Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. XII ZR 108/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4029

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 108/12
Verkündet am:

16. Juli 2014

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§
1378 Abs.
2, 1384; EGBGB
Art.
229 §
20 Abs.
2
Die Vorschriften der §§
1378 Abs.
2, 1384 BGB in der seit dem 1.
September 2009 geltenden Fassung, nach denen im Falle der Ehescheidung für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des [X.] der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags tritt, sind nicht anwend-bar, wenn die Ehe vor dem 1.
September 2009 rechtskräftig geschieden worden ist.
[X.], Urteil vom 16. Juli 2014 -
XII ZR 108/12 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat
des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16.
Juli 2014
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose, die Richterin [X.] und [X.] [X.], Dr. Nedden-Boeger
und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17.
Zivilsenats
Senat für Fami-liensachen
des [X.]s in [X.] vom 20.
April 2012
wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner in einer abgetrennten Scheidungsfolgesache auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Anspruch.
Die Ehe der Parteien ist auf den am 28.
Juni 1997 zugestellten Antrag durch Urteil vom 20.
Dezember 2006, rechtskräftig seit dem 17.
April 2007, ge-schieden worden.
Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags verfügte der Antragsgegner nach Auffassung der Antragstellerin über ein Endvermögen von 3.103.330,14
DM, sein Zugewinn belief sich unter Berücksichtigung des An-fangsvermögens danach auf 2.922.527,35
DM. Die Antragstellerin hat keinen Zugewinn erzielt.
1
2
3
-
3
-
Das Amtsgericht ist von einem
Endvermögen des Antragsgegners
von 554.830,22
DM und einem Zugewinn
von 394.170,82
DM ausgegangen.
Es hat den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin 197.058,91
DM (100.754,64

Berufung des Antragsgegners hat das [X.] unter Zurückweisung der Berufung der Antragstellerin das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der [X.], mit der sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entschei-dung erstrebt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.

I.
Das [X.] hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von [X.], zur Begründung seiner
in [X.], 1642 veröffentlichten
Ent-scheidung ausgeführt: Die vom Amtsgericht der [X.] zugrunde
gelegte stichtagsbezogene Bewertung sei mit Ausnahme von zwei Positionen des aktiven Endvermögens des Antragsgegners zwischen den [X.] unstreitig. Das auf eine höhere Bewertung dieser Positionen gerichtete Vorbringen der Antragstellerin im Berufungsverfahren führe nicht zum Erfolg. Aber selbst wenn eine höhere Bewertung der betreffenden Positionen gerecht-fertigt wäre, sei die Berufung des Antragsgegners begründet. Ausweislich des von ihm erstellten [X.] habe er zum Zeitpunkt der Beendi-gung des [X.] (Rechtskraft der Scheidung)
über ein Negativvermögen 4
5
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4
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von 341.197,60

seien die Einwendungen hiergegen unerheblich, weil sie nur zu einer Verringe-rung des deutlich im negativen Bereich liegenden Saldos von Aktiva und Passi-va führten. Auf den somit zwischenzeitlich eingetretenen Vermögensverfall und den hierdurch bedingten Ausschluss
des Zugewinnausgleichsanspruchs nach §
1378 Abs.
2 Satz
1 BGB könne sich der Antragsgegner ungeachtet der zum 1.
September 2009 eingetretenen Gesetzesänderung berufen. Zwar folge dies nicht bereits daraus, dass die Kappungsregelung des §
1378 Abs.
2 Satz
1 BGB keine inhaltliche Änderung erfahren habe; das sei nicht der Fall. Hier seien aber die §§
1378 Abs.
2 Satz
1, 1384 BGB in der bis zum 31.
August 2008 gel-tenden Fassung anwendbar.
Auf einen Anspruch finde regelmäßig das im Zeit-punkt seiner Entstehung bzw. der [X.] geltende Recht An-wendung. Etwa gewollte Abweichungen von diesem Grundsatz müsse der Ge-setzgeber ausdrücklich regeln. Da der Ausgleichsanspruch mit der Beendigung des [X.] am 17.
April 2007 entstanden sei, finde grundsätzlich "altes Recht" Anwendung, es sei denn, in Art.
229 §
20 Abs.
2 EGBGB werde eine gesetzliche Bestimmung gesehen, die auch und gerade den vorliegenden Sachverhalt erfasse. Davon sei jedoch nicht auszugehen.
Art.
229 §
20 Abs.
2 EGBGB enthalte keine generelle Aussage zur An-wendung des alten oder neuen Zugewinnausgleichsrechts. Er treffe vielmehr nur eine für bestimmte [X.] geltende und damit be-schränkte Regelung, wonach auf bereits anhängige Verfahren
die Regelung in §
1374 [X.] weiterhin Anwendung finde.
Dass der zitierten Übergangsvor-schrift eine weitergehende Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Überlei-tungsbestimmung zukomme, lasse sich weder ihrem Wortlaut noch den Geset-zesmaterialien entnehmen. Jedenfalls würde aber die Berücksichtigung rechts-staatlicher Grundsätze
nämlich das Verbot der Rückwirkung neuer Gesetze auf bereits abgeschlossene Sachverhalte und der Gesichtspunkt des [X.]
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5
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ensschutzes

eine verfassungskonforme Auslegung der Norm dahingehend bedingen, dass sich ihre Anwendbarkeit nur auf solche bereits rechtshängigen
[X.] beschränke, bei denen der Güterstand am 1.
September 2009 noch nicht beendet gewesen sei, dass
sie hingegen auf rechtshängige [X.], die bereits vor der Gesetzesän-derung entstandene Ausgleichsforderungen beträfen,
grundsätzlich keine An-wendung finden könne. Art.
229 §
20 Abs.
2 EGBGB
erfasse mithin nur die Ver-fahren, in denen
die Zugewinnausgleichsforderung am 1.
September 2009 noch nicht entstanden sei.
Selbst wenn die §§
1378 Abs.
2 Satz
1, 1384 BGB in der seit dem 1.
September 2009 geltenden Fassung anwendbar wären, würde sich, wie die folgende Hilfsüberlegung zeige, aber
kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Denn in diesem Fall wäre der zwischenzeitlich eingetretene Vermögensverlust des Antragsgegners unter dem Gesichtspunkt eines ihm unter [X.] zustehenden Leistungsverweigerungsrechts (§
1381 Abs.
1 BGB) zu
prüfen und das Vorliegen von dessen Voraussetzungen wohl auch zu bejahen. Da der Vermögensverfall unstreitig nicht auf Manipulationen oder sonstiges unredliches Verhalten des Antragsgegners zurückzuführen, sondern in erster Linie Ergebnis der allgemeinen Finanz-
und Wirtschaftskrise sei, widerspreche die einseitige und ausschließliche Aufbürdung dieser Auswirkungen auf den Antragsgegner dem im [X.] herrschenden Halbteilungsgrundsatz. Dieses Ergebnis beruhe allein auf dem Schematismus
der gesetzlichen Zuge-winnausgleichsregelung und könne auch durch die §§
1382, 1383 BGB nicht abgemildert werden. Deshalb stelle sich die alleinige Aufbürdung der Folgen des offensichtlich von keiner der Parteien zu verantwortenden [X.] auf den Antragsgegner als eine dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträg-licher Weise widersprechende Auswirkung dar und begründe damit eine außer-gewöhnliche und im Sinne von §
1381 BGB unbillige
Härte.
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-
II.
Diese Ausführungen halten, soweit die angefochtene Entscheidung auf ihnen beruht, der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die Annahme des [X.]s, der Berechnungszeitpunkt für die Begrenzung der Zugewinnausgleichsforderung sei durch die Neufassung des §
1384 BGB vorverlagert worden, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs-
und [X.] vom 6.
Juli 2009 am 1.
September 2009 sah §
1384 [X.] vor, dass im Fall der Scheidung für die Berechnung des Zugewinns an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags tritt. Nach §
1378 Abs.
2 [X.] wurde die Höhe der Ausgleichsforderung aber durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des [X.] vorhanden war. Die Regelung entspricht jetzt §
1378 Abs.
2 Satz
1 BGB.
In der Neufassung bestimmt §
1384 BGB unverändert die Rechtshängig-keit des Scheidungsantrags als den für die Berechnung des Zugewinns maß-geblichen Zeitpunkt. Die Vorschrift regelt aber darüber hinaus, dass es auch für die Begrenzung der Ausgleichsforderung auf die Rechtshängigkeit des [X.] ankommt. Mit dieser Neuregelung soll erreicht werden, dass [X.] nach Zustellung des Scheidungsantrags die Höhe des Anspruchs nicht mehr beeinflussen können. Dadurch soll die Rechtsposition des von einer illoyalen Vermögensminderung betroffenen Ehegatten gestärkt werden (BT-Drucks. 16/10798 S.
18).
Eine einschränkende Auslegung dahin, dass von der Neuregelung nur Fälle erfasst werden, in denen der [X.] für den bis zur Beendi-gung des [X.] eingetretenen Vermögensverlust verantwortlich ist, 9
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7
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kommt angesichts des insoweit klaren Wortlauts der §§
1378 Abs.
2 Satz
1, 1384 BGB, die in ihrer Zielrichtung sowohl der Gesetzesbegründung als auch der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses entsprechen, nicht in [X.] (Senatsurteil vom 4.
Juli 2012
XII
ZR
80/10
[X.], 1479 Rn.
30).
2. Danach ist es entscheidungserheblich, ob im vorliegenden Fall die §§
1378 Abs.
2 Satz
1, 1384 BGB in ihrer neuen Fassung heranzuziehen sind oder ob §
1378 Abs.
2 [X.] maßgeblich ist. Die Annahme des Kammerge-richts, auf den Sachverhalt sei das bis zum
31.
August 2009 geltende Recht anzuwenden, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
a) Die Frage, ob das zum 1.
September 2009 in [X.] getretene [X.] auch dann anwendbar ist, wenn vor diesem Zeitpunkt die Rechtskraft der Scheidung bereits eingetreten und der Güterstand damit been-det ist, wird nicht einheitlich beantwortet.
aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, nach dem in Art.
229 §
20 Abs.
2 EGBGB zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers solle das neue Zugewinnausgleichsrecht
mit Ausnahme der Vorschrift des §
1374 BGB in Verfahren, die vor dem 1.
September 2009 anhängig geworden sind

gene-rell zur Anwendung gelangen. Bei Rechtskraft der Scheidung stehe häufig noch nicht fest, welcher Ehegatte ausgleichsberechtigt sei. Die Ausgleichsforderung sei auch noch nicht voll
verkehrsfähig; das sei erst der Fall, wenn sie durch [X.] anerkannt oder rechtshängig geworden sei. Verfassungsrechtliche Ge-sichtspunkte stünden dieser Beurteilung nicht entgegen, da die Reform des Zu-gewinnausgleichs seit Ende 2003 diskutiert worden sei und der [X.] mit der Übergangsvorschrift des Art.
229 §
20 Abs.
2 EGBGB vom 1.
No-vember 2007 datiere. Deshalb seien die Neuregelungen seitdem bekannt 13
14
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gewesen. Im Hinblick hierauf hätte auch ein Antragsgegner den [X.], etwa durch eine Stufenklage, anhängig machen können (Schwab FamRZ
2009, 1961; [X.] 2009, 394; [X.] Reform der Zugewinn-gemeinschaft 2009 Rn.
32
f.; [X.] FPR 2010, 87
f. und [X.], 73, 74
f.; [X.] 2010, 164, 168
f.; vgl. auch [X.], 566, 567 für die Auskunftspflicht nach §
1379 [X.]).
bb) Zum anderen wird vertreten, aus Art.
229 §
20 Abs.
2 EGBGB lasse sich nichts dafür entnehmen, dass das geänderte Zugewinnausgleichsrecht auf bereits vor dem 1.
September 2009 rechtskräftig abgeschlossene [X.] anwendbar sei. Der Gesetzgeber habe diese Problematik nicht gese-hen. Deshalb sei Art.
229 §
20 Abs.
2 EGBGB ausgehend von allgemeinen Prinzipien, die einen rückwirkenden legislativen Eingriff in einen abgeschlosse-nen Sachverhalt und eine entstandene Forderung untersagten, verfassungs-konform dahin auszulegen, dass bei vor dem 1.
September 2009 eingetretener
Rechtskraft der Scheidung altes
Zugewinnausgleichsrecht
auch dann an-
zuwenden sei, wenn das Verfahren erst nach diesem Zeitpunkt eingeleitet [X.] ([X.] 2009, 325;
Hauß [X.] 2009, 394
f.; Kogel [X.]
2010, 87, 88
f.).
cc) Schließlich wird die Auffassung geäußert, für den Zugewinnausgleich gelte abgesehen von dem
in Art.
229 §
20 Abs.
2 EGBGB erfassten Rege-lungsgegenstand
ab 1.
September 2009 das neue Recht, vorausgesetzt der Güterstand sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet und die [X.] noch nicht entstanden. Dagegen sei das neue Recht nicht heranzuzie-hen, wenn die Ehe vor dem 1.
September 2009 rechtskräftig geschieden, der Zugewinnausgleich aber erst nach diesem Zeitpunkt anhängig geworden sei. Da in dieser Konstellation die Zugewinnausgleichsforderung bei einem [X.] zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nach altem Recht 16
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9
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nicht entstanden sei, würde das neue Recht in verfassungsrechtlich unzulässi-ger Weise rückwirkend auf einen abgeschlossenen Sachverhalt angewandt. Da es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Gesetzgeber eine solche Rück-wirkung gewollt habe, sei davon auszugehen, dass sich die Inkraftsetzung des Gesetzes zum 1.
September 2009 nur auf die güterrechtlichen Fälle erstrecke, in denen der Ausgleichsanspruch noch nicht entstanden sei (MünchKommBGB/[X.] 5.
Aufl. Art.
229 §
20 Rn.
1; Braeuer NJW 2010, 351, 352; [X.] FamRZ 2011, 1261, 1262, 1264; [X.] FamRZ 2014, 940, 941).
b) Der Senat hält die
Neufassung der §§
1378 Abs.
2, 1384 BGB nicht für anwendbar, wenn die Ehe bei Inkrafttreten der
gesetzlichen Neuregelung am 1.
September 2009 bereits rechtskräftig geschieden war.
Der Vorschrift des Art.
229 §
20 Abs.

2 EGBGB lässt sich nicht entneh-men, dass das geänderte Zugewinnausgleichsrecht auch in den Fällen zur An-wendung gelangen soll, in
denen die Ehe bei Inkrafttreten der Neuregelung be-reits rechtskräftig geschieden und der Güterstand beendet ist. Die Bestimmung besagt allein, dass für Verfahren über den Ausgleich des Zugewinns, die vor dem 1.
September 2009 anhängig werden, für den Zugewinnausgleich §
1374 BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden ist.
Wären im Fall der am 1.
September 2009 bereits rechtskräftigen Schei-dung die §§
1378 Abs.
2 Satz
1, 1384 BGB anzuwenden, würde ein [X.], der bei Rechtskraft der Scheidung wegen eines seit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eingetretenen Vermögensverlusts des [X.]n nicht bestanden hat, nachträglich entstehen. Denn nach §
1378 Abs.
2 [X.] ist die Höhe der Ausgleichsforderung durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Be-endigung des Güterstandes vorhanden war. Die Nichtanwendung dieser Be-18
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20
-
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stimmung, die das neue Recht nicht mehr enthält, würde einen Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt darstellen. Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Das ist grundsätzlich verfassungs-rechtlich
bedenklich und steht mit den allgemeinen Grundsätzen über die zeitli-che Geltung von Gesetzen
(vgl. [X.]Z 44, 192 =
NJW 1966, 155; [X.]/[X.] BGB [2005] Einl. zu Art.
157 bis 218 EGBGB Rn.
8) nicht in Einklang. Bis zur Verkündung der gesetzlichen Neuregelung, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss,
muss der von einem Recht Betroffene grund-sätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzli-chen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird ([X.] 127, 1 =
NJW 2010, 3629 Rn.
56 mwN).
Im Hinblick darauf ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass der [X.] eine solche Rückwirkung anordnen wollte. Dafür spricht auch die Formu-lierung der Gesetzesbegründung, Abs.
2 sehe bewusst nur eine Übergangsre-gelung für §
1374 BGB vor, denn nur in Bezug auf die Einführung des negativen Anfangsvermögens bestehe ein schutzwürdiges Interesse am Fortbestand der alten Rechtslage, die übrigen Bestimmungen dienten vor allem dem Schutz vor Manipulationen, das Vertrauen auf den Fortbestand einer Manipulationsmög-lichkeit sei nicht schutzwürdig (BT-Drucks. 16/10798 S.
25). Danach sollte [X.] von dem Grundsatz, dass der zeitliche Geltungsbereich eines Gesetzes eindeutig zum Ausdruck kommen muss, gewährleistet werden, dass §
1374 [X.] selbst in anhängigen Verfahren noch nicht zur Anwendung gelangt. Abgeschlossene Sachverhalte werden durch Art.
229 Abs.
2 EGBGB dagegen nicht geregelt. Mit Rücksicht darauf bedarf es einer verfassungskonformen Aus-legung nicht; die Vorschrift des §
1378 Abs.
2 [X.] ist vielmehr auf vor dem 21
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11
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1.
September 2009 abgeschlossene Sachverhalte, nämlich den durch rechts-kräftige Scheidung beendeten Güterstand,
weiter anzuwenden, weil etwas [X.] nicht bestimmt worden ist. Das gilt unabhängig davon, ob ein Zugewinn-ausgleichsverfahren am 1.
September 2009 bereits anhängig war oder noch nicht. Soweit der Rechtsprechung des Senats
insofern etwas anderes entnom-men werden könnte (Senatsurteile vom 11.
Mai 2011

XII
ZR
33/09
FamRZ 2011, 1039 Rn.
11; vom 17.
November 2010
XII
ZR
170/09
FamRZ 2011, 183 Rn.
62 und vom 6.
Oktober 2010
XII
ZR
10/09
FamRZ 2011, 25 Rn.
26), hält er hieran nicht fest.
c) Danach hat das Berufungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Nach den getroffenen Feststellungen verfügte der Antragsgegner bei [X.] der Scheidung jedenfalls über ein negatives Endvermögen, und zwar un-geachtet der sich aus den [X.] der Antragstellerin ergebenden Möglichkeiten einer etwas anderen Bewertung. Gegen diese Feststellungen, gegen die die

22
-
12
-

Revision keine Einwendungen erhoben hat, ist auch aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Auf die vom Berufungsgericht hilfsweise aufgeworfene Frage, ob dem Antragsgegner im Hinblick auf den Vermögensverlust zwischen Rechts-hängigkeit des Scheidungsantrags und Rechtskraft der Scheidung gemäß §
1381 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 4.
Juli 2012
XII
ZR
80/10
[X.], 1479 Rn.
32
f.), kommt es [X.] nicht an.

Dose

[X.]

[X.]

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.03.2011 -
144 F 7950/97 -

[X.], Entscheidung vom 20.04.2012 -
17 UF 87/11 -

Meta

XII ZR 108/12

16.07.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. XII ZR 108/12 (REWIS RS 2014, 4029)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4029

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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