Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.04.2010, Az. VII B 235/09

7. Senat | REWIS RS 2010, 7495

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Gegenstand

Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls


Leitsatz

1. NV: Die für den insolventen Steuerberater bestehende Aussicht, am Ende des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung zu erlangen, ist nicht geeignet, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgelöste gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen .

2. NV: Die vom Insolvenzverwalter erklärte Freigabe der weiteren beruflichen Tätigkeit des Steuerberaters während des Insolvenzverfahrens ist keine auf berufsrechtlichen Gesichtspunkten beruhende Entscheidung und führt auch nicht zur Bereinigung der wirtschaftlichen Situation des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters .

3. NV: Mit dem durch § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG bezweckten Schutz der Mandanten ist es nicht vereinbar, die Entscheidung über den Widerruf der Bestellung im Hinblick auf eine in Aussicht stehende Aufhebung des Insolvenzverfahrens unter Ankündigung der Restschuldbefreiung zurückzustellen .

Tatbestand

1

I. Über das Vermögen der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde im Juni 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet, woraufhin die Beklagte und Beschwerdegegnerin (die Steuerberaterkammer) ihre Bestellung als Steuerberaterin wegen [X.] widerrief (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--).

2

Die hiergegen erhobene Klage, mit der die Klägerin u.a. geltend machte, dass der Insolvenzverwalter die [X.] aus der Insolvenzmasse freigegeben habe und ihr voraussichtlich Restschuldbefreiung erteilt werde, wies das Finanzgericht ([X.]) ab. Das [X.] urteilte, dass die wegen des eröffneten Insolvenzverfahrens bestehende gesetzliche Vermutung des [X.] nicht widerlegt worden sei. Auch wenn die Klägerin aus der fortgesetzten Tätigkeit als Steuerberaterin Einkünfte erziele, sei sie in Anbetracht des Umfangs ihrer Verbindlichkeiten nicht in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Freigabe der [X.] aus der Insolvenzmasse sei eine nicht nach berufsrechtlichen Gesichtspunkten getroffene Entscheidung des Insolvenzverwalters und führe auch nicht zur Bereinigung der wirtschaftlichen Situation der Klägerin. Es habe sich auch nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall der Klägerin ausgeschlossen sei.

3

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) stützt.

Entscheidungsgründe

4

II. Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Mängel der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O erforderlichen Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision liegt der von der [X.]eschwerde geltend gemachte [X.] jedenfalls nicht vor.

5

Anders als die [X.]eschwerde meint, ist die Frage, "wann bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Vermutung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 St[X.]erG widerlegt wird, dass der Steuerberater sich in Vermögensverfall befindet", nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, sondern sie ist vom Tatrichter auf der Grundlage seiner Würdigung der im Einzelfall festgestellten Tatsachen zu beantworten.

6

Der beschließende Senat hat im Übrigen auch bereits entschieden, dass die gesetzliche Vermutung weder durch die im Rahmen des Insolvenzverfahrens in Aussicht stehende Restschuldbefreiung noch durch den Umstand, dass der Insolvenzverwalter die weitere selbstständige Tätigkeit des Steuerberaters gemäß § 35 Abs. 2 der [X.] freigegeben hat, widerlegt werden kann, da es sich hierbei um mögliche Maßnahmen im Rahmen des Insolvenzverfahrens handelt, dessen Eröffnung die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls gerade auslöst. Es liegt auf der Hand, dass die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintretenden Rechtsfolgen nicht zugleich geeignet sein können, die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen (vgl. Senatsbeschluss vom 27. August 2008 [X.]/08, [X.], 2064). Die vom Insolvenzverwalter erklärte Freigabe der weiteren beruflichen Tätigkeit des Steuerberaters während des Insolvenzverfahrens beruht --wie das [X.] zutreffend erkannt [X.] nicht auf berufsrechtlichen Gesichtspunkten und führt auch nicht zur [X.]ereinigung der wirtschaftlichen Situation des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters (vgl. Senatsbeschlüsse in [X.], 2064; vom 13. Januar 2009 [X.]/08, [X.], 794).

7

Mit den [X.]-Entscheidungen, auf die sich die [X.]eschwerde beruft, wird keine hiervon abweichende Rechtsauffassung vertreten, vielmehr lagen jenen Entscheidungen --wie das [X.] zutreffend ausgeführt [X.] Fälle zugrunde, in denen das Insolvenzverfahren --im Gegensatz zum [X.] bereits aufgehoben worden war. Das Gleiche gilt hinsichtlich des die Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft betreffenden [X.]eschlusses des [X.] vom 7. Dezember 2004 [X.] ([X.]) 40/04 (Neue Juristische Wochenschrift 2005, 1271), auf den sich die [X.]eschwerde beruft (vgl. dazu: Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2009 VII [X.] 71/09, [X.]FH/NV 2010, 699).

8

Ob die Vermögensverhältnisse der Klägerin, wenn zu einem späteren Zeitpunkt das Insolvenzverfahren aufgehoben und die Restschuldbefreiung angekündigt werden sollte, wieder als geordnet angesehen werden könnten und ihrer Wiederbestellung somit nichts im Wege stünde, wird auf der Grundlage der Gegebenheiten jenes Zeitpunkts zu entscheiden sein. Das mit der Widerrufsvorschrift des § 46 Abs. 2 Nr. 4 St[X.]erG verfolgte gesetzgeberische Ziel, die Interessen der Hilfeleistung in Steuersachen suchenden Mandanten vor Gefährdungen zu schützen, die von einem in Vermögensverfall geratenen Steuerberater ausgehen können, verbietet es, die gerichtliche Entscheidung über die Widerrufsverfügung --wie es die [X.]eschwerde [X.] bis zu dem ungewissen Zeitpunkt einer Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Steuerberaters zurückzustellen.

Meta

VII B 235/09

20.04.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 3. September 2009, Az: 2 K 2950/08, Urteil

§ 46 Abs 2 Nr 4 StBerG, § 35 Abs 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.04.2010, Az. VII B 235/09 (REWIS RS 2010, 7495)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7495

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