Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.01.2023, Az. 6 StR 367/22

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 340

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. März 2022 im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben; die Einziehungsentscheidung entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten – unter Freispruch im Übrigen – wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel erzielt lediglich den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Den erhobenen Inbegriffsrügen (§ 261 StPO; Verfahrensbeanstandungen 1 und 2) bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] der Erfolg versagt. Dies gilt gleichermaßen für die Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechts (§ 245 Abs. 1 StPO; Verfahrensbeanstandung 3). Mit dieser beanstandet der Beschwerdeführer, dass das [X.] zu Unrecht von der Sachvernehmung eines Zeugen abgesehen hat, der das Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 StPO) „in Anspruch genommen hat“ ([X.]), nachdem er zuvor fehlerhaft nach § 52 Abs. 1 StPO belehrt worden war.

3

a) [X.] ist nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dem [X.] ist bereits nicht zu entnehmen, dass es sich bei dem Zeugen um ein herbeigeschafftes Beweismittel im Sinne von § 245 Abs. 1 StPO gehandelt hat (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 30. August 1990 – 3 [X.], [X.]St 37, 168, 169 ff.; Beschluss vom 21. Dezember 1992 – 5 StR 523/92, [X.], 235). Das Beschwerdevorbringen erlaubt dem [X.] auch nicht zu überprüfen, ob die [X.] dem „gesondert verfolgten“ Zeugen ([X.]) möglicherweise mit Recht ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zuerkannt und deshalb eine Beweiserhebung als unzulässig angesehen hat. Es fehlt ein Vortrag zum Stand des gegen den Zeugen wegen der nämlichen Tat geführten Verfahrens.

4

b) Vor diesem Hintergrund kam es nicht auf die – vom [X.] bejahte – Frage an, ob der Verfahrensrüge ein „wahrheitswidriger Vortrag über den Verfahrensgang ... unter Berufung auf ein bekanntermaßen unrichtiges Protokoll“ zugrundeliegt, der als Rechtsmissbrauch anzusehen wäre. Einer solchen Bewertung könnte der [X.] jedenfalls ohne zuvor betriebenes [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 23. April 2007 – [X.], [X.]St 51, 298) nicht nähertreten (vgl. Tepperwien, [X.], 2001, 595, 602; Fezer, [X.], 2007, 901, 909).

5

2. Die auf die Sachrüge hin veranlasste umfassende Überprüfung des Schuld- und Rechtsfolgenausspruchs hat lediglich hinsichtlich der angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c StGB) einen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben, weil das angefochtene Urteil tragfähige Feststellungen zu dem vom Angeklagten aus der abgeurteilten Tat nach § 73 Abs. 1 StGB Erlangten vermissen lässt.

6

Ob der Angeklagte oder sein Mittäter, der gesondert verfolgte [X.], die [X.] an sich genommen hat, vermochte die [X.] nicht festzustellen ([X.], 9). Eine Einziehung gemäß § 73 Abs. 1 StGB ist nur möglich, wenn derjenige, gegen den sich die Anordnung richtet, „etwas erlangt“ hat; eine Zurechnung fremder Verfügungsgewalt scheidet aus, solange keine Mitverfügungsgewalt begründet wurde (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Juni 2020 – 5 [X.], und vom 6. Juli 2021 – 2 StR 3/20, [X.], 12).

7

Dies nötigt zur Aufhebung der Einziehungsentscheidung; diese entfällt, weil auszuschließen ist, dass sich die notwendigen Feststellungen in einem weiteren Rechtsgang treffen lassen werden.

8

3. Der geringe Erfolg des Rechtsmittels rechtfertigt es nicht, die Gebühr zu ermäßigen oder die Auslagen des Angeklagten teilweise der Staatskasse aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).

Sander     

      

Feilcke     

      

Wenske

      

Fritsche     

      

Arnoldi     

      

Meta

6 StR 367/22

11.01.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Cottbus, 28. März 2022, Az: 24 KLs 9/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.01.2023, Az. 6 StR 367/22 (REWIS RS 2023, 340)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 340

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 StR 338/22 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts; Anforderungen an einen Beweisantrag


4 StR 422/20 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Berücksichtigung der Einziehungsentscheidung im Rahmen der Strafzumessung


3 StR 341/21 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen Betäubungsmitteldelikten: Überführung nichtgeständiger Angeklagter durch Vernehmungspersonen schweigender tatbeteiligter Zeugen


6 StR 417/22 (Bundesgerichtshof)

Revision in Strafverfahren: Anforderungen an die Verfahrensrüge in Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Beweisverwertungsverbots wegen …


1 StR 411/23 (Bundesgerichtshof)

Beanstandung der Ablehnung von Beweisanträgen


Referenzen
Wird zitiert von

6 StR 6/24

Zitiert

5 StR 154/20

2 StR 3/20

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.