Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2011, Az. I ZR 119/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6717

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
119/10
Verkündet am:
12.
Mai 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Innerhalb 24 Stunden
[X.] § 5 Abs. 1 Nr. 1
Die Angabe "Original Druckerpatronen innerhalb 24
Stunden" in einer [X.] ist im Hinblick auf die zutreffenden näheren Informationen, auf die die Anzeige verweist, nicht irreführend, wenn die Einschränkungen

Lieferung am Folgetag nur bei Bestellung bis 16.45
Uhr, keine Auslieferung am Sonntag

sich in dem Rahmen bewegen, mit dem der durchschnittlich informierte, [X.] und verständige Verbraucher ohnehin rechnet.
[X.], Urteil vom 12. Mai 2011 -
I [X.] -
[X.]

[X.]
-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 12.
Mai 2011 durch [X.] Dr. [X.]
und die Richter
Prof. Dr. Büscher, Dr.
Schaffert, [X.] und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4.
Zivilsenats des Oberlandes-gerichts Hamm vom 27.
Mai 2010 wird auf Kosten der Klägerin zu-rückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte, die beim Vertrieb von Druckerzubehör über das [X.] mit der Klägerin in Wettbewerb steht, wirbt in einer sogenannten [X.] beim Suchmaschinenbetreiber [X.] (Anlage K
3) unter dem Such-wort Druckerpatronen

mit der Aussage
Original-Druckerpatronen
innerhalb 24 Stunden
günstig
-
schnell
-
zuverlässig.
Über die in dieser Anzeige als elektronischer Verweis ([X.]) ausgestalte-te [X.]adresse der [X.] gelangt man zur Startseite des [X.]auftritts der [X.].

auf der rechten Seite wird dies -
in deutlich kleinerer Schrift -
wie folgt erläutert:
1
2
-
3
-
24 Stunden Lieferservice ohne Aufschlag
Artikel, die Sie bei uns bis 16:45h bestellen, gelangen noch am gleichen Tag zum Versand und sind in der Regel am nächsten Tag (Mo-Sa) bei Ihnen.

Die Startseite ist nachfolgend wiedergegeben:

Soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, hält die Klä-gerin diese Werbung für irreführend, weil die Anzeige bei [X.] den Eindruck vermittle, dass die Beklagte binnen 24
Stunden ohne
Einschränkung liefere. Die tatsächlich bestehende erhebliche Einschränkung sei erst auf der Startseite des [X.]auftritts ersichtlich. Die Irreführung liege in der Anlockwirkung, die auf die Verbraucher von der Anzeige bei [X.] ausgehe. Die Darstellung auf der Startseite treffe im Übrigen ebenfalls nicht zu. Gemäß §
5 der Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen der [X.] werde den Kunden innerhalb von 24
Stunden
mitgeteilt, ob die bestellten Produkte verfügbar seien; nur soweit dies der Fall sei, würden die Produkte innerhalb eines Werktags nach Eingang der Bestellung zum Versand gebracht.
Die Klägerin hat beantragt,
es der [X.] unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu ver-bieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] gegenüber 3
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5
-
4
-
Verbrauchern den Abschluss von entgeltlichen Verträgen über Druckerzubehör, insbesondere Tintenstrahldruckerpatronen und Lasertonerkartuschen, mit der Behauptung Originalpatronen innerhalb 24
Stunden

zu bewerben, ohne gleichzeitig bereits bei der Bewerbung in leicht erkennbarer Weise die Ein-schränkung der beworbenen Lieferzeit darzustellen, insbesondere wenn
a) nicht darauf hingewiesen wird, dass die beworbene Lieferzeit nur für Bestel-lungen bis 16.45
Uhr gilt,
und/oder
b) nicht darauf hingewiesen wird, dass die Bestellung innerhalb von 24
Stunden bearbeitet wird und dem Verbraucher dann erst mitgeteilt wird, ob die be-stellten Waren bei der [X.] verfügbar sind,
wenn dies geschieht wie in den Anlagen .
Darüber hinaus hat die Klägerin die Verurteilung der [X.] zur [X.] über den Umfang der bisherigen Benutzung der im Unterlassungsantrag beschriebenen Handlungen unter Angabe der Werbeträger, der Verbreitungs-gebiete, der Verbreitungszeiträume und der Anzahl der Vertragsabschlüsse sowie zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 1.005,40

und ferner die Feststellung der Schadensersatzpflicht der [X.] begehrt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nach ihrer Auffassung führt
die beanstandete Anzeige die Leser deshalb nicht irre, weil sie von ihr aus
mit einem Klick den Werbeauftritt der [X.] erreichten und dort sofort über die geringfügige Einschränkung des [X.] unterrichtet würden. Die
in gleicher Weise gestaltete Werbung anderer
Versandhändler bei [X.] zeige, dass ein solcher Service regelmäßig mit derartigen Einschränkungen versehen sei,
die Verbraucher mit ihnen deshalb bestens vertraut seien und sie geradezu erwarteten. Auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] komme es
insoweit nicht an, weil die Beklagte sich tatsächlich so wie in ihrem
[X.]auftritt beschrieben verhalte.
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7
-
5
-
Landgericht und Berufungsgericht
(vgl. im Verfügungsverfahren ergan-gene Entscheidung des [X.], [X.], 36)
haben die Klage
für unbegründet
erachtet.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung die Beklagte beantragt,
verfolgt die Klägerin ihre bislang erfolglosen Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht
hat eine relevante Irreführung durch die bean-standete [X.] verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher werde aufgrund von Erfahrungen mit dem [X.] anderer Unternehmen [X.] wissen, dass es wegen der in den [X.] eingeschalteten
Versand-unternehmen in der Regel zu zeitlichen Beschränkungen komme, und
deshalb
annehmen, dass die Angaben
der [X.] in der Anzeige wegen des be-grenzten [X.] unvollständig seien
und daher
im [X.]auftritt der [X.] näher erläutert würden. Der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher wis-se, dass sonntags
regelmäßig keine Lieferungen erfolgten, ändere allerdings nichts daran, dass die Herausstellung der Lieferung innerhalb 24
Stunden ohne Wenn und Aber

Verbrauchern als eine Garantie erscheinen könne, die den besonderen Vorzug des Angebots der [X.] bilde. Wer die Aussage für bare Münze

nehme, gewinne zunächst tatsächlich den unzutreffenden [X.], dass Lieferungen
stets innerhalb von 24
Stunden erfolgten.
Die damit möglicherweise bewirkte Fehlvorstellung reiche für die Annahme einer Irrefüh-rung aber nicht aus, weil die Beklagte die Verbraucher auf ihrer Startseite sofort über die maßgeblichen Einschränkungen aufkläre. Zwar könne eine nachträgli-8
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-
6
-
che Aufklärung in einem nachfolgenden Werbetext eine zuvor
eingetretene Irre-führung wegen der Anlockwirkung grundsätzlich nicht mehr beseitigen. Dieser Grundsatz gelte aber nicht für die im Streitfall zu beurteilende Werbung. Die
meisten
Verbraucher rechneten schon nicht mit
einem uneingeschränkt ge-währleisteten
[X.]. Außerdem stehe die verknappte und schlagwortartige Werbung der [X.] in ihrer [X.] in einem kaum trennbaren Zusammenhang mit der klarstellenden Aussage
auf ihrer Startseite, auf die der Verbraucher bei näherer Befassung mit dem Angebot stets gelange. Die in Rede stehende Werbung sei nach den Grundsätzen der Blickfangwerbung zu beurteilen. Es handle sich um eine
schlagwortartige [X.], bei der zunächst
nur die halbe Wahrheit mitgeteilt [X.] und später eine Präzisierung erfolge. In einem solchen Fall scheide eine Ir-reführung aus, wenn ein Hinweis den
Betrachter zu der
aufklärenden Angabe führe.
I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
Aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen im Berufungsurteil ergibt sich, dass das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts davon ausgegangen ist, dass der Durchschnittsverbraucher der
Aussage in der beanstandeten [X.] innerhalb 24 Stunden

aufgrund von [X.] mit dem [X.] anderer Unternehmen entnimmt, dass er damit nur mit einem Lieferservice rechnen kann, wie er auf der Startsei-te des [X.]auftritts der [X.]
unter der Überschrift 24 Stunden [X.] ohne Aufschlag

beschrieben ist. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob derjenige, der die Aussage in der [X.] für bare Münze nimmt, durch die Angaben auf der von der Anzeige aus unmittelbar zu erreichenden [X.]seite
hinreichend aufgeklärt wird.
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7
-

Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Prüfung, wie die angespro-chenen Verbraucher, die über das [X.] Druckerpatronen erwerben wollen, die beanstandete [X.] verstehen, festgestellt, dass der durch-schnittlich aufmerksame und interessierte Verbraucher ohnehin weiß, dass am Sonntag regelmäßig nicht geliefert wird. Im Weiteren hat es dann
-
bei der [X.] der Frage, ob eine möglicherweise verursachte Fehlvorstellung
durch nachträgliche Aufklärung beseitigt worden ist
-
festgestellt, dass bereits ein überwiegender Großteil der Verbraucher gänzlich einschränkungslose [X.] auch zu Abend-
und Nachtzeiten sowie an Sonntagen nicht erwartet
und damit vertraut ist,
dass ein [X.] im Allgemeinen nicht einschränkungslos gewährleistet wird. Diese Erwägungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden auch von der Revision nicht angegriffen.
Diese Erwägungen tragen die Verneinung einer relevanten Irreführung durch das Berufungsgericht. Sie werden durch die sich anschließenden Ausfüh-rungen
nicht eingeschränkt, die das Berufungsgericht
zu den Verbrauchern
gemacht hat, die -
anders als der Durchschnittsverbraucher -
die Aussage für bare Münze nehmen.

-
also eine leicht zu vermeiden-de, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (vgl. [X.], Urteil vom 24.
Mai 2000 -
I
ZR
222/97, [X.], 78, 79
= [X.], 1402 -
Falsche Herstellerpreisempfehlung;
[X.], Urteil vom [X.] 2001 -
I
ZR
215/98,
GRUR 2002, 715, 716
= [X.], 977 -
Scanner-Werbung; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 29.
Aufl., §
5
Rn.
2.209)
-
hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
Danach handelt es sich bei der beanstandeten

um eine erkennbar unvollständige Kurzangabe, die -
ähnlich einer
Überschrift -
da-zu einlädt, die ausführliche und präzise Information zur Kenntnis zu nehmen, auf die der [X.] verweist.
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-
8
-
Der Durchschnittsverbraucher, auf den allein abzustellen ist,
wird danach durch die beanstandete Werbung nicht in die Irre geführt, sondern allenfalls da-zu veranlasst, sich auf die Startseite des [X.]auftritts der [X.] zu [X.].
Dort findet er
dann
seine Annahme
bestätigt,
dass auch
beim Lieferser-vice der [X.] bestimmte Einschränkungen bestehen, wobei er
über diese Einschränkungen nach den getroffenen Feststellungen
sofort und in von ihm nicht zu übersehender Weise unterrichtet wird. Dass weitergehende Einschrän-kungen bestehen,
mit denen der Durchschnittsverbraucher aufgrund der ihm in diesem Zusammenhang gegebenen Informationen nicht zu rechnen braucht,
hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht, wobei seine in
dieser Hinsicht
gemachten
Ausführungen keinen Rechtsfehler
erkennen lassen. [X.] wird der Durchschnittsverbraucher auch durch die Angaben zum [X.] der [X.] auf der Startseite ihres [X.]auftritts nicht irregeführt.
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9
-
II[X.] Die Revision der Klägerin hat danach keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge aus
§
97 Abs.
1
ZPO
zurückzuweisen.

[X.]
Büscher
Schaffert

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.11.2009 -
17 O 64/09 -

[X.], Entscheidung vom [X.] -
I-4 [X.]/09 -

16

Meta

I ZR 119/10

12.05.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2011, Az. I ZR 119/10 (REWIS RS 2011, 6717)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6717

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I ZR 119/10

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