ni[X.]ht im Zwangsvollstre[X.]kungsverfahren zu prüfen.
a) Im S[X.]hrifttum wird allerdings die Ansi[X.]ht vertreten, das [X.] habe
die Erteilung und den Umfang der Vollma[X.]ht zu prüfen, wenn ein Vertreter in einer notariellen Urkunde die Unterwerfung unter die Zwangsvollstre[X.]kung erklärt habe.
Die Vollstre[X.]kungsklausel weise die Wirk-samkeit und damit die Vollstre[X.]kbarkeit der notariellen Urkunde für das [X.] ni[X.]ht aus. Die irrige Erteilung der Vollstre[X.]kungsklausel ma[X.]he
eine ni[X.]ht na[X.]h §
794 Abs.
1 Nr.
5 ZPO vollstre[X.]kbare Urkunde ni[X.]ht zu einer vollstre[X.]kbaren ([X.]/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
794
Rn.
38).
b) Na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] ist die Frage, ob die Unterwerfungserklärung
ordnungsgemäß abgegeben worden ist,
jedo[X.]h
al-lein im Verfahren der [X.] na[X.]h §
732 ZPO
zu klären
([X.], Urteil vom 30.
März 2010 -
XI
ZR
200/09, [X.]Z 185, 133
Rn.
18 mwN). Dazu gehört au[X.]h die Frage der Wirksamkeit und der
Rei[X.]hweite der von einem Vertreter in einer notariellen Urkunde abgegebenen Unterwerfungserklärung. Im [X.] zu einer Vollstre[X.]kungsunterwerfung na[X.]h §
794 Abs.
1 Nr.
5 ZPO dur[X.]h
einen Vertreter ist in entspre[X.]hender Anwendung von §
726 ZPO ni[X.]ht nur die formell ordnungsgemäße Abgabe der Unterwerfungserklärung dur[X.]h den Vertreter, sondern au[X.]h dessen Vollma[X.]ht zu prüfen. Der Bestand der Vollma[X.]ht ist zwar keine Tatsa[X.]he, von der die Vollstre[X.]kung aus der [X.]serklärung na[X.]h ihrem Inhalt abhängt. Sie ist aber Grundlage für das Entstehen der Unterwerfungserklärung als Vollstre[X.]kungstitel. Denn die
Unter-werfungserklärung
setzt eine für den Vertretenen wirksame Erklärung und diese 7
8
9
-
5 -
wiederum eine
wirksame Vollma[X.]ht voraus. Für sol[X.]he Voraussetzungen des Titels kann ni[X.]hts
anderes gelten als für die Bedingungen, unter denen
er voll-stre[X.]kt werden kann ([X.], Bes[X.]hluss vom 17.
April 2008 -
V
ZB
146/07, [X.], 2266 Rn.
9 mwN).
[X.]) Wird die Vollstre[X.]kung aus einem ni[X.]htvollstre[X.]kbaren Titel betrieben, weil irrig eine Vollstre[X.]kungsklausel erteilt worden ist, steht dem
S[X.]huldner
da-gegen der Re[X.]htsbehelf aus §
732 ZPO zu. Dieser führt
dazu, dass die erteilte Vollstre[X.]kungsklausel aufgehoben wird ([X.], Urteil vom 18.
November 1954 -
IV
ZR
96/54, [X.]Z 15, 190, 191). Die Organe im Zwangsvollstre[X.]kungsverfah-ren sind dagegen grundsätzli[X.]h ni[X.]ht befugt na[X.]hzuprüfen, ob der S[X.]huldner bei Abgabe der Unterwerfungserklärung wirksam vertreten war
(Mün[X.]hKomm.ZPO/[X.], 3.
Aufl., §
794 Rn.
243
f.).
Ob -
wie die Re[X.]htsbes[X.]hwerde geltend ma[X.]ht -
etwas anderes zu gelten hat, wenn der Mangel der Vollma[X.]ht offenkundig ist, kann offenbleiben. Im vorliegenden Fall ist ni[X.]ht offenkundig, dass die S[X.]huldner bei der Erklärung der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstre[X.]kung ni[X.]ht wirksam vertreten worden sind. Das notarielle Kaufangebot vom 10.
September 2008 enthält unter Nummer
XVII eine ord-nungsgemäße Bevollmä[X.]htigung
der Notariatsangestellten, im Namen der S[X.]huldner die Unterwerfung unter die Zwangsvollstre[X.]kung
in das persönli[X.]he Vermögen zu erklären. Zudem steht der Offenkundigkeit des behaupteten [X.] entgegen, dass die S[X.]huldner die Unterwerfung na[X.]hträgli[X.]h genehmigt haben könnten (vgl. [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
797 Rn.
16).
2. Die Erteilung einer neuen Vollstre[X.]kungsklausel ist -
wie das Be-s[X.]hwerdegeri[X.]ht zutreffend angenommen hat -
ni[X.]ht erforderli[X.]h, da si[X.]h aus dem von der Gläubigerin vorgelegten Handelsregisterauszug ergibt, dass ledig-10
11
-
6 -
li[X.]h deren
Firma geändert wurde
und daher kein Fall der Re[X.]htsna[X.]hfolge vor-liegt.
Die bloße Änderung des Namens
oder der Firma einer Partei steht der Vollstre[X.]kung eines Titels ni[X.]ht entgegen, wenn der Gläubiger dem zuständigen Vollstre[X.]kungsorgan die Personenidentität dur[X.]h entspre[X.]hende Urkunden zweifelsfrei na[X.]hweist ([X.], Bes[X.]hluss vom 21. Juli 2011 -
I
ZB
93/10, NJW-RR 2011, 1335 Rn.
6 mwN). Die Gläubigerin hat
diesen Na[X.]hweis dur[X.]h Vorla-ge eines Ausdru[X.]ks
aus dem Handelsregister geführt.
Es ist au[X.]h ni[X.]ht erforderli[X.]h, die Umfirmierung in der Vollstre[X.]kungs-klausel zu vermerken. Die Vollstre[X.]kungsorgane sind
allerdings
bere[X.]htigt, die Identität der Parteien zu prüfen. Ein Vollstre[X.]kungsgläubiger, der es unterlässt, einen die Identität klarstellenden Vermerk bei der Stelle zu erwirken, die die vollstre[X.]kbare Ausfertigung des Titels erstellt (hat), läuft daher Gefahr, dass das Vollstre[X.]kungsorgan die Dur[X.]hführung der Vollstre[X.]kung mit der Begründung

12
13
-
7 -

verweigert, die [X.] lasse si[X.]h ni[X.]ht zweifelsfrei feststellen. Das [X.] ist aber ni[X.]ht gehindert, die Identität der Parteien mit den in der Vollstre[X.]kungsklausel genannten Personen im Wege eigener Ermittlungen festzustellen
(vgl. [X.], NJW-RR 2011, 1335 Rn.
13 mwN).
Bornkamm
Büs[X.]her
S[X.]haffert

Kir[X.]hhoff
Ko[X.]h
Vorinstanzen:
AG S[X.]hwaba[X.]h, Ents[X.]heidung vom 26.04.2011 -
1 M 1016/11 -

LG [X.], Ents[X.]heidung vom 03.08.2011 -
15 [X.] -

Meta

I ZB 65/11

16.05.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2012, Az. I ZB 65/11 (REWIS RS 2012, 6312)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6312

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