Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2008, Az. V ZR 70/07

V. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2718

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 18. Juli 2008 L e s n i a k, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 675, 433 Die nach Vertragsschluss einsetzende defizitäre Entwicklung eines [X.]s lässt allein nicht den Schluss auf einen Beratungsfehler des Verkäufers zu. [X.], Urt. v. 18. Juli 2008 - [X.]/07 - [X.] [X.] - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2008 durch [X.] [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 29. März 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Beklagte zu 1 (nachfolgend: Beklagte), deren persönlich haftender Gesellschafter der Beklagte zu 2 ist, kauft Altwohnbestände auf, nimmt an ih-nen Renovierungsmaßnahmen vor und veräußert sie nach Aufteilung in [X.] weiter. Ende 1998 erwarb sie eine Wohnanlage in [X.]

und teilte diese im April 1999 in 78 Wohnungen auf. 1 Mit notariellem Vertrag vom 19. Juli 1999 kauften die Klägerin und ihr Ehemann, der [X.], eine Wohnung dieser Anlage von der [X.]. Ferner traten sie einer von einer Schwesterfirma der [X.] verwalteten Mieteinnahmegemeinschaft ([X.]) bei. Den [X.] waren Beratungsgespräche, in denen Beauftragte der [X.] einen Vorschlag zur Finanzierung des Kaufpreises gemacht und auf dieser Grundlage in einer sog. Musterrentabilitätsberechnung den monatlichen Eigenaufwand der Klägerin und ihres Ehemanns errechnet hatten. Als ihnen monatlich zufließende Mieteinnahmen waren dabei 495 DM (7,50 DM/qm) abzüglich 50 DM Verwal-tungskosten angesetzt worden. In den Jahren 1999 bis 2003 kam es zu Unterdeckungen des [X.]s. Das Minus des Jahres 1999 in Höhe von 21.783,05 DM wurde von der [X.] ausgeglichen. Im [X.] belief sich die Unterdeckung auf 48.021,93 DM. Trotz Nachzahlungen der am [X.] beteiligten Eigentümer und Verrin-gerung der Mietausschüttungen um 1 DM/qm kam es im [X.] zu einer Unterdeckung von 196.999,58 DM. In den Jahren 2002 und 2003 war der Miet-pool - nach erneuter Absenkung der Ausschüttungen und weiteren Nachzah-lungen - mit 45.013,36 • bzw. 54.113,88 • im Minus. 3 Die Klägerin, die sich in mehrfacher Hinsicht falsch beraten fühlt, verlangt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie die Feststellung, dass die [X.] zum Ersatz auch des weiteren Schadens verpflichtet sind. Die [X.] erstreben mit einer ge-gen den Ehemann der Klägerin erhobenen Drittwiderspruchsklage die Feststel-lung, dass diesem keine Schadensersatzansprüche aus dem Kaufvertrag vom 19. Juli 1999 zustehen. 4 Das [X.] hat der Klage stattgegeben und die [X.]. Die Berufung der [X.] zu 1 und 2 ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgen sie ihre [X.] weiter. Die Klägerin und der [X.] beantragen die Zurückwei-sung der Revision. 5 - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] Das [X.] meint, die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem mit der Klägerin und deren Ehemann zustande gekommenen Beratungsvertrag verletzt, weil sie ein unzutreffendes, zu positives Bild der Ertragserwartung der Immobilie gegeben habe. Dies folge daraus, dass sich der [X.] von Anfang an im Minus befunden habe. Wenn bereits im [X.] eine Unterdeckung des [X.]s eintrete, die sich in den Folgejahren fortsetze und sogar ver-schärfe, müsse daraus geschlossen werden, dass es sich hierbei objektiv um eine bei Vertragsschluss absehbare Entwicklung gehandelt habe. Zudem bele-ge der im Kaufvertrag nicht vereinbarte Ausgleich des [X.]sdefizits für das [X.], dass sich die Beklagte der Fehlerhaftigkeit ihrer Kalkulation bewusst gewesen sei. Soweit sie eine durch die gesamtwirtschaftliche Situation bedingte drastische Veränderung des [X.] des [X.]s verantwortlich mache, sei nicht ersichtlich, warum diese für sie bei [X.] nicht vorhersehbar gewesen sei. Die Drittwiderklage sei bereits unzu-lässig. 6 I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 7 1. a) Zutreffend legt das Berufungsgericht allerdings die ständige Recht-sprechung des [X.]s zugrunde, wonach zwischen Verkäufer und Käufer ein Beratungsvertrag zustande kommen kann, wenn der Verkäufer im Zuge einge-hender Vertragsverhandlungen dem Käufer einen ausdrücklichen Rat erteilt; 8 - 5 - dies gilt insbesondere, wenn der Verkäufer dem Käufer Berechnungsbeispiele über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, die diesen zum Ver-tragsabschluss bewegen sollen ([X.], [X.] 156, 371, 374; 140, 111, 115; Urt. v. 6. April 2001, [X.], NJW 2001, 2021; Urt. v. 14. März 2003, [X.] 308/02, NJW 2003, 1811, 1812; Urt. v. 8. Oktober 2004, [X.] 18/04, NJW 2005, 820, 821 f.; Urt. v. 15. Oktober 2004, [X.] 223/03, NJW 2005, 983; Urt. v. 14. Januar 2005, [X.] 260/03, [X.], 205; Urt. v. 13. Oktober 2006, [X.] 66/06, [X.], 174, 175 f.; Urt. v. 10. November 2006, [X.] 73/06, [X.]). b) Richtig ist ferner, dass der Verkäufer seine aus dem Beratungsvertrag folgenden Pflichten verletzt, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht [X.], zu positives Bild des [X.] ([X.], Urt. v. 15. Oktober 2004, [X.] 223/03, aaO) oder der Ertragserwartung der Immobile ([X.], Urt. v. 10. November 2006, [X.] 66/06, aaO, [X.]) gibt. Letzteres ist bei unrichti-gen Angaben über die erzielbare Miete sowie dann gegeben, wenn das in dem vorgesehenen Beitritt zu einem [X.] liegende Risiko, auch die anteiligen Lasten der Unvermietbarkeit anderer Wohnungen zu tragen, bei der Berech-nung des [X.] nicht angesprochen und nicht in Form von [X.] bei den Einnahmen oder von Zuschlägen bei den monatlichen Belastungen angemessen berücksichtigt wird ([X.], Urt. v. 13. Oktober 2006, [X.] 66/06, aaO, [X.] f.; Urt. v. 10. November 2006, [X.] 73/06, aaO). 9 c) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, eine im [X.] eintretende und sich in den Folgejahren fortsetzende Unterdeckung des [X.]s lasse den Schluss zu, dass der Verkäufer die den Käufern in Aussicht gestellten Mieteinnahmen fehlerhaft kalkuliert habe. 10 - 6 - aa) Ein Beratungsfehler ist nicht schon dann gegeben, wenn sich die Kalkulation des Verkäufers in der Rückschau, also bei einer [X.], als unzureichend erweist. Denn der Verkäufer übernimmt in aller Regel keine Garantie für eine bestimmte Ertragserwartung der Immobilie (vgl. [X.], Urt. v. 18. Juli 2008, [X.] 71/07, zur [X.] bestimmt). Er [X.] nicht allein deshalb, weil der Eigenaufwand des Käufers höher als von ihm angegeben oder von diesem erwartet ist (vgl. [X.], Urt. v. 30. März 2007, [X.] 89/06, [X.] 2007, 1077; Urt. v. 20. Juli 2007, [X.] 227/06, NJW-RR 2007, 1660). 11 Die Annahme eines Beratungsfehlers setzt vielmehr die Feststellung voraus, dass die Kalkulation nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ge-gebenen Verhältnissen fehlerhaft war. Der Verkäufer muss allerdings sich ab-zeichnende ungünstige Entwicklungen für den Reinmietertrag - wie absehbare Instandhaltungskosten oder konkret drohende Leerstände - durch [X.] berücksichtigen (vgl. [X.], [X.] 156, 371, 376). Maßgeblich ist, ob die Information des Käufers zu dem künftigen [X.] nach den bei der Bera-tung bekannten Umständen fachlich vertretbar war (vgl. [X.], [X.] 2007, 41, 47 f.). Feststellungen dazu, dass die Kalkulation der [X.] in diesem Sinne fehlerhaft war, enthält das angefochtene Urteil nicht. 12 bb) Das Berufungsgericht stützt sich zwar auch darauf, dass die Ursa-chen für die negative Entwicklung des [X.]s - ein Überangebot an [X.], hohe Arbeitslosigkeit der Mieter und darauf beruhende schlechte Zahlungsmoral sowie die Entwicklung des [X.]zu einem sozia-len Brennpunkt - im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits erkennbar gewe-sen seien. Belastbare Feststellungen dazu hat es indessen nicht getroffen. 13 - 7 - Mit dem Verweis darauf, dass der [X.] aufgrund ihrer Standortana-lyse und ihres mehrere Monate dauernden [X.] sämtliche für eine werthaltige Kalkulation des [X.]s erheblichen Daten bekannt gewesen [X.], legt das Berufungsgericht erneut eine unzulässige [X.] zugrunde. Es stellt nämlich nicht fest, welche Einschätzung die (unbekannten) Daten und Analysen bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung in Bezug auf die Mieteinnahmen nahelegten, sondern begnügt sich mit dem Befund, dass sie sich jedenfalls im Nachhinein als unrichtig erwiesen haben. Dass die [X.], also rückblickend, geäußert hat, infolge einer wirtschaftlichen Depression in [X.] habe bereits Ende der 90er Jahre eine Veränderung des [X.] bis hin zu einer völligen Umkehrung der Verhältnisse einge-setzt, lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass dies 1999 von ihr schon als längerfristige Entwicklung erkannt worden ist oder bei Anwendung der gebote-nen Sorgfalt erkennbar war. Entsprechendes gilt für die Entwicklung des [X.]. Die Straße, in der die streitgegenständliche Wohnanlage liegt, wurde erst nach Vertragsschluss in das Programm —Soziale Stadtfi aufgenom-men; die Fallstudie, auf die sich das Berufungsgericht beruft, stammt aus dem [X.] Zwar ist die Annahme nicht fernliegend, dass die negative Entwick-lung des Stadtteils schon Mitte 1999 erkennbar war. Dass es sich tatsächlich so verhält, ist indessen nicht festgestellt. Schließlich folgt aus dem Ausgleich des [X.]defizits des [X.]es kein Eingeständnis der [X.], die erziel-bare Miete von vornherein falsch kalkuliert zu haben. Die Zahlung kann in dem Bemühen erfolgt sein, einer als vorübergehend eingeschätzten und im Juli 1999 noch nicht absehbaren Entwicklung entgegenzuwirken. 14 Zudem hätte das Berufungsgericht jedenfalls dem Vortrag der - insoweit allerdings nicht darlegungs- und beweispflichtigen - [X.] nachgehen müs-sen, sie habe die Mieteinnahmen nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Verhältnissen und absehbaren Entwicklungen ordnungsgemäß [X.] - 8 - kuliert. Denn der Vorwurf der fehlerhaften Kalkulation wäre unberechtigt, wenn im Juli 1999 - wie das im Mai 1999 im Rahmen eines Zwangsversteigerungs-verfahrens für eine vergleichbare Wohnung erstellte Sachverständigengutach-ten nahelegt [X.] längerfristig mit Mieteinnahmen von 9,09 DM/qm gerechnet wer-den konnte, sofern diese Einnahmen unter Berücksichtigung der notwendigen Instandhaltungsrückstellungen und Zuschläge für das [X.] (vgl. hierzu [X.], Urt. v. 20. Juli 2007, [X.] 227/06, NJW-RR 2007, 1660, 1661; Urt. v. 30. November 2007, [X.] 284/06, [X.], 649) genügt hätten, um den in die Berechnung des [X.] des Klägers ein-gestellten Reinertrag von 7,50 DM/qm zu erzielen. 2. Rechtsfehlerhaft ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, die gegen den Ehemann der Klägerin gerichtete Drittwiderklage sei unzulässig. Die Beklagte hat trotz der Abtretung der Ansprüche aus dem Kaufvertrag an die Klägerin und unbeschadet des Umstands, dass sich der [X.] kei-ner eigenen Ansprüche mehr berühmt, ein Interesse an der beantragten [X.]. Zur Begründung wird auf das [X.]surteil vom 13. Juni 2008 ([X.] 114/07 [X.] zur [X.] bestimmt) verwiesen. 16 II[X.] Das angefochtene Urteil kann daher insgesamt keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). 17 Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Zwar legen die von dem Berufungsgericht [X.] allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt [X.] angeführ-ten Zahlen, wonach die Beklagte mit einer Grundmiete von 9,09 DM kalkuliert hat, von der eine Instandhaltungsrücklage für das Gemeinschaftseigentum von 0,60 DM/qm und für das Sondereigentum von 0,99 DM/qm zu bilden waren, 18 - 9 - nahe, dass ein [X.] nicht berücksichtigt worden ist. Da das [X.] seine Entscheidung hierauf jedoch nicht gestützt hat und die [X.] behauptet, ein möglicher Leerstand sei von ihrer Kalkulation abgedeckt gewesen, sieht sich der [X.] nicht in der Lage, insoweit abschließend zu [X.]. Im Übrigen ist die Klage auf (weitere) Beratungsfehler gestützt [X.], zu denen das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - bislang keine Feststellungen getroffen hat. [X.]Ri[X.] Dr. [X.] ist [X.] infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. [X.], den 22. Juli 2008 Der Vorsitzende [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.05.2006 - 8 O 154/05 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 8 U 143/06 -

Meta

V ZR 70/07

18.07.2008

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2008, Az. V ZR 70/07 (REWIS RS 2008, 2718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2718

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