Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2005, Az. II ZR 13/04

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 466

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 5. Dezember 2005 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 705; HGB §§ 161 ff. Hängt die Höhe der einer Komplementär-GmbH u.a. für die [X.] zu zahlenden Vergütung nach dem Gesellschaftsvertrag einer Kommandit-gesellschaft von der Höhe des Stammkapitals der GmbH ab, dürfen deren Ge-sellschafter das Stammkapital nicht ohne Wahrung der gesellschafterlichen [X.] gegenüber der Kommanditgesellschaft in erheblichem Umfang (hier: um das 42-fache) erhöhen. [X.], Urteil vom 5. Dezember 2005 - [X.] - [X.] LG München I - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2005 durch [X.] und [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 17. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 24. No-vember 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 19. Zivilsenat des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die beklagte GmbH ist seit 1996 Komplementärin, die Klägerin und ihr früherer Ehemann, der zugleich Alleingesellschafter der [X.] ist, sind mit im wesentlichen gleichen Einlagen Kommanditisten unter anderem folgender Gesellschaften: 1 [X.] [X.] KG (im [X.]: [X.]), - 3 - [X.] (im [X.]: [X.]), [X.] Wohnbau

KG (im Folgenden: [X.]Wohnbau KG), [X.] (im Folgenden: [X.]). 2 Die Klägerin war bis zum 20. Juli 1998 Geschäftsführerin der [X.]. Nach ihrer A[X.]erufung beteiligte sich die Beklagte 1999 an der E.

II GmbH und im Jahre 2000 an der S.

GmbH & Co. KG. An diesen beiden Gesellschaften ist die Klägerin nicht beteiligt. Mit Beschluss vom 23. Mai 2000 erhöhte der geschiedene Ehemann der Klägerin das Stammkapital der [X.] von 50.000,00 DM auf 1,1 Mio. •. Das hat zur Folge, dass sich die von der [X.] bezogene, an ihrem eige-nen Stammkapital bestimmungsgemäß ausgerichtete Vergütung in den vier Kommanditgesellschaften, an denen die Klägerin beteiligt ist, um 4.200 % er-höht. Die Klägerin sieht hierin ein treuepflichtwidriges Verhalten der [X.] und nimmt diese auf Rückzahlung der bereits entnommenen Vergütungen an die jeweilige Kommanditgesellschaft sowie auf Unterlassung in Anspruch. Das [X.] hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revi-sion der [X.]. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung der angefochte-nen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, 4 - 4 - wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat. 5 1. Das Berufungsgericht meint, die [X.] seien als Schadensersatz wegen der Verletzung gesellschafterlicher [X.] ge-rechtfertigt. Die Beklagte habe einseitig durch die exorbitante Stammkapitaler-höhung in die Struktur der Kommanditgesellschaften in nicht mehr tragbarer Weise eingegriffen, wobei sich die Erhöhung der Haftungsvergütung wegen der Stellung des geschiedenen Ehemanns der Klägerin als Alleingesellschafter der [X.] wirtschaftlich günstig für ihn und nachteilig für die [X.] habe. Während die bisherigen Haftungsvergütungen den an die Komman-ditisten zu verteilenden Gewinn bzw. Verlust kaum beeinflusst hätten, sei dies in Folge der Erhöhung grundlegend anders, ohne dass sich das Tätigkeitsfeld der [X.] in der jeweiligen Kommanditgesellschaft verändert habe. Eine weitere zum Schadensersatz verpflichtende [X.] liege darin, dass die Beklagte sich die erhöhte Vergütung ohne vorherige verbindliche Fest-stellung der Jahresabschlüsse habe auszahlen lassen. Angesichts des [X.] der Steigerung der Vergütung handele es sich bei der Maßnahme um ein Grundlagengeschäft, für welches die Mitwirkung der Klägerin unerlässlich sei. Die [X.] seien als Maßnahme der Notgeschäftsführung ausnahmsweise gerechtfertigt. 6 I[X.] Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen [X.] kein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung gesellschafterlicher [X.] (1). Die [X.] sind nicht begründet (2). 7 - 5 - 1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die kreditgebende Bank, wie die Beklagte unter Beweisantritt vorgetragen hat, wegen der Sanierung der ca. 3.000 in [X.]

gelegenen, im Eigentum der [X.] und [X.]II KG stehenden Wohnungen eine deutliche Erhöhung der Eigenkapital-basis der Gesellschaften - alternativ der Kommanditeinlagen oder des [X.] der Komplementärin - verlangt habe und, da die Klägerin eine Erhö-hung ihrer Kommanditeinlagen abgelehnt habe, die Beklagte ihr Stammkapital deshalb habe erhöhen müssen. [X.] ist danach dieser Sachver-halt zugunsten der [X.] zugrunde zu legen. 8 a) Durch die Stammkapitalerhöhung als solche hat die Beklagte keine gesellschafterliche Treuepflicht verletzt. 9 Die Beklagte schuldet als Komplementär-GmbH nicht anders als eine na-türliche Person Treue gegenüber der Gesellschaft, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat. Auch sie muss den Gesellschaftszweck fördern und bei der Wahrnehmung eigener berechtigter Belange Rücksicht auf die [X.] nehmen (s. allgemein zu den gesellschafterlichen [X.] [X.]/[X.] 4. Aufl. § 705 [X.]. 221 ff.). Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte nicht verstoßen. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu le-genden Sachverhalt liegt die Stammkapitalerhöhung der [X.] im Interesse der Gesellschaft. Die prozentuale Koppelung der Komplementärsvergütung an das jeweilige Stammkapital der GmbH dient zwar in erster Linie der Vermei-dung einer verdeckten Gewinnausschüttung (s. dazu [X.]/[X.], GmbH u. Co KG 10. Aufl. § 16 [X.]. 145 ff. m.w.Nachw.) und liegt damit im Interesse der [X.]. Objektiv hat die von der [X.] durchgeführte Stammkapitalerhö-hung wegen der infolge der Koppelung automatisch eintretenden Erhöhung der Haftungsvergütung auch einen Liquiditätsverlust auf Seiten der Gesellschaften 10 - 6 - und eine Verringerung des - auch - an die Klägerin zu verteilenden, eventuell anfallenden Gewinns bzw. eine Erhöhung ihrer Verlustbeteiligung zur Folge. Eine [X.] ist mit der Stammkapitalerhöhung gleichwohl nicht verbunden, weil es nach dem zu unterstellenden Vortrag der [X.] für die Erhöhung eine sachliche, auch im Interesse der von der [X.] geführten Kommanditgesellschaften und damit der Klägerin als Mitgesellschafterin liegen-de Rechtfertigung gab. Die Stammkapitalerhöhung bei der [X.] stärkte die Kreditwürdigkeit aller betroffenen Gesellschaften. Auf Kredite waren diese zur Renovierung der auch nach dem Vortrag der Klägerin sanierungsbedürftigen Wohnungen in [X.]angewiesen. Das Berufungsgericht hat zudem nicht ausreichend beachtet, dass der - objektiv - reduzierten Liquidität der Gesellschaften als "Gegenwert" der für die wirtschaftliche Betätigung der Kommanditgesellschaften förderliche, durch die Stammkapitalerhöhung ebenfalls exorbitant erhöhte Haftungsfonds der [X.] gegenüberstand und die Beklagte nach ihrem unwidersprochenen, als rich-tig zu unterstellenden Vortrag aus ihrer Beteiligung an den beiden anderen Ge-sellschaften Gewinne erzielt, die ihre Stellung als persönlich haftende Gesell-schafterin der Kommanditgesellschaften ebenfalls stärken. 11 b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach Maßgabe der von ihm ge-troffenen Feststellungen angenommen, die Beklagte habe ihre gesellschafterli-che Treuepflicht dadurch verletzt, dass sie auf der Grundlage ihres erhöhten Stammkapitals ihre Vergütung errechnet und entnommen hat. Die Auszahlung war nach den bestehenden gesellschaftsvertraglichen Abreden ohne weiteres zulässig ([X.]), sie bedurfte vor allem nicht - wie die Klägerin meint - eines ein-stimmigen Beschlusses ([X.]). Die Feststellungen des Berufungsgerichts [X.] auch nicht die Annahme, die Auszahlung stelle einen einseitigen [X.] - 7 - zug von Mitteln dar, die dringend zur Weiterführung der [X.] seien ([X.]). 13 [X.]) In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass [X.] im Gesellschaftsvertrag vereinbart oder durch Gesellschafterbeschluss begründet werden können (Senat, [X.] 17, 299, 301; Urt. v. 4. März 1976 - [X.], [X.], 446, 447 zur Geschäftsführervergütung; s. auch [X.]/[X.], HGB 5. Aufl. § 114 [X.]. 22 m.w.Nachw.). Ist die [X.] - auch der Höhe nach - im Gesellschaftsvertrag bereits abschließend geregelt, bedarf es zur Auszahlung keines - zusätzlichen - Beschlusses. Die Entnahme ist dann eine einfache Geschäftsführungsmaßnahme. So liegt der Fall hier. Die Regelungen in den jeweiligen [X.] sind zum Grund und zur Höhe der Vergütungsansprüche abschließend: Danach "erhält" der Komplementär für die Übernahme der persönlichen [X.] eine Vergütung in Höhe von 5 bzw. 6 % seines Stammkapitals. 14 [X.]) Ein Gesellschafterbeschluss über die Auszahlung ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht aus dem Aspekt des [X.] erforderlich. Die Auszahlung der erhöhten Vergütung ist kein Grundla-gengeschäft. Durch die Auszahlung als solche wird der Gesellschaftsvertrag nicht geändert, sondern vom Geschäftsführer ausgeführt. Ob die Klägerin als Kommanditistin der vier Gesellschaften das Recht hat, von ihren Mitgesellschaf-tern eine Änderung der Vergütungsregelungen zu verlangen, ist im Rahmen des vorliegenden, allein das Verhältnis zu der persönlich haftenden Gesell-schafterin betreffenden Rechtsstreits nicht zu entscheiden. 15 - 8 - [X.]) Die Auszahlung verletzt auch im Übrigen keine gesellschafterliche Treuepflicht. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die seine Annahme rechtfertigen, die Beklagte habe bei der Auszahlung zu Lasten der Kommanditgesellschaften einseitig ihre eigenen Interessen verfolgt. 16 17 Die Entnahme der erhöhten Vergütung stellt die Ausübung eines eigen-nützigen Mitgliedschaftsrechts dar (s. hierzu [X.]/[X.] [X.]O § 705 [X.]. 227; MünchKommHGB/[X.] § 105 [X.]. 191 jeweils m.w.Nachw.). Ein Vorrang des [X.] besteht bei der Aus-übung derartiger Rechte nicht. Nach der von ihm zu wahrenden gesellschafter-lichen Treuepflicht ist der Gesellschafter aber - wie oben ausgeführt - gehalten, von seinen Rechten nicht willkürlich und ohne Rücksicht auf die Interessen der Gesellschaft Gebrauch zu machen ([X.]/[X.] [X.]O [X.]. 224, 227 m.w.Nachw.). Gemessen hieran hat die Beklagte durch die Entnahme der Vergütungen ihre [X.] nicht verletzt. Für die Erhöhung besteht ein sachlicher Grund, wie oben ausgeführt. Das Berufungsgericht hat im Übrigen weder festgestellt, dass die Auszahlungen die finanzielle Lage der Kommandit-gesellschaften beeinträchtigen (s. zu einem solchen Fall Sen.Urt. v. 19. Februar 1984 - [X.], [X.], 256), noch dass mit der Auszahlung sonstige unzumutbaren Folgen für die Gesellschaft verbunden sind. Angesichts des [X.] im Verhältnis zur Höhe der Gesamtverbind-lichkeiten der Kommanditgesellschaften folgt die Unzumutbarkeit auch nicht bereits aus der Höhe der Vergütungen. 2. Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche stehen der Klägerin nicht zu. 18 - 9 - Schon im Ansatzpunkt verkennt das Berufungsgericht, dass die von ihm zur Stützung seiner Ansicht herangezogene Entscheidung des Senats ([X.] 76, 160 ff.) kein Grundlagengeschäft betrifft, von dem das Berufungsgericht [X.] ausgeht, sondern dass es um die Beurteilung einer Geschäftsführungs-maßnahme ging. Um solch eine Geschäftsführungsmaßnahme handelt es sich auch hier, wenn die Berechtigung der [X.] zur Entnahme der (erhöhten) Vergütung in Frage steht. In diesem Bereich ist der persönlich haftende Gesell-schafter nach der Organisationsordnung der Kommanditgesellschaft freier ge-stellt mit der Folge, dass die Gesellschafter die getroffenen Geschäftsfüh-rungsmaßnahmen hinnehmen müssen und sie grundsätzlich auf die Geltend-machung von Schadensersatzansprüchen beschränkt sind. Nur unter engen Ausnahmen, die an den in § 744 Abs. 2 BGB niedergelegten Maßstäben zu orientieren sind, kann nach der Rechtsprechung des Senats etwas anderes [X.] und den Gesellschaftern das Recht zustehen, von dem persönlich haften-den Gesellschafter Unterlassung zu verlangen und diesen Anspruch gerichtlich zu verfolgen (Senat [X.]O S. 168). 19 Die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme hat das Berufungsgericht zu Unrecht als erfüllt angesehen. Wie ausgeführt, fehlt es schon an ausrei-chenden Feststellungen zu einer mit der Auszahlung verbundenen Gefährdung des Gesellschaftsvermögens. Die vom Berufungsgericht zur Begründung der Ausnahmesituation herangezogene Gefahr weiterer Stammkapitalerhöhungen ist rein spekulativ und vermag eine Notgeschäftsführung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. 20 II[X.] Eine eigene Entscheidung ist dem Senat verwehrt, da weitere [X.] Feststellungen erforderlich sind. Die Parteien erhalten dadurch [X.] - 10 - lich die Gelegenheit, ihren Vortrag zu ergänzen und gegebenenfalls ihre Anträ-ge anzupassen. Goette [X.] Gehrlein Strohn [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.04.2003 - 23 O 11544/02 - [X.], Entscheidung vom 24.11.2003 - 17 U 3083/03 -

Meta

II ZR 13/04

05.12.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2005, Az. II ZR 13/04 (REWIS RS 2005, 466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 466

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 141/19 (Bundesgerichtshof)

GmbH & Co. KG: Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH bei vorbehaltloser Entlastung der Komplementärin; Anwendung …


18 U 31/00 (Oberlandesgericht Köln)


II ZR 241/10 (Bundesgerichtshof)

Vermögensrückübertragungsanspruch bei fehlgeschlagener Umwandlung einer LPG in eine GmbH & Co. KG: Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens; …


II ZR 181/06 (Bundesgerichtshof)


II ZR 360/13 (Bundesgerichtshof)

Insolvente GmbH & Co. KG: Haftung bei verbotenen Auszahlungen aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft an …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.