Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2014, Az. XI ZR 392/12

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 628

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI ZR 392/12
vom
9. Dezember
2014
in dem Rechtsstreit

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Der XI. Zivilsenat des [X.] hat am 9.
Dezember 2014 durch [X.]
Ellenberger als Vorsitzenden,
die Richter Dr.
Grüneberg und [X.] sowie die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Derstadt

beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird der Be-schluss des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 11.
September 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Streitwert: 191.000

Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die von der [X.] betriebene Zwangsvollstreckung aus einem notariell beurkundeten Schuldaner-kenntnis.
Im Juli 1999 schlossen der Kläger und die Beklagte mit der B.

AG (im Folgenden: Bank) einen Darlehensvertrag über 700.000
DM netto. Zur Sicherung des [X.] der 1
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Bank wurde eine an einem Grundstück der [X.] bestehende Eigentümer-briefgrundschuld in Höhe von 2,5
Mio.
DM an die Bank abgetreten.
Als in der Folgezeit das Darlehen nicht mehr bedient werden konnte, er-wirkte die jetzige Beklagte gegen den jetzigen Kläger
im Januar 2002 ein

rechtskräftig gewordenes

Urteil des [X.], nach dem der Kläger der [X.] den Schaden zu ersetzen hat, der daraus entsteht, dass noch nach dem 30.
April 2000 (a) am Grundstück der [X.] eine Grundschuld über 2,5
Mio.
DM zugunsten der Bank eingetragen ist,
und (b) die Beklagte gegen-über der Bank aus dem Darlehensvertrag von 1999 persönlich haftet.
Am 22.
Oktober 2004 begab sich der Kläger mit der [X.] und deren Rechtsanwalt zu einem Notar und gab dort ein abstraktes Schuldanerkenntnis mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung ab. Der Kläger erkannte in Ziffer
II.
1. an, der [X.] einen Betrag in Höhe von 375.000

n-sen nach §
288 Abs.
1 BGB ab dem 1.
November 2004 zu schulden. Ihm wurde nachgelassen, an die Beklagte monatlich 2.000

Der Kläger ver-pflichtete sich zudem, die monatlich anfallenden Zins-
und Tilgungsleistungen in Höhe von 2.013,21

; die Tilgungsleistungen sollten den in Ziffer
II.
1. bezeichneten Schadensersatzanspruch reduzieren.
Der Kläger zahlte in der Folgezeit monatlich 2.000

2.013,21

in der [X.] bis zum 1.
August 2010 in Höhe von 21.474,26

un-gen an die Beklagte belaufen sich auf insgesamt 191.000

Das [X.] hat der Klage zu einem geringen Teil stattgegeben und die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig erklärt, so-weit wegen mehr als 353.525,74

wird, weil der Anspruch aus dem Schuldanerkenntnis um die Tilgung des Darlehens in Höhe von 21.474,26

reduzieren sei. Im Übrigen hat das [X.] die Klage abgewiesen, da dem 3
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Kläger weitere Einwendungen nicht zustünden. Insbesondere sei die Beklagte nicht um das Schuldanerkenntnis ungerechtfertigt bereichert.
Mit seiner Berufung hat der Kläger beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem notariell beurkundeten Schuldanerkenntnis für unzulässig zu erklären, soweit wegen eines höheren Betrages als 162.525,74

Berufungsgericht hat die Berufung nach Erteilung eines Hinweises durch ein-stimmigen Beschluss gemäß §
522 Abs.
2 ZPO zurückgewiesen. Zur [X.] hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger könne das Schuldanerkenntnis
nicht gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 i.V.m. Abs.
2 BGB kondizieren. Aus dem Urteil des [X.] von 2002 ergebe sich, dass im Verhältnis der Parteien zueinander der Kläger allein verpflichtet sein sollte, die Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag von 1999 zu begleichen. Dieses Innenverhältnis sei Gegenstand des abstrakten [X.]. Solange die Darlehensschuld nicht vollständig begli-chen sei, bestünden diese Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis und bildeten den Rechtsgrund für das abstrakte Schuldanerkenntnis. Bei diesem handele es sich um einen Vergleich im Sinne von §
779 BGB, durch den der Streit zwi-schen den Parteien über die Art und Weise der Erfüllung der in dem rechtskräf-tigen Urteil des [X.] festgestellten Verpflichtung des [X.] beseitigt werden sollte und in dem der Kläger durch die Verzinsungspflicht keine überob-ligationsmäßige Verbindlichkeit eingegangen sei.
Auch die vom Kläger erklärte [X.] mit Zahlungen, die er in Erfüllung des abstrakten [X.] in Höhe von insgesamt 191.000

solche Gegenforderung könnte nur dann bestehen, wenn der
Kläger diese [X.] gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 BGB ohne Rechtsgrund geleistet [X.]. Der Rechtsgrund liege jedoch in dem wirksamen abstrakten Schuldaner-7
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kenntnis. Dieses habe der Kläger nicht gemäß §
123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechten können, da er nicht getäuscht worden sei.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Revision ist nach §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Fall
2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da der angegrif-fene Beschluss den Anspruch des [X.]
auf rechtliches Gehör aus Art.
103 Abs.
1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11.
Mai 2004 -
XI
ZB 39/03, [X.], 135, 139
f. und vom 9.
Februar 2010 -
XI
ZR 140/09, [X.], 515, 516). Aus demselben Grund ist dieser Beschluss gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
1. Art.
103 Abs.
1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen ([X.] 65, 293, 295; 83, 24, 35; 96, 205, 216; [X.], NJW-RR 2001, 1006, 1007). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm ent-gegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art.
103 Abs.
1 GG nicht ver-pflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG setzt eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus. Im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die deutlich ergeben, dass das Vorbringen entweder über-haupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist ([X.] 65, 293, 295
f.; 86, 133, 146; 96, 205, 216
f.; [X.], [X.], 131; Senatsbeschluss vom 20.
Januar 2009 -
XI
ZR 510/07, [X.], 405 Rn.
8).
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2. Nach diesen Maßgaben ist Art.
103 Abs.
1 GG hier verletzt.
Das [X.] hat den Kerngehalt des Vortrags des [X.] übergangen, indem es
nicht geprüft hat, ob dem Kläger aufgrund der unstreitigen Zahlungen an die Beklagte
der Einwand der Erfüllung gemäß §
362 Abs.
1 BGB zusteht, obwohl der Kläger

insbesondere in seiner Stellungnahme zum Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 9.
Juli 2012

die Berücksichtigung dieser Zahlungen eingefordert und damit auch den [X.] geltend gemacht hat.
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf dieser
Gehörsver-letzung. Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn nicht ausgeschlos-sen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des über-gangenen Vorbringens anders entschieden hätte (vgl. [X.] 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 65, 305, 308; 89, 381, 392
f.). Dies ist hier der Fall, da die titulierte Forderung durch die unstreitigen Zahlungen des [X.] an die Beklagte zumindest teilweise durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlo-schen sein könnte.
Entsprechend der Forderungsberechnung in der Anlage zur Klageschrift kommt jedenfalls eine Erfüllung in Höhe von 63.533,16

e-tracht. Eine weitergehende Erfüllung könnte eingetreten sein, wenn sich durch Auslegung des [X.] oder aus §
138 BGB ergäbe, dass die in Ziffer II.
1. anerkannten Verzugszinsen nicht unabhängig davon geschuldet 12
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sind, ob der [X.], die nach dem nicht
bestrittenen [X.] keine Zahlungen an die Bank geleistet hat, durch ihre Haftung für das Darlehen oder die Grundschuld auf ihrem Grundstück tatsächlich ein konkreter Schaden ent-standen ist.

Ellenberger
Grüneberg
[X.]

Menges
Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.09.2011 -
2 O 501/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 11.09.2012 -
6 [X.] -

Meta

XI ZR 392/12

09.12.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2014, Az. XI ZR 392/12 (REWIS RS 2014, 628)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 628

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6 U 192/11

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