Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.01.2021, Az. 2 StR 280/20

2. Strafsenat | REWIS RS 2021, 9327

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Gegenstand

Jugendstrafrecht: Voraussetzungen für die Aussetzung der Verhängung einer Jugendstrafe


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 2. Dezember 2019, soweit es sie betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat beide Angeklagte der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmittel in nicht geringer Menge für schuldig befunden. Die Verhängung von Jugendstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

2

Während die Schuldsprüche aus den Gründen der Zuschrift des [X.] keinen rechtlichen Bedenken begegnen, haben die [X.] keinen Bestand. Der [X.] hat hinsichtlich beider Angeklagten jeweils ausgeführt:

„Die Anordnung, die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung gemäß § 27 [X.] auszusetzen, hält indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die [X.] hat nicht beachtet, dass die Anwendung des § 27 [X.] ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlauts voraussetzt, dass schädliche Neigungen festgestellt werden, jedoch zweifelhaft bleibt, ob aufgrund deren Umfangs die Verhängung einer Jugendstrafe erforderlich ist; (BGHSt 35, 288; [X.], Beschluss vom 10.01.2019 - 1 OLG 2 Ss 78/18, BeckRS 2019, 421; [X.], Urteil vom 13. Dezember 2010 - 1 [X.]/10-, juris; [X.], Beschluss vom 3. Februar 2009 - 4 Ss 1/09-, juris); bei Fehlen schädlicher Neigungen oder auch nur bei Zweifeln an deren Existenz ist der Weg über § 27 [X.] versperrt ([X.] in [X.] [X.]/[X.] § 27 Rn. 13; [X.] in [X.]/Sonnen, [X.], § 27 Rn. 7). Unzulässig ist eine Aussetzung der Verhängung mit der Begründung, es sei schon das Vorliegen „schädlicher Neigungen“ überhaupt ungewiss geblieben ([X.], [X.] 20. Auflage § 27 Rn. 11; [X.] in [X.]/Sonnen, [X.], § 27 Rn. 7; [X.] Düsseldorf MDR 1990, 466; [X.]/[X.] [X.] § 27 Rn. 6).

Aus der Gesamtschau der Urteilsgründe folgt, dass sich die [X.] von dem Vorliegen schädlicher Neigungen des Angeklagten nicht zu überzeugen vermochte. Die gewichtige [X.] hat sie zwar als einen für das Vorliegen schädlicher Neigungen sprechenden Umstand gewertet ([X.]). Aber im Hinblick auf die positive Entwicklung des Angeklagten seit der Tat vermochte sie schädliche Neigungen des Angeklagten zum Zeitpunkt der Entscheidung jedenfalls zweifelsfrei nicht mehr festzustellen. So hat das [X.] auch ausgeführt, dass seitens der Kammer - im Einklang mit der Jugendstrafe - nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, ob und inwiefern bei dem Angeklagten zum jetzigen Zeitpunkt (noch) schädliche Neigungen vorliegen. Dies genügt für die Rechtsfolgenentscheidung des § 27 [X.] indes nicht. Bei dieser Sachlage war die [X.] vielmehr gehalten, bei der gebotenen engen Auslegung des § 27 [X.] nach dem Grundsatz in „dubio pro reo“ zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass keine schädlichen Neigungen vorhanden sind (siehe [X.] in [X.]/Sonnen, [X.], § 27 Rn. 7). Weitere Feststellungen hierzu erscheinen möglich. Wird auch nach Erschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, ob schädliche Neigungen bei dem Angeklagten vorliegen, wird zu prüfen sein, ob [X.] oder [X.] zur Ahndung der Straftat in Betracht kommen.“

3

Dem schließt sich der Senat an.

Franke     

        

Appl     

        

Eschelbach

        

Zeng     

        

Wenske     

        

Meta

2 StR 280/20

21.01.2021

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 2. Dezember 2019, Az: 96 KLs 1/19

§ 27 JGG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.01.2021, Az. 2 StR 280/20 (REWIS RS 2021, 9327)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9327

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

5 StR 205/23

Zitiert

4 Ss 1/09

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