Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2015, Az. 4 StR 46/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 9497

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 46/15

vom
18. Juni
2015
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers am 18.
Juni
2015
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 17.
November
2014
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung in zwei Fällen, der Körperverletzung und der [X.] mit Körperverletzung schuldig ist;
b)
hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen
II.
2. Tatkom-plex
4 und 5 der Urteilsgründe, im Gesamtstrafen-
sowie im [X.] mit den zugehörigen Feststellun-gen aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verwor-fen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fäl-len sowie Körperverletzung und [X.] mit Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das [X.] hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
Die Annahme von zwei selbständigen, real konkurrierenden [X.] in den Fällen
II.
2. Tatkomplex
4 und 5 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen hatte
der Angeklagte die Nebenklägerin, mit der er eine
Beziehung unterhielt und zusammenwohnte, im Verlauf des [X.] mehrfach geschlagen und getreten sowie sie gezwungen, mehrere Stunden mit ihm durch die Stadt zu laufen, wobei er sie mit dem Ziel, sie gefügig zu machen, durch Drohung mit dem Tod zu Bekundungen ihrer Loyalität und des Gehor-sams ihm gegenüber genötigt hatte. In den späten Abendstunden befahl der Angeklagte der Nebenklägerin, die noch unter dem Eindruck der vorangegan-genen Vorfälle und Bedrohungen stand, einem neuen [X.] folgend, sich
auszuziehen und aufs Bett zu legen. Er drohte hierbei, sich zu holen, was er wolle, und sie umzubringen. Als die Nebenklägerin, die

vom Angeklagten wahrgenommen

stark zitterte, erklärte, sie habe Angst vor dem Angeklagten, erwiderte dieser, es sei gut, dass sie Angst habe, jetzt habe sie endlich Respekt vor ihm. In Kenntnis dieser Ängste und der psychischen Ausnahmesituation der Nebenklägerin vollzog der Angeklagte sodann mit ihr den Geschlechtsverkehr, wobei die Nebenklägerin aufgrund ihrer Ängste und
der vorangegangenen Dro-1
2
3
-
4
-
hungen und Beeinträchtigungen keine Gegenwehr leistete (Tatkomplex
4).
Einige Stunden später führte der Angeklagte aufgrund erneuten [X.] im Bewusstsein der fortdauernden psychischen Ausnahmesituation sowie der fortbestehenden Ängste der Nebenklägerin gegen deren Willen mit ihr den Analverkehr aus, was der Nebenklägerin, die das Geschehen aufgrund ihrer vorausgegangenen Erlebnisse sowie aus Angst vor weiteren körperlichen Be-einträchtigungen über sich ergehen ließ, nicht unerhebliche Schmerzen berei-tete (Tatkomplex
5).
Für die Beurteilung des [X.] bei mehrfach hinter-einander begangenen Vergewaltigungen kommt es nach der Rechtsprechung des [X.] maßgeblich darauf an, ob der Nötigung des [X.] [X.] des Angeklagten zugrunde liegt. Bei einheitlicher [X.] liegt ebenso wie bei fortgesetzter oder fortwirkender Drohung trotz mehrfach dadurch erzwungener Beischlafhandlungen nur eine Tat im [X.] vor (vgl. [X.], Urteile vom 19.
April 2007

4
StR
572/06, [X.], 235; vom 13.
Februar 2007

1
StR
574/06; vom 25.
Oktober 2001

4
StR 262/01, [X.], 199, 200; Beschlüsse vom 28.
Januar 2003

4
StR
521/02, [X.], 281; vom 9.
März 2000

4
StR
513/99, [X.], 419, 420; vom 23.
November 1993

1
StR
739/93, [X.]R StGB §
177 Abs.
1 Gewalt
10). So liegt der Fall hier. Den Feststellungen der Strafkammer ist jedenfalls in ihrem Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass die vom Angeklagten durch die Todesdrohung
zur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs geschaffene Bedro-hungssituation noch fortbestand, als er die Nebenklägerin zur Duldung des [X.] zwang. Damit wurden die sexuellen Handlungen durch den Ein-satz desselben [X.] erzwungen, sodass sich
das Geschehen als einheitliche Tat der Vergewaltigung nach §
177 Abs.
1 Nr.
2, Abs.
2 Satz
2 Nr.
1 StGB darstellt.
4
-
5
-
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. §
265 StPO
steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Einzel-strafaussprüche in den Fällen
II.
2. Tatkomplex
4 und 5 der Urteilsgründe und der Gesamtstrafe. Der [X.] kann ebenfalls nicht bestehen blei-ben, weil das [X.] bei der auf §
66 Abs.
3 Satz
2 StGB gestützten [X.] von drei selbständigen Vergewaltigungs-taten des Angeklagten
als Anlasstaten
ausgegangen ist.
Für die neu
zu treffende Maßregelentscheidung
weist der Senat darauf hin, dass in Fällen, in denen

wie bei §
66 Abs.
3 StGB

die Anordnung der Sicherungsverwahrung im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters steht,
die maßgeblichen Gründe für die tatrichterliche Ermessensentscheidung in
den Urteilsgründen darzulegen sind (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse
vom 25.
Mai 2011

4
StR
87/11, [X.], 272; vom 15.
Oktober 2009

5
StR 351/09, [X.], 43).
Sost-Scheible
Cierniak
Franke

Mutzbauer
Bender
5
6

Meta

4 StR 46/15

18.06.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2015, Az. 4 StR 46/15 (REWIS RS 2015, 9497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9497

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4 StR 46/15

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