Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.09.2021, Az. XII ZB 161/21

12. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 2621

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Betreuungssache: Anforderungen an den Inhalt einer Beschwerdeentscheidung bei statthafter Rechtsbeschwerde


Leitsatz

Zu den Anforderungen an den Inhalt einer Beschwerdeentscheidung bei statthafter Rechtsbeschwerde (hier: Anordnung einer Kontrollbetreuung).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 17. März 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hatte für die heute 89jährige Betroffene, die der Beteiligten zu 3 Vorsorgevollmacht erteilt hatte, durch Beschluss vom 27. Juni 2016 gemäß § 1896 Abs. 3 BGB einen Kontrollbetreuer bestellt. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2020 hat es die [X.] ohne Begründung um den Aufgabenkreis „Widerruf der Vollmacht“ erweitert.

2

Auf die - von ihm unzutreffend auch als „sofortige Beschwerde“ bezeichneten - Beschwerden der Betroffenen und der Beteiligten zu 3 hat das [X.] den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben. Als Begründung ist angegeben, dass es der [X.] und deren Aufgabenkreiserweiterung nicht mehr bedürfe, nachdem inzwischen durch einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 12. März 2021 ein vorläufiger Berufsbetreuer mit weitgehendem, näher bezeichnetem Aufgabenkreis bestellt worden sei. Der angefochtene Beschluss sei daher „ex nunc“ aufzuheben. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist schon deshalb begründet, weil die Entscheidung des [X.] keine der Vorschrift des § 69 Abs. 2 FamFG entsprechende Begründung enthält.

4

Eine Beschwerdeentscheidung muss, sofern gegen sie wie hier eine Rechtsbeschwerde statthaft ist, eine vollständige, klare Darstellung des Sachverhalts unter Anführung der Gründe, aus denen die entscheidungsrelevanten Tatsachen für erwiesen erachtet wurden oder nicht, sowie die Rechtsanwendung auf den festgestellten Sachverhalt enthalten. Insoweit unterliegt auch die Wahrung der verfahrensrechtlichen Anforderungen der Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Enthält der Beschluss keine tatsächlichen Feststellungen, ist das Rechtsbeschwerdegericht zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage und die Beschwerdeentscheidung ist bereits aus diesem Grunde aufzuheben. Ausnahmsweise kann es genügen, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sach- und Streitstand aus der rechtlichen Würdigung ergibt, so dass eine Überprüfung der Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt möglich ist ([X.]/Sternal FamFG 20. Aufl. § 69 Rn. 43 mwN; vgl. auch [X.] Beschluss vom 20. Juni 2002 - [X.]/01 - NJW 2002, 2648).

5

Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdeentscheidung nicht. Die Kurzbegründung des [X.]s, die weder eigene Feststellungen noch eine Bezugnahme auf solche der ersten Instanz oder Ausführungen zum Vortrag der Beteiligten nebst den von ihnen gegebenenfalls gestellten Anträgen sowie ein Eingehen darauf enthält, lässt in keiner Weise erkennen, von welchem Sachverhalt das Beschwerdegericht ausgegangen ist und wie es das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erweiterung des Aufgabenkreises der [X.], auch im Hinblick auf eine nach erfolgtem Vollmachtwiderruf noch mögliche Feststellung nach § 62 FamFG (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juli 2020 - [X.]/20 - FamRZ 2020, 1677 Rn. 7 mwN), geprüft und beurteilt hat. Soweit die Erstbeschwerde aufgrund des erfolgten [X.] infolge Erledigung unzulässig geworden sein könnte, hätte das [X.] darauf hinweisen müssen, worauf die Beschwerdeführer mit einem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG hätten reagieren können, welcher nunmehr im Rahmen der Rechtsbeschwerde gestellt ist.

6

Daher ist der angefochtene Beschluss gemäß § 72 Abs. 3 FamFG iVm § 547 Nr. 6 ZPO aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Dieses wird sich auch mit den übrigen von der Rechtsbeschwerde erhobenen Verfahrensrügen und Einwendungen zu befassen haben.

Dose     

      

Schilling     

      

[X.]

      

Botur     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 161/21

15.09.2021

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Bonn, 17. März 2021, Az: 4 T 420/20

§ 69 Abs 2 FamFG, § 72 Abs 3 FamFG, § 547 Nr 6 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.09.2021, Az. XII ZB 161/21 (REWIS RS 2021, 2621)

Papier­fundstellen: MDR 2022, 57 REWIS RS 2021, 2621


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XII ZB 161/21

Bundesgerichtshof, XII ZB 161/21, 15.09.2021.


Az. 4 T 420/20

Landgericht Bonn, 4 T 420/20, 17.03.2021.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 355/21 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Grenzen der Rechtspflegerzuständigkeit für die Bestellung eines Kontrollbetreuers; Behandlung einer unwirksamen Entscheidung des funktionell …


XII ZB 68/20 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Beschwerdeeinlegung des Bevollmächtigten im Namen des Betroffenen gegen die Erweiterung der Betreuung um die …


XII ZB 58/19 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Erneute Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren nach erstmaliger Übersendung des Sachverständigengutachtens; Einrichtung einer Kontrollbetreuung …


XII ZB 329/16 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Vorraussetzungen für das Absehen von einer erneuten persönlichen Anhörung bei Erweiterung der Kontrollbetreuung; Erfordernis …


XII ZB 499/21 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Prüfung der Voraussetzungen für die Bestellung eines Verfahrenspflegers durch das Beschwerdegericht


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 68/20

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.