Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.05.2023, Az. XIII ZR 14/21

13. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 3548

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Gegenstand

Vergabeverfahren: Rechtsmäßigkeit der zwingenden Einreichung eines Angebots als GAEB-Datei - GAEB-Dateiformat


Leitsatz

GAEB-Dateiformat

1. Der Auftraggeber kann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VOB/A 2016 festlegen, welche elektronischen Mittel (§§ 11, 11a VOB/A) bei der Einreichung von elektronischen Angeboten zu verwenden sind.

2. Werden vorgegebene elektronische Mittel bei der Einreichung des Angebots nicht verwendet, ist das Angebot nicht formgerecht übermittelt und gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2016 auszuschließen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 25. August 2021 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein auf Abbruch und Sanierungsarbeiten spezialisiertes Bauunternehmen, macht gegen den beklagten landeseigenen Betrieb Ansprüche auf Ersatz entgangenen Gewinns wegen fehlerhafter Durchführung eines Vergabeverfahrens geltend.

2

Am 7. Februar 2019 machte der Beklagte eine öffentliche Ausschreibung nach Abschnitt 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A (nachfolgend: VOB/A 2016) bekannt. Zuvor hatte eine Kostenberechnung eine Auftragssumme von 136.950 € netto für den zu vergebenden Auftrag ergeben. In der Bekanntmachung heißt es unter "Angaben zum elektronischen Vergabeverfahren und zur Ver- und Entschlüsselung der Unterlagen":

"Es werden elektronische Angebote akzeptiert: Ohne elektronische Signatur (Textform) (…)"

3

Gemäß der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (nachfolgend: Vergabeunterlagen) war unter anderem ein Angebotsschreiben wie folgt einzureichen:

"Angebotsschreiben

Teile der Leistungsbeschreibung: Leistungsverzeichnis Leistungsprogramm als [X.] im Format d.84 oder x.84 Hinweis: Vom [Auftraggeber] wurde eine sog. Auftraggeberlizenz des [X.] erworben, welche den [X.] kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Damit können Angebot[e] auf elektronischem Weg bearbeitet und gespeichert werden." [Es folgt ein entsprechender Link].

4

In Ziffer 7 der Vergabeunterlagen war unter der Überschrift "Angebote können abgegeben werden:" angekreuzt "elektronisch in Textform".

5

Die Klägerin gab unter dem 4. März 2019 das günstigste Angebot ab, wobei sie die Angebotsunterlagen jedenfalls im [X.] vollständig einreichte. Ob sie das Angebot auch in Form einer [X.] übermittelt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte schloss das Angebot der Klägerin von der Prüfung aus, weil es nicht als [X.] eingereicht worden sei. Am 12. März 2019 hob er die Ausschreibung auf. Ohne die Klägerin zu beteiligen, schrieb er die Leistungen im formlosen Verhandlungsverfahren neu aus und beauftragte am 12. April 2019 einen Drittunternehmer.

6

Mit der Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz für den ihr entgangenen Auftrag in Höhe von 36.307,31 € nebst Rechtsverfolgungskosten und [X.]. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil abgeändert und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte den Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit erheblich - ausgeführt, der Anspruch stehe der Klägerin dem Grunde nach zu. Durch ihre Teilnahme an der Ausschreibung sei ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet worden. Der [X.] habe durch den Ausschluss des Angebots der Klägerin eine ihr gegenüber bestehende Rücksichtnahmepflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Die Vergabe richte sich nach Abschnitt 1 der [X.]/[X.]. Das Angebot der Klägerin habe nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 [X.]/[X.] ausgeschlossen werden dürfen. Nach dieser Vorschrift seien unter anderem solche Angebote auszuschließen, die § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.]/[X.] nicht entsprächen. Danach lege der Auftraggeber fest, in welcher Form die Angebote einzureichen seien. Elektronische Angebote seien nach Wahl des Auftraggebers in Textform oder mit einer bestimmten Signatur zu übermitteln. Im Streitfall habe das Angebot der Klägerin dieser Bestimmung entsprochen. Die unstreitig eingereichten PDF-Dokumente entsprächen der vom [X.]n in Ziffer 7 der Ausschreibungsbedingungen gewählten Textform. Ob die Klägerin das Leistungsverzeichnis darüber hinaus auch als [X.] eingereicht habe, sei unerheblich. Die diesbezügliche Vorgabe des [X.]n sei keine Festlegung im Sinn von § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.]/[X.]. Die Vorschrift nenne als mögliche Formen nur die Schriftform und die elektronische Form, wobei bezüglich der elek-tronischen Form nach Wahl des Auftraggebers die Übermittlung in Textform oder mit einer fortgeschrittenen oder qualifizierten elektronischen Signatur vorgesehen seien. Eine darüberhinausgehende Befugnis, bestimmte Dateiformate vorzugeben, lasse sich der Regelung nicht entnehmen. Der [X.] hätte deshalb die angeblich fehlende Datei nach § 16a Satz 1 [X.]/[X.] nachfordern müssen, was nicht geschehen sei. Infolge der Pflichtverletzung könne die Klägerin Ersatz des Gewinns verlangen, den sie mit der Ausführung des Auftrags erzielt hätte. Die Voraussetzungen dafür lägen vor.

8

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht angenommen werden, dass der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des Gewinns zusteht, den sie mit der Ausführung des Auftrags erzielt hätte.

9

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht zwar davon aus, dass durch die Teilnahme der Klägerin an der Ausschreibung ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis zustande gekommen ist, das die Parteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet und auf beiden Seiten Sorgfaltspflichten begründet, deren Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen kann (st. Rspr., siehe nur [X.], Urteile vom 9. Juni 2011 - [X.], [X.]Z 190, 89 Rn. 9 ff. - [X.]; vom 8. Dezember 2020 - [X.], [X.]Z 228, 15 Rn. 9 f. - Flüchtlingsunterkunft).

2. Das Berufungsgericht hätte auf der festgestellten Tatsachengrundlage aber nicht annehmen dürfen, dass der [X.] durch den Ausschluss der Klägerin eine sich ihr gegenüber aus § 241 Abs. 2 BGB ergebende Rücksichtnahmepflicht verletzt hat. Es hat offengelassen, ob die Klägerin das Angebot auch als [X.] eingereicht hat. Da dazu keine Feststellungen getroffen sind, ist im Folgenden zugunsten der Revision zu unterstellen, dass dies nicht erfolgt ist. Auf dieser Grundlage kann nicht ausgeschlossen werden, dass die [X.] das Angebot gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.]/[X.] zu Recht nicht berücksichtigt hat.

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann der Auftraggeber gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.]/[X.] festlegen, welche elektronischen Mittel (§§ 11, 11a [X.]/A) bei der Einreichung von elektronischen Angeboten zu verwenden sind.

aa) Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.]/[X.] legt der Auftraggeber fest, in welcher Form die Angebote einzureichen sind. Elektronische Angebote sind nach Wahl des Auftraggebers in Textform oder mit einer (fortgeschrittenen oder qualifizierten) Signatur zu übermitteln (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 [X.]/[X.]), wenn der Auftraggeber gemäß § 11 Abs. 1 [X.]/[X.] die elektronische Kommunikation vorgegeben hat. In diesem Fall übermitteln die Unternehmen nach § 11 Abs. 4 [X.]/[X.] ihre Angebote in Textform mithilfe elektronischer Mittel und versehen sie gegebenenfalls mit der vorgegebenen Signatur (§ 11 Abs. 5 [X.]/[X.]).

bb) Der in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.]/A verwendete Begriff der "Form" lässt entgegen der Ansicht der Klägerin nach seinem Wortlaut die Auslegung dahin zu, dass die Form eines Angebots auch die bei seiner Einreichung zu verwendenden elektronischen Mittel umfasst.

(1) Die "Form" einer Erklärung bezeichnet die Anforderungen an die Art und Weise ihrer Verkörperung und Abgabe. Das Gesetz kennt unter anderem die Schriftform (§ 126 BGB) und ihren Sonderfall, die elektronische Form (§ 126a BGB), ferner Textform (§ 126b BGB), die notarielle Beurkundung (§ 128 BGB) und die öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB). Es sieht ferner eine Vielzahl von besonderen Formen vor wie beispielsweise die gleichzeitige Anwesenheit der Beteiligten zur Niederschrift eines Notars (§§ 1410, 2276 BGB), eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung (§ 2247 BGB) oder eine mündliche Erklärung vor drei Zeugen (§ 2250 BGB; vgl. [X.] in [X.], 9. Aufl., § 125 Rn. 2).

(2) Die bei der Abgabe eines Angebots verwendeten elektronischen Mittel bestimmen die Art und Weise der Verkörperung des Angebots und seiner Abgabe.

(a) §§ 11, 11a [X.]/[X.] enthalten für den [X.] keine Definition des Begriffs der elektronischen Mittel, sondern setzen diesen voraus. Zur Ausfüllung des Begriffs kann indes die in § 11 Abs. 1 [X.]/[X.] 2016 enthaltene Definition herangezogen werden, weil nach dem [X.] des [X.], Bau und Reaktorsicherheit zur Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen ([X.]) 2016 vom 9. September 2016 ([X.] -81063.6/1) für die Durchführung der elektronischen Kommunikation im Ober- und [X.] übereinstimmende Regelungen gelten sollen. Aus diesem Grund wurden §§ 11, 11a [X.]/[X.] 2016 mit wenigen Ausnahmen wörtlich in den ersten Abschnitt der [X.]/[X.] übernommen (ebenda, S. 4).

(b) Danach sind elektronische Mittel Geräte und Programme für die elektronische Datenübermittlung (§ 11 Abs. 1 [X.]/[X.] 2016). Eine gleichlautende Definition enthält § 9 Abs. 1 der auf der Grundlage von § 113 GWB erlassenen Vergabeverordnung (nachfolgend: VgV). Beide Regelungen dienen der Umsetzung von Art. 22, Art. 51, 53 der Richtlinie 2014/24/[X.] des [X.] und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/[X.] (nachfolgend: Richtlinie 2014/24 oder [X.] 2014/24; [X.] in [X.]/[X.], Vergaberecht, 4. Aufl., § 9 VgV Rn. 1, § 11 [X.]/[X.] Rn. 1; Schranner in [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., § 11a [X.]/[X.] Rn. 1, § 11 [X.]/[X.] 1 ff., 5 ff.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Vergaberecht, 2. Aufl., § 9 VgV Rn. 1, § 11 [X.]/[X.] Rn. 1, § 11 [X.]/A Rn. 1). Schon nach dem Wortlaut umfasst der Begriff der elektronischen Mittel danach auch Softwareprogramme, die der elektronischen Datenübermittlung dienen.

(c) Das ergibt sich auch aus den Erwägungsgründen 52 und 53, Art. 2 Abs. 1 Nr. 13 und [X.] sowie Art. 22 [X.] 2014/24. Elektronische Mittel sind nach der in Art. 2 Abs. 1 [X.] [X.] 2014/24 enthaltenen Definition elektronische Geräte für die Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten, die über Kabel, per Funk, mit optischen Verfahren oder mit anderen elektromagnetischen Verfahren übertragen, weitergeleitet und empfangen werden. Zwar umfasst diese Definition nicht ausdrücklich auch (Software-) Programme. Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 13 [X.] 2014/24 zählen zu den Auftragsunterlagen aber auch Formate für die Einreichung von Unterlagen seitens der Bewerber und Bieter. Ferner lässt sich den Erwägungsgründen 52 und 53 sowie Art. 22 Abs. 1 Unterabsatz 2 und Abs. 6 [X.] 2014/24 klar entnehmen, dass die dort genannten elektronischen Kommunikationsmittel auch spezifische Instrumente, Vorrichtungen, Anwendungen und Dateiformate und damit auch ([X.] umfassen. Denn durch die Vorgaben in Art. 22 [X.] 2014/24 soll sichergestellt werden, dass es sich bei den zur Einreichung elektronischer Angebote verwendeten elektronischen Kommunikationsmitteln entweder um allgemein verfügbare und von allgemein verfügbaren Anwendungen unterstützte Instrumente, Vorrichtungen und Dateiformate handelt oder der Auftraggeber diese den [X.] zur Verfügung stellt (Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b [X.] 2014/24). Bei der Umsetzung der Richtlinie 2014/24 durch § 11 Abs. 1 [X.]/[X.] 2016 und § 9 Abs. 1 VgV wurde der Hinweis auf die Programme für die Datenübermittlung vor diesem Hintergrund lediglich klarstellend aufgenommen (Müller in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], VgV, 2. Aufl., § 9 Rn. 26). Entgegen der Ansicht der Klägerin sind elektronische Mittel im Sinn der Richtlinie 2014/24 daher nicht lediglich Kommunikationsmittel ohne Aussage zur Vorgabe von Dateiformaten.

(3) Elektronische Mittel bestimmen durch die Vorgabe von Dateiformaten die Art und Weise der (äußeren) Verkörperung und der Abgabe und Übermittlung des Angebots. Wenn ein zum Datenaustausch verwendetes Softwareprogramm zur Verkörperung und Übermittlung der Erklärung ein bestimmtes Dateiformat erfordert, beinhaltet die Verwendung des Programms notwendig dieses Dateiformat und legt damit die (äußere) Verkörperung des Angebots und die Art seiner Übermittlung fest (vgl. zu § 46c Abs. 2 Satz 1 ArbGG [X.], Urteil vom 25. August 2022 - 6 [X.], NJW 2023, 623 Rn. 43 ff. [X.]; zu § 130a Abs. 6 ZPO [X.], Urteil vom 19. Januar 2023 - [X.], FamRZ 2023, 624 Rn. 20 f.). Unter den Begriff der Form kann daher auch die Vorgabe elektronischer Mittel fallen, ohne dass dies - wie die Klägerin meint - die [X.] des § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.]/A überschreiten würde.

cc) § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.]/[X.] ist nach der systematischen Stellung und dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift mit §§ 11, 11a [X.]/[X.] dahin auszulegen, dass die Festlegung des Auftraggebers, in welcher Form die Angebote einzureichen sind, auch die dabei zu verwendenden elektronischen Mittel umfassen darf. Da der Auftraggeber das Recht hat, die bei der Einreichung der Angebote zu verwendenden elektronischen Mittel zu bestimmen, kann er auch die Verwendung der dafür erforderlichen Dateiformate vorgeben.

(1) § 13 [X.]/[X.] fasst die für Form und Inhalt der Angebote geltenden Vorgaben zusammen, wobei die Vorschrift in engem Zusammenhang mit den in § 4 und §§ 7 bis 12 [X.]/[X.] enthaltenen Vorgaben zu den Vertragsarten, der Leistungsbeschreibung, den Vergabeunterlagen und Vertragsbedingungen, den Fristen und Kommunikationswegen sowie der Bekanntmachung steht. Sie ist daher jeweils im Zusammenhang mit diesen Vorschriften zu betrachten und auszulegen (von [X.] in [X.]/[X.], [X.], 21. Auflage, § 13 [X.]/A Rn. 1 [X.]; [X.] in [X.], Stand 15. September 2022, § 13 [X.]/A Rn. 3).

(2) Die die Form betreffende Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.]/[X.] weist eine enge Verbindung zu dem in §§ 11, 11a [X.]/A geregelten Recht des Auftraggebers zur Festlegung der Kommunikationsformen und -wege auf ([X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 2, § 13 [X.]/[X.] Rn. 1). Deren Wahl liegt beim Auftraggeber, wobei ihm ein weiter Ermessensspielraum zukommt, auf welchem Weg er die Möglichkeit zur Einreichung des Angebots eröffnet (Koenigsmann-Hölken in [X.]/[X.]/[X.], Vergaberecht, 2. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 10; von [X.] in [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 2; [X.] in MüKoWettbewerbsR, 4. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 13 f.; Haupt in [X.]/Baldringer/Haupt, [X.], 2022, § 13 [X.]/A Rn. 5).

(3) Durch § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 4 sowie § 11 Abs. 4 [X.]/[X.] werden systematisch die Textform und die zur Übermittlung verwendeten elek-tronischen Mittel verknüpft. Formgerecht übermittelt beziehungsweise eingereicht ist das Angebot deshalb nur, wenn dies mithilfe der vom Auftraggeber vorgegebenen elektronischen Mittel erfolgt (vgl. [X.] in Pünder/[X.], Vergaberecht, 3. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 1, § 13 [X.]/[X.] Rn. 10; zu § 53 VgV vgl. [X.], Beschluss vom 8. Juli 2020 - [X.], juris Rn. 56; Vergabekammer [X.], Beschluss vom 2. April 2019, BeckRS 2019, 7485 Rn. 130 bis 132; Soudry in [X.], VgV/UVgO, 5. Aufl., § 57 VgV Rn. 40; [X.] in [X.]-[X.], Vergaberecht, 4. Aufl., § 53 VgV Rn. 7; offengelassen für die Verschlüsselung von [X.], Beschluss vom 18. Februar 2020 - 11 Verg 7/19, juris Rn. 26 f.; vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], VgV, 2. Aufl., § 9 Rn. 18 sowie aaO [X.]/[X.], § 57 Rn. 52).

(4) Demgegenüber greift die Ansicht der Klägerin, eine etwaige Befugnis zur Vorgabe des Dateiformats könne in systematischer Hinsicht allenfalls aus einer die Vergabeunterlagen betreffenden Vorschrift hergeleitet werden, nicht durch. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, betrifft die Verwendung von durch elektronische Mittel vorgegebenen Dateiformaten nicht den Inhalt der Vergabeunterlagen, sondern ihre äußere Form und die Art und Weise der Abgabe und Einreichung des Angebots. Schließlich besteht auch keine - von der Klägerin befürchtete - Gefahr einer Umgehung ausdrücklich normierter Vorgaben technischer Standards, weil Auftraggeber diese bei ihren Vorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.]/[X.] zu beachten haben.

dd) Die Auslegung, wonach der Auftraggeber gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.]/A die bei der Abgabe des Angebots zu verwendenden elektronischen Mittel festlegen darf, entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

(1) § 13 [X.]/[X.] soll den ordnungsgemäßen Wettbewerb im Vergabeverfahren sichern, Chancengleichheit und Transparenz gewährleisten und insbesondere der Sicherstellung der Vergleichbarkeit der Angebote für die Wertungsphase dienen (von [X.] in [X.]/[X.], [X.], 22. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 1; Planker in [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 1; [X.] in [X.], 4. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 3; [X.] in [X.], Stand 15. September 2022, § 13 [X.]/A Rn. 1; [X.] in Pünder/[X.], Vergaberecht, 3. Aufl., § 13 [X.]/A Rn. 1, § 13 [X.]/[X.] Rn. 2). Die Verwendung elektronischer Informations- und Kommunikationsmittel soll zudem ausweislich des [X.] 52 [X.] 2014/24 die Bekanntmachung von Aufträgen erheblich vereinfachen und Effizienz und Transparenz der Vergabeverfahren steigern.

(2) Die Vorgabe der bei der Einreichung von Angeboten zu verwendenden elektronischen Mittel dient in besonderem Maße der Vergleichbarkeit der Angebote und der Effizienz des Vergabeverfahrens. Die Verwendung einheitlicher Dateiformate durch alle Bieter stellt eine (auch elektronische) Vergleichbarkeit sicher und verhindert beim Auftraggeber zusätzlichen Aufwand, der durch die gegebenenfalls erforderliche Umwandlung und Überprüfung von Angeboten anfällt, bei deren Einreichung andere elektronische Mittel und Dateiformate verwendet worden sind. §§ 11, 11a [X.]/A könnten ihren Sinn und Zweck, wonach der Auftraggeber die Kommunikationsmittel im Interesse der Effizienz und Transparenz festlegt, daher nicht erfüllen, wenn eine Verletzung entsprechender Vorgaben keinen Ausschluss des Angebots gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 16 Abs. 1 Nr. 2 [X.]/[X.] zur Folge hätte.

b) Der [X.] hat in den Vergabeunterlagen festgelegt, dass das Leistungsverzeichnis unter Verwendung des dort genannten [X.] einzureichen ist. Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass die Bekanntmachung und Ziffer 7 der Vergabeunterlagen die elektronische Abgabe des Angebots in Textform vorsehen. Die Vergabeunterlagen sind nach dem objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, auf den bei der Auslegung abzustellen ist ([X.], Urteil vom 13. September 2022 - [X.], [X.] 2023, 205 Rn. 17 - Deponiekosten; Beschluss vom 7. Januar 2014 - [X.], [X.]Z 199, 327 Rn. 31 [X.] - [X.]), eindeutig dahin zu verstehen, dass das Leistungsverzeichnis als [X.] im Format d.84 oder [X.] eingereicht werden musste. Das ergibt sich zweifelsfrei aus den an das Angebotsschreiben gestellten Anforderungen. Dass das Angebot im Übrigen nach der im Formular unter Ziffer 7 angekreuzten Vorgabe und nach der Bekanntmachung elektronisch in Textform einzureichen war, steht dem nicht entgegen. Unklarheiten ergeben sich daraus nicht. Die Angaben in der Bekanntmachung und unter Ziffer 7 der Vergabeunterlagen betreffen allgemein die elektronische Abgabe der Angebote in Textform und ohne Signatur. Das steht der spezielleren für das Leistungsverzeichnis geltenden Vorgabe zur Verwendung eines vom [X.]n bereitgestellten Programms nicht entgegen. Die Klägerin macht auch nicht geltend, die Vergabeunterlagen nicht im Sinne dieser Anforderung verstanden zu haben, sondern trägt vor, sie habe ihr Angebotsschreiben vom 4. März 2019 entsprechend der Vorgabe als [X.] eingereicht.

c) Den Vortrag des [X.]n - wie revisionsrechtlich geboten - als richtig unterstellt, war das Angebot daher gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.]/[X.] auszuschließen. Dem Einwand der Klägerin, der [X.] hätte, selbst wenn eine Festlegung der Verwendung des [X.] zulässig erfolgt sei und sie diese Vorgabe nicht eingehalten habe, ihr Angebot nicht ausschließen dürfen, sondern die fehlende Unterlage gemäß § 16a [X.]/[X.] nachfordern müssen, ist kein Erfolg beschieden.

aa) Gemäß § 16a Satz 1 [X.]/[X.] setzt die Möglichkeit zur Nachforderung von Unterlagen voraus, dass ein Ausschluss nach § 16 Abs. 1 oder Abs. 2 [X.]/[X.] nicht erfolgt ist (Holz in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 16a [X.]/A Rn. 5; von [X.] in [X.]/[X.], [X.], 20. Aufl., § 16a [X.]/A [2016] Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 16a [X.]/A [2016] Rn. 1). Das ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut der Regelung. Danach verlangt der Auftraggeber die fehlenden Erklärungen oder Nachweise nach, wenn das Angebot nicht entsprechend § 16 Abs. 1 oder 2 [X.]/[X.] ausgeschlossen wird.

bb) Hier ist indes letzteres der Fall. Hat die Klägerin ihr Angebotsschreiben vom 4. März 2019 nicht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.]/[X.] formgerecht eingereicht, war es nach der damaligen Rechtslage (§ 16 Abs. 1 Nr. 2, § 16a [X.]/[X.]) auszuschließen. Es kommt nicht auf die - offene - Frage an, ob § 16a [X.]/[X.] dahin auszulegen ist, dass nicht nur unternehmensbezogene, sondern auch leistungsbezogene Unterlagen nachzufordern sind (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2019 - [X.], [X.], 661 Rn. 51 f. - Straßenbauarbeiten). Diese Frage stellt sich nur, wenn (überhaupt) ein Angebot vorliegt, bei dem (leistungsbezogene) Erklärungen oder Nachweise fehlen. Hier ist schon kein formgerecht übermitteltes Angebot gegeben.

III. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 ZPO). Dabei wird das Berufungsgericht gegebenenfalls unter Berücksichtigung des im Revisionsverfahren erfolgten Vortrags Feststellungen dazu zu treffen sowie zu bewerten haben, ob das vom [X.]n vorgegebene Softwareprogramm die Anforderungen von § 11a [X.]/A erfüllt.

[X.]     

  

[X.]     

  

Picker

  

Holzinger     

  

Kochendörfer     

  

Meta

XIII ZR 14/21

16.05.2023

Bundesgerichtshof 13. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 25. August 2021, Az: 11 U 118/20

§ 11 VOBA1 2016, § 11a VOBA1 2016, § 13 Abs 1 Nr 1 S 1 VOBA1 2016, § 16 Abs 1 Nr 2 VOBA1 2016

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.05.2023, Az. XIII ZR 14/21 (REWIS RS 2023, 3548)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3548

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X ZR 86/17

X ZB 15/13

XIII ZR 9/20

V ZB 28/22

6 AZR 499/21

XIII ZR 19/19

X ZR 143/10

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