Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.05.2016, Az. IX R 44/15

9. Senat | REWIS RS 2016, 11649

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Gegenstand

Ortsübliche Miete im Fall der verbilligten Überlassung von Wohnraum


Leitsatz

Unter ortsüblicher Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ist die ortsübliche Bruttomiete --d.h. die Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten-- zu verstehen .

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des [X.] vom 22. Juni 2015  4 K 2268/14 E aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten um den Werbungskostenabzug bei verbilligter Vermietung nach § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielten im Streitjahr 2011 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer in [X.] gelegenen Wohnung. Die Wohnung war an die Mutter des [X.] vermietet. Die im Jahr 2011 vereinnahmte [X.] betrug 2.900,04 €. Nebenkostenvorauszahlungen wurden in Höhe von 1.829,27 € geleistet. Die Kläger erklärten in ihrer Anlage V Einnahmen in Höhe von 3.024 € sowie Werbungskosten in Höhe von 11.228 €.

3

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 2011 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die von den Klägern ermittelten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 8.204 € im Einkommensteuerbescheid 2011 vom 18. März 2013 nicht.

4

Der dagegen eingelegte Einspruch hatte teilweise Erfolg. Das [X.] berücksichtigte in der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2014 negative [X.] in Höhe von ./. 2.378 €. Zur Begründung führte es aus: Die Werbungskosten für die Vermietung der Wohnung könnten nur in Höhe von 62,28 % von 11.183 € = 6.965 € berücksichtigt werden. Denn die von der Mutter des [X.] gezahlte [X.] in Höhe von 2.900,04 € habe nur 62,28 % der ortsüblichen [X.] in Höhe von 4.656 € betragen. Da die Überschussprognose für einen Zeitraum von 30 Jahren negativ sei, seien die Werbungskosten anteilig aufzuteilen. Zudem könne ein Teil der Kosten nicht anerkannt werden.

5

Das Finanzgericht ([X.]) wies die von den Klägern dagegen erhobene Klage ab. Zur Begründung führte es aus, das [X.] habe zu Recht die geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung nur in Höhe von 62,28 % berücksichtigt. Das Entgelt für die Überlassung der Wohnung habe 62,28 % der ortsüblichen Marktmiete betragen. Die durchgeführte Überschussprognose sei negativ ausgefallen. Vergleichsmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG sei die ortsübliche [X.], nicht die Warmmiete. Betriebskosten seien nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen.

6

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie bringen vor, bei der Berechnung nach § 21 Abs. 2 EStG seien die Warmmieten und nicht die [X.]n zugrunde zu legen. Da die ortsübliche [X.] auf der Grundlage des Mietspiegels für die Wohnung 4.080 € betrage, liege unter Berücksichtigung der Betriebskosten in Höhe von 1.829,67 € die Entgeltlichkeitsquote bei 80,03 % und damit über 75 % der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Werbungskosten seien daher in vollem Umfang abzugsfähig.

7

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des [X.] vom 22. Juni 2015  4 K 2268/14 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 18. März 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2014 dahingehend abzuändern, dass aus der Vermietung der Wohnung Werbungskosten in Höhe von insgesamt 11.183 € zu berücksichtigen sind.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Das [X.] führt aus, richtigerweise sei auf die Warmmiete abzustellen. Allerdings betrage die Entgeltlichkeitsquote nur 72,92 %. Denn die ortsübliche Miete für die Wohnung betrage unter Berücksichtigung des ortsüblichen Mietspiegels nicht 4.080 €, sondern sei vielmehr auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] mit 4.656 € anzusetzen. Daher sei nur in Höhe der Differenz von knapp 10 % der Werbungskostenabzug noch zu gewähren. Allerdings habe das [X.] keine Feststellungen zu der im Mietspiegel enthaltenen [X.] getroffen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Das [X.] hat rechtsfehlerhaft im Rahmen des § 21 Abs. 2 EStG für die Berechnung der Entgeltlichkeitsquote die ortsübliche Kalt- anstelle der Warmmiete zugrunde gelegt. Dabei ist unter ortsüblicher Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung --[X.]-- (vom 25. November 2003, [X.], 2346) umlagefähigen Kosten zu verstehen (vgl. u.a. Urteil des [X.] --BFH-- vom 25. Juli 2000 IX R 6/97, [X.], 305, m.w.N.; R 21.3 der Einkommensteuer-Richtlinien 2008; [X.] --OFD-- [X.]/M. vom 22. Januar 2015, ofix HE EStG/21/23, unter 1.; OFD [X.] vom 1. Februar 2013, [X.] § 21 EStG Fach 6 Nr. 3.1; [X.]/[X.], EStG, § 21 Rz 543; [X.] in [X.], § 21 EStG Rz 135; [X.]/[X.], 34. Aufl., § 21 Rz 159; [X.] in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 21 Rz 77; Kanzler/[X.]/[X.], § 21 EStG Rz 156; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], EStG, § 21 EStG Rz 206).

2. Das Urteil des [X.] kann daher keinen Bestand haben und ist aufzuheben. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif. Das [X.] hat Feststellungen zur ortsüblichen Miete nachzuholen. Dazu hat es die ortsübliche Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung unter Einbeziehung der Spannen des örtlichen Mietspiegels zuzüglich der nach der [X.] umlagefähigen Kosten festzustellen. Auf dieser Grundlage hat es die Entgeltlichkeitsquote und damit die Höhe des [X.] im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung neu zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 2002 IX R 48/01, [X.], 46, [X.] 2003, 646).

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem [X.] vorbehalten (§ 143 Abs. 2 [X.]O).

Meta

IX R 44/15

10.05.2016

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 22. Juni 2015, Az: 4 K 2268/14 E, Urteil

§ 9 Abs 1 EStG 2009, § 21 Abs 2 EStG 2009, EStG VZ 2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.05.2016, Az. IX R 44/15 (REWIS RS 2016, 11649)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11649

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