Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2023, Az. 2 AZR 146/22

2. Senat | REWIS RS 2023, 9858

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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2022 - 7 [X.]/21 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Unter Bezugnahme auf die Leitentscheidung des Senats vom 1. Juni 2023 (- 2 [X.] -) wird entsprechend § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO von der Darstellung des Tatbestands abgesehen.

Entscheidungsgründe

2

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das [X.] hat ihre Berufungen gegen die die [X.] abweisenden erstinstanzlichen Urteile zu Recht zurückgewiesen. Die Kündigungen beider Beklagten sind wirksam. Die Auslegung des Betriebsbegriffs des § 24 Abs. 2 [X.] durch das Berufungsgericht erweist sich zwar als rechtsfehlerhaft. Einer hierauf gestützten Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) bedarf es indes nicht, da sich die Entscheidung im Ergebnis als richtig darstellt (§ 561 ZPO).

3

I. Die [X.] Gerichte sind international zuständig (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 19 f.).

4

II. Auf die Arbeitsverhältnisse der Klägerin mit beiden Beklagten fand [X.] Recht Anwendung (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 21 ff.).

5

III. Die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 10. September 2020 ist wirksam und hat ihr Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum Ablauf des 31. Oktober 2020 beendet.

6

1. Die Kündigung der Beklagten zu 1. ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und deshalb sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]. Die Beklagte zu 1. hat ihren Flugbetrieb in [X.] stillgelegt.

7

a) Der betriebliche Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist eröffnet, wie das [X.] im Ergebnis zutreffend erkannt hat. Die Beklagte zu 1. hat einen Luftverkehrsbetrieb iSv. § 24 Abs. 2 [X.] im Inland unterhalten, in dem mehr als zehn Arbeitnehmer iSv. § 23 Abs. 1 [X.] beschäftigt wurden. Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerhaft den Begriff des Luftverkehrsbetriebs im Inland zu eng gefasst allein auf den Standort der Beklagten zu 1. in [X.] bezogen. Deren in [X.] stationierte Flugzeuge hat es nicht in den Blick genommen. Erst die Gesamtheit dieser Luftfahrzeuge bildete den Luftverkehrsbetrieb der Beklagten zu 1. im Inland (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 32 ff.).

8

b) Für die Erfüllung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 [X.] ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin mit der Beklagten zu 1. in ihrem Arbeitsvertrag vom April 2019 ursprünglich die Geltung [X.] Rechts vereinbart hatte (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 38).

9

c) Die Kündigung der Beklagten zu 1. ist nicht sozial ungerechtfertigt. Es liegen dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 [X.] vor. Die Beklagte zu 1. hat ihren Luftverkehrsbetrieb in [X.] - auch unter Berücksichtigung der am Flughafen [X.] stationierten Flugzeuge - vollständig stillgelegt, wobei die Stilllegung zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung bereits greifbare Formen angenommen hatte (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 39 ff.).

d) Das Berufungsgericht hat ohne revisiblen Fehler festgestellt, dass kein einer Betriebsstilllegung entgegenstehender (vgl. [X.] 14. Mai 2020 - 6 [X.] - Rn. 91, [X.]E 170, 244) Betriebs(teil)übergang von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. vorliegt. Dementsprechend scheidet auch eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB aus (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 45 ff.).

e) Es bestand keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin auf einem anderen freien Arbeitsplatz (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 54 ff.).

2. Die Kündigung der Beklagten zu 1. ist nicht wegen einer formal oder inhaltlich fehlerhaften Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 [X.] iVm. § 134 BGB nichtig. Dabei kann offenbleiben, ob Verstöße im Anzeigeverfahren nach § 17 Abs. 3 [X.] überhaupt zur Nichtigkeit einer Kündigung führen können (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 58 ff.).

IV. Die Kündigung der Beklagten zu 2. ist ebenfalls wirksam und hat ihr Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum Ablauf des 31. Oktober 2020 beendet.

1. Die Kündigung bedurfte keiner [X.] Rechtfertigung, weil die Klägerin noch nicht die Wartezeit von sechs Monaten des § 1 Abs. 1 [X.] absolviert hat (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 76 ff.).

2. Die Kündigung der Beklagten zu 2. erweist sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB oder einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 3 [X.] als unwirksam oder nichtig (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 86).

V. Der Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass ihr mit der Beklagten zu 1. bestehendes Arbeitsverhältnis ab dem 1. November 2020 mit der Beklagten zu 2. fortbesteht, kann angesichts der beiden zum 31. Oktober 2020 ausgesprochenen Kündigungen nur als Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit den [X.] verstanden werden und ist deshalb nicht zur Entscheidung angefallen. Soweit die Vorinstanzen den Feststellungsantrag dennoch ausdrücklich als unbegründet abgewiesen haben, liegt darin ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung des [X.]s ist insoweit gegenstandslos. Der Tenor der Entscheidung erweist sich dabei im Ergebnis als zutreffend und bedarf keiner Berichtigung (vgl. [X.] 22. Juli 2021 - 2 [X.] - Rn. 47).

VI. Der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Weiterbeschäftigungsantrag ist ein unechter Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem [X.] und fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an (vgl. [X.] 22. Juli 2021 - 2 [X.] - Rn. 45).

VII. Soweit sich die Klägerin mit ihrer Klage auch gegen weitere Kündigungen beider Beklagten vom 2. November 2020 wendet, hat das [X.] hierüber zu Recht nicht entschieden. Angesichts der zum 31. Oktober 2020 wirksam ausgesprochenen Kündigungen handelt es sich auch hierbei um nicht zur Entscheidung angefallene unechte Hilfsanträge.

VIII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Koch    

        

    Niemann    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Cl. Peter    

        

    T. Prinz    

                 

Meta

2 AZR 146/22

14.12.2023

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 19. März 2021, Az: 7 Ca 5969/20, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2023, Az. 2 AZR 146/22 (REWIS RS 2023, 9858)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9858

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