Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2014, Az. XII ZB 704/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5950

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 704/13

vom

30. April 2014

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§
59, 168 Abs.
1, 292 Abs.
1; BGB §§
1836
e, 1908
i Abs.
1 Satz
1
Der Sozialhilfeträger, der gegen einen Betreuten Rückforderungsansprüche we-gen erbrachter Sozialleistungen geltend macht, ist im Festsetzungsverfahren nach §
292 Abs.
1 i.V.m. §
168 Abs.
1 Satz
2 und 3 FamFG, in dem das [X.] und Zeitpunkt der Zahlungen bestimmt, die der Betreute an die Staatskasse nach §
1908
i Abs.
1 Satz
1 i.V.m. §
1836
e BGB zu leisten hat, nicht beschwerdebefugt. Führt die Festsetzung dazu, dass der Sozialhilfeträger nur einen geringeren Betrag zurückfordern kann, stellt dies lediglich eine mittel-bare Folge der Festsetzungsentscheidung dar.
[X.], Beschluss vom 30. April 2014 -
XII [X.] 704/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 30.
April 2014
durch den
Vorsitzenden Richter Dose
und [X.], Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger
und Dr.
Botur
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 21.
November 2013 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu
1
zurückgewiesen.
[X.]: 504

Gründe:
I.
Der [X.] (im Folgenden: [X.])
wendet sich in seiner Funktion als Sozialhilfeträger gegen die vom Amtsgericht festgesetzten [X.], die der Betreute
aus übergegangenem Recht an die Staatskasse zu leis-ten hat.
Nachdem der Betreute
geerbt hatte, hat das Amtsgericht am 21.
Dezem-ber 2012
aufgrund eines nunmehr zu berücksichtigenden Vermögens von rund 5.884

beschlossen, dass der Betreute
der Staatskasse einen Betrag von 1.473,26

für geleistete Betreuervergütung zu erstatten hat. Am 18.
Januar 2013 hat der [X.]
seinerseits gegen den Betreuten einen Rückforde-rungsbescheid in Höhe von rund 5.745

wegen
erbrachter Sozialleistungen erlassen. Außerdem hat er
am 31.
Januar 2013 gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 21.
Dezember 2012 Beschwerde eingelegt und diese damit be-1
2
-
3
-
gründet, dass die vom Amtsgericht festgesetzten Ansprüche teilweise bereits verjährt gewesen seien; wegen der überhöhten Festsetzung könne er
weniger Sozialleistungen zurückfordern. Das [X.] hat die Beschwerde als unzu-lässig verworfen. Hiergegen wendet sich der [X.]
mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass eine Rechtsbeeinträchti-gung im Sinne des §
59 Abs.
1 FamFG einen unmittelbaren Eingriff in ein
sub-jektives Recht des Beschwerdeführers fordere, indem der Beschluss das Recht aufhebe, beschränke, mindere oder gefährde, die Ausübung des Rechts störe oder erschwere oder eine Verbesserung der Rechtsstellung vorenthalte. Jedoch genüge allein ein

berechtigtes
Interesse an einer Beseitigung bzw. Änderung der Entscheidung ebenso wenig wie eine nur mittelbare Beeinträchtigung.
Ausgehend hiervon sei der [X.] nicht unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt. Zwar habe er
ebenfalls Rückforderungsansprüche gegen den Betreuten, die er
durchsetzen möchte. Diese würden jedoch durch den [X.] nur mittelbar beeinträchtigt, nämlich als Folge desselben. Eine andere Auffassung hätte letztlich zur Folge, dass das Amtsgericht mit der Festsetzung seines Rückforderungsanspruchs warten müsste, bis der [X.] einen rechtskräftigen Bescheid erlassen habe. Ein solcher Vorrang des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Regressanspruch der Staatskasse sei dem Gesetz jedoch nicht
zu entnehmen. Die beiden Ansprüche 3
4
5
-
4
-
stünden vielmehr gleichrangig nebeneinander, so dass letztlich nur die schnel-lere Bearbeitungszeit entscheide.
Die Beschwerdeberechtigung ergebe sich auch nicht aus §
59 Abs.
3 FamFG. Diese müsste ausdrücklich im Gesetz über das Verfahren in Familien-sachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder einem anderen Gesetz angeordnet worden sein, was nicht der Fall sei.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
a) Gemäß §
59 Abs.
1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochte-nen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift, wobei diese Beeinträchtigung auch in einer ungünstigen Beeinflus-sung oder Gefährdung des Rechts liegen kann (Senatsbeschluss vom 19.
Ja-nuar 2011
XII
[X.] 326/10
FamRZ
2011, 465 Rn.
9). Die Vorschrift des §
59 Abs.
1 FamFG entspricht inhaltlich dem früheren §
20 Abs.
1 [X.] und erfordert
eine Beeinträchtigung eigener
Rechte, die von bloßen rechtlichen Interessen
zu unterscheiden sind. Über den Fall der Rechtsbeeinträchtigung hinaus räumt die Vorschrift nur Behörden bei entsprechender besonderer gesetzlicher Anord-nung eine Beschwerdebefugnis ein (Senatsbeschlüsse vom 18.
April 2012

XII
[X.]
623/11
NJW
2012, 2039 Rn.
8 und
XII
[X.] 624/11

FamRZ
2012, 1131 Rn.
8).
b) Gemessen hieran hat das Beschwerdegericht die Beschwerdeberech-tigung des [X.]es zu Recht verneint.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss gemäß §
292 Abs.
1 i.V.m. §
168 Abs.
1 Satz
2 und 3 FamFG Höhe und Zeitpunkt der Zah-6
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9
10
-
5
-
lungen bestimmt, die der Betreute an die Staatskasse nach §
1908
i Abs.
1 Satz
1 i.V.m. §
1836
e BGB zu leisten hat. Durch diese Entscheidung werden unmittelbar der
Betreute
und die Staatskasse in ihrer Rechtssphäre betroffen.
Demgegenüber ist der [X.] von dieser Entscheidung

wie das Be-schwerdegericht
zu Recht ausgeführt hat

nur mittelbar betroffen, weil der Be-treute
aufgrund der zeitlich vorangegangenen
Festsetzung durch das Amtsge-richt nur noch
über ein geringeres Vermögen verfügt und ihm damit weniger verbleibt, um die Forderung des [X.]es zu begleichen.
Dabei spielt es für die Unmittelbarkeit der Rechtsbetroffenheit entgegen der Auffassung des Land-kreises keine Rolle, ob die vorangegangene Festsetzung zu Recht oder zu Un-recht erfolgt ist. Der [X.] ist an dem Rechtsverhältnis zwischen Betreutem und Staatskasse materiell nicht beteiligt.
Selbst wenn er vom Amtsgericht formell beteiligt worden wäre, hätte der [X.] für den Betreuten nicht die Einrede der Verjährung erheben können, weil er
nicht sein gesetzlicher Vertreter ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22.
Au-gust 2012

XII
[X.]
474/11

FamRZ 2012, 1798 Rn.
14).
Der Hinweis der Rechtsbeschwerde, das Amtsgericht habe in seinem

vom Beschwerdegericht mittlerweile aufgehobenen

Beschluss vom 18.
Oktober 2013 selbst einge-räumt, verjährte Ansprüche zugesprochen zu haben, geht schon deshalb fehl, weil der Betreute
bzw. sein Betreuer ausweislich der Begründung dieses [X.] die Einrede der Verjährung gerade nicht erhoben haben.

Soweit die Rechtsbeschwerde darauf hinweist, dass bei einer fehlenden Beschwerdeberechtigung das öffentliche Interesse an der Verringerung von Sozialausgaben beeinträchtigt wäre, verkennt sie, dass die amtsgerichtliche Festsetzung ebenfalls der öffentlichen Hand zugute kommt, nämlich der Staats-kasse.
11
12
13
-
6
-
3. Dass nach dem Vortrag der Rechtsbeschwerde der nach Abschluss des Vergütungsverfahrens in erster Instanz gestellte Antrag auf Beteiligung nach §
7 FamFG bislang nicht beschieden ist, steht der Verwerfung der
Be-schwerde nicht entgegen. Anders als etwa im [X.] von Angehörigen
oder Vertrauenspersonen gemäß §
303 Abs.
2 FamFG kommt der Beteiligung im Ausgangsverfahren für die Beschwerdeberechtigung des [X.]es keine Bedeutung zu.
4. Schließlich ist der Beschwerdeführer auch nicht aufgrund von beson-deren Vorschriften im Sinne von §
59 Abs.
3 FamFG zur Beschwerde befugt.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.12.2012 -
8 XVII 30/99 -

LG [X.], Entscheidung vom 21.11.2013 -
5 [X.] -

14
15

Meta

XII ZB 704/13

30.04.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2014, Az. XII ZB 704/13 (REWIS RS 2014, 5950)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5950

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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