Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.03.2024, Az. VIa ZR 744/21

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 1367

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 3. Dezember 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Berufungsantrag zu I in Höhe von 23.456,57 € nebst Zinsen sowie zum Berufungsantrag zu [X.] zum Nachteil des [X.] erkannt hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Er erwarb im August 2018 von einem Dritten einen Gebrauchtwagen des Typs [X.] mit einem Dieselmotor der Baureihe [X.] ([X.]). Die Beklagte ist Herstellerin des Fahrzeugs, dessen Abgasreinigung eine Abgasrückführung mit [X.] umfasst.

3

Das [X.] hat die zuletzt im Wesentlichen auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich des Wertes gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs (Berufungsantrag zu I), auf Feststellung des Annahmeverzugs (Berufungsantrag zu II) und auf Freistellung von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung (Berufungsantrag zu III) gerichtete Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die [X.] im tenorierten Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Dem Kläger stehe kein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB zu, da ein [X.] Verhalten der Beklagten nicht festzustellen sei. Die Feststellung von Sittenwidrigkeit tragende Umstände seien hinsichtlich des Thermofensters nicht ersichtlich. Der Vortrag des [X.] im Übrigen, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, sei unsubstantiiert. Auch hinsichtlich der als unzulässig gerügten [X.] ([X.]) habe der Kläger ein [X.] Verhalten der Beklagten nicht schlüssig dargelegt. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV bestehe nicht, da diese Normen nicht dem Schutz vor wirtschaftlich nachteiligen Geschäften dienten.

II.

7

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

8

1. Soweit das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des [X.] aus §§ 826, 31 BGB verneint, sind allerdings Rechtsfehler nicht ersichtlich. Die von der Revision erhobenen [X.] von [X.] erachtet der [X.] nicht für durchgreifend (§ 564 Satz 1 ZPO).

9

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV abgelehnt hat. Wie der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des [X.] gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der [X.] zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des [X.] auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen [X.]s zustehen kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso [X.], Urteile vom 20. Juli 2023 - [X.], [X.], 1839 Rn. 21 ff.; - [X.], juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - [X.], juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Die Berufungsentscheidung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil sie sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der [X.] kann im Umfang der Aufhebung nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen [X.] darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des [X.]s vom 26. Juni 2023 ([X.], [X.]Z 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV zu treffen haben.

[X.]     

      

Krüger     

      

Götz

      

Rensen     

      

Katzenstein     

      

Meta

VIa ZR 744/21

05.03.2024

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 3. Dezember 2021, Az: 23 U 247/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.03.2024, Az. VIa ZR 744/21 (REWIS RS 2024, 1367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 1367

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 412/21

III ZR 303/20

III ZR 267/20

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