Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.01.2003, Az. IV ZR 41/02

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4677

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:29. Januar 2003HeinekampJustizobersekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________[X.] § 6 Abs. 1Bei einer Versicherung fremder Interessen besteht kein Kündigungsrechtnach § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.], wenn nicht der Versicherungsnehmer selbst,sondern der Mitversicherte, ohne Repräsentant des Versicherungsnehmerszu sein, die Obliegenheitsverletzung begeht.[X.], Urteil vom 29. Januar 2003 - [X.] - [X.] LG Stuttgart- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.] und [X.], die RichterinDr. [X.] und [X.] auf die mündliche [X.] 29. Januar 2003für Recht erkannt:Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivil-senats des [X.] vom19. Dezember 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewie-sen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist versichertes Unternehmen aus einer Speditions-versicherung, die die [X.] bei der [X.] ge-nommen hat. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem Allgemei-ne Bedingungen für die Speditionsversicherung ([X.] 1999)und Allgemeine Bedingungen für die Versicherung der Frachtführer-Haftung ([X.] Frachtführer 1998) zugrunde. Die [X.] 1999 se-hen unter Ziff. 7.1.2 vor, daß der Spediteur für die Sicherung beladenerFahrzeuge, Container, Wechselbrücken und sonstiger Behälter gegenDiebstahl oder Raub zu sorgen hat, insbesondere beim Abstellen zurNachtzeit, an Wochenenden oder Feiertagen und während der [X.]. Die [X.] Frachtführer 1998 bestimmen unter Ziff. 7:- 3 -"Dem Versicherungsnehmer obliegt [X.]...7.2. die Fahrer über die Obliegenheiten zu belehren undanzuweisen, die Sicherungen zu [X.] für eine ordnungsgemäße Sicherung beladener Fahr-zeuge (Zugmaschine und Trailer/Anhänger) und [X.] zu tragen, insbesondere währenddes Abstellens oder der Ruhepausen....7.3.2 Trailer oder Anhänger, die ohne Zugfahrzeug abge-stellt werden, müssen mit modernen Diebstahlsicherungengegen Abschleppen und Aufbrechen gesichert werden. ..."Beide Versicherungsbedingungen enthalten die Klausel, daß [X.] bei Verletzung einer vor Eintritt des Versicherungsfalles zuerfüllenden Obliegenheit auch ohne Kündigung des [X.] von der Verpflichtung zur Leistung frei wird.Die Klägerin führte einen von der Firma [X.]. S.A. erteilten Auf-trag, 30 Tonnen Blech von [X.]nach [X.]zu transportieren, [X.] durch. Am 12. November 1999, einem Freitag, konnte [X.] mit dem bereits beladenen Auflieger wegen einer auf der [X.] das Betriebsgelände der Klägerin nicht erreichen.Da es ihm auch nicht gelang, sich mit dem zuständigen Disponenten derKlägerin in Verbindung zu setzen, stellte er den Auflieger auf einem un-bewachten Parkplatz an der Nationalstraße .... in [X.] ab. Als [X.] darauffolgenden Sonntag mit der Zugmaschine zurückkehrte, warenAuflieger nebst Ladung verschwunden. Die Klägerin leistete ihrer Auf-- 4 -traggeberin Ersatz in Höhe von 29.044,90 DM (14.850,42 e-trag macht sie gegenüber der [X.] geltend. Die Beklagte beruftsich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung.Das [X.] hat der Zahlungsklage stattgegeben. Die dagegengerichtete Berufung der [X.] hat zur Klagabweisung geführt. Mit ih-rer zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellungdes landgerichtlichen Urteils.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die [X.] Frachtfüh-rer 1998 anzuwenden, da die Klägerin bei einem Selbsteintritt der [X.] unterworfen sei. Die Klägerin habe ihre Obliegen-heiten aus Ziff. 7.2 und 7.3.2 dieser Bedingungen verletzt. Der Aufliegerhabe keine ausreichende Sicherung gegen unbefugtes Abschleppen [X.] gehabt. Die Klägerin habe ihren Fahrer zudem nicht ange-wiesen, wie er sich für den Fall zu verhalten habe, daß das Betriebsge-lände nicht zugänglich und der Disponent nicht zu erreichen sei. Sie [X.] weder bewiesen, daß sie an der Obliegenheitsverletzung kein [X.] treffe, noch den Nachweis geführt, daß diese keinen Einflußauf den Eintritt des Versicherungsfalles gehabt habe.Der Ausschluß des Kündigungserfordernisses (§ 6 Abs. 1 Satz 3[X.]) stehe der aus der Obliegenheitsverletzung folgenden Leistungs-- 5 -freiheit nicht entgegen. Die bei der [X.] abgeschlossene Spediti-onsversicherung sei eine Haftpflichtversicherung i.S. der §§ 148 ff. [X.].Sie unterliege nach § 187 [X.] i.V. mit Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1EG[X.] und der Anlage zum [X.]) nicht den [X.] der Vertragsfreiheit, wie sie § 15a [X.] enthalte. Auch eine un-angemessene Benachteiligung i.S. des § 9 Abs. 1 [X.] sei zu vernei-nen.I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur im Ergebnis stand. [X.] Zulassung der Revision stützende Rechtsfrage, ob ein Ausschluß [X.] hier wirksam vereinbart werden konnte, stelltsich nicht.1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 [X.] kann sich der [X.] auf eine vereinbarte Leistungsfreiheit wegen [X.] berufen, wenn er den [X.] nicht innerhalb eines Monats, nachdem er von der [X.] Kenntnis erlangt hat, kündigt. Durch das Kündigungserforder-nis soll dem Versicherer die Möglichkeit genommen werden, in Kenntnisder Obliegenheitsverletzung den Versicherungsfall abzuwarten, um [X.] nach einem längeren Zeitpunkt seiner Leistungspflicht zu entzie-hen, gleichwohl aber inzwischen die Prämien zu erheben. Darüber [X.] verfolgt die Bestimmung den Zweck, daß sich der Versicherer aufseine Leistungsfreiheit grundsätzlich nur berufen kann, wenn er den [X.] als so schwerwiegend ansieht, daß er sich zur Auflösung des [X.] entschließt. Damit wird zugleich den [X.] getragen, Klarheit darüber zu ge-- 6 -winnen, ob der Versicherer aus der Obliegenheitsverletzung [X.] will oder nicht ([X.]Z 4, 369, 375; Senatsurteile vom13. Januar 1982 - [X.] - [X.], 395 unter [X.]; vom22. Juni 1988 - [X.] - [X.], 1013 unter [X.]; vom15. Januar 1997 - [X.] - [X.], 443 unter 2 b).2. Indes setzt die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 3 [X.] voraus,daß ein Kündigungsrecht nach § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.] gegeben ist. [X.] fremder Interessen besteht dieses dann nicht, wennnicht der Versicherungsnehmer selbst, sondern der Mitversicherte, ohneRepräsentant des Versicherungsnehmers zu sein, die Obliegenheitsver-letzung begeht. Eine solche Obliegenheitsverletzung ist dem Versiche-rungsnehmer nicht zuzurechnen. Sie eröffnet dem Versicherer daherkeine Möglichkeit zur Kündigung des Vertrages ([X.]Z 35, 153, 163 f.;[X.]Z 24, 378, 384; Senatsurteil vom 28. Oktober 1981 - [X.]/80 - [X.], 84 unter 3; [X.], § 79 [X.] Rdn. 12, 16;[X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 6 Rdn. 98; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 26. Aufl. § 6 Rdn. 110). So liegt es auch hier. Die in [X.] niedergelegten Pflichten galten zwar für [X.] und die Klägerin als dem mitversicherten Unter-nehmen gleichermaßen. Das ergibt sich aus § 79 Abs. 1 [X.], der [X.] nur auf gesetzliche, sondern auch auf vertragliche Obliegenheitenbezieht, soweit sie das versicherte Interesse betreffen ([X.], aaORdn. 1, 3). Folge eines entsprechenden Verstoßes ist aber lediglich, [X.] Klägerin als Versicherte ihren eigenen Versicherungsanspruch ver-liert ([X.]Z 24, aaO; [X.], aaO § 79 [X.] Rdn. 2). Demgemäß bestehtweder ein Recht der [X.], nach § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.] gegenüberder Versicherungsnehmerin zu kündigen, noch weitergehend ein [X.] -gungserfordernis nach § 6 Abs. 1 Satz 3 [X.]. Vielmehr kann und darfsich die Beklagte auch ohne Kündigungsausspruch auf einen Obliegen-heitsverstoß der Klägerin berufen ([X.]Z 35, aaO; [X.] Urteil vom17. Dezember 1964 - [X.] - [X.], 149 unter [X.] Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Obliegenheitsverletzungder Klägerin bejaht. Diese ist jedenfalls darin begründet, daß sie - woraufdie Beklagte ihre Leistungsverweigerung im [X.] stützt - keine ausrei-chenden Vorkehrungen zur Sicherung des beladenen Fahrzeuges gegenDiebstahl getroffen hat. Die Klägerin hat den Fahrer mit dem bereits be-ladenen Auflieger sich selbst überlassen, obwohl sie - wie vom [X.] festgestellt - wußte, daß das Betriebsgelände für ihn nichtzugänglich war. Sie hat ihm für das anstehende Wochenende weder ei-nen geeigneten, entsprechend gesicherten anderen Stellplatz zugewie-sen noch ihm Verhaltensanweisungen für den Fall erteilt, daß der zu-ständige Disponent für ihn nicht zu erreichen war. Dieses Versäumnis istunter die Obliegenheit in 7.1.2 [X.] ebenso wie unter die in7.3. [X.] Frachtführer vereinbarte einzuordnen, so daß es [X.], welche Versicherungsbedingungen Geltung erlangt haben. [X.] ist schließlich richtig davon ausgegangen, daß die Klä-gerin für die vor dem Eintritt des Versicherungsfalles von ihr begangene- 8 -Obliegenheitsverletzung nicht dargelegt hat, daß sie kein Verschuldentrifft (Ziff. 9 [X.] Frachtführer i.V. mit § 6 Abs. 1 [X.]). Das gleiche [X.] den ihr obliegenden Nachweis, daß von einem geringeren [X.] als Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit auszugehen ist (Ziff. 7.3[X.]).Terno [X.] [X.] Dr. [X.] [X.]

Meta

IV ZR 41/02

29.01.2003

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.01.2003, Az. IV ZR 41/02 (REWIS RS 2003, 4677)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4677

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