Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2005, Az. VIII ZR 359/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1128

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 26. Oktober 2005 [X.] , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

EG[X.] Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3

Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EG[X.] sind auf Ansprüche aus vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen Schuldverhältnissen auch dann anzuwenden, wenn die Ansprüche erst nach diesem Tag entstanden sind. Daher gilt für Gewährleis-tungsansprüche aus vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen Kaufverträgen die Ver-jährungsfrist des § 477 [X.] a.[X.] auch dann, wenn die Ansprüche erst nach diesem Tag entstanden sind.

[X.], Urteil vom 26. Oktober 2005 - [X.] - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 12. November 2004 wird [X.]. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt mit seiner am 13. November 2003 erhobenen Klage Minderung und Schadensersatz in Höhe von 4.000 • wegen Mängeln eines Wohnwagens, den er im August/September 2001 von der [X.] gekauft hatte und der am 16. Mai 2002 an ihn ausgeliefert worden war. Das Amtsgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. 1 2 - 3 - Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger könne gegenüber der [X.] Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag nicht mehr geltend machen, weil eventuell entstandene Gewährleistungsansprüche nach § 477 [X.] a.[X.] verjährt seien. Die Verjährung von Ansprüchen, die am 1. Januar 2002 bereits bestanden hätten und noch nicht verjährt seien, richte sich gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] grundsätzlich nach neuem Recht. Hiervon mache jedoch Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] eine Ausnahme, wenn die alte Verjährungsfrist - wie im Falle des § 477 [X.] - kürzer sei als die nach neuem Recht. Diese Überleitungsvorschrift sei entsprechend anzuwenden, wenn - wie hier - Gewährleistungsansprüche nach dem 1. Januar 2002 entstanden seien, der zugrunde liegende Kaufvertrag aber vor diesem Tag abgeschlossen worden sei. I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision des [X.] zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Recht im Hinblick auf die von der [X.] erhobene Einrede der [X.] abgewiesen. 1. Die Revision stellt nicht in Frage, dass Gewährleistungsansprüche des [X.] aus dem im August/September 2001 geschlossenen Kaufvertrag im Zeitpunkt der Klageerhebung verjährt waren, wenn hierfür die Verjährungsfrist 3 4 5 6 7 - 4 - von sechs Monaten nach § 477 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung (im folgenden: a.[X.]) maßgebend ist. 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das [X.] der geltend gemachten Gewährleistungsansprüche nach § 477 Abs. 1 [X.] a.[X.] beurteilt hat. Sie meint, diese Ansprüche unterlägen nicht der kurzen Verjährung des § 477 [X.] a.[X.], sondern verjährten nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung erst in zwei Jahren. Dies trifft nicht zu. a) Nach der allgemeinen Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.] ist auf Schuldverhältnisse, die - wie der vorliegende Kaufvertrag - vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, das Bürgerliche Gesetzbuch, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung [X.]. Zum Verjährungsrecht trifft Art. 229 § 6 EG[X.] - als lex specialis - eine differenzierende, von dem Grundsatz des Art. 229 § 5 EG[X.] teilweise abweichende Regelung. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] bestimmt als Aus-nahme von Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.], dass auf die am 1. Januar 2002 beste-henden und noch nicht verjährten Ansprüche bereits das neue Verjährungs-recht Anwendung findet. Hiervon regeln jedoch Art. 229 § 6 Abs. 3 und 4 EG[X.] wiederum Rückausnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen zur Geltung des früheren Verjährungsrechts zurückführen. Nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] kommt es für die Frage, ob die alten oder die neuen [X.]sfristen anzuwenden sind, auf einen [X.] an, der dazu dient, das gesetzgeberische Prinzip des Vorrangs der früher vollendeten Verjährung zu verwirklichen (vgl. [X.], NJW 2002, 1297). b) Mit Recht hat das Berufungsgericht die Regelung des Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] auf den vorliegenden Fall angewendet und aus ihr hergeleitet, 8 9 10 - 5 - dass für die Verjährung der vom Kläger geltend gemachten Gewährleistungs-ansprüche aus dem im August/September 2001 geschlossenen Kaufvertrag noch die Verjährungsfrist des § 477 [X.] a.[X.] Anwendung findet, weil diese kürzer ist als die neue Verjährungsfrist von zwei Jahren nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. Vergeblich hält die Revision der Anwendung des Art. 229 § 6 Abs. 3 [X.] entgegen, dass die vom Kläger geltend gemachten Gewährleistungsansprüche nicht, wie Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] es voraussetze, am 1. Januar 2002 bereits bestanden hätten, sondern erst danach - mit der Auslieferung des Fahrzeugs am 16. Mai 2002 - entstanden seien. Zwar bezieht sich der Wortlaut des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] in der Tat nur auf Ansprüche, die am 1. Januar 2002 bereits bestanden. Um solche Ansprüche handelt es sich hier nicht. Etwaige Gewährleistungsansprüche des [X.] bestanden am 1. Januar 2002 noch nicht; sie konnten erst mit der Übergabe des Wohnwagens am 16. Mai 2002 entstehen. Damit ist jedoch die Anwendung des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] und auch des Absatzes 3 dieser Vorschrift nicht ausge-schlossen. Die Regelung des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] über die Geltung des neuen Verjährungsrechts für Ansprüche aus vor dem 1. Januar 2002 ent-standenen Schuldverhältnissen ist, wie der [X.] bereits entschieden hat, nicht auf am 1. Januar 2002 bereits bestehende Ansprüche beschränkt, sondern er-streckt sich - erst recht - auf solche Ansprüche, die nach dem 1. Januar 2002 entstanden sind ([X.]surteil vom 19. Januar 2005 - [X.] ZR 114/04, NJW 2005, 739 unter [X.], zur [X.] in [X.] 162, 30 bestimmt). Die vom Kläger geltend gemachten Gewährleistungsansprüche werden damit nicht nur von Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.], sondern auch von Art. 229 § 6 11 12 - 6 - Abs. 3 EG[X.] erfasst, so dass für sie die gegenüber § 438 Abs. 1 Nr. 3 [X.] kürzere Verjährungsfrist des § 477 [X.] a.[X.] maßgebend ist. [X.]) Die Anwendung der Bestimmung in Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] über den [X.] auf nach dem 1. Januar 2002 entstandene Ansprüche aus Altverträgen folgt daraus, dass die Überleitungsvorschrift zum neuen [X.]srecht (Art. 229 § 6 EG[X.]) eine in sich zusammenhängende Regelung darüber enthält, unter welchen Voraussetzungen auf Ansprüche aus vor dem 1. Januar 2002 entstandenen Schuldverhältnissen bereits die neuen [X.] zum Verjährungsrecht oder noch die bisherigen Verjährungsvorschriften Anwendung finden. Die Bestimmung in Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] über den für die Geltung der Verjährungsfrist maßgeblichen [X.] regelt selbst nicht, für welche Ansprüche der [X.] anzustellen ist; der Anwen-dungsbereich des Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] ergibt sich aus Abs. 1 der Vor-schrift. Deshalb ist mit der Ausdehnung des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] auf nach dem 1. Januar 2002 entstandene Ansprüche aus Altverträgen auch der [X.] für diese Ansprüche nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] [X.]. Dem steht nicht entgegen, dass die Ausdehnung des Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] auf einer Erst-recht-Argumentation beruht, mit der sich eine Rückkehr zum alten Verjährungsrecht als Folge des [X.]s nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] nicht ohne weiteres begründen lässt (so zutreffend [X.], [X.]O). Dies spricht nicht gegen die Anwendung der Bestimmung über den [X.] auf nach dem 1. Januar 2002 entstandene Ansprüche aus [X.]. Denn Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] regelt hinsichtlich der An-wendung des neuen Verjährungsrechts - ebenso wie die allgemeine Überlei-tungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.] - nur einen Grundsatz, der durch die nachfolgenden Bestimmungen des Art. 229 § 6 EG[X.] 13 14 - 7 - - insbesondere auch durch die über den [X.] nach Abs. 3 dieser Vorschrift - eingeschränkt wird. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] ist deshalb so zu lesen, dass die neuen Verjährungsvorschriften auf die am 1. Januar 2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche - erst recht auf die danach erst entstandenen - Anwendung finden, soweit nicht in den nachfolgenden Ab-sätzen des Art. 229 § 6 EG[X.] ein anderes bestimmt ist. Aufgrund dieser Re-gelungssystematik der Überleitungsvorschrift ist der [X.] nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] auf alle Ansprüche anzuwenden, die unter Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] fallen - nicht nur auf die am 1. Januar 2002 schon bestehenden, sondern auch auf die danach erst entstandenen. [X.]) Im Hinblick auf die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche, um die es im vorliegenden Rechtsstreit geht, bestehen darüber hinaus auch [X.] Gründe, die es rechtfertigen, dass sich die kürzere Verjährungsfrist des § 477 [X.] a.[X.] gegenüber der längeren Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht nur bei den am 1. Januar 2002 bereits bestehenden, sondern auch bei den erst danach entstandenen Gewährleistungsansprüchen durchsetzt (ebenso [X.]/[X.], 4. Aufl., Art. 229 § 6 Rdnr. 9; [X.], [X.]O, 1303; [X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 11. Aufl., [X.]. vor § 194 Rdnr. 8; Pa-landt/[X.], [X.], 64. Aufl., EG[X.], Art. 229 § 6 Rdnr. 5; a.[X.]/[X.], [X.], § 10 Rdnr. 27). Der in Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] geregelte Vorrang der kürzeren Ver-jährungsfrist dient dem Schutz des Schuldners (BT-Drucks. 14/6440, [X.]). Der Gesetzgeber hat unter diesem Gesichtspunkt die grundsätzliche Geltung der neuen Verjährungsvorschriften für noch nicht verjährte Ansprüche aus [X.] (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.]) durch Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] eingeschränkt und ist damit im Interesse des Schuldnerschutzes ([X.]/Schmidt-Räntsch, [X.]O; MünchKomm[X.]/[X.], [X.]O) hinsichtlich der 15 16 - 8 - Verjährung zum Grundsatz der Geltung alten Rechts für vor dem 1. Januar 2002 entstandene Schuldverhältnisse (Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.]) [X.]. Dieser Zweck des Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] spricht dafür, den Fristen-vergleich auf die am 1. Januar 2002 schon entstandenen und die danach erst entstehenden Gewährleistungsansprüche aus vor diesem Tag geschlossenen Kaufverträgen gleichermaßen anzuwenden und somit für beide Fälle die Ver-jährungsfrist des § 477 [X.] a.[X.] gelten zu lassen. Eine unterschiedliche Be-handlung ist unter dem für Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] maßgeblichen Gesichts-punkt des Schuldnerschutzes nicht gerechtfertigt. Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Geltung der längeren Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 [X.] bei nach dem 1. Januar 2002 entstandenen Gewährleis-tungsansprüchen aus Altverträgen zum Nachteil des Schuldners dieser Ansprü-che zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Eingriff in das [X.] und damit in die Privatautonomie führen würde ([X.]/[X.], [X.]O, Rdnr. 9; [X.], [X.]O, 1303; [X.]/[X.], [X.]O, Rdnr. 3; a.A.: Mansel/[X.], [X.]O, Rdnr. 27). Ob, wie die Revision meint, Art. 229 § 6 Abs. 3 EG[X.] auf Ansprüche aus vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen Sukzessiv- oder Dauerlieferungs-verträgen keine Anwendung finden dürfe, damit nicht auf lange Zeit noch die 17 - 9 - Verjährungsfristen nach altem Recht gelten, ist hier nicht zu entscheiden. Denn um einen solchen Vertrag handelt es sich bei dem Kaufvertrag der Parteien nicht. [X.] Dr. [X.] [X.]
[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.04.2004 - 2 C 554/03 - [X.], Entscheidung vom 12.11.2004 - 5 [X.]/04 -

Meta

VIII ZR 359/04

26.10.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2005, Az. VIII ZR 359/04 (REWIS RS 2005, 1128)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1128

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