Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2003, Az. IV ZR 276/02

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2593

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:25. Juni 2003HeinekampJustizobersekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________[X.] § 63 Abs. 1 Satz 1Wenn ein Dritter eine [X.] auf Kosten des Versicherungsnehmersvorgenommen hat, ist bei der Beurteilung, ob die Aufwendungen für gebotengehalten werden durften, auf die Person des [X.] abzustellen, auch wenn ernicht Repräsentant des Versicherungsnehmers war.[X.], Urteil vom 25. Juni 2003 - [X.]/02 - Thür. OLG in [X.] LG Gera- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.] auf die mündliche [X.] vom 25. Juni 2003für Recht erkannt:Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 4. Zivil-senats des [X.] in [X.] vom3. Juli 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger, der für einen PKW bei der Beklagten eine Teilkasko-versicherung unterhält, verlangt Ersatz eines Fahrzeugschadens, derdurch das Ausweichen vor [X.] entstanden sein soll.Der Fahrer des vom Kläger versicherten PKW [X.] 29. Dezember 1999 gegen 20.00 Uhr die [X.]und [X.]. Der Kläger gibt an, die Geschwindigkeit habe80 km/h betragen, als plötzlich [X.] von rechts ins Scheinwerfer-licht getreten sei, der die Fahrbahn habe überqueren wollen. Der Fahrerhabe gebremst und versucht, nach rechts auszuweichen. Dabei habe erdie Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Der PKW kollidierte mit der- 3 -rechten und der linken Leitplanke und erlitt hierbei Schäden, die der Klä-ger abzüglich seines Selbstbehaltes mit 14.000 DM beziffert.Der Kläger ist der Auffassung, daß die Beklagte ihn für die zurVermeidung eines Zusammenstoßes mit dem [X.] unternommene[X.] des Fahrers gemäß §§ 62, 63 [X.] entschädigenmüsse.Landgericht und [X.] haben die Klage abgewiesen.Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Rettungsko-stenerstattung weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Wenn das Ausweichen voreinem Tier zu einem Unfall mit Fahrzeugschaden geführt habe, kommezwar grundsätzlich ein Anspruch des teilkaskoversicherten [X.] auf [X.] in Betracht. Ein solcher [X.] setze aber voraus, daß die [X.] zur [X.] drohenden Schadens objektiv geboten war oder doch vom Versiche-rungsnehmer bzw. dem handelnden [X.], der kein Repräsentant [X.] gewesen sein müsse, ohne grobe Fahrlässigkeitfür geboten gehalten werden durfte. Im vorliegenden Fall sei der [X.] des Fahrers auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen. [X.] vor einem Tier zur Vermeidung eines Kraftfahrzeugscha-dens sei objektiv nicht geboten, wenn der Schaden, der vermieden wer-den solle, in keinem Verhältnis zum Schadensrisiko des [X.] 4 -ches stehe. Ein Ausweichmanöver, insbesondere bei gleichzeitigerBremsung, sei mit einem hohen Risiko sowohl für die Insassen des [X.], für Personen außerhalb und für das versicherte Fahr-zeug verbunden. Deshalb sei das Ausweichen nur vor größeren [X.] beispielsweise Wildschwein oder Reh geboten, nicht aber vor kleine-ren Tieren wie z.B. einem Hasen. Bei kleineren Tieren sei die irrtümlicheAnnahme, daß ein Ausweichen geboten sei, grob fahrlässig. Dies gelteauch für einen [X.].I[X.] Die Revision hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Berufungsge-richt einen Aufwendungsersatzanspruch des [X.] gemäß §§ 62Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] verneint.1. Wenn ein Fahrer bei dem Versuch, einem Tier auszuweichen,ohne Zusammenstoß mit dem Tier die Gewalt über sein Fahrzeug verliertund dadurch einen Unfall verursacht, kann dem [X.] Anspruch auf Erstattung seines Fahrzeugschadens als "Rettungsko-sten" nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] zustehen. Da die Obliegenheit [X.], nach Möglichkeit für die Abwendung des versi-cherten Schadens zu sorgen (§ 62 Abs. 1 Satz 1 [X.]), nicht voraus-setzt, daß der Versicherungsfall bereits eingetreten ist, sondern [X.] besteht, wenn der Versicherungsfall unmittelbar bevorsteht ([X.]Z113, 359, 360 f.), kann das Ausweichen vor einem Tier eine Schadens-abwehrmaßnahme im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 1 [X.] darstellen. [X.] dann zur Folge hat, daß die vom Versicherungsnehmer gemachtenAufwendungen dem Versicherer zur Last fallen, "soweit der [X.] 5 -rungsnehmer sie den Umständen nach für geboten halten durfte" (§ 63Abs. 1 Satz 1 [X.]).2. Bei der Beurteilung, ob der Versicherungsnehmer die [X.] für geboten halten durfte, ist, wenn ein Dritter die Rettungs-handlung auf Kosten des Versicherungsnehmers vorgenommen hat, aufdie Person dieses [X.] abzustellen, auch wenn er nicht [X.] war. Der [X.] hat bereits ent-schieden, daß es für die Erstattung von [X.] zur [X.] Zusammenstoßes eines Kraftfahrzeugs mit Haarwild nicht daraufankommt, ob der Versicherungsnehmer selbst oder ein berechtigter Fah-rer die Rettungstätigkeit ausgeübt hat. Es ist kein Grund dafür erkenn-bar, den Versicherer von dem Schaden zu entlasten und den Versiche-rungsnehmer damit zu belasten, wenn statt des [X.] ihn der berechtigte Fahrer dessen Vermögen schädigt ([X.]Z aaOS. 361). Besteht aber bei einer objektiv gebotenen [X.] [X.] des Versicherungsnehmers unabhängig da-von, ob ein Dritter gehandelt hat und ob dieser ein Repräsentant [X.] war, so muß auch für die Frage, ob ein Irrtumüber die objektive Gebotenheit dem Anspruch entgegensteht oder nicht,auf die Person des Handelnden abgestellt werden, ohne daß es daraufankommt, ob er der Versicherungsnehmer oder dessen Repräsentant [X.] Im vorliegenden Fall scheitert der Anspruch daran, daß der Fah-rer das Ausweichmanöver nicht den Umständen nach für geboten haltendurfte.a) Objektiv war das Brems- und Ausweichmanöver nicht [X.] 6 -(1) Zur Rettung geboten ist eine Handlung nur, wenn die damitverbundenen Aufwendungen in einem vernünftigen Verhältnis zum ange-strebten Erfolg stehen, nicht aber, wenn sie unverhältnismäßige Kostenverursachen ([X.]/[X.], [X.]. § 670 Rdn. 4; Stange, Ret-tungsobliegenheiten und [X.] im Versicherungsrecht S. 63).Geht es um die freiwillige Inkaufnahme eines Schadensrisikos, so darfdieses jedenfalls nicht größer sein als der ohne die [X.]drohende [X.]) Droht ein Fahrzeugschaden durch den Zusammenstoß mit ei-nem Tier, so ist dieser versicherte Sachschaden gegen die durch [X.] und Ausweichmanöver drohenden möglicherweise mehrfachenFahrzeug- und Personenschäden abzuwägen, die der Versicherer er-statten muß, falls das Ausweichen geboten war. Bei der [X.] es auch auf die Größe des Tieres an. Für [X.] hat der[X.] bereits entschieden, daß die Gefahr, die von [X.] kleinen Tier ausgeht, dermaßen gering ist, daß es jedenfalls [X.] ist, das hohe Risiko eines ungleich größeren Schadensdurch eine plötzliche Fahrtrichtungsänderung in Kauf zu nehmen ([X.] 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351 unter 2 a).(3) Ob das gleiche für einen [X.] gilt, ist keine Rechtsfrage, dievom [X.] unabhängig von den Umständen des Einzelfalles- beispielsweise Größe des Fahrzeugs, Fahrgeschwindigkeit und Stra-ßenverhältnisse - geklärt werden kann. Bei der Entscheidung des [X.], das Ausweichen des Fahrers des [X.] vor dem [X.]sei objektiv nicht erforderlich gewesen, handelt es sich vielmehr um eine- 7 -tatrichterliche Würdigung im Einzelfall. Sie bindet das Revisionsgericht,weil sie einen Rechtsfehler nicht erkennen läßt. Die Revisionsrüge, daßdas Berufungsgericht wesentliche Umstände nicht berücksichtigt habe,nämlich das Gewicht eines [X.]es von rund 10 kg, das beim Aufprall zuerheblichen Zerstörungen am Fahrzeug geführt hätte, und die mit [X.] des Fahrzeugs verbundene Gefahr, daß der [X.] in dieLuft geschleudert worden und gegen die Windschutzscheibe geprallt wä-re, ist nicht begründet. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersicht-lich, daß das Berufungsgericht diese Umstände nicht erwogen hat. [X.] der Ansicht der Revision durfte das Berufungsgericht die Gefah-renlage auch aufgrund seiner eigenen Lebenserfahrung, also ohne Ein-holung eines Sachverständigengutachtens, beurteilen ([X.], [X.]) War die Rettungsmaßnahme objektiv nicht geboten, so gewährt§ 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] Ersatz der Aufwendungen auch dann, wenn [X.] - hier sein Fahrer - die Aufwendungen nach [X.] für geboten halten durfte. Hierzu wird überwiegend ange-nommen, daß dem Versicherungsnehmer bei einem Irrtum über die Ge-botenheit nur grobe Fahrlässigkeit schadet. Der [X.] hat inseinem Urteil vom 18. Dezember 1996 die Frage, welcher Verschuldens-grad im Rahmen des § 63 [X.] allgemein gelte, offengelassen. [X.] Einbeziehung von [X.] hat sich dagegen mitbeachtlichen Erwägungen [X.] ([X.] 1997, 501 f.) gewandt; seiner An-sicht nach ist entscheidend, ob ein verständiger Versicherungsnehmerunter Berücksichtigung aller Umstände der konkreten Situation die miteinem plötzlichen Ausweichmanöver verbundenen Gefahren auf [X.] nötigt weder zur Klärung der im Urteil vom18. Dezember 1996 offengelassenen Frage nach dem Verschuldensgradnoch zu einer Entscheidung, ob der Auffassung von [X.] zu folgen ist.Denn das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß den Fahrer [X.] grober Fahrlässigkeit trifft. Damit steht ebenso fest, daß ein ver-ständiger Versicherungsnehmer die mit einem Ausweichmanöver [X.] Gefahren nicht hätte auf sich nehmen dürfen.Auch die Bewertung des Berufungsgerichts, der Irrtum des Fahrersüber die Gebotenheit des Ausweichens vor [X.] sei grob fahr-lässig gewesen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ob [X.] im Einzelfall als einfach oder grob zu werten ist, ist [X.] tatrichterlichen Würdigung. Sie erfordert eine Abwägung aller objek-tiven und subjektiven Tatumstände und entzieht sich deshalb weitgehendeiner Anwendung fester Regeln. Diese tatrichterliche Würdigung ist mitder Revision nur beschränkt angreifbar. [X.] werden kann nur,ob in der Tatsacheninstanz der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeitverkannt worden ist oder ob beim Bewerten des Grades der Fahrlässig-keit wesentliche Umstände außer Betracht geblieben sind ([X.], [X.] 9 -vom 29. Januar 2003 - [X.]/01 - [X.], 364 unter [X.]). [X.] die Tatsachengerichte hiergegen nicht verstoßen, sind etwaige un-terschiedliche Beurteilungen ähnlich liegender Sachverhalte hinzuneh-men. Im vorliegenden Fall läßt die Wertung des Berufungsgerichts, [X.] habe grob fahrlässig gehandelt, keinen Rechtsfehler erkennen.Terno [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

IV ZR 276/02

25.06.2003

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2003, Az. IV ZR 276/02 (REWIS RS 2003, 2593)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2593

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