Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2001, Az. VI ZR 353/99

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3716

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:30. Januar 2001Holmes,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 823 [X.] Frage der Haftung des Arztes, wenn sich bei einem Eingriff mehrereRisiken verwirklichen, aber nicht über alle aufgeklärt worden ist.[X.], Urteil vom 30. Januar 2001 - [X.] - [X.] HammLG [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 30. Januar 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Rich-ter Dr. [X.], [X.], [X.] und Wellnerfür Recht erkannt:Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 18. Oktober 1999 wird [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger litt seit Anfang der 80er Jahre unter [X.], die jeweils konservativ behandelt wurden. Am 14. Februar 1994 begab [X.] aufgrund einer Überweisung seines Hausarztes in die Behandlung [X.]. Dieser diagnostizierte einen Bandscheibenprolaps mit Nervenwur-zeldekompression L5/[X.] und empfahl eine Diskographie sowie eine [X.]. Zur Durchführung dieser Maßnahme begab [X.] Kläger am 9. März 1995 in ein Krankenhaus, in welchem der Beklagte Be-legbetten unterhält und wo dieser ihn noch am selben Tag operierte. [X.] März 1995 wurde bei dem Kläger eine [X.] (Fußheberschwä-che) diagnostiziert, aufgrund derer er seine berufliche Tätigkeit als Schlosseraufgab.- 3 -Der Kläger hat den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch genom-men mit der Begründung, die nicht indizierte [X.], über deren Risiken erweder am 14. Februar noch am 9. März 1995 aufgeklärt worden sei, habe so-wohl zu der [X.] als auch zur Impotenz geführt.Das [X.] hat nach Beweisaufnahme den (bezifferten) [X.] dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, dem [X.] von 40.000 DM zugesprochen sowie die Ersatzpflicht des [X.] für sämtliche materiellen Schäden des Klägers aus der [X.] vom9. März 1995 festgestellt. Das [X.] hat die hiergegen gerichteteBerufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung [X.] diesem Zinsen aus dem zuerkannten [X.] zuge-sprochen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsan-trag weiter.Entscheidungsgründe:I.Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet der Beklagte dem Klägerwegen eines Aufklärungsverschuldens aus unerlaubter Handlung und bezüg-lich der materiellen Schäden zusätzlich aus einer schuldhaften Verletzung [X.] des Behandlungsvertrages. Die vom Beklagten durchge-führte Aufklärung sei schon deshalb ungenügend gewesen, weil der [X.] dem Ergebnis der Beweisaufnahme den Kläger nicht auf das schwersteRisiko des Eingriffs, das Risiko einer Querschnittslähmung, ausreichend [X.] 4 -gewiesen habe. Allein wegen der dadurch fehlenden Grundaufklärung sei [X.] demzufolge defizitär. [X.] sei die Aufklärung darüber hinausaber auch deshalb, weil der Kläger nicht auf das Risiko einer Impotenz hinge-wiesen worden sei, die nach den Ausführungen der gerichtlich bestellten Sach-verständigen auch bei einer regelrechten Laser-[X.] der in Rede stehen-den Art auftreten könne. Der Beklagte habe schließlich auch plausibel undnachvollziehbar dargelegt, daß er sich bei ausreichender Aufklärung in einemwirklichen Entscheidungskonflikt befunden hätte. Unter Berücksichtigung [X.], daß das breite Spektrum der konservativen Behandlung beim Klä-ger noch nicht ausgeschöpft gewesen sei, sei ihm zu glauben, daß er in [X.] des Risikos einer Querschnittslähmung und/oder des Impotenzrisikos die[X.] am 9. März 1995 nicht hätte durchführen lassen. Schließlich besteheauch kein Zweifel daran, daß die beim Kläger eingetretene [X.]samt ihrer Folgen sowie die Impotenz auf die [X.] vom 9. März 1995 zu-rückzuführen seien.[X.] Urteil des Berufungsgerichts hält im Ergebnis revisionsrechtlicherÜberprüfung stand.1. Das Berufungsurteil wird bereits von der Begründung getragen, daßder Beklagte den Kläger - unstreitig - nicht über das Risiko einer Impotenz auf-geklärt hat. Das Berufungsgericht hält dieses Risiko aufgrund der Sachver-ständigengutachten für aufklärungspflichtig und hat durch diese Gutachtenauch die Überzeugung gewonnen, daß durch den konkreten Eingriff Impotenzhabe entstehen können und beim Kläger tatsächlich entstanden sei. Es hat- 5 -auch die Überzeugung gewonnen, daß sich der Kläger bei Kenntnis [X.] gegen den Eingriff entschieden hätte. Hätte mithin die gebotene Aufklä-rung zur Vermeidung der [X.] geführt, so ist es unter den Umständen [X.] gerechtfertigt, dem Beklagten deren sämtliche Folgen zuzurechnen.Die Angriffe der Revision gegen die entsprechenden Feststellungen [X.] haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist dabei [X.] Würdigung den diesbezüglichen [X.] und seiner Ehefrau in Verbindung mit den insoweit übereinstim-menden Stellungnahmen der beiden gerichtlich bestellten [X.] und hat diesen den Vorzug gegeben vor der entgegenstehenden Stel-lungnahme des vom Beklagten beauftragten [X.] Prof. Dr. H. Dadessen Äußerungen im wesentlichen übereinstimmen mit dem nach Schluß dermündlichen Verhandlung vom Beklagten zu den Akten gereichten weiteren Pri-vatgutachten des Prof. Dr. S. und bei der mündlichen Anhörung der [X.] bereits Berücksichtigung fanden, war das Berufungsgericht [X.]entgegen der Auffassung der Revision [X.] weder gehalten, ein weiteres Gutach-ten im Sinne des § 412 ZPO einzuholen, noch die gerichtlich beauftragtenSachverständigen hierzu erneut anzuhören. Die übrigen Verfahrensrügen [X.] hat der [X.] geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einerBegründung wird gemäß § 565 a ZPO abgesehen.2. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte [X.] wiedas Berufungsgericht meint [X.] auch deshalb haften würde, weil er dem Klägerkeinen Hinweis auf das schwerstmögliche Risiko des Eingriffs, nämlich [X.] einer Querschnittslähmung, erteilt hat. Das Berufungsgericht hat hierineinen Mangel der Grundaufklärung gesehen. [X.] geht es jedoch im [X.] Fall nicht, wie unter b) ausgeführt [X.] -a) Es kann dahinstehen, ob der Kläger über das Risiko einer Pero-naeusparese aufgeklärt worden ist, das sich unstreitig bei ihm verwirklicht hat.Das Berufungsgericht hat diese Frage offengelassen, so daß für das Revisi-onsverfahren von einer Aufklärung über dieses Risiko auszugehen ist. [X.] kämen die Grundsätze aus dem [X.]surteil vom 15. Februar 2000- VI ZR 48/99 - [X.]Z 144, 1 zur Anwendung, das dem Berufungsgericht [X.] des angefochtenen Urteils freilich noch nicht bekannt sein konnte. [X.] [X.] hat dort ausgeführt, daß es bei Verwirklichung eines Risi-kos, über das der Patient aufgeklärt worden ist, regelmäßig keine Rolle spielte,ob daneben auch andere Risiken - die sich nicht verwirklicht haben - der Er-wähnung bedurften; vielmehr habe der Patient in Kenntnis des später verwirk-lichten Risikos seine Einwilligung erteilt. Hat also der Patient bei seiner [X.] das später eingetretene Risiko in Kauf genommen, so kann bei [X.] Betrachtungsweise nach dem Schutzzweck der Aufklärungspflichtaus der Verwirklichung dieses Risikos keine Haftung hergeleitet werden. [X.] könnte sich die vom Berufungsgericht offengelassene Frage stellen, obdem Kläger tatsächlich ein Hinweis auf das Risiko einer [X.] er-teilt worden ist. Hierauf kommt es jedoch im Streitfall nicht an, weil bereits dasoben zu 1. erörterte [X.] die Haftung des Beklagten für diegesamten Folgen des Eingriffs prägt.b) Angesichts dieser Besonderheiten des Falles geht es entgegen [X.] des Berufungsgerichts auch nicht um einen Mangel der Grundauf-klärung. Der [X.] hat diesen Begriff bisher zur Begründung der Haftung auseinem [X.] nur für eine ganz besondere Fallgruppe herangezo-gen, wenn es, wie etwa im Urteil vom 14. November 1995 - [X.] -VersR 1996, 195 um ein äußerst seltenes, nicht aufklärungspflichtiges [X.], das sich dann aber doch bei dem Eingriff verwirklicht hat. Ist in einem- 7 -solchen Fall der Patient über das betreffende Risiko nicht aufgeklärt worden,so kann sich ein Mangel der Grundaufklärung auswirken, wenn nämlich [X.] nicht einmal ein Hinweis auf das schwerstmögliche Risiko gegebenworden ist, so daß er sich von der Schwere und Tragweite des Eingriffs keineVorstellung machen konnte. Bei einer solchen Fallkonstellation kann es unterdem Blickpunkt der fehlenden Grundaufklärung gerechtfertigt sein, dem [X.] Haftung zuzurechnen, obwohl der Schaden, für den er einstehen soll, auseinem Risiko entstanden ist, über das er nicht hätte aufklären müssen.So liegt der Streitfall jedoch nicht. Hier ergibt sich die Haftung des [X.] bereits aus dem oben zu 1. dargelegten [X.], sodaß es schon deshalb keiner abschließenden Entscheidung bedarf, ob [X.] auf weitere [X.]se gestützt werden könnte.Dr. Müller Dr. [X.] [X.] [X.] Wellner

Meta

VI ZR 353/99

30.01.2001

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2001, Az. VI ZR 353/99 (REWIS RS 2001, 3716)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3716

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