Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 13.06.2023, Az. KZR 71/21

Kartellsenat | REWIS RS 2023, 3846

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Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union: Anwendung der das Kartellverbot einschränkenden Grundsätze des Meca Medina-Tests auf das von dem Dachverband der deutschen Fußballverbände erlassene Reglement für die Spielervermittlung


Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Dem [X.] werden zur Auslegung von Artikel 101 Abs. 1 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Finden auf das Regelwerk eines Sportverbands, das sich an Verbandsmitglieder wendet und die Inanspruchnahme von Leistungen verbandsfremder Unternehmen auf einem der Verbandstätigkeit vorgelagerten Markt regelt, die vom [X.] in den Urteilen "[X.]" (vom 19. Februar 2002 - [X.]/99) und "[X.]" (vom 18. Juli 2006 - [X.]/04 P) entwickelten Grundsätze Anwendung, wonach bei der Anwendung des Kartellverbots

- der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zu Stande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen ist,

- und weiter zu prüfen ist, ob die mit dem Beschluss [X.] wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwen-dig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen

- und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind (nachfolgend: [X.]-Test)?

2. [X.] bejaht wird: Ist in diesem Fall der [X.]-Test auf alle Regelungen dieses Regelwerks anzuwenden, oder kommt es dafür auf inhaltliche Kriterien an, wie etwa die Nähe oder Ferne der einzelnen Regelung zu der sportlichen Tätigkeit des Verbands?

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über kartellrechtliche Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit einem vom [X.]n erlassenen Reglement für die Spielervermittlung (Reglement der [X.]).

2

Die Klägerin zu 1 ist eines der führenden Beratungsunternehmen für junge Talente und Profifußballer in [X.]. Ihre Tätigkeit umfasst unter anderem die Beratung im Zusammenhang mit Transfers und Vertragsverlängerungen von [X.]. Ihr Gründer und Geschäftsführer ist der Kläger zu 3. Die Klägerin zu 2 ist eine juristische Person [X.] Rechts, deren Unternehmenstätigkeit ebenfalls auf die Spielervermittlung gerichtet ist. Spielervermittler können sowohl von Spielern, die einen Verein suchen, als auch von Vereinen beauftragt werden, die einen Spieler abgeben (sog. Wegvermittlung) oder aufnehmen (sog. Hinvermittlung) wollen.

3

Der [X.] ist der Dachverband von 27 [X.] Fußballverbänden mit etwa 25.000 Vereinen und mehr als 7 Millionen Mitgliedern. Organisatorisch ist er in eine Verbandspyramide unter dem Dach des [X.] ([X.]) eingegliedert.

4

Der Spielbetrieb in den beiden höchsten Profiligen ([X.] und 2. [X.]) wird nach § 16a der Satzung des [X.]n von der [X.] Liga ([X.]) durchgeführt. Die [X.] ist ein Zusammenschluss der Vereine der beiden höchsten [X.] Profiligen. Den Spielbetrieb in der ebenfalls zum Profibereich gehörenden 3. Liga führt der [X.] selbst durch. Weitere Ligen werden von den regionalen Fußballverbänden organisiert. Vereine, die am Spielbetrieb der [X.] oder der 2. [X.] teilnehmen, sind als ordentliche Mitglieder der [X.] an die Satzung des [X.]n und die verbindlichen Regelwerke gebunden. Spieler müssen, um in der [X.] oder 2. [X.] spielberechtigt zu sein, einen Lizenzvertrag mit der [X.] unterzeichnen, der sie ebenfalls zur [X.]inhaltung von [X.] verpflichtet. Als Mitglied der [X.] ist der [X.] deren Regelungen unterworfen und zur Umsetzung der [X.]ntscheidungen der [X.] verpflichtet.

5

Im Zuge eines von der [X.] verabschiedeten Reglements zur Arbeit mit [X.] erließ der [X.] das am 1. April 2015 in [X.] getretene Reglement. [X.]s wendet sich an Vereine und Spieler, die gegenüber dem [X.]n verpflichtet sind, das Regelwerk einzuhalten. [X.]s regelt die Inanspruchnahme der Dienste eines Vermittlers durch Spieler und Vereine für den Abschluss von [X.]n und [X.]. Vorgeschrieben ist unter anderem

- eine Registrierungspflicht für Vermittler, § 2 Nr. 3 und § 3 Nr. 2 und 3 [X.] (nachfolgend: Registrierungspflicht);

- die Abgabe einer Vermittlererklärung, die die Unterwerfung des Vermittlers unter diverse Statuten, Reglements und Ordnungen der [X.], des [X.]n und der [X.], einschließlich der Unterwerfung unter die Verbandsgerichtsbarkeit, vorsieht, § 2 Nr. 2 und § 3 Nr. 2, Nr. 3 [X.] und Anhänge 1 und 2 (nachfolgend: [X.]);

- die zusätzliche Verpflichtung einer natürlichen Person bei der Registrierung juristischer Personen, Anhang 2 [X.] (nachfolgend: Zusatzverpflichtung bei juristischen Personen);

- ein Verbot der Beteiligung des Vermittlers bei der Hinvermittlung an zukünftigen [X.] des Vereins, § 7 Nr. 3 [X.] (nachfolgend: [X.] für Folgetransfers);

- ein [X.] bei der Vermittlung Minderjähriger, § 7 [X.] [X.];

- eine Pflicht zur Offenlegung von Vergütungen und Zahlungen an Vermittler, § 6 Nr. 1 [X.] (nachfolgend: Offenlegungspflicht).

6

Verstöße gegen das Reglement können als unsportliches Verhalten sanktioniert werden (§ 9 [X.]). Im Anhang des Regelwerks befinden sich vorgedruckte Formulare für die abzugebende Vermittlererklärung.

7

Die [X.], ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der [X.], versandte mit Datum vom 12. Januar 2018 das Rundschreiben Nr. 62 an die Verantwortlichen der Vereine und Kapitalgesellschaften der [X.] und 2. [X.], um diese unter anderem über Wegvermittlungsvereinbarungen zu informieren. Darin hieß es, als Vergütung könne eine pauschale [X.]inmalzahlung oder eine gestaffelte Vergütung in Relation zu der aufgrund der Wegvermittlungsleistung erzielten Transferentschädigung vereinbart werden, die aber einer prozentualen Beteiligung nicht nahekommen dürfe (nachfolgend: Vergütungsberechnung nach dem Rundschreiben Nr. 62).

8

Die Kläger wenden sich mit ihren [X.]n gegen die Registrierungspflicht (Antrag 1), die [X.] (Antrag 2), die Zusatzverpflichtung bei juristischen Personen (Antrag 3), das [X.] für Folgetransfers (Antrag 4), die Vergütungsberechnung nach dem Rundschreiben Nr. 62 (Anträge 5 und 5a), das [X.] bei der Vermittlung Minderjähriger (Antrag 6) und die Offenlegungspflicht (Antrag 7). Sie berufen sich in erster Linie auf das Kartellverbot.

9

Das [X.] hat der Klage teilweise stattgegeben. [X.]s hat den [X.]n entsprechend dem Antrag 2, soweit sich die Vermittler zur Ahndung von Verstößen der Verbandsgerichtsbarkeit der [X.] und des [X.] unterwerfen müssen, sowie gemäß Antrag 3 zur Unterlassung verurteilt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.

Auf die Berufung der Kläger hat das [X.] der Klage in weiterem Umfang stattgegeben. [X.]s hat den [X.]n insgesamt zur Unterlassung verurteilt, Vermittler nur zu registrieren, wenn sie sich den mit der Ausübung der Vermittlertätigkeit im Zusammenhang stehenden Bestimmungen der [X.], des [X.]n und der [X.] unterwerfen (Antrag 2). Außerdem hat es den [X.]n verurteilt, es zu unterlassen, die [X.] oder einen anderen Auftragnehmer mit der Durchführung des Spielbetriebs in einer Fußballliga zu beauftragen und dabei zu ermöglichen, dass der Auftragnehmer Vereine in ihren Möglichkeiten einschränkt, für die Berechnung von Provisionen Formeln zu vereinbaren, die prozentual Bezug auf Weitertransfererlöse nehmen (Antrag 5a). Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung des [X.]n hat es zurückgewiesen.

Mit den vom [X.] zugelassenen Revisionen verfolgen die Kläger ihre weiteren [X.] und der [X.] seinen Klageabweisungsantrag weiter.

II. Für die [X.]ntscheidung über die Revision sind Vorschriften des [X.] Gesetzes gegen [X.]beschränkungen maßgeblich, die wie folgt lauten:

§ 33 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch

(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.

(2) (…)

(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger [X.] durch den Verstoß beeinträchtigt ist.

(4) (…)

III. Der [X.]rfolg der Revision hängt von den Vorlagefragen ab. Vor einer [X.]ntscheidung ist daher das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 3 A[X.]UV eine Vorabentscheidung des [X.] einzuholen (vgl. zu den [X.] Football Agents Regulations: [X.], Vorlagebeschluss vom 30. März 2023 - 9 O 129/21).

1. Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 99) hat ausgeführt, das Reglement sei am Maßstab des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV zu messen. [X.]s führe zu einer [X.]beschränkung auf dem Markt der Spielervermittlung, die spürbar und binnenmarktrelevant sei. Als sportliches Regelwerk sei das Reglement aber nach den Vorgaben des [X.] (Urteil vom 18. Juli 2006 - [X.]/04 P, [X.], [X.]-7028 = [X.]/[X.] [X.]U-R 1493 - [X.]) auf die Vereinbarkeit mit dem Kartellverbot zu prüfen. Für die Anwendbarkeit dieser das Kartellverbot einschränkenden Grundsätze komme es darauf an, ob die mit den Regeln des [X.] verbundenen [X.]beschränkungen in einem Zusammenhang mit der vom [X.]n reklamierten sportlichen Zielsetzung stünden. Das sei hier der Fall. Bei dem [X.] handele es sich um ein sportliches Regelwerk im Sinne dieser Rechtsprechung. Der [X.] habe die satzungsgemäße Aufgabe, den sportlichen Wettkampf im Fußball zu gewährleisten; diesem Ziel diene auch das Regelwerk des [X.]. [X.]s solle zur Gewährleistung des fairen, sportlichen [X.] die Bedingungen für die Anwerbung und [X.]instellung der Sportler regeln. Die Tätigkeit der Spielervermittler beeinflusse maßgeblich die Zusammensetzung der Mannschaften, ihre Kontinuität und ihre sportliche Stärke; sie stehe damit in einer direkten Verbindung zum sportlichen Wettbewerb. Die Betätigung der Spielervermittler habe [X.]influss auf den fairen Wettkampf, die Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Sportler. Mit dem Reglement sollten Abhängigkeiten zwischen [X.], Spielern und Clubs vermieden werden. Solche Abhängigkeiten könnten die Integrität und Fairness des [X.] und des Sports gefährden. In der Vergangenheit seien teilweise Spieler und Vereine durch strafrechtlich relevante Praktiken von [X.] in finanzieller und beruflicher Hinsicht geschädigt worden.

Die angegriffenen Regeln müssten daher im [X.]inzelnen anhand der in der [X.]ntscheidung "[X.]" aufgestellten Grundsätze geprüft werden. Unabhängig von der allgemeinen Zielsetzung müsse hinsichtlich jeder der streitgegenständlichen Regelungen geprüft werden, ob sie sich auf das legitime Ziel beziehe, eine untrennbare Verbindung zwischen der Verfolgung der legitimen Zielsetzung und der [X.]beschränkung bestehe und ob die Maßnahme verhältnismäßig sei.

Gemessen daran verstießen die mit den [X.]n 1, 4, 6 und 7 angegriffenen Regelungen zur Registrierungspflicht, zum Verbot der Beteiligung an späteren [X.], zum [X.] bei der Vermittlung Minderjähriger und zur Offenlegung sämtlicher Zahlungen gegenüber dem [X.]n nicht gegen Art. 101 A[X.]UV. Demgegenüber falle die mit dem Unterlassungsantrag 2 angegriffene Pflicht zur Unterwerfungserklärung und die mit dem Antrag 3 angegriffene Regelung, wonach juristische Personen bei Abgabe der Vermittlererklärung zugleich eine weitere Vermittlererklärung einer privaten Person vorlegen müssten, unter das Verbot des Art. 101 A[X.]UV. Der Unterlassungsantrag 5 sei unbegründet. Die beanstandeten Rundschreiben seien dem [X.]n nicht zuzurechnen. Begründet sei hingegen der Hilfsantrag zu 5a. Den [X.]n treffe eine Überwachungspflicht gegenüber der [X.].

2. Die gegen diese [X.]ntscheidung gerichtete Revision der Kläger hat [X.]rfolg, wenn den Klägern gegen den [X.]n ein Unterlassungsanspruch aus § 33 Abs. 1 GWB, Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV gegen die mit den Anträgen 1, 4, 6 und 7 angegriffenen Regelungen des [X.] zusteht. Die Tatbestandsmerkmale des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV sind erfüllt (dazu unter a). Die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 A[X.]UV können auf Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht bejaht werden (dazu unter b). [X.]s stellt sich die Frage, ob unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs, in dem das Reglement seine Wirkungen entfaltet, und seiner Zielsetzung eine [X.]inschränkung des Tatbestands des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV in Betracht kommt. Dies kann auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des [X.] nicht eindeutig beantwortet werden (dazu unter c). Die [X.]ntscheidung hängt daher von der Beantwortung der Vorlagefragen ab (dazu unter d).

a) Nach Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV sind unter anderem Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und die eine Verhinderung, [X.]inschränkung oder Verfälschung des [X.] innerhalb des Binnenmarktes bezwecken oder bewirken, mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten. Dabei muss als ungeschriebene Voraussetzung sowohl die [X.]beschränkung als auch die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels spürbar sein. Wer gegen das Verbot verstößt, ist dem Betroffenen gemäß § 33 Abs. 1 GWB zur Unterlassung verpflichtet.

aa) Der [X.] ist als Unternehmensvereinigung Adressat des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV. In dem [X.]n sind unter anderem die Fußballvereine der [X.] Profiligen zusammengeschlossen. Für sie stellt sich der Fußball in erster Linie als eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Die Verbindung dieser wirtschaftlichen Tätigkeit zum Sport ändert nichts an der [X.] des [X.]n (vgl. [X.]uGH, Urteil vom 1. Juli 2008, [X.]/07, [X.]/[X.] [X.]U-R 1457 Rn. 22 - MOTO[X.]). Auch der Umstand, dass bei dem [X.]n neben [X.] ebenso Amateurvereine zusammengeschlossen sind, kann diese Bewertung nicht in Frage stellen (vgl. zur [X.]: [X.]uG, Urteil vom 26. Januar 2005 - [X.]/02, [X.]/[X.] 2005, [X.]U-R 881, Rn. 69 bis 72 - [X.]). [X.]ine wirtschaftliche Tätigkeit stellt auch die hier in Rede stehende Regelsetzung des [X.]n dar, die die Inanspruchnahme einer vorgelagerten, regelmäßig entgeltlichen Dienstleistung in Gestalt der Vermittlung von Sportlern betrifft. Das [X.] ist als Beschluss einer Unternehmensvereinigung anzusehen (vgl. dazu grundlegend: [X.]uGH, Urteil vom 27. Januar 1987 - 45/85, Slg 1987, 405 Rn. 29 bis 32 - Feuerversicherung; [X.]uG, [X.]/[X.] 2005, [X.]U-R 881 Rn. 75 - [X.]). Der [X.] möchte mit dem Regelwerk, was aus § 1 Nr. 1 [X.] deutlich wird, das Verhalten seiner Mitglieder auf einem bestimmten Markt koordinieren, nämlich im Hinblick auf die Tätigkeit der Spielervermittler beim Abschluss von [X.]n und bei [X.].

bb) Die hier angegriffenen Regelungen des [X.] führen auch zu einer spürbaren [X.]beschränkung auf dem Markt der Spielervermittlung.

(1) Die Regelungen richten sich zwar nicht direkt an Spielervermittler, sondern an Vereine und Spieler, die als Nachfrager der Vermittlungsleistung zur Marktgegenseite gehören. Sie bewirken jedoch, dass die [X.]ntscheidungsfreiheit der beteiligten Spieler, Vereine und Unternehmen beschränkt wird, was sich zugleich auf die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Spielervermittler auswirkt. Diese müssen ihr Verhalten an den in dem Regelwerk niedergelegten Bestimmungen ausrichten, um auf dem [X.] tätig werden zu können. Andernfalls riskieren sie, dass Spieler und Vereine - unter dem Druck der Sanktionierung durch den [X.]n (§ 9 [X.]) - davon absehen, sie mit der Spielervermittlung zu beauftragen.

(2) Die [X.]beschränkung ist auch spürbar. Wie ausgeführt, sind sämtliche in [X.] tätigen Vereine und Spieler als Nachfrager der Vermittlungsleistungen an das Regelwerk gebunden. Realistische Marktchancen in [X.] bestehen daher nur für Vermittler, die den angegriffenen Regelungen zur Registrierungspflicht (§ 2 Nr. 3, § 3 Nr. 2 und 3), zur Vergütungsstruktur (§ 7 Nr. 3 und [X.]) und zur Offenlegung der Zahlungen (§ 6 Nr. 1) nachkommen. Dem steht nicht die Klarstellung nach § 1 Nr. 4 [X.] entgegen, wonach [X.] und [X.] auch ohne [X.]inhaltung der Bestimmungen des Reglements ihre Gültigkeit behalten.

(3) Die Regelungen des [X.] sind ferner geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Wie ausgeführt, sind sämtliche in [X.] tätigen Vereine und Spieler als Nachfrager der Vermittlungsleistungen an das Regelwerk gebunden, wodurch auch alle in [X.] tätigen Spielervermittler durch die Regelungen beschränkt werden. Obwohl sie sich nur auf den gesamten [X.] Markt beziehen, bilden die Regelungen eine Marktzutrittsschranke für ausländische Spielevermittler, die in ihren Heimatländern nicht den gleichen Restriktionen unterliegen. Zudem hat eine Vielzahl vermittelter Spielertransfers einen Auslandsbezug, soweit ein Wechsel in die [X.] oder aus der [X.] in Rede steht. Die Relevanz für den Binnenmarkt steht daher außer Frage.

b) Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob die angegriffenen Regelungen die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 A[X.]UV erfüllen. Auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsurteils kann dies nicht angenommen werden.

c) Die [X.]ntscheidung des Falls hängt damit entscheidend davon ab, ob eine [X.]inschränkung des Tatbestands des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV nach Maßgabe der Grundsätze der "[X.]"-[X.]ntscheidung des [X.] eingreift, wie das Berufungsgericht angenommen hat.

aa) Beschränkungen des [X.]. 101 Abs. 1 A[X.]UV sind nach der Rechtsprechung des [X.] nur für besondere Fallgestaltungen anerkannt (vgl. [X.]uGH, Urteile vom 19. Februar 2002 - [X.]/99, [X.]/[X.] [X.]U-R 533 Rn. 97 ff. - [X.]; vom 28. Februar 2013 - [X.]/12, [X.] 2013, 545 Rn. 93 - [X.]; vom 18. Juli 2013 - [X.]36/12, [X.] 2013, 1243 Rn. 53 f. - [X.]; vom 23. November 2017 - C-427/16 und [X.]/16, [X.] 2018, 39, Rn. 54 - CH[X.]Z [X.]lektro Bulgaria). Danach fällt nicht jeder Beschluss einer Unternehmensvereinigung, durch den die Handlungsfreiheit von Parteien beschränkt wird, zwangsläufig unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV. Die Vereinbarkeit eines solchen Beschlusses mit den [X.]regeln der [X.] kann nicht abstrakt beurteilt werden. Vielmehr sind bei der Anwendung des Kartellverbots der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zu Stande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen. [X.]s ist weiter zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind. Der [X.]sgerichtshof hat diese Grundsätze - unter Berücksichtigung der Besonderheiten des sportlichen [X.] - auch im Bereich der Regelsetzung von Sportverbänden angewandt. [X.]r hat entschieden, dass eine legitime Zielsetzung im vorstehend genannten Sinn auch mit einem sportlichen Regelwerk verfolgt werden kann, soweit es - wie Regeln zur Dopingkontrolle - untrennbar mit der Organisation und dem ordnungsgemäßen Ablauf eines sportlichen [X.] verbunden ist und gerade dazu dient, einen fairen Wettstreit zwischen den Sportlern zu gewährleisten (sog. [X.]-Test; [X.]uGH, [X.]/[X.] [X.]U-R 1493 Rn. 43, 45 - [X.]).

bb) Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von den bisherigen Fällen, in denen der [X.]sgerichtshof für Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen eine entsprechende Tatbestandseinschränkung erwogen hat. Die [X.]ntscheidungen in den Rechtssachen "[X.]", "[X.]", "CH[X.]Z [X.]lektro Bulgaria" und "[X.]" betrafen jeweils berufsrechtliche Regelungen von auf gesetzlicher Grundlage gebildeten berufsständischen Vertretungen, denen eine Regelsetzungskompetenz für ihren Bereich zustand (vgl. [X.]uGH, [X.]/[X.] [X.]U-R 533 Rn. 44, 62 - [X.]; [X.] 2013, 545 Rn. 48 f. - [X.]; [X.] 2013, 1243 Rn. 5, 43 f. - [X.]; [X.] 2018, 39, Rn. 21, 48 - CH[X.]Z [X.]lektro Bulgaria). Der [X.]ntscheidung in der Rechtssache "[X.]" lagen [X.] des [X.] und eines Schwimmverbands zugrunde (vgl. [X.]uGH, [X.]/[X.] [X.]U-R 1493 Rn. 27 f. - [X.]). Diese Regelungen betrafen unmittelbar die sportliche Betätigung der Athleten und den fairen Ablauf des [X.], mithin den Markt für die Veranstaltung von [X.]n. Sie bewegten sich damit im Rahmen der [X.], die es Verbänden erlaubt, ihre internen Verhältnisse selbst zu regeln (Art. 12 Abs. 1 [X.], Art. 11 Abs.1 [X.]MRK, Art. 9 Abs. 1 GG). Das im Streitfall vorliegende Reglement wendet sich zwar ebenfalls an Vereine und Spieler, insofern an die Verbandsmitglieder des [X.]n, es betrifft jedoch ebenso Spielervermittler, die nicht Mitglieder des [X.]n sind. Das Reglement wirkt sich daher auf einen der sportlichen Tätigkeit vorgelagerten Drittmarkt aus, an dem die Vereine und Spieler nur als Nachfrager der Vermittlungsleistung beteiligt sind. Beschränkungen Dritter im Wettbewerb lassen sich nicht allein mit der Vereinsautonomie rechtfertigen. Die privatrechtlichen Beziehungen eines Vereins oder seiner Mitglieder zu anderen [X.] sind nicht anders zu beurteilen als entsprechende Beziehungen nicht vereinsgebundener Personen (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 12. Oktober 1995 - 1 BvR 1938/93, [X.], 1203 Rn. 9).

cc) Ob in Fallgestaltungen wie diesen eine Regelung, die die wirtschaftliche Handlungsfreiheit nicht vereinsgebundener Marktteilnehmer spürbar beschränkt, unter Anwendung des [X.]-Tests von dem Verbot des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV ausgenommen werden kann, lässt sich der Rechtsprechung des [X.] nicht eindeutig entnehmen. Dazu werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.

(1) Nach einer Auffassung sind die vom [X.]sgerichtshof unter anderem in den [X.]ntscheidungen "[X.]" und "[X.]" entwickelten Grund-sätze in Fallgestaltungen wie der vorliegenden nicht anwendbar. Diese Grundsätze sollen danach nur gelten, wenn das Regelwerk rein sportliche oder jedenfalls "sportspezifische" Zwecke verfolgt (vgl. Ackermann, [X.], 122, 126; [X.]/[X.], [X.] 2021, 565, 576; [X.], [X.] 2021, 138, 142; [X.]/Gastell, [X.] 2022, 74, 76f.). Dafür spreche, dass der [X.]sgerichtshof in der Rechtssache "[X.]" darauf abgestellt habe, dass die Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten durch [X.] mit dem ordnungsgemäßen Ablauf eines sportlichen [X.] "untrennbar verbunden" sei ([X.]uGH, [X.]/[X.] [X.]U-R 1493 Rn. 45 - [X.]). Zudem könne sich eine Befugnis von Sportverbänden zur Regelsetzung in Bezug auf unternehmerische Tätigkeit zwar aus den Besonderheiten sportlicher Wettkämpfe (dazu: Schlussanträge des Generalanwalts vom 15. Dezember 2022 - [X.]/21, juris Rn. 91 - [X.]uropean Super League), der privatrechtlichen Unterwerfung der Mitglieder unter die Verbandssatzung und der rechtlich anerkannten [X.] ergeben. Anderes gelte aber, wenn Bedingungen für Märkte geregelt würden, die nicht unmittelbar den sportlichen Wettkampf selbst beträfen, und wenn dabei die Tätigkeit von Unternehmen Gegenstand der Regelung sei, die keine Mitglieder des [X.] seien und daher den Inhalt dieser Regelungen nicht beeinflussen könnten. Dann rechtfertigten es weder die Besonderheiten des sportlichen [X.] noch die den Verbänden durch ihre Mitglieder privatrechtlich verliehene Regelsetzungsmacht, gemäß dem [X.]-Test des [X.] von der Anwendung des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV abzusehen (vgl. [X.]/[X.], aaO 588; [X.], aaO 146). Andernfalls könnte das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen aus Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV an Durchsetzungskraft verlieren. [X.]twas anderes ergebe sich auch nicht aus Art. 165 Abs. 2 Satz 2 A[X.]UV. Diese Vorschrift ermögliche der [X.] zur Verwirklichung ihrer sportbezogenen Zielsetzung nach Art. 165 Abs. 4 A[X.]UV nur [X.]mpfehlungen und gesetzgeberische Fördermaßnahmen, nicht aber die Lockerung kartellrechtlicher Bindungen [X.], aaO, 122, 126 f.). Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass zur regelhaften Konkretisierung übergeordneter Interessen, die im Widerspruch zu Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV stehen, nur der demokratisch legitimierte Gesetzgeber befugt sei ([X.] in: [X.] (Hrsg.), Symposium: 40 Jahre [X.], [X.] 2015 S. 21, 36 f.).

(2) Nach anderer Ansicht kommt es für die Anwendbarkeit der unter anderem in den Rechtssachen "[X.]" und "[X.]" entwickelten Grundsätze nicht darauf an, ob das Reglement eines [X.] nur den rein sportlichen Bereich der Verbandstätigkeit - insbesondere die Märkte für die Veranstaltung der [X.] - betrifft oder ob es sich unmittelbar auf Drittmärkte auswirkt. Vielmehr beanspruchten die Grundsätze bereits dann Geltung, wenn die Verbandsregelung überhaupt in irgendeinen sachbezogenen Zusammenhang mit der Organisation und dem ordnungsgemäßen Ablauf eines sportlichen [X.] gebracht werden könnte. Der Anwendungsbereich der [X.]-Grundsätze sei nur dann nicht eröffnet, wenn mit der strittigen Regelung allein (eigen)wirtschaftliche und keinerlei den konkreten [X.] betreffende sportorganisatorische Ziele verfolgt würden ([X.], [X.] im Sport, 2022, S. 355 Rn. 174). Die [X.] sei in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich. [X.]ine legitime Zielsetzung, die der zwingenden Verbotsfolge aus Art. 101 A[X.]UV entgegenstehe, könne unabhängig davon in den Besonderheiten des Sports gesehen werden, dessen ethische Werte nach Art. 165 Abs. 2 Satz 2 A[X.]UV auch zu den erklärten Zielen der [X.] gehörten (vgl. [X.], [X.] 2022, 214, 217; [X.], 1172, 1174). Dafür spreche auch, dass der [X.]sgerichtshof in der Rechtssache "[X.]" nicht ausdrücklich auf die [X.] abgestellt, sondern allgemein auf die in der Rechtssache "[X.]" genannten Grundsätze verwiesen habe. [X.]r habe angenommen, die Vereinbarkeit eines Regelwerks mit den unionsrechtlichen [X.]regeln sei nicht abstrakt zu beurteilen, sondern es müsse der Gesamtzusammenhang gewürdigt werden, in dem der fragliche Beschluss zustande gekommen sei oder seine Wirkungen entfalte (vgl. [X.]uGH, [X.]/[X.] [X.]U-R 1493 Rn. 42 - [X.]). Zu dem sportlichen Gesamtzusammenhang könnten auch Regelungen gerechnet werden, die nicht rein sportlichen Charakters seien, sondern die Inanspruchnahme einer Dienstleistung durch Verbandsmitglieder beträfen, die nur mittelbar Auswirkungen auf die sportliche Tätigkeit haben. Zudem könne es den Markt der Spielervermittlung ohne die Organisation des professionellen Fußballsports durch den [X.]n gar nicht geben, so dass er zumindest insofern mit der sportlichen Betätigung unmittelbar zusammenhänge.

dd) Sofern die auf einen Drittmarkt bezogene Regelsetzung eines [X.] nach Prüfung ihrer Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Regelungsziele von der Anwendung des Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV ausgenommen werden kann und daher Vorlagefrage 1 zu bejahen sein sollte, wäre zu erwägen, diese Prüfung nicht einheitlich für das gesamte von einem Sportverband erlassene Reglement zu eröffnen, sondern von vornherein nur für solche Regelungen, die eine ausreichende Nähe zu der sportlichen Tätigkeit des Verbands aufweisen (Vorlagefrage 2). [X.]ine Prüfung, ob eine legitime Zielsetzung gegeben ist, die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind, wäre dann nur im Hinblick auf diese einzelnen Regelungen möglich und erforderlich.

d) Geht man mit dem Berufungsgericht davon aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang des Reglements eine legitime Zielsetzung im Sinne der "[X.]"-Rechtsprechung ergibt, wären die angegriffenen [X.]inzelregelungen jeweils daraufhin zu untersuchen, ob sie dieser allgemeinen Zielsetzung entsprechen. Auf einer zweiten Prüfungsstufe wäre zu untersuchen, ob ein notwendiger Zusammenhang zwischen der Verfolgung der legitimen Zielsetzung und der [X.]beschränkung besteht. In einem dritten Schritt wäre zu prüfen, ob die jeweilige wettbewerbsbeschränkende Maßnahme verhältnismäßig, also zur [X.]rreichung des legitimen Ziels geeignet, erforderlich und angemessen ist. Bei Anwendung des [X.]-Tests könnte sich jedenfalls ein Teil der angegriffenen Regelungen als mit Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV vereinbar erweisen.

Ist hingegen der [X.]-Test auf Regelwerke der streitgegenständlichen Art, die mit dem von einem Sportverband organisierten Spielbetrieb nur in einem weiteren Zusammenhang stehen, nicht anwendbar, wäre für sämtliche angegriffenen Regelungen ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 A[X.]UV zu bejahen.

[X.]     

  

[X.]     

  

Tolkmitt

  

Holzinger     

  

Kochendörfer     

  

Meta

KZR 71/21

13.06.2023

Bundesgerichtshof Kartellsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Frankfurt, 30. November 2021, Az: 11 U 172/19 (Kart), Urteil

Art 101 Abs 1 AEUV, Art 267 Abs 1 Buchst b AEUV, Art 267 Abs 3 AEUV, § 18 GWB, § 19 GWB, § 33 Abs 1 GWB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 13.06.2023, Az. KZR 71/21 (REWIS RS 2023, 3846)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3846

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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