Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2016, Az. KZR 17/14

Kartellsenat | REWIS RS 2016, 14925

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:080316BKZR17.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KZR 17/14
vom

8. März 2016

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]ellsenat des [X.] hat am 8.
März 2016 durch die Präsidentin des [X.] [X.], den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck sowie [X.]
Kirchhoff, Dr.
Bacher und Dr.
Deichfuß

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen das [X.]surteil vom 6.
Oktober 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:
Die gemäß §
321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhö-rungsrüge ist nicht begründet. Zu Unrecht meint die Anhörungsrüge, das [X.]surteil verletze den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör, weil es ih-ren Vortrag in mehreren Punkten nicht berücksichtige.
[X.] Die Bestimmung des Art.
103 Abs.
1 GG garantiert den
Beteiligten ei-nes gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Ent-scheidung zu äußern,
und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.], [X.] 2004, 1710, 1712). Damit ist
jedoch kein Anspruch darauf
verbunden, dass
jedes Argument ausdrücklich beschieden wird. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das
von ihm entgegengenommene Par-teivorbringen in Erwägung gezogen hat, auch wenn es die von einer Partei ge-zogenen rechtlichen Schlussfolgerungen nicht teilt ([X.], Beschluss vom 7. Juli 1
2
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3
-
2011 -
I [X.], [X.], 314 Rn. 12; Beschluss vom 31. März 2015
-
X [X.] Rn. 3, juris). Geht das Gericht allerdings auf [X.] des [X.] zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, nicht ein, lässt dies auf die Nichtberücksichti-gung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war ([X.] 86, 133, 146;
[X.], Beschluss vom 27.
Juni 2007 -
X
ZB
6/05, [X.]Z 173, 47 Rn.
31).
I[X.] Eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtli-chen Gehörs liegt
danach
nicht vor.
1. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, der [X.] habe ihren vor-instanzlichen Vortrag unberücksichtigt gelassen, wonach nicht sichergestellt sei, dass überhaupt alle branchenangehörigen Unternehmen jeweils an den [X.] beteiligt seien, da eine Verpflichtung zur Teilnahme an solchen Vereinbarungen nicht bestehe. Die Klägerin
hatte sich
hierauf
zum Beleg
für die von ihr
vertretene, vom [X.] indes nicht geteilte Rechtsansicht
berufen, §
30 Abs.
2a [X.]
erfülle
die an eine Betrauung zu stellenden Anfor-derungen in mehrfacher Hinsicht nicht. Mit den gegen einen ausreichenden und wirksamen Betrauungsakt gerichteten Einwänden der Klägerin hat sich der [X.] in den Randnummern
28 bis 40 seiner Entscheidung ausführlich auseinan-dergesetzt. Soweit die Klägerin geltend macht, das Ziel des §
30 Abs.
2a [X.], den flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Presseerzeug-nissen zu gewährleisten, könne nicht erreicht werden, wenn nicht sämtliche Verlage und Grossisten an der Branchenvereinbarung teilnähmen, bestand für den [X.] kein Anlass, auch auf
dieses in der Argumentation der Klägerin un-tergeordnete, an einen hypothetischen Sachverhalt anknüpfende
Argument
in seinem Urteil ausdrücklich einzugehen.
Die Vorschrift des § 30 Abs. 2a [X.] ist nach den Ausführungen im [X.]surteil nur anwendbar, wenn die Branchen-3
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-
4
-
vereinbarungen den flächendeckenden Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften regeln.
Eine Betrauung ohne Verpflichtung auf dieses Ziel gibt es danach also nicht.
2. Auch eine Gehörsverletzung der Klägerin wegen Übergehens
ihrer
verfassungsrechtlichen
Einwände liegt nicht vor.
Der [X.] hat die auf Art.
5 Abs.
1 GG (Pressevertriebsfreiheit der Ver-lage) und eine vermeintlich fehlende Gesetzgebungszuständigkeit des [X.] gestützten
Einwände der Klägerin
erwogen und nicht für durchgreifend erachtet.
Da es sich dabei erkennbar nicht um zentrales, sondern in der [X.] deutlich untergeordnetes Vorbringen handelte, war es nicht erforderlich, darauf in den Entscheidungsgründen ausdrücklich einzugehen. Im Hinblick auf Art.
5 Abs. 1 GG hat die Revisionserwiderung auf Seiten
57
f. allein zu einer vermeintlich verfassungswidrigen Belastung der Grossisten vorgetragen, nicht aber
zu einer solchen
der Verlage.
Die
nach Ansicht der Klägerin
fehlende Ge-setzgebungskompetenz des [X.] für §
30 Abs.
2a [X.]
ist in der 67 Seiten umfassenden
Revisionserwiderung
lediglich
in drei Zeilen unter Bezugnahme auf eine einzige Literaturstelle gerügt worden. Der [X.] hat für offensichtlich erachtet, dass sich die Gesetzgebungskompetenz des [X.] aus seiner [X.] Gesetzgebungszuständigkeit für das Wirtschaftsrecht
(Art.
72 Abs.
2, Art.
74 Nr.
11 GG)
ergibt, die das
[X.]ellrecht sowie
Ausnahmen von seinem Anwendungsbereich, insbesondere
auch
im Hinblick auf Art.
106 Abs.
2 AEUV,
umfasst.
3. Soweit die Klägerin geltend macht, der [X.] habe bei seiner Beurtei-lung, die Wettbewerbsregeln der Union
verhinderten im Sinne von Art.
106 Abs.
2 Satz
1 AEUV
die Erfüllung der besonderen Aufgaben, die den Presse-grossisten übertragen worden sind, Vortrag der Klägerin
zur Bedeutung der "Nationalvertriebe"
übergangen, legt sie ebenfalls keine Gehörsverletzung dar.
Wie die Klägerin erkennt, hat der [X.] die Bündelung des Vertriebs kleinerer 5
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-
5
-
und ausländischer Verlage in "[X.]"
in Rn. 61 seiner Entschei-dung
ausdrücklich
berücksichtigt. Er hat allerdings nicht die Auffassung der Klägerin geteilt, dieser Umstand stehe der Möglichkeit von großen Verlagen und Verlagen mit auflagenstarken Titeln entgegen, bei Wegfall des zentralen Verhandlungsmandats bessere Preise und Konditionen durchsetzen zu können.
4. Die Anhörungsrüge meint
weiter, die Begründung des [X.]s, mit der er den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus §
21 Abs.
2 [X.] abgewiesen habe, sei nicht tragfähig
und
die Frage einer Druck-ausübung durch den Beklagten habe noch aufgeklärt werden müssen. Dazu
bestand
indes
kein Anlass. Nach der rechtlichen Beurteilung des [X.]surteils versucht der Beklagte
nicht, die Klägerin
oder seine
Mitglieder zu einem nach §
21 Abs. 2 [X.] verbotenen Verhalten zu veranlassen, da
das zentrale Ver-handlungsmandat nicht gegen [X.]ellrecht
verstößt.

5. Ohne Erfolg rügt die Klägerin schließlich, indem der [X.] in der Sa-che selbst entschieden
habe, sei
die
Klägerin
mit ihrem
Vortrag zu dem
im We-ge der Eventualanschlussberufung weiterverfolgten Anspruch aus §
21 Abs.
3 [X.]
unter Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG
nicht gehört worden. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin insoweit tatsächlich hilfsweise einen weiteren An-spruch im prozessualen Sinne geltend gemacht hat. Ein Anspruch aus §
21 Abs.
3
Nr. 1 oder Nr. 2
[X.] kam jedenfalls offensichtlich nicht in Betracht; die Anhörungsrüge zeigt auch nicht auf, dass die Klägerin derartiges geltend ge-macht hätte.
Ebenso wenig war dem Vortrag der
Klägerin, die auch keinen hier-auf abgestellten (Hilfs-)Antrag formuliert hat,
in den in Bezug genommenen
8
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-
6
-
Schriftsätzen eine tatbestandsmäßige Zwangsausübung im Sinne von §
21 Abs. 3 Nr.
3 [X.] zu entnehmen; vielmehr hat die Klägerin eine solche lediglich in der -
nach ihrer vom [X.] nicht geteilten Rechtsauffassung kartellrechtswid-rig aufrechterhaltenen -
"Verbandsdisziplin"
der Beklagten sehen wollen.

[X.]
Meier-Beck
Kirchhoff

Bacher
Deichfuß
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.02.2012 -
88 O ([X.]) 17/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 26.02.2014 -
VI-U ([X.]) 7/12 -

Meta

KZR 17/14

08.03.2016

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2016, Az. KZR 17/14 (REWIS RS 2016, 14925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14925

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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