Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2016, Az. IX ZR 157/14

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13911

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:240316BIXZR157.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
[X.]
vom

24. März 2016

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 270b Abs. 3
Im Eröffnungsverfahren zur Vorbereitung einer Sanierung kann der Schuldner nur dann Masseverbindlichkeiten begründen, wenn ihn das Insolvenzgericht auf seinen Antrag dazu ermächtigt hat.
[X.] § 259 Abs. 3
Führt der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter im Insolvenzverfahren mit [X.] aufgrund einer Ermächtigung im Insolvenzplan einen An-fechtungsprozess fort, bleiben die anfechtungsrechtlichen Beschränkungen der Ein-wendungs-
und Aufrechnungsmöglichkeiten des [X.]s auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhalten.
[X.], Beschluss vom 24. März 2016 -
IX [X.] -
O[X.]

[X.]

-

2

-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.] [X.], [X.] und die Richterin Möhring

am
24. März 2016
beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 13.
Zivilsenats des [X.] vom 18. Juni 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens
der Nichtzulassungsbeschwerde
wird auf

Gründe:

I.

Der Kläger ist Sachwalter in dem auf den Antrag vom 26.
Februar 2013 über das Vermögen der S.

AG (nachfolgend: Schuldnerin) am 30.
April 2013
eröffneten Insolvenzverfahren.
In diesem Verfahren hatte das Insolvenz-gericht zunächst am 4.
März 2013 zur Vorbereitung einer Sanierung eine Frist von längstens drei Monaten zur Vorlage eines Insolvenzplans bestimmt und den Kläger zum vorläufigen Sachwalter gemäß §
270b Abs. 2 Satz 1 [X.] be-stellt.
Aufgrund einer Ermächtigung in dem am 6. Juni 2013 von den Gläubigern angenommenen Insolvenzplan zur Fortführung anhängiger Anfechtungsprozes-se nimmt der
Kläger
die Beklagte auf Rückgewähr am 22. März 2013 und am 1
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-

22. April 2014 von der Schuldnerin gezahlter [X.] in Höhe von insgesamt 71.998,11

Die auf §
130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] gestützte Klage ist im ersten Rechtszug erfolglos geblieben. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.], dessen Urteil in [X.], 1294 veröffentlicht ist, die Beklagte [X.] verurteilt. Diese beantragt, die Revision zuzulassen, um ihr [X.] Klagabweisungsbegehren weiterzuverfolgen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§
544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§
544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch
keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fort-bildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§
543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

1. Auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründet, wenn im Eröffnungsverfahren ein vorläufiger Sachwalter bestellt sei
und der Schuldner keinen Antrag gestellt habe, ihn zur Begründung von Masseverbindlichkeiten zu ermächtigen, kommt es nicht an.
Diese in der Rechtsprechung und im [X.] umstrittene Frage kann sich nur in einem Insolvenzeröffnungsverfahren nach
§
270a [X.]
stellen. Handelt es sich um ein Eröffnungsverfahren zur [X.] einer Sanierung nach §
270b [X.], kommt die Begründung von [X.] durch den Schuldner nach §
270b Abs. 3 Satz 1 in Verbin-dung mit Satz 2 [X.] nur in Betracht, wenn das Insolvenzgericht den Schuldner 2
3
4
-

4

-

auf dessen Antrag zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ermächtigt hat (vgl. [X.], Z[X.] 2015, 204, 205). Dies entspricht der Begründung des Gesetzgebers (BT-Drucks. 17/7511, [X.]), der es dem Schuldner in diesem besonderen Verfahren ausdrücklich ermöglichen wollte, über die Anordnung
nach §
270b Abs. 3 [X.] gleichsam
in die Rechtsstellung eines starken vorläu-figen Insolvenzverwalters einzurücken.

Im Streitfall ergibt sich aus den Ausführungen
des
Berufungsgerichts zu dem von der Schuldnerin gestellten Eröffnungsantrag und den in dem [X.] vom Insolvenzgericht getroffenen Anordnungen, dass es sich um ein Ver-fahren zur Vorbereitung einer Sanierung nach §
270b [X.] gehandelt hat.
In
diesem Verfahren hat
die
Schuldnerin
einen Antrag, sie zur Begründung von Masseverbindlichkeit zu ermächtigen, nicht gestellt.

2. Soweit vereinzelt
die Auffassung vertreten wird, in [X.] nach §
270a [X.]
begründe der Schuldner
schon originär nach dem Gesetz
Masseverbindlichkeiten, ohne dass es
eines
Antrag auf Ermächtigung zur [X.] bedürfe
(so [X.], Z[X.] 2015, 1112, 1113; AG [X.], Z[X.] 2013, 397, 398; FK-[X.]/[X.], 8.
Aufl.
2015, §
270a Rn. 22), betrifft
dies
einen
anderen
Sachverhalt. Diese Ansicht weicht zwar von der weit überwiegend
vertretenen Meinung ab, nach welcher der Schuldner oder der vorläufige Sachwalter im Eröffnungsverfahren nach §
270a [X.] nur dann Masseverbindlichkeiten begründet, wenn ihn das Insol-venzgericht auf einen entsprechenden Antrag dazu ermächtigt hat (so
LG [X.],
Z[X.] 2012, 2346, 2347; [X.],
Z[X.] 2012, 790; [X.],
[X.], 1470; [X.],
[X.], 787; HmbKomm-[X.]/Fiebig, 5. Aufl., §
270a Rn. 34; Ringstmeier
in: [X.]/[X.]/Ringstmeier, Insolvenzrecht, 2.
Aufl.,
§ 270a Rn. 8;
HK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 270a Rn. 18 ff;
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5

-

Graf-Schlicker/[X.], 4. Aufl., §
270a Rn. 16 ff; [X.]/[X.], [X.], 19. Aufl., §
270a Rn. 6; [X.]
in: [X.],
[X.], 2012,
§ 270a Rn. 19 f; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 270a Rn. 41 ff mwN; [X.], [X.] 2013, 1283, 1288 f;
[X.], [X.] 2012, 1551, 1552 f; [X.], [X.],
2285, 2292; [X.]. Z[X.] 2013, 2129, 2134; Klinck, [X.], 853, 855; [X.]. Z[X.] 2014, 365, 366; [X.]/[X.], Z[X.] 2012, 2330, 2331; dies. Z[X.] 2013, 815, 816
f).
Sie wird aber
nur für das Eröffnungsverfahren nach § 270a [X.] vertre-ten. Im Verfahren zur Vorbereitung einer Sanierung nach § 270b [X.] bedarf es dagegen nach allen
in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen
Auf-fassungen einer Einzel-
oder Globalermächtigung des Insolvenzgerichts (vgl. BT-Drucks. 17/7511, [X.]), Masseverbindlichkeiten zu begründen.

3. Soweit
die Nichtzulassungsbeschwerde
geltend macht.
Es
sei
rechts-grundsätzlich zu klären, ob und inwieweit dem [X.] zustehen können, wenn der ehemalige Insolvenzverwalter oder
Sachwalter einen Anfechtungsprozess aufgrund einer Ermächtigung im Insolvenzplan ge-mäß §
259 Abs. 3 [X.] fortführe, bedarf es
der Zulassung der Revision
eben-falls nicht.
Im Schrifttum wird im [X.] an die Begründung
des Gesetzge-bers
zu §
259 Abs. 3 [X.] (BT-Drucks. 12/2443, [X.]) einhellig die [X.] vertreten, aus dem Umstand, dass §
259 Abs. 3 [X.] einen Fall der ge-setzlichen Prozessstandschaft darstelle und der Insolvenzverwalter
oder Sach-walter den
Anfechtungsprozess nach Aufhebung des Verfahrens grundsätzlich für Rechnung des Schuldners führe, könne keine Veränderung der materiellen Rechtslage
dahin abgeleitet werden, dass den [X.]n Einwen-dungen zukämen, die sie sonst nicht geltend machen könnten.
Die Beschrän-kungen der Einwendungs-
und Aufrechnungsmöglichkeiten des Anfechtungs-gegners blieben auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhalten, weil
der Anfechtungsanspruch von der Aufhebung des Verfahrens nach Bestätigung 7
-

6

-

des Insolvenzplans nicht berührt
werde (vgl. [X.], [X.], 4.
Aufl., Rn.
28.52; Spahlinger in [X.], [X.], 2014,
§
259 Rn. 21; [X.]/Spliedt, aaO
§ 259 Rn. 13; [X.]/[X.]/Streit, [X.], 14.
Aufl., §
259 Rn. 17). Diese
naheliegende Auffassung
ist
zutreffend. Nur sie entspricht der Absicht des Gesetzgebers, mit der Einführung des §
259 Abs. 3 [X.] zu verhindern, dass für den [X.] ein Anreiz besteht, den Anfech-tungsprozess
bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens
zu verschleppen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, aaO).
Eine Aufrechnung der Beklagten mit ihrer nach an-fechtungsrechtlicher Rückgewähr gemäß §
144 Abs.
1 [X.] wiederaufgelebten Beitragsforderung kommt danach eindeutig nicht in Betracht, so dass es hierzu rechtsgrundsätzlicher Ausführungen des [X.] nicht bedarf.

Kayser
[X.]
[X.]

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.12.2013 -
10 O 1289/13 -

O[X.], Entscheidung vom 18.06.2014 -
13 [X.] -

Meta

IX ZR 157/14

24.03.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.03.2016, Az. IX ZR 157/14 (REWIS RS 2016, 13911)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13911

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