Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2013, Az. VII ZR 98/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8659

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 98/12
Verkündet am:

24. Januar 2013

Besirovic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 280 Abs. 1, § 631, § 241 Abs. 2
Einem Landwirt, der einen Unternehmer damit beauftragt, [X.] auf seinem 6,44
ha großen Feld zu dreschen, ist auch unter Berücksichtigung der werkvertragli-chen Fürsorgepflicht nicht zumutbar, vor Ausführung der Arbeiten das Feld daraufhin zu
untersuchen, ob Fremdkörper oder Werkzeuge aus dem Boden herausragen, die zu einer Schädigung des Mähdreschers führen könnten, wenn dafür keine greifbaren Anhaltspunkte vorliegen.
[X.], Urteil vom 24. Januar 2013 -
VII ZR 98/12 -
[X.] [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24.
Januar 2013
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.], die Richterin Safari Chabestari
und [X.], Kosziol und Dr. Kartzke
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Nebenintervenientin
der Beklagten
wird das Urteil des 1.
Zivilsenats des [X.] vom 9.
März
2012
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen [X.] ihres Mähdreschers.
Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Juli 2009, den auf einem 6,44
ha großen Feld stehenden Raps zu dreschen, der sich zumindest teilweise infolge von Witterung und Gewicht abgesenkt hatte (sog. [X.]) und des-halb bodennah zu ernten war. Bei den [X.] nahm der Mähdrescher eine im Raps liegende [X.] auf, schleuderte sie in das [X.] und beschädigte dadurch den Mähdrescher erheblich. Die Klägerin hat für die Repa-1
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3
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ratur des Mähdreschers 17.618,39

Mähdrescher angemietet, wofür sie 4.080

Die Klägerin hat die Beklagte erstinstanzlich auf Ersatz der [X.] Mietkosten sowie außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in [X.] genommen. Das [X.] hat mit [X.] Teilurteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Es hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 16.859,07

hinsichtlich der Reparaturkosten abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und die als Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten dem
Rechtsstreit beigetretene Haftpflichtversicherung der Beklagten Berufung eingelegt. Die Klägerin hat die Verurteilung der [X.] zur Zahlung weiterer 759,32

vollständige Abweisung der Klage erstrebt hat. Das Berufungsgericht hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und die der Nebenintervenientin zurückge-wiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die [X.] weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

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5
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4
-
I.
Das Berufungsgericht sieht die Beklagte als schadensersatzpflichtig an, weil sie
ihre der Klägerin gegenüber bestehende werkvertragliche Fürsorge-pflicht schuldhaft verletzt habe. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, vor der Vergabe des [X.] an die Klägerin sicherzustellen, dass sich keine Fremdkörper in dem zu bearbeitenden Feld befanden, die zu einer Schädigung des Mähdreschers hätten führen können. Es sei zu berücksichtigen, dass [X.]
abzuernten gewesen sei und sich bei
dem dadurch bedingten bodennahen Erntevorgang das Risiko der Aufnahme von Fremdkörpern erhöht habe. Die erkennbare höhere Schadensträchtigkeit hätte
für die Beklagte An-lass
sein müssen, das zur Ernte vorgesehene Feld in einer Weise bereitzustel-len, dass keine höheren Fremdkörper oder Werkzeuge aus dem Bodenbereich hervorragten. Vor diesem Hintergrund sei nicht entscheidungserheblich, wer die fragliche [X.] in das Feld verbracht und dort liegengelassen habe.

II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Begründung des Berufungsurteils trägt nicht die Annahme, die [X.] habe die Beschädigung des Mähdreschers durch ein pflichtwidriges [X.] verursacht.
1.
Im Rahmen des mit der Klägerin geschlossenen Werkvertrags traf
die Beklagte die
aus dem vertraglichen Treueverhältnis abgeleitete Pflicht (MünchKomm[X.]/Busche,
6.
Aufl., §
631 Rn.
108), alles ihr Zumutbare zu tun, um die Klägerin bei der Ausführung der [X.] vor Schaden zu bewah-ren
(vgl. [X.], Urteil vom 24.
Januar
2001
-
2
U
104/00, bei juris; [X.] 6
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8
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5
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Braunschweig, [X.], 204; [X.], [X.] 1985, 241). Diese Ver-pflichtung bezog sich auch darauf, eine Beschädigung des Mähdreschers zu verhindern
(vgl. [X.], Urteil vom 3.
Oktober 1974
VII
ZR
156/72, [X.], 64).

a) Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, die auf dem Rapsfeld liegende [X.] vor Aufnahme der von der Klägerin auszuführenden [X.] zu entfernen, wenn das Arbeitsgerät von ihr oder einem ihrer Mitarbeiter
auf das Feld verbracht worden wäre.
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Berufungsgericht offen gelassen, so dass in der Revision zugunsten der Beklagten davon auszugehen ist, dass die [X.] ohne Wissen der Beklagten vor den Mäharbeiten von [X.], möglicherweise als Akt der Sabotage,
auf das Feld verbracht worden ist.

b) Soweit das Berufungsgericht dennoch eine Verletzung der der [X.] gegenüber bestehenden werkvertraglichen Fürsorgepflicht der Beklagten angenommen hat, überspannt es die an einen Landwirt
zu stellende Anforde-rungen, der einem Unternehmer den Auftrag gibt, auf seinem Feld mit dem Mähdrescher Raps zu ernten.
Ein Landwirt ist nur im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, ein von ei-nem Mähdrescher zu befahrendes Feld auf Gegenstände zu untersuchen, die diesen beschädigen könnten. Ohne einen greifbaren
Anhaltspunkt für eine be-sondere Gefährdung muss ein
Landwirt grundsätzlich ein größeres,
vom [X.] zu [X.] nicht
daraufhin untersuchen, ob auf ihm [X.] liegen, die den Mähdrescher beschädigen könnten. Eine solche Un-tersuchung könnte sinnvoll nur durch eine sorgfältige Begehung des Feldes vorgenommen werden. Dieser Aufwand ist jedenfalls bei einem ca. 6,44
ha großen Feld nicht zumutbar. Daran ändert sich entgegen der Auffassung des 10
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6
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Berufungsgerichts nichts dadurch, dass der Mähdrescher ein Feld mit tief lie-gendem Raps befahren muss. Dieser Umstand mag die Gefahr erhöhen, dass Gegenstände übersehen werden. Er vermag jedoch nicht die Anforderungen an die Verpflichtung
zu
erhöhen, ein Feld auf gefährliche
Gegenstände abzusu-chen. Der Aufwand für eine solche Untersuchung dürfte noch höher sein als bei hoch stehendem Raps, weil der freie Blick auf den Boden stark erschwert ist. Er ist daher erst Recht unzumutbar. Anhaltspunkte für eine
der Beklagten erkenn-bare konkrete Gefährdung hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
2.
Entgegen der Auffassung der Klägerin steht nicht fest, dass die Scha-densursache im Verantwortungs-
bzw. Gefahrenbereich der Beklagten liegt
(vgl.
dazu und zur Beweislastverteilung
[X.], Urteile vom 22.
Oktober 2008

XII ZR
148/06, [X.], 142; vom 18.
Mai 1994
XII
ZR
188/92, [X.]Z 126, 124; vom 17.
Dezember 1992
III
ZR
133/91, NJW 1993, 1704; vom 18.
Juni
1985
X
ZR
71/84, [X.], 704; vom 23.
Oktober 1958

VII
ZR
22/58, [X.]Z 28, 251 und vom 11.
Februar 1957
VII
ZR
256/56, [X.]Z 23, 288). Für die Beklagte bestand keine Möglichkeit, Einwirkungen Drit-ter auf ihr frei liegendes Feld mit zumutbaren Mitteln zu verhindern. Das [X.] unterlag damit nicht ihrem ausschließlichen Einflussbereich. Sie war auch weder zu einer
besonderen Sicherung oder
fortlaufenden Überprüfung des [X.] auf das Vorhandensein dort eventuell abgelegter Gegenstände verpflichtet noch kann ihr
wie bereits ausgeführt
angelastet werden, eine solche Über-prüfung zeitnah vor dem an die Klägerin erteilten [X.] nicht durchge-führt zu haben. Das Vorhandensein der [X.] kann dementsprechend nicht allein deshalb dem Verantwortungs-
und Gefahrenbereich der Beklagten zugeordnet
werden, weil diese
sich auf ihrem Feld befand.
Etwas anderes lässt sich auch aus der Entscheidung des Senats aus dem Jahre 1959 ([X.], Urteil vom 9.
Juli 1959
VII
ZR
149/58, [X.], 13
14
-
7
-
948) nicht ableiten. Jenem Rechtsstreit lag ebenfalls
ein [X.] für Raps zugrunde. Bei der Rückfahrt vom Feld auf die Straße musste der Mähdrescher eine Brücke passieren. Bei der Überfahrt fiel eine Seitenmauer ein, das Fahr-zeug stürzte ab und wurde erheblich beschädigt. Nach dem festgestellten Sachverhalt kamen
als Unfallursache nur eine falsche Fahrweise des Mähdre-scherfahrers oder die von dem Besteller zu vertretende mangelhafte Tragfähig-keit der Brücke in Betracht; eine Schadensverursachung durch einen [X.] schied aus. Ein der vorliegenden Fallgestaltung vergleichbarer Sachverhalt liegt damit dieser Entscheidung nicht zugrunde.
3. Ihre
Verkehrssicherungspflicht, die innerhalb des [X.] mit der Klägerin zugleich Vertragspflicht war (vgl. [X.]/[X.], [X.], 72.
Aufl., §
280 Rn.
28),
hat die Beklagte nicht verletzt. Diese geht nicht weiter als die sich aus der werkvertraglichen Treuepflicht ergebende Verpflichtung,
im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren Schaden von dem Unternehmer [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Oktober 2012
VI
ZR
311/11, [X.], 48 Rn.
6
f. m.w.N.).

15
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8
-
III.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen, das im Wege der Beweiswürdigung darüber zu [X.] haben wird, ob davon auszugehen ist, dass Mitarbeiter der Beklagten die [X.] auf dem Feld liegen gelassen haben.

[X.]
Safari Chabestari
Halfmeier

Kosziol

Kartzke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.06.2011 -
2 O 17/11 -

[X.] [X.], Entscheidung vom 09.03.2012 -
1 U 48/11 -

16

Meta

VII ZR 98/12

24.01.2013

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2013, Az. VII ZR 98/12 (REWIS RS 2013, 8659)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8659

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 98/12

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