Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2015, Az. VII ZB 48/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1396

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:021215BVIIZB48.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 48/13

vom

2. Dezember 2015

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
2. Dezember
2015
durch [X.] Eick, die Richter Halfmeier
und
Prof.
Dr.
Jurgeleit und die
Richterinnen [X.] und Wimmer
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 13.
Zivilsenats des [X.] vom 8.
Juli 2013 wird als unzulässig verworfen.
Die
Klägerin
trägt die Kosten des [X.].
Gegenstandswert: 1.182.155,56

Gründe:
I.
Die Klägerin führte für die Beklagte Fassaden-
und Verkleidungsarbeiten an einem Bauvorhaben
in N. durch. Nach Abschluss der Arbeiten begehrt die Klägerin aufgrund von ihr geltend gemachter 36
Nachträge die Zahlung eines Restwerklohns von 926.287,56

l-lungsbürgschaft. Die Beklagte, die von einer Überzahlung der Klägerin in Höhe von 253.781,18

von ihr nach §
648a BGB gestellter Bürgschaften.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattge-geben. Zur Begründung hat das [X.] unter anderem
ausgeführt:
1
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-
Zu den von der Klägerin für ihre Arbeiten noch geforderten Summen fehle
ausreichender und schlüssiger Vortrag. Dieser sei weder den beiden Schriftsätzen noch den zu den Akten eingereichten Anlagen zu entnehmen. Die dortigen Erläuterungen der Klägerin zu ihren (etwaigen) zusätzlichen Leistun-gen sowie zu den Kosten aus (behaupteten) Behinderungen (Anlagen 1 und 2 zur Schlussrechnung vom 14.
Dezember
2011 sowie K
14) seien weder aus sich heraus noch bei gesamter Betrachtung verständlich. Dazu fehle eine (nach [X.], Ort und Umständen) genaue Schilderung der ursächlichen und maßgebli-chen Umstände für die von der Klägerin geltend gemachten (36) Nachträge so-wie eine erläuternde Darstellung, dass diese zusätzlichen Leistungen nicht von der im (Haupt-)Auftrag vom 30.
März 2011 vereinbarten Pauschale erfasst [X.]. Zwar könnten die von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachver-ständigen H. belegen, dass die Ausführung einzelner von der Klägerin zu er-bringender Leistungen zu bestimmten [X.]punkten durch bauliche Umstände erschwert oder behindert gewesen sein mögen. Jedoch fehle jegliche [X.] der bei der Klägerin aufgrund des jeweils dokumentierten Zustands (an-geblichen zusätzlich) angefallenen Kosten. Wegen des fehlenden Vortrags der Klägerin zu ihrer Vergütung könne nur von der
Abrechnung durch die Beklagte gemäß deren Prüfung vom 17.
Februar
2012 ausgegangen werden. Danach sei die Klägerin überzahlt. Deshalb sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, die ihr von der Klägerin gestellte Bürgschaft herauszugeben. Das bewirke zugleich, dass die zulässige Widerklage begründet sei. Da die Beklagte
eine der Klägerin zustehende Vergütung in vollem Umfang beglichen habe, sei deren Forderung erloschen und damit der Anspruch auf Sicherung entfallen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung hat das Berufungsgericht antragsgemäß bis 18.
März
2013 verlängert.
Mit Schriftsatz vom 18.
März
2013 hat die Klägerin beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und das Verfahren an das 3
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4
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[X.] zurückzuverweisen. Zur Begründung hat sie im
Wesentlichen aus-geführt:
In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] sei dem [X.] die vollständige Unkenntnis des Vorsitzenden [X.] rasch erkennbar gewesen. Um die überaus peinliche Situation für diesen zu entschärfen, habe der Klägervertreter [X.] beantragt, um dem
Vorsitzenden Richter Ge-legenheit zu geben, sich in den Sachverhalt einzulesen. Zur völligen Überra-schung habe [X.] die [X.] abgelehnt mit der [X.], dass die Klägerin die begehrte Zahlung in allen strittigen Positionen klar und nachvollziehbar hätte darlegen müssen und können. Das unmittelbar danach formulierte Endurteil gebe einen vollkommen falschen Sachverhalt wie-der. Der Tatbestand des angefochtenen Urteils stimme mit dem
tatsächlichen Klägervorbringen in nicht einem Punkt überein. Das [X.] habe nicht [X.], dass die Beklagte für sämtliche 36
Nachträge dem Grunde nach beauftragt gewesen sei und dass es sich um zusätzliche durch Planungsände-rung ausgelöste Mehrleistungen gehandelt habe. Das [X.] habe auch nicht erfasst, dass alle Nachträge von dem Pauschalhonorar nicht umfasst ge-wesen seien. Weiter habe das [X.] nicht berücksichtigt, dass sich die Parteien über die Höhe der abzuarbeitenden Nachträge klargewesen seien und deshalb die voraussichtliche Höhe des der Klägerin zustehenden zusätzlichen [X.] durch Bürgschaften abgesichert worden sei. In den Anlagen K
12 bis K
17 seien der [X.] und die [X.] schlüssig und [X.] dargelegt. Die Beklagte habe die von ihr pauschal und willkürlich vorgenommenen Streichungen der Schlussrechnung mit keinem Satz begrün-det.
Nach Eingang der [X.] hat das Berufungsgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Berufung mangels ausreichender Be-5
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gründung unzulässig sei. Dazu hat die Klägerin erwidert, dass der Schriftsatz vom 18.
März
2013 in der Tat keine Berufungsbegründung, sondern vielmehr der Antrag auf Rückverweisung des Verfahrens an die Kammer für [X.] sei. [X.] vorsorglich für den Fall, dass das Berufungsgericht einer [X.] an die Kammer für Handelssachen nicht folgen wolle, werde die Berufung jetzt begründet.
Mit Beschluss vom 8. Juli
2013 hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin verworfen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbe-schwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin
sei
darauf [X.] worden, dass der Schriftsatz vom 18.
März 2013 den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht genüge. Daraufhin habe der Klägervertreter mitgeteilt, dass der Schriftsatz vom 18.
März 2013 keine [X.], vielmehr den Antrag auf Rückverweisung des Verfahrens beinhalte. Ungeachtet des Umstandes, dass der Klägervertreter mit seiner Be-rufungseinlegung und seinem Schriftsatz mit dem Antrag, die Berufungsbe-gründungsfrist zu verlängern, die Vorlage einer Berufungsbegründung ange-kündigt gehabt hätte, sei spätestens mit der vorzitierten Erklärung im Schriftsatz vom 24. Juni
2013 dem Schriftsatz vom 18.
März
2013 die Eignung zur Wah-rung der Berufungsbegründungsfrist entzogen. Der Berufungsbegründungs-pflicht sei nämlich nicht schon dann genügt, wenn innerhalb der Begründungs-frist
ein Schriftsatz der Berufungsklägerin bei Gericht eingehe, der
wie hier 7
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nicht
Berufungsrügen enthalte. Vielmehr sei zusätzlich erforderlich, dass der Schriftsatz auch zur Begründung bestimmt sei.
Soweit der Schriftsatz vom 24.
Juni
2013 "rein vorsorglich" eine [X.] beinhalte, sei diese nicht mehr zu berücksichtigen, da die Berufungsbegründungsfrist bereits am 18.
März
2013 abgelaufen gewesen sei.
2. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist zwar kraft Gesetzes statthaft, §
574 Abs.
1
Satz
1 Nr. 1, § 522 Abs.
1 Satz
4 ZPO, im Übrigen jedoch unzu-lässig. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.], §
574 Abs.
2 Nr.
2 2.
Fall ZPO, weil
das Berufungsgericht
§
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 ZPO rechtsfehlerfrei angewendet hat und die Klägerin we-der in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz, Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsst[X.]tsprinzip, noch in ihrem verfas-sungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör, Art.
103 Abs.
1 GG, verletzt ist.
a) Nach §
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entschei-dung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entge-gensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffas-sung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Rede-10
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-
7
-
wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu ver-weisen ([X.], Beschlüsse
vom 20. Oktober 2015

[X.] Rn. 8; vom 22.
Mai 2014

[X.] Rn. 7; vom 23.
Oktober
2012
XI
ZB
25/11, [X.], 34 Rn.
10;
jeweils m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen genügt -
wie das Berufungsgericht richtig er-kannt hat -
der
am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist eingereichte Schriftsatz vom 18.
März
2013 nicht.
[X.]) Soweit in diesem Schriftsatz zunächst allgemein gerügt wird, der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils gebe einen vollkommen falschen Sachverhalt wieder, kann dies wegen der Regelungen in §§
314, 320 ZPO eine Berufung nicht begründen. Nach §
314 Satz
1 ZPO liefert der Tatbestand des Urteils Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Etwaige Unrichtigkeiten
der tatbestandlichen Feststellungen können nur im Berichtigungsverfahren
nach §
320 ZPO behoben werden ([X.], Urteil vom 14.
Juli
2009

XI
ZR 18/08, [X.]Z 182, 76 Rn.
11). Deshalb ist es ebenfalls unerheblich, ob

wie die Rechtsbeschwerde meint

die Klägerin
mit dem Hinweis auf pauschale und willkürliche Streichungen von [X.] durch die Beklagte ausge-führt habe, ihr Vortrag zur Berechtigung von Nachträgen sei unstreitig gewesen.
bb) Soweit die Klägerin ausführt, das [X.] habe nicht berücksich-tigt, sämtliche 36
Nachträge seien dem Grunde nach beauftragt,
es
handele
sich um zusätzliche durch [X.] ausgelöste Mehrleistungen, die Nachträge seien von dem Pauschalhonorar nicht umfasst gewesen, [X.] und [X.] seien schlüssig und nachvollziehbar in den Anlagen
K
12 bis K
17 dargelegt, die Streichungen der Beklagten seien willkür-lich und die Absicherung durch Bürgschaften spreche für die Berechtigung ihrer Forderung, liegen darin keine hinreichenden Angriffe gegen das landgerichtli-13
14
15
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8
-
che Urteil. Im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des landgerichtli-chen Urteils findet sich der entsprechende Vortrag der Klägerin wieder. Das [X.] hat aber die Klage abgewiesen, weil es eine nach [X.], Ort und Umständen genaue Schilderung der ursächlichen und maßgeblichen Umstände für die von
der Klägerin geltend gemachten Nachträge sowie eine erläuternde Darstellung, dass diese zusätzlichen Leistungen nicht von der vereinbarten
Pauschale erfasst sind, vermisste. Mit diesen Erwägungen hat sich die Klägerin
nicht auseinandergesetzt. Die Klägerin hat vielmehr pauschal auf Anlagen zur Klageschrift verwiesen, ohne darzulegen, welcher Sachvortrag sich zur [X.] berechtigter Nachtragsforderungen aus den in Bezug genommenen Anlagen ergibt.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzen diese An-forderungen an die Berufungsbegründung die Klägerin weder in ihrem Verfah-rensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz noch in ihrem verfassungs-rechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör. Das Begründungserfor-dernis des §
520 Abs.
3
Satz
2 Nr.
2 ZPO ist sachlich gerechtfertigt, da es der Verfahrenskonzentration dient, indem es den Berufungsführer anhält, die ange-griffene Entscheidung nicht nur im Ergebnis, sondern in der konkreten [X.] zu überprüfen und im Einzelnen darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dies stellt eine anwaltlich vertretene Partei, wie hier die Klägerin, vor keine [X.] oder gar unzumutbaren Anforderungen ([X.], Beschluss vom 23.
Oktober
2012
XI
ZB
25/11, [X.], 34 Rn.
18; vgl. [X.], NJW-RR 2002, 135
f., juris Rn. 4).
d) Da der Schriftsatz vom 18. März 2013 den an eine Berufungsbegrün-dung zu stellenden Anforderungen nicht entspricht, bedarf es keiner Entschei-16
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-
9
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dung zu der Frage, ob dieser
zur Berufungsbegründung bestimmt war (vgl. [X.], Beschluss vom 14. März 2005

II ZB 31/03, [X.], 944, juris Rn. 5).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Eick
Halfmeier
Jurgeleit

[X.]

Wimmer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.11.2012 -
9 O 2537/12 -

OLG Nürnberg, Entscheidung vom 08.07.2013 -
13 [X.] -

18

Meta

VII ZB 48/13

02.12.2015

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2015, Az. VII ZB 48/13 (REWIS RS 2015, 1396)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1396

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 48/13

VI ZB 18/15

IX ZB 46/12

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