Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.10.2014, Az. XII ZB 385/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1938

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Stufenklage auf Trennungsunterhalt: Erfüllung des Auskunftsanspruchs durch Teilauskünfte


Leitsatz

Teilauskünfte eines Ehegatten über seine unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte führen nicht zu einer teilweisen Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus § 1605 BGB, solange nicht auch die übrigen Teilauskünfte nebst einer Erklärung des Auskunftsschuldners vorliegen, dass diese in ihrer Gesamtheit den Auskunftsanspruch vollständig erfüllen sollen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Familiensenats in [X.] des [X.] vom 5. Juli 2013 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

I.

1

Die beteiligten Ehegatten streiten in erster Stufe eines auf Trennungsunterhalt gerichteten Verfahrens über den Umfang der unterhaltsrechtlichen [X.]spflicht des Antragsgegners.

2

Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) begehrt [X.] über das Einkommen des Antragsgegners (im Folgenden: Ehemann) in den Jahren 2008 bis 2010. Das Familiengericht hat den Ehemann durch Teilbeschluss verpflichtet, [X.] über seine sämtlichen Einkünfte nach jeweiliger Einkommensart in den Jahren 2008, 2009 und 2010 in Form einer systematischen Zusammenstellung zu erteilen.

3

Mit seiner hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Ehemann geltend gemacht, die [X.] bereits genügend erteilt zu haben, während die Ehefrau in der Beschwerdeinstanz auf eine Konkretisierung der [X.] angetragen hat. Das [X.] hat die Beschwerde des Ehemanns zurückgewiesen und ihn auf die Anträge der Ehefrau verpflichtet, ihr [X.] über sein Einkommen in den Jahren 2008, 2009, 2010 durch Vorlage eines nach Jahren und Einkunftsarten systematisch geordneten Verzeichnisses der Einnahmen und Ausgaben zu erteilen. Die [X.] habe jeweils geordnet nach Einnahmen und Ausgaben insbesondere zu erfassen:

- Sämtliche Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit

- Sämtliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

- [X.]

- die wertbildenden Faktoren des Werts des mietfreien Wohnens.

4

Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns, mit der er die Zurückweisung des [X.] weiter verfolgt.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

6

1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die in der Beschwerdeinstanz geänderte Antragstellung der Ehefrau, mit der sie ihr [X.]sverlangen hinsichtlich konkret bezeichneter Einkunftsarten konkretisiert hat, sei als Anschlussbeschwerde aufzufassen. Gegen die versäumte Anschlussbeschwerdefrist sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie bis zum richterlichen Hinweis des [X.] auf Bedenken gegen die Vollstreckbarkeit des erstinstanzlichen Titels ohne Verschulden an der Einlegung eines eigenen Rechtsmittels gehindert gewesen sei.

7

Die unterhaltsrechtliche [X.]spflicht des Ehemanns sei durch Vorlage einer systematischen Aufstellung der erforderlichen Angaben zu erfüllen, die dem [X.] ohne übermäßigen Arbeitsaufwand die Berechnung des Unterhaltsanspruchs ermögliche. Inhaltlich richte sich die erforderliche systematische Zusammenstellung des Einkommens stets nach dem Einzelfall und der Art der Einkünfte. Die [X.] sei getrennt nach Einkommensarten unter gesonderter Mitteilung der Abzugspositionen zu erteilen. Sie sei grundsätzlich in einer einheitlichen Erklärung abzugeben und nicht in mehreren Schreiben.

8

Das [X.]sverlangen sei nicht treuwidrig, soweit die Ehefrau [X.] über die wertbildenden Faktoren des mietfreien Wohnens des Ehemanns verlange. Denn wenigstens die genaue Wohnfläche, von der der Wohnwert wesentlich abhänge, kenne die Ehefrau nicht. Sie müsse sich die Kenntnis auch nicht durch Einsicht in Unterlagen des Ehemanns oder durch Befragung der Steuerberaterin selbst verschaffen.

9

Der [X.]sanspruch sei auch nicht durch Erfüllung erloschen. Zwar habe der Ehemann [X.] hinsichtlich der Einkommensarten "selbständige Tätigkeit" und "[X.]" erteilt. Unvollständig sei jedoch nach wie vor die [X.] zum Wert des mietfreien Wohnens wegen der fehlenden Angaben zur Wohnfläche. Als [X.] zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung liege lediglich eine Gesamtauskunft vor, die weder auf die Immobilien noch auf die einzelnen Wohnungen aufgeteilt sei. Diese Aufteilung sei jedoch erforderlich, weil die Ehefrau nur in Kenntnis der auf einzelne Wohnungen bezogenen Leerstände, Mietrückstände und Vermietungsbemühungen eine Prognose zum künftigen Einkommen des Ehemanns anstellen könne.

Es sei auch nicht ausreichend, den Ehemann nur zur [X.] hinsichtlich der fehlenden Angaben zu verpflichten. Denn die Ehefrau habe Anspruch auf eine einheitliche [X.], die gegebenenfalls Grundlage einer eidesstattlichen Versicherung sein könne. Der Ehemann sei daher insgesamt zur [X.] zu verpflichten. Zur Vermeidung von Streitigkeiten in einem eventuellen Vollstreckungsverfahren werde jedoch darauf hingewiesen, dass es zur ordnungsgemäßen Erteilung der [X.] ausreiche, die schriftsätzlich bereits mitgeteilten Werte zu den anderen Einkommensarten noch einmal aufzulisten und diese um die geforderte [X.] zum Wohnwert (Wohnfläche) und zu dem Einkommen aus Vermietung und Verpachtung (Aufteilung nach einzelnen Wohnungen hinsichtlich der Einnahmen bzw. der Immobilien hinsichtlich der Ausgaben) zu ergänzen.

2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

a) Entgegen der Annahme des [X.]s liegt allerdings keine Anschlussbeschwerde der Ehefrau vor. Wie auch die Rechtsbeschwerde einräumt, hat die Ehefrau ihren Antrag lediglich konkretisiert. Da damit kein weitergehendes Begehren der Ehefrau verbunden war, bedurfte es der Einhaltung der Förmlichkeiten einer Anschlussbeschwerde hierfür nicht (vgl. [X.] Beschluss vom 23. April 2009 - [X.]/06 - FamRZ 2009, 1136 Rn. 5).

b) In der Sache ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Beteiligten aufgrund der Ehe ein Unterhaltsrechtsverhältnis besteht (§ 1361 BGB) und sie gemäß § 1361 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB einander verpflichtet sind, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen [X.] zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs erforderlich ist.

Bei einem [X.]sanspruch gegen einen - möglicherweise - Unterhaltspflichtigen muss dieser alle Einkünfte und Vermögenswerte angeben, die für die Berechnung des [X.] - sofern dieser wie hier nach den gemeinsamen Lebensverhältnissen und Erwerbs- und Vermögensverhältnissen bemessen wird (vgl. § 1361 Abs. 1 BGB) - bzw. für die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten von Bedeutung sind (vgl. [X.]/[X.] BGB [2000] § 1605 Rn. 22).

aa) Mit der Rüge, ein [X.]sanspruch der Ehefrau sei zumindest teilweise bereits durch den bei Gericht eingereichten Schriftsatz vom 15. Februar 2013 erfüllt worden, mit dem [X.] hinsichtlich der Einkommensarten "selbständige Tätigkeit" und "[X.]" erteilt worden sei, hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.

Nach § 1605 Abs. 1 Satz 3 BGB sind die §§ 260, 261 BGB entsprechend anzuwenden. Daraus folgt, dass die [X.]spflicht durch Vorlage einer in sich geschlossenen schriftlichen, systematischen Aufstellung der erforderlichen Angaben zu erfüllen ist, die dem Berechtigten ohne übermäßigen Arbeitsaufwand ermöglicht, den Unterhaltsanspruch zu berechnen (Senatsurteil vom 29. Juni 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 996, 998).

Zwar wird das in § 260 Abs. 1 BGB aufgestellte Erfordernis, die [X.] in der Form eines Verzeichnisses zu erteilen, nicht nur durch die Vorlage eines einzigen lückenlosen Gesamtverzeichnisses erfüllt; vielmehr genügt auch eine Mehrheit von Teilauskünften, vorausgesetzt, dass sie nicht zusammenhanglos nebeneinander stehen, sondern nach dem erklärten Willen des [X.]sschuldners in ihrer Summierung die [X.] im geschuldeten Gesamtumfang darstellen ([X.] Urteile vom 6. Juni 1962 - [X.] - [X.] Nr. 14 zu § 260 BGB und vom 18. Oktober 1961 - [X.] - FamRZ 1962, 21, 23 f.). Ob einzelne Teilauskünfte in Verbindung mit anderen Teilauskünften nach Inhalt und Form dazu geeignet sind, die [X.] im geschuldeten Gesamtumfang darzustellen, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung.

Solche Teilakte führen aber nicht zu einer teilweisen Erfüllung des [X.]sanspruchs. Die Aussagekraft und damit Erfüllungswirkung einzelner Teilauskünfte kann regelmäßig erst dann beurteilt werden, wenn auch die übrigen Teilauskünfte vorliegen nebst der erforderlichen Erklärung des [X.]sschuldners, dass diese in ihrer Gesamtheit den [X.]sanspruch vollständig erfüllen sollen. Denn wesentlich für die Erfüllung des [X.]sanspruchs ist die - gegebenenfalls konkludente - Erklärung, dass weitere als alle von den Einzelauskünften erfassten Einkünfte nicht bestehen (vgl. [X.]/[X.] 9. Aufl. [X.]. 6 Rn. 772). Erst mit dieser abschließenden Erklärung liegt das nach § 260 Abs. 1 BGB geschuldete Verzeichnis vor. Hingegen stellen bloße Teilelemente einer noch unvollständigen Gesamtdarstellung lediglich Vorarbeiten dar, die den geschuldeten [X.]sanspruch auch nicht teilweise erfüllen (vgl. [X.] 2005, 49, 50).

Ungeachtet bereits vorliegender Angaben hat eine gerichtliche Entscheidung somit umfassend über Gegenstand und Umfang der [X.]spflicht zu befinden (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 996, 998). Daher begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das [X.] eine Teilerfüllungswirkung im Hinblick auf die im Schriftsatz vom 15. Februar 2013 erteilten Auskünfte nicht angenommen hat.

bb) Es ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, dass das [X.] die zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bisher erteilte [X.] deshalb als unzureichend ansieht, weil sie nicht aufgeschlüsselt nach den einzelnen Immobilien und Wohnungen erfolgt ist.

§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränkt zwar den [X.]sanspruch in der Weise, dass die [X.] erforderlich sein muss, um einen Unterhaltsanspruch festzustellen (Senatsurteil vom 7. April 1982 - [X.] - FamRZ 1982, 680, 681). Insoweit ist anerkannt, dass bei der Darstellung von Angaben zur Gewinnermittlung Sachgesamtheiten zusammengefasst werden können, z.B. Personalkosten, Büromaterial usw. (vgl. [X.] FamRZ 1996, 738, 739; [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 1 Rn. 1166, 1168). Die Erforderlichkeit einer getrennten Ausweisung der einzelnen Vermietungen hat das [X.] hier aber in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, weil die bisher lediglich erteilte summarische [X.] weder etwaige Leerstände und Mietrückstände erkennen lässt, denen der Ehemann womöglich im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten zur Nutzung seines Vermögens zu begegnen hätte ([X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 1 Rn. 635), noch eine Überprüfung der Angemessenheit der für die einzelnen Objekte erbrachten Aufwendungen zulässt. Beides kann jedoch Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch haben und ist deshalb erforderlich, um den Unterhaltsanspruch festzustellen.

Eine nach Einzelobjekten gegliederte Auflistung der Einnahmen und Ausgaben überschreitet bei insgesamt elf vermieteten und verpachteten Wohnungen und Geschäftslokalen auch nicht die Grenze des für den [X.]spflichtigen Zumutbaren.

cc) Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] die Verpflichtung zur Erteilung der [X.] über die wertbildenden Faktoren des mietfreien Wohnens des Ehemanns im Tenor insgesamt aufrecht erhalten und in der Begründung seiner Entscheidung dahin konkretisiert hat, dass der Anspruch durch [X.]serteilung über die Wohnfläche zu erfüllen sei.

Als Auslegungshilfe über den Umfang einer in den Tenor aufgenommenen [X.]sverpflichtung können die Gründe der Entscheidung herangezogen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 1994 - [X.] - NJW-RR 1994, 1092, 1093 und Senatsurteil vom 5. Mai 1993 - [X.] - FamRZ 1993, 1423, 1424). Aus diesen folgt, dass die zum Wohnvorteil geschuldete [X.] hier durch alleinige Mitteilung der Wohnfläche erfüllt werden kann.

Das [X.]sverlangen diesbezüglich ist auch nicht treuwidrig. Dass die Wohnfläche zu den wesentlichen wertbildenden Faktoren des mietfreien Wohnens gehört, steht außer Zweifel. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s ist der Ehefrau die genaue Wohnfläche nicht bekannt. Daher hat sie, selbst wenn sie eine ungefähre Vorstellung von der Größe der Wohnung hat, welche sie zuvor als Ehewohnung mit bewohnte und deren Miteigentümerin sie ist, in Unkenntnis der für die [X.] erforderlichen genauen Wohnfläche Anspruch auf [X.]serteilung durch den Ehemann, der die Wohnung nunmehr allein in Besitz hält.

Dose                               Weber-Monecke                       Schilling

           Nedden-Boeger                                  [X.]

Meta

XII ZB 385/13

22.10.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Karlsruhe, 5. Juli 2013, Az: 5 UF 242/11

§ 260 BGB, § 1605 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.10.2014, Az. XII ZB 385/13 (REWIS RS 2014, 1938)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1938

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 385/13 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 38/21 (Bundesgerichtshof)

Zugewinnausgleich: Auskunftserteilung und Belegvorlage bei Beteiligung des auskunftspflichtigen Ehegatten an einer Partnerschaftsgesellschaft


XII ZB 503/16 (Bundesgerichtshof)

Nachehelicher Unterhalt: Anspruch auf Auskunft über das Einkommen des Unterhaltspflichtigen; Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach der …


XII ZR 124/08 (Bundesgerichtshof)

Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes gegen einen wiederverheirateten Elternteil: Auskunftsanspruch in den Grenzen des wechselseitigen Auskunftsanspruchs …


XII ZR 124/08 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.