Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2017, Az. IX ZR 51/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10694

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:180517UIXZR51.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX ZR 51/15
Verkündet am:

18. Mai 2017

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 426 Abs. 1, analog § 1109 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2, § 748
Der [X.] zwischen zwei Grundstückseigentümern, deren Grundstücke mit einer [X.] belastet sind, ist nach dem Wert der Grundstücke vorzunehmen. Das gilt auch dann, wenn einer der [X.] das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung erstanden hat.

[X.], Urteil vom 18. Mai 2017 -
IX ZR 51/15 -
OLG München

[X.]

[X.]:[X.]:[X.]:2017:180517UIXZR51.15.0
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18.
Mai 2017 durch [X.] [X.], die
Richte-rin [X.], [X.], die Richterin [X.] und den Richter Meyberg

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 4. Februar
2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungs-gericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin erstand im Rahmen einer Zwangsvollstreckung das Eigen-tum an einem zuvor dem Beklagten gehörenden
Grundstück
unter Übernahme der eingetragenen Reallast ([X.]: 21.400

. Sie wurde aus dieser [X.] gerichtlich in Anspruch genommen und verlangt von dem Beklagten Erstat-tung der von ihr an die Reallastberechtigte
erbrachten Leistungen (4.420,90

Kosten eines [X.] zwischen
ihr und der [X.]
(1.389,23

, soweit noch von Belang,
und Feststellung der
Freistellung. Das [X.] hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das landgerichtliche Urteil abgeändert und 1
-
3
-
die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

Das angefochtene Urteil unterliegt schon deswegen der Aufhebung, weil es weder einen Tatbestand noch eine Bezugnahme gemäß §
540 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO enthält (§
547 Nr.
6 ZPO), auch keine konkludente. Das Berufungs-gericht stellt nämlich ausdrücklich fest, dass es einer Darstellung des [X.] nicht bedürfe, weil ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig sei, und zitiert §
540 Abs.
2, §
313a Abs.
1 Satz
1 ZPO. Richtig ist, dass die Nichtzulassungsbeschwerde unzweifelhaft unzulässig ist, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000

übersteigt (§
26 Nr.
8 EGZPO). Vorliegend übersteigt dieser Wert jedoch 20.000

9 ZPO kommt nicht zur Anwendung, weil Ziel der Klägerin ist, von aus der Reallast geschuldeten Leistungen freigestellt zu werden. Der Wert eines [X.] richtet sich nach §
3 ZPO (vgl. etwa [X.], [X.] vom 20.
September 1974 -
IV
ZR 113/74, NJW
1974, 2128; vom 21.
September 1994 -
XII
ZR 5/94, NJW-RR
1995, 197; Prütting/Gehrlein/
[X.], ZPO, 9.
Aufl., §
3 Rn.
66; [X.]/[X.], ZPO, 31.
Aufl., §
9 Rn.
3;
Musielak/Voit/[X.], ZPO, 14.
Aufl., §
9 Rn.
4; BeckOK-ZPO/Wendtland, 2017, §
9 Rn.
8). Damit beträgt die Beschwer der Klägerin, wie vom
Senat be-2
3
-
4
-
reits festgesetzt, 22.930,13

(4.420,90

0
v.H. von 21.400

und war §
540 Abs.
1 Satz
1 ZPO anzuwenden. Fehlende Feststellungen nach §
540 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO stellen einen von Amts wegen zu berücksichti-genden Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt ([X.], Urteil vom 12.
Februar 2009 -
IX
ZR 73/08, AnwBl
2009, 389
mwN).

Fehlen die nach §
540 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO vorgeschriebenen Fest-stellungen, kann eine Aufhebung und Zurückverweisung dann unterbleiben, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen sowie das Rechtsschutzziel der [X.] hinreichend deutlich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt. Vorliegend ist dies in Bezug auf die tatsächlichen Grundlagen nicht der Fall. Das Berufungsurteil lässt weder erkennen, was Gegenstand der
-
auf dem von der Klägerin in der Zwangsversteigerung erstandenen [X.] ruhenden -
Reallast war,
noch die Grundlage der Haftung des Beklagten, weil sich
im Berufungsurteil
keine Feststellungen zum
Inhalt des schuldrechtli-chen Vertrages
finden, aus dem der Beklagte der [X.] haftet.
Auch enthält das Urteil keine Feststellungen dazu, ob und welches noch im Ei-gentum des Beklagten stehende
Grundstück mit einer [X.] belaste-tet ist. Schließlich kann dem Urteil nicht das Verhältnis der Parteien als [X.] zueinander entnommen werden. Das genügt den Anforderungen des §
540 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO nicht. Das Revisionsgericht ist weder ver-pflichtet noch auch nur berechtigt, den entscheidungserheblichen Sachverhalt und die in den Vorinstanzen gestellten Anträge selbst aus den Akten zu [X.]
([X.], Urteil vom 12.
Februar 2009,
aaO).

Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§
562 Abs.
1 ZPO), die Sache ist zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 ZPO).
4
5
-
5
-

II.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung wird auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hingewiesen:

1.
Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass im Innenverhältnis zwischen dem ursprünglichen Schuldner eines durch eine Reallast gesicherten Anspruchs und dem Ersteher allein dieser für die nach dem Zuschlag fällig wer-denden Leistungen aus der Reallast haftet, wenn eine zur Sicherung dieses Anspruchs eingetragene Reallast bei der Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks bestehen
bleibt
und das Grundstück ohne Zwischenverfügung vom Schuldner auf den Ersteher übergegangen ist. Denn §
56 Satz
2 ZVG ent-hält eine abweichende Regelung im Sinne von §
426 Abs.
1 [X.], weil der Er-steher nach dieser Regelung von dem Zuschlag an die "Lasten des [X.]s"
zu tragen hat, wozu auch die [X.] gehören
([X.], Urteil vom 8.
Juli 1993 -
IX
ZR 222/92, [X.]Z
123, 178, 181
f).

2.
Doch gilt dieser Grundsatz
entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts nicht für den ursprünglichen Schuldner des gesicherten Anspruchs, wenn dieser den schuldrechtlichen Anspruch nicht nur durch eine einfache Reallast an dem später versteigerten Grundstück, sondern durch eine [X.]
an zwei Grundstücken gesichert hat, von denen eines später versteigert wird
und das andere weiterhin in seinem Eigentum verbleibt. Die Bestellung einer Ge-samtreallast an mehreren Grundstücken ist zulässig, wobei §
1132 Abs.
1 [X.] analog anzuwenden ist. Diese kann von Anfang an dadurch entstehen, dass sie an mehreren Grundstücken eines oder verschiedener Eigentümer eingeräumt wird, oder
nach §
1108 Abs.
2 [X.] nachträglich durch Realteilung des belaste-6
7
8
-
6
-
ten Grundstücks (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2017, §
1105 Rn.
4; Beck-GroßKomm-[X.]/[X.], 2016, §
1105 Rn.
86).

a) Die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Ansicht [X.] Entscheidung des Senats vom 8.
Juli 1993 (aaO) regelt nur das Innenver-hältnis zwischen dem persönlichen Schuldner des durch die Reallast gesicher-ten Anspruchs und demjenigen, der ohne Zwischenverfügung das mit der [X.] belastete
Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung erstanden hat, nicht aber das Innenverhältnis zwischen zwei Eigentümern von mit einer Ge-samtreallast belasteten Grundstücken, von denen eines von einem der [X.] erstanden worden ist. Nur im [X.] von Ersteher und ursprünglichem
Schuldner gilt nach §
56 Satz
2 ZVG, dass der Ersteher die "Lasten des Grundstücks"
zu tragen hat und er für die Reallast, deren Wert beim Zuschlag außer Ansatz geblieben ist, keine Barleistung hat erbringen müssen, während der ursprüngliche Schuldner das Eigentum an dem Grundstück -
mithin die Gegenleistung für die Gewährung des Anspruchs
-
an den Ersteher verloren hat. Zwar bleibt es dabei, dass die Klägerin in Höhe des Werts der Reallast keine Barleistungen erbracht und der Beklagte das Eigen-tum an dem zwangsversteigerten Grundstück verloren hat, aber
ebenso wenig hat der Beklagte, sollte der [X.] von vornherein an mehreren Grundstücken eine [X.] eingeräumt worden oder sollte eine solche durch Teilung des belasteten Grundstücks nach §
1108 Abs.
2 [X.] später ent-standen sein, als Eigentümer des zweiten Grundstücks nach 2011 Leistungen auf den durch die [X.] gesicherten Anspruch erbracht. Auch liegt die Leistungsfähigkeit der Klägerin in Bezug auf das zwangsversteigerte [X.] nicht im Risikobereich des Beklagten, wohl aber in Bezug auf das etwaige bei ihm verbliebene, mit der [X.] belastete Grundstück.

9
-
7
-

b) Der [X.] zwischen den Parteien, deren [X.]e mit einer [X.] zugunsten der [X.] belastet ist, richtet sich, ungeachtet etwaiger verschiedener Haftungsgrundlagen
(gegebe-nenfalls auch aus dem Unterhaltsrecht), nach den getroffenen Vereinbarungen, nach den Umständen des Einzelfalls und subsidiär nach §
426 [X.] (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
1108 Rn.
9). Dementsprechend erfolgt der [X.], wenn er nach §
426 Abs.
1 [X.] erfolgt, nach Köp-fen (vgl. für den [X.] zwischen persönlichem Schuldner und Ersteher [X.], Urteil vom 25.
Februar 1972 -
V
ZR 27/70, [X.]Z
58, 191, 193
ff; [X.]/[X.], [X.] 2017, §
426 Rn.
81; BeckOK-[X.]/
Gehrlein,
2016,
§
426 Rn.
5; MünchKomm-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
1108 Rn.
9). Bei dem [X.] zwischen den Eigentümern von zwei Grundstücken, die mit einer [X.] belastet sind, führt dies jedoch dann, wenn die Grundstücke einen unterschiedlichen Wert besitzen, zu unan-gemessenen Ergebnissen. Es ist daher analog §
1109 Abs.
1 Satz
2 Halbs.
2, §
748
[X.] der Ausgleich nach der Größe der Grundstücksteile vorzunehmen, wobei allerdings die wertmäßige
Größe entscheidend ist ([X.]/[X.], aaO, §
1108 Rn.
11; BeckOK-[X.]/[X.], 2017 §
1108 Rn.
8; Münch-Komm-[X.]/[X.], aaO
Rn.
10; [X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., §
1108
Rn.
3; jurisPK-[X.]/[X.], 8.
Aufl., §
1108 Rn.
35). Eine Vermutung, dass bei der [X.] im Zweifel der (Schuld-)Vertragsgegner im Innenverhältnis allein haftet, besteht nicht ([X.], Urteil vom 25.
Februar 1972 -
V
ZR 27/70, [X.]Z
58, 191, 197
f; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO
Rn.
9). Für den Fall der Zwangsversteigerung eines der mit einer [X.] belasteten Grundstü-cke
gilt nichts Anderes. Das Berufungsgericht wird die hierfür erforderlichen

10
-
8
-
Feststellungen zu treffen haben und gegebenenfalls den Gesamtschuldneraus-gleich vornehmen müssen.

Kayser
[X.]
Pape

[X.]
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.08.2014 -
2 O 1024/14 -

OLG München, Entscheidung vom 04.02.2015 -
3 U 3604/14 -

Meta

IX ZR 51/15

18.05.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2017, Az. IX ZR 51/15 (REWIS RS 2017, 10694)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10694

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IX ZR 51/15

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