Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.02.2024, Az. 5 StR 19/24

5. Strafsenat | REWIS RS 2024, 1131

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. September 2023 – auch soweit es die Mitangeklagten [X.], [X.].   und [X.]    betrifft – aufgehoben

a) bezüglich der Angeklagten [X.]     , [X.].   und [X.]     insgesamt mit den zugehörigen Feststellungen,

b) bezüglich des Angeklagten [X.]im Schuldspruch im Fall II.1 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe und den Vorwegvollzug.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die nichtrevidierenden Mitangeklagten [X.]und [X.].   sind wegen der nämlichen Tat mit dem gleichen Schuldspruch belegt und zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, die nichtrevidierende Mitangeklagte [X.]     wegen Beihilfe zur tateinheitlichen besonders schweren räuberischen Erpressung und gefährlichen Körperverletzung. Gegen den Mitangeklagten [X.]sind zudem wegen fünf weiterer [X.] Freiheitsstrafen zwischen fünf Monaten und einem Jahr zehn Monate verhängt worden; seine Unterbringung in der Entziehungsanstalt wurde angeordnet und bestimmt, dass vor dem Vollzug der Maßregel fünf Monate der Gesamtfreiheitsstrafe in [X.]he von sechs Jahren zu vollstrecken sind. Die Revision des Angeklagten [X.]führt – dem Antrag des [X.] entsprechend – mit der Sachrüge zur Aufhebung seiner Verurteilung, was nach § 357 StPO insoweit auch auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten [X.] , [X.].   und [X.]     zu erstrecken ist.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s war die Angeklagte [X.]    mit den Angeklagten [X.], [X.]und [X.].   sowie dem Geschädigten E.      über unterschiedliche Zeiträume liiert. Als der Geschädigte sie am Abend des 19. November 2022 zu einem abschließenden Gespräch über die zurückliegende Beziehung in ihrer Wohnung aufsuchte, signalisierte sie dem Angeklagten [X.]nach einer Weile telefonisch, dass es mit dem Geschädigten „mal wieder eskaliere“. Dem Angeklagten [X.].  teilte sie per [X.] mit, dass es mit dem Geschädigten Probleme gebe. [X.].  machte sich mit dem Angeklagten [X.]auf den Weg zu ihrer Wohnung, wo sie vor der Haustür den Angeklagten [X.]trafen. Auf dem Weg nach oben fassten sie den gemeinsamen Entschluss, den Geschädigten E.      jedenfalls aus der Wohnung, auch unter Anwendung von Gewalt, zu entfernen.

3

Als sich der Geschädigte E.      bereits zum Gehen verabschiedete, öffnete die Angeklagte [X.]      den anderen die Tür. Der Angeklagte [X.]stürmte herein und versetzte dem Geschädigten mindestens zwei Faustschläge. Dem dadurch in die Küche gedrängten Geschädigten schlug der Angeklagte [X.] mit einer Bratpfanne auf den Kopf; er erlitt eine Kopfplatzwunde. Nach den Schlägen forderte der Angeklagte [X.]den Geschädigten auf, seine Taschen zu leeren, was der Angeklagte [X.].   mit der Aufforderung „Zeug auf den Tisch!“ bekräftigte. „Wie von den Angeklagten [X.], [X.].   und [X.]vorhergesehen und beabsichtigt, übergab der Geschädigte E.      noch unter dem Eindruck der Schläge sein Portemonnaie sowie sein Smartphone [X.] aus Angst vor weiteren körperlichen Misshandlungen.“ Der Angeklagte [X.]entnahm 37 Euro, der Angeklagte [X.]zerstörte das Smartphone, um etwaige Fotos der Angeklagten [X.]     zu vernichten. Diese hatte während der Auseinandersetzung den Geschädigten lautstark beleidigt und ihn bedroht, um die anderen Angeklagten zu unterstützen. Beim [X.] schlug der Angeklagte [X.].   den Geschädigten mit einem Fahrradkettenschloss.

4

Die Strafkammer hat das Geschehen als von den Angeklagten [X.], [X.]und [X.].  gemeinschaftlich begangene besonders schwere räuberische Erpressung gemäß §§ 253, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB gewertet und dabei die Bratpfanne aufgrund der Art ihrer Verwendung als gefährliches Werkzeug angesehen. Auch der Schlag beim Gehen mit dem Fahrradschloss durch den Angeklagten [X.].   sei von dem einheitlichen, spätestens bei Beginn der Einwirkung auf das Opfer gefassten Entschluss der gefährlichen Körperverletzung getragen, „wonach dem Geschädigten E.     insgesamt eine Abreibung verpasst werden sollte.“ Hierzu insgesamt habe die Angeklagte [X.]     Beihilfe geleistet.

5

2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung nicht.

6

a) Insoweit gilt (vgl. nur [X.], Beschluss vom 20. September 2016 – 3 [X.], [X.], 92 mwN): [X.] (§§ 253, 255 StGB) erfordert ebenso wie der Raub (§ 249 StGB) einen finalen Zusammenhang zwischen dem [X.] und der von dem Opfer vorzunehmenden [X.] Handlung. Eine konkludente Drohung genügt; sie kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass der Täter dem Opfer durch sein Verhalten zu verstehen gibt, er werde zuvor zu anderen Zwecken angewendete Gewalt nunmehr zur Erzwingung der jetzt erstrebten [X.] Handlung des Opfers oder dessen Duldung der beabsichtigten Wegnahme fortsetzen oder wiederholen. Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung enthält dagegen für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich hierfür ist vielmehr, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es reicht nicht aus, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen. Erforderlich ist vielmehr die Aktualisierung der Nötigungslage durch ein im Urteil gesondert festzustellendes Verhalten des Täters.

7

b) Das [X.] hat nicht festgestellt, dass die Angeklagten Gewalt final zur Ermöglichung der [X.] Handlung eingesetzt hätten. Gleiches gilt für eine konkludente Drohung mit der Anwendung von Gewalt gegen den Geschädigten nach den zunächst mit anderer Zielrichtung begonnenen Körperverletzungstaten. Der [X.] vermag – wie im Ergebnis der [X.] – auch anderen Formulierungen des Urteils (vgl. etwa [X.] f.) im Gesamtzusammenhang letztlich nicht zu entnehmen, dass ein konkretes [X.] final zum Herbeiführen der [X.] Handlung eingesetzt wurde. Der Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung kann deshalb nicht bestehen bleiben.

8

c) Dies zieht die Aufhebung des an sich rechtlich nicht zu beanstandenden Schuldspruchs wegen gefährlicher Körperverletzung nach sich. Wie vom [X.] beantragt, hebt der [X.] die Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.

9

3. Weil dieser Rechtsfehler auch die Schuldsprüche der nichtrevidierenden Mitangeklagten betrifft, ist die Aufhebung nach § 357 StPO auf sie in gleichem Umfang zu erstrecken (vgl. Antragsschrift des [X.]).

4. Dies führt beim Angeklagten [X.] lediglich zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.1. Der Wegfall der zugehörigen Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Die [X.] kann bestehen bleiben, weil sich das [X.] hierfür in erster Linie auf die [X.] in den Fällen II.2 bis II.6 gestützt hat. Allerdings muss ein möglicher [X.] der Strafe vor der Maßregel neu berechnet werden (vgl. zur Anwendung des alten Rechts dabei Art. 316o Abs. 1 [X.]).

[X.]     

      

     [X.]     

      

Köhler

        

Ri[X.] von Häfen ist
erkrankt und deshalb
gehindert zu unterschreiben.

                          

      

[X.]

      

Werner     

      

Meta

5 StR 19/24

27.02.2024

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dresden, 5. September 2023, Az: 17 KLs 384 Js 2260/23

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.02.2024, Az. 5 StR 19/24 (REWIS RS 2024, 1131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 1131

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Referenzen
Wird zitiert von

6 StR 572/23

Zitiert

3 StR 174/16

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