Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2011, Az. VI ZR 46/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2520

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR
46/10
Verkündet am:

11. Oktober 2011

Böhringer-Mangold,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 307 Bb, [X.]; [X.] § 81 Abs. 2
a)
Ist in einem gewerblichen KFZ-Mietvertrag eine Haftungsbefreiung oder eine Haftungsreduzierung nach Art der Vollkaskoversicherung vereinbart, ist ein in den [X.] vorgesehener undifferenzierter [X.] für den Fall grober Fahrlässigkeit nach §
307 [X.] un-wirksam.
b)
An die Stelle der unwirksamen [X.] über den [X.] tritt der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des §
81 Abs. 2 [X.].
c)
Dies gilt hinsichtlich der Haftung des grob fahrlässig handelnden berechtigten Fahrers, der nicht Mieter ist, gleichermaßen jedenfalls dann, wenn dessen Haftungsfreistellung in den [X.] ausdrück-lich vorgesehen ist.
[X.], Urteil vom 11. Oktober 2011 -
VI [X.]/10 -
OLG [X.]

LG

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Oktober 2011 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11.
Zivilsenats des [X.] vom 13.
Januar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine gewerbliche Kraftfahrzeugvermieterin, nimmt den [X.] auf Ersatz des Schadens in Anspruch, den er als Fahrer eines von [X.] Arbeitgeberin angemieteten Kraftfahrzeugs verursacht hat.
Am 2.
Juni 2008 vermietete
die Klägerin einen Pkw
an die Arbeitgeberin des [X.]n.
Sie vereinbarten eine Haftungsfreistellung für [X.] Unfälle mit einer Selbstbeteiligung von 770

lagen die Allgemeinen [X.] der Klägerin zugrunde, die unter anderem folgende Regelung enthielten:
1
2
-

3

-

"2.
Dem Mieter steht es frei, die Haftung aus Unfällen für Schäden der Vermieterin durch Zahlung eines besonderen Entgelts auszuschlie-ßen = vertragliche Haftungsfreistellung. In diesem Fall haftet er für Schäden, abgesehen von der vereinbarten Selbstbeteiligung nur dann, wenn
-

-

er oder seine Erfüllungsgehilfen den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt haben.

7.
Diese Regelungen gelten neben dem Mieter auch für den berechtig-ten Fahrer, wobei die vertragliche Haftungsfreistellung nicht zuguns-ten unberechtigter Nutzer der Mietwagen gilt."
Am 4.
Juni 2008 fuhr der [X.] um 0.59 Uhr nach einem Streit mit seiner Ehefrau und einem Kneipenbesuch mit dem angemieteten Pkw mit [X.] Geschwindigkeit, kam von der Fahrbahn ab und kollidierte mit einem Baum. Der [X.] war erheblich alkoholisiert, eine bei ihm um 2.54 Uhr ent-nommene Blutprobe
wies eine Blutalkoholkonzentration von 2,96 Promille auf. Der [X.] wurde rechtskräftig wegen fahrlässigen Vollrausches zu einer Geldstrafe verurteilt. Am Fahrzeug der Klägerin entstand infolge des Unfalls ein wirtschaftlicher Totalschaden in Höhe von 16.386,55

Mit ihrer Klage hat die Klägerin den
Fahrzeugschaden,
Ersatz von Sach-verständigenkosten, Wiederbeschaffungskosten und eine
Kostenpauschale so-wie Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend gemacht. Das [X.] hat den
[X.]n unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 16.533,45

3
4
-

4

-

Rechtsanwaltskosten von 807,80

hat das [X.] der Klage lediglich in Höhe der vereinbarten Selbst-beteiligung von 770

zuzüglich anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 1193 [X.] ist,
hat ausgeführt: Der [X.] hafte zwar dem Grunde nach gemäß §
823 Abs.
1 [X.]. Die Voraussetzungen für die Unzurechnungsfähigkeit des [X.]n gemäß §
827 Satz
1 [X.] könnten nicht festgestellt werden. Die Blutalkoholkonzentration von über 3 Promille reiche hierfür allein nicht aus. [X.] Indizien könnten nicht festgestellt werden. Die Haftung des [X.]n sei jedoch zu seinen Gunsten als berechtigtem Fahrer auf die vereinbarte Selbst-beteiligung von 770

Die Vertragsbestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
der Klägerin, die einen pauschalen und generellen [X.] für den Fall der groben
Fahrlässigkeit vorsieht, verstoße gegen §
307 [X.] und sei deshalb unwirksam.
Weil die Parteien des Mietvertrags eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung vereinbart hätten, dürfe der Mieter darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspreche, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeugs und als Versiche-rungsnehmer in der [X.] genießen würde. Dort
wäre der pauschale [X.] für grobe
Fahrlässigkeit nach §
307 Abs.
1, Abs.
2 5
-

5

-

Nr.
1 [X.] unwirksam, weil er mit wesentlichen Grundgedanken des seit 1.
Ja-nuar 2008 geltenden §
81 Abs.
2 [X.] nicht zu vereinbaren sei.
Um eine unzu-lässige geltungserhaltende Reduktion zu vermeiden, müsse der Vorbehalt der Haftung für grobe Fahrlässigkeit insgesamt entfallen.
II.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher [X.] nicht stand.
1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungs-gericht angenommen, dass der [X.] dem Grunde nach gemäß §
823 Abs.
1 [X.] zum Schadensersatz verpflichtet ist und die Voraussetzungen für die Unzurechnungsfähigkeit gemäß §
827 Satz
1 [X.], die zur Beweislast des Schädigers stehen (vgl. Senatsurteile vom 12.
Februar 1963 -
VI
ZR 70/62, [X.]Z 39, 103, 108; vom 1.
Juli 1986 -
VI
ZR 294/85, [X.]Z 98, 135, 136
ff.),
nicht vorliegen.
2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts scheitert die Haftung des [X.]n aber nicht ohne weiteres an der zwischen der Klägerin und der Arbeitgeberin des [X.]n vereinbarten vertraglichen Haftungsfreistellung.

a)
Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass bei einem gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrag mit Haftungsfreistellung nach Art der [X.] die Vertragsbestimmung, die die volle Haftung des Mieters oder seines berechtigten Fahrers bei
grober Fahrlässigkeit vorsieht, gemäß §
307 [X.] unwirksam ist. Denn eine solche [X.] weicht von wesent-lichen Grundgedanken der hier maßgeblichen gesetzlichen Regelung über die [X.] ab und ist mit dieser nicht zu vereinbaren.
6
7
8
9
-

6

-

aa) Gemäß §
307 Abs.
2 Nr.
1 [X.] ist der Vertragspartner im Zweifel nach §
307 Abs.
1 Satz
1 [X.] unangemessen benachteiligt, wenn eine Ver-tragsbestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Von maßgeblicher Bedeu-tung ist insoweit, ob die dispositive gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweck-mäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des [X.] darstellt. Dabei brauchen Grundgedanken eines Rechtsbereichs nicht in [X.] formuliert zu sein. Es reicht aus, dass sie in allgemeinen, am Gerechtigkeitsgedanken ausgerichteten und auf das betreffende Rechtsge-biet anwendbaren Grundsätzen ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. [X.], Urteile vom 9.
Oktober 1985 -
VIII
ZR 217/84, [X.]Z 96, 103, 109; vom 25.
Juni 1991 -
XI
ZR 257/90, [X.]Z 115, 38, 42; vom 30.
Mai 2001 -
XII
ZR 273/98, NJW 2001, 3480, 3482).
Dementsprechend wird, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, der Umfang einer entgeltlichen Haftungsfreistellung in einem gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrag am Leitbild der Kraftfahrzeugvollversicherung beur-teilt. Vereinbaren die Parteien eines Kraftfahrzeugmietvertrags eine entgeltliche Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art einer Vollkaskoversicherung, so darf dieser -
wie der Versicherungsnehmer
-
darauf vertrauen, dass die Reich-weite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeugs und als Versicherungs-nehmer in der [X.] genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteile vom 29.
Oktober 1959 -
II
ZR 64/56, [X.]Z 22, 109, 113
ff.; vom 20.
Mai 2009 -
XII
ZR 94/07, [X.]Z 181, 179 Rn.
13; vom 17.
Dezember 1980 -
VIII
ZR 10
11
-

7

-

316/79, [X.], 349, 350; vom 16.
Dezember 1981 -
VIII
ZR 1/81, [X.], 359, 360; vom 19.
Juni 1985 -
VIII
ZR 250/84, [X.], 1066, 1067; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 11.
Aufl., [X.]. [X.], (22) Mietverträge Rn.
51; [X.], r+s 2010, 1, 4).
bb) In der [X.] ist -
wie auch sonst im Versiche-rungsvertragsrecht
-
eine Vertragsbestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen, wonach der Versicherungsnehmer voll haftet, wenn er den [X.] grob fahrlässig herbeiführt, regelmäßig gemäß §
307 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Nr.
1 [X.] unwirksam (vgl. [X.] in [X.], [X.], 9.
Aufl. §
81 Rn.
189, 191; Burmann/[X.]/Stahl, Versicherungsrecht im Straßenverkehr, 2.
Aufl., Rn.
602; [X.] in [X.]/[X.], Kraftfahrtversicherung, 18.
Aufl., §
81 [X.] Rn.
26; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], §
81 Rn.
114; MünchKomm[X.]/[X.], §
81 Rn.
140; [X.] in Festschrift
Deutsch, 2009, S.
355, 366
f.; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 28.
Aufl., §
81 Rn.
38; [X.], zfs
2007, 15, 16; [X.] in [X.]/Pohlmann, [X.], 2010, §
81 Rn.
74; [X.] in [X.]/[X.], Das neue [X.], 4.
Aufl., Rn.
561).
Eine Mindermeinung hält
einen solchen Leistungsausschluss zwar für zulässig ([X.], r+s
2008, 133, 143). Dieser
Ansicht ist
aber
nicht zu
folgen. Die Abschaffung des [X.] durch §
81 Abs.
2 [X.] in der seit 1.
Januar 2008 geltenden Fassung war ein "zentraler Punkt"
der Gesetzesreform
(vgl. BT-Drucks. 16/3945, S.
49). Die formularmäßige Rück-kehr zu §
61 [X.] a.F. wird daher in der Regel als unzulässig, weil einem we-sentlichen Grundgedanken (§
307 Abs.
2 Nr.
1 [X.]) des [X.] widersprechend, beurteilt (vgl. [X.], Urteil vom 18.
November 2009 -
5
O 118/09, [X.], 1490, 1491; [X.], Urteil vom 26.
November 2009 -
3
O 119/09, zfs
2010, 214, 215 mit insoweit zustim-mender Anmerkung [X.]; [X.], Urteil vom 27.
Januar 2010 12
13
-

8

-

-
8
O 10700/08, r+s
2010, 145, 148; [X.], Urteil vom 26.
Januar 2011 -
4
O 184/10, juris Rn.
29
ff.; [X.] in [X.]/[X.]/
[X.], [X.], 2009, §
81 Rn.
114; [X.], r+s
2010, 1, 5).
cc) Nach Ziff.
7 der
Allgemeinen [X.] wird dem berech-tigten Fahrer der gleiche Umfang der Haftungsfreistellung gewährt wie dem Mieter, weshalb für die Beurteilung der Wirksamkeit der [X.] hier auch das Verhältnis
des Vermieters zum Mieter maßgeblich
ist. Die Erwartung einer der [X.] entsprechenden Vertragsgestaltung besteht bei [X.] mit entgeltlicher Haftungsreduzierung auch hinsicht-lich des Verhaltens eines Fahrers, dem der Mieter berechtigterweise das Miet-fahrzeug überlässt, so dass entgegenstehende Geschäftsbedingungen gemäß §
307 [X.] unwirksam sind (vgl. [X.], Urteile vom 16.
Dezember 1981 -
VIII
ZR 1/81, [X.], 359, 360; vom 20.
Mai 2009 -
XII
ZR 94/07, [X.]Z 181, 179 Rn.
16, 21 ff.). Das gilt auch für nach dem 1.
Januar 2008 geschlossene Kraft-fahrzeugmietverträge, bei denen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ab-weichend
von §
81 Abs.
2 [X.] die volle Haftung des Mieters für vom berechtig-ten Fahrer grob fahrlässig herbeigeführte Schäden vorsehen (vgl. [X.]/[X.], [X.] 2010, 290, 293).
b)
Mit Erfolg rügt die Revision aber die Auffassung
des Berufungsge-richts,
der Vorbehalt der Haftung für grobe Fahrlässigkeit
entfalle insgesamt, so dass der [X.] im Fall grober Fahrlässigkeit nicht einmal anteilig hafte.

Welche Rechtsfolgen die Unwirksamkeit der [X.], die
in einem ge-werblichen Kraftfahrzeugmietvertrag mit entgeltlicher Haftungsreduzierung die volle Haftung für grob fahrlässig
herbeigeführte Schäden vorsieht, nach sich zieht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Teilweise wird, was das Berufungsgericht annimmt,
ein ersatzloses Entfallen des [X.]s für 14
15
16
-

9

-

grobe Fahrlässigkeit befürwortet mit der Folge, dass der Vermieter bei grob fahrlässiger Schadensverursachung keinen Schadensersatz verlangen kann ([X.], Urteil vom 26.
Januar 2011 -
4
O 184/10, [X.] 2011, 264, 265; vgl. [X.], r+s
2010, 1, 4
f. hinsichtlich eines Rückgriffs auf §
28 [X.] für [X.] [X.]n über Obliegenheitsverletzungen). Eine andere Auffassung will
im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung
-
ggf. unter Inkaufnahme einer geltungserhaltenden Reduktion
-
§
81 Abs. 2 [X.] entsprechend anwenden ([X.], Urteil vom 18.
November 2009 -
5
O 118/09, [X.], 1490, 1491; so wohl auch [X.], Urteil vom 26.
November 2009 -
3
O 119/09, juris Rn.
44). Nach zutreffender Ansicht tritt an
die Stelle der unwirksamen [X.] über den [X.] bei grober Fahrlässigkeit gemäß §
306 Abs.
2 [X.] der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des §
81 Abs.
2
[X.]
(vgl. [X.], [X.] 3/2010 Anm.
2; vgl. ferner Nugel, [X.] 15/2010 Anm.
4).
aa) Ist eine [X.] in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Ver-tragsbestandteil geworden
oder unwirksam,
sind
vorrangig die gesetzlichen
Vorschriften als eine konkrete Ersatzregelung in Betracht zu ziehen
(vgl. §
306 Abs.
2 [X.]). Nur wenn solche nicht zur Verfügung stehen, stellt sich die Frage, ob ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen [X.] eine sachgerechte Lösung darstellt. [X.] beide Möglichkeiten aus, ist zu prüfen, ob durch eine ergän-zende Vertragsauslegung eine interessengerechte
Lösung gefunden werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Oktober 2005 -
IV
ZR 162/03, [X.], 1565 Rn.
37).
Ist eine Allgemeine Versicherungsbedingung nicht Vertragsbestandteil geworden, so treten an ihre Stelle die Regelungen des [X.] ([X.]/[X.], 5.
Aufl., §
306 Rn.
21; vgl. [X.], Urteil vom 21.
Dezember 1981 -
II
ZR 76/81, NJW 1982, 824, 825). Das gilt entspre-17
18
-

10

-

chend für die Haftungsfreistellung bei der gewerblichen Kraftfahrzeugvermie-tung, die sich am Leitbild der Fahrzeugversicherung zu orientieren hat (vgl. [X.], Urteile vom 10.
Juni 2009 -
XII
ZR 19/08, [X.], 260 Rn.
18
f.;
vom 2.
Dezember 2009 -
XII
ZR 117/08, NJW-RR
2010, 480 Rn.
14).
bb) Weil sich der Umfang der vertraglichen Haftungsfreistellung am Leit-bild der Kaskoversicherung orientiert, steht mit §
81 [X.] für die Frage des [X.] der Haftung eine Vorschrift des dispositiven Rechts zur Verfügung, die [X.] ist, die infolge der Unwirksamkeit der [X.] entstehende Lücke zu schließen. Im Fall einer ungültigen Allgemeinen Versicherungsbedingung über die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls käme nach §
306 Abs.
2 [X.] die Regelung des §
81 Abs.
2 [X.] zur Anwendung
(vgl. [X.], [X.] 3/2010 Anm.
2; a.A. [X.], Urteil vom 26.
Januar 2011 -
4
O 184/10, [X.] 2011, 264, 265).
Da der Umfang der mietvertraglichen Haftungs-freistellung am Leitbild der Kaskoversicherung auszurichten ist,
findet
auch die Regelung des §
81 Abs.
2 [X.] entsprechende Anwendung.
Im Fall einer miet-vertraglichen Haftungsfreistellung ist
der Vermieter, der eine unwirksame Klau-sel verwendet, dem
Versicherer
gleichzustellen. Die Regelung des §
81 Abs.
2 [X.] stellt auch für
die mietvertragliche Haftungsfreistellung den vom [X.] bezweckten angemessenen Interessenausgleich zwischen den Parteien her.
cc) Die entsprechende Anwendung von §
81
Abs.
2 [X.] läuft
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
und anderer Instanzgerichte ([X.], Ur-teil vom 26.
Januar 2011 -
4
O 184/10,
[X.] 2011, 264, 265
f.;
vgl. [X.], r+s
2010, 1, 4
f. hinsichtlich eines Rückgriffs auf §
28 [X.] für unwirksame [X.]n über Obliegenheitsverletzungen)
nicht auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion
hinaus. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verlangt, dass eine gegen §§
307
ff. [X.] verstoßende Vertragsbestimmung
nicht durch 19
20
-

11

-

andere im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelte
Regelungen ersetzt
wird, sondern insgesamt entfällt. Eine ergänzende Vertragsauslegung, die eine unwirksame Vertragsbestimmung auf den gerade noch zulässigen In-halt reduziert, liefe dem
Zweck der Regelungen über die Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen zuwider. Sie würde es dem Verwender
ermöglichen, risiko-los die
Allgemeinen
Geschäftsbedingungen
einseitig in seinem Interesse [X.]. Der Zweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, den Vertragspartner des Verwenders vor ungültigen
[X.]n zu schützen, den Rechtsverkehr von unwirksamen
Allgemeinen Geschäftsbedingungen freizuhal-ten
und auf einen den Interessen beider Seiten gerecht werdenden Inhalt [X.] Geschäftsbedingungen hinzuwirken, würde unterlaufen (Senatsurteil vom 24.
September 1985 -
VI
ZR 4/84, [X.]Z 96, 18, 25
f.; [X.], Urteil vom 17.
Mai 1982 -
VII
ZR 316/81, [X.]Z 84, 109, 114
ff.). Die Geltung des
-
hier entsprechend anzuwendenden
-
dispositiven Gesetzesrechts anstelle einer un-wirksamen [X.] verstößt nicht gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, sondern entspricht vielmehr seiner Intention (vgl. Senatsurteil vom 24.
September 1985 -
VI
ZR 4/84, [X.]Z 96, 18, 26).

III.
Der Senat kann nicht gemäß §
563 Abs.
3 ZPO in der Sache selbst [X.]. Die Entscheidung über den Umfang der Anspruchskürzung entspre-chend §
81 Abs.
2 [X.] bedarf einer umfassenden Abwägung der Umstände des Einzelfalls (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Juni 2011 -
IV
ZR 255/10, [X.], 1037,
Rn.
33). Da das [X.] die streitgegenständliche [X.] als wirk-sam angesehen
und das Berufungsgericht den Standpunkt vertreten hat, die streitgegenständliche [X.] sei unwirksam und werde nicht durch eine [X.]
-

12

-

sprechende Anwendung des §
81 Abs.
2 [X.] ersetzt, bestand für die Parteien bislang kein Anlass,
zu den für die Abwägung relevanten Umständen näher
vorzutragen.
Galke
Zoll
[X.]

Pauge
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
37 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 13.01.2010 -
11 U 159/09 -

Meta

VI ZR 46/10

11.10.2011

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2011, Az. VI ZR 46/10 (REWIS RS 2011, 2520)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2520

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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