Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2006, Az. IV ZR 252/04

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3746

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am:

3. Mai 2006

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein _____________________ [X.] 94 § 3 (2) c Die Geltendmachung von [X.] stellt keine nach § 3 (2) [X.] ausgeschlossene Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Recht der Handelsgesellschaften dar. [X.], Urteil vom 3. Mai 2006 - [X.]/04 - [X.]LG Wiesbaden - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 3. Mai 2006 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 28. Oktober 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer von seiner Ehefrau im Jahre 1997 genommenen Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung für Selbständige in Anspruch, der die Allge-meinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 1994 (im [X.]: [X.] 94) zugrunde liegen und in der er gemäß § 28 (2) a i.V. mit (1) b [X.] 94 im privaten Bereich und für die Ausübung nicht selbständiger Tätigkeiten mitversichert ist. 1 Mit [X.] vom 27. Dezember 2000 beteiligte sich der Kläger mit einer [X.]age von 1,6 Millionen DM (818.067,01 •) als einer von 250 Kommanditisten an der V. B.

F. GmbH & Co. D. [X.], die über ein Gesamtkommanditkapital in Höhe von 2 - 3 -

25 Millionen • verfügte. Grundlage für diese Anlageentscheidung war der Inhalt eines Emissionsprospekts, mit dem die Beteiligung an der [X.] in der Öffentlichkeit beworben worden war. Im Zuge der Prüfung von [X.] aus Prospekthaftung im Jahre 2002 baten die Bevollmächtigten des [X.] die Beklagte um eine entsprechende Deckungszusage. Die Beklagte lehnte dies ab, da eine nicht versicherte selbständige Tätigkeit des [X.] betroffen sei und außerdem der Risikoausschluss des § 3 (2) [X.] eingreife; es gehe um die Wahrnehmung rechtlicher Inte-ressen aus dem Recht der Handelsgesellschaften.
Mit der Klage in diesem Rechtsstreit macht der Kläger die bereits entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten für eine inzwischen beim [X.] erhobene Klage gegen die [X.]-Gesell-schaft für Beteiligungen mbH geltend, die nach seiner Auffassung als Prospektverantwortliche für den Inhalt des Prospekts verantwortlich ist, und von der er deshalb im Wege des Schadensersatzes die Rückerstat-tung seiner [X.]age wegen unzutreffender Prospektangaben verlangt. Ferner begehrt er die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle weiteren Kosten erster Instanz in jenem Rechtsstreit. Das [X.] hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten hatte nur in [X.] des vereinbarten Selbstbehalts in Höhe von 153,39 • Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsan-trag weiter. 3 Entscheidungsgründe: 4 Die Revision hat keinen Erfolg. - 4 -

[X.] Das Berufungsgericht hat zunächst ausgeführt, der Kläger [X.] mit seinem gegen die [X.] L.

-[X.] für Beteiligungen mbH geführten Rechtsstreit keine rechtlichen Interessen aus dem Recht der Handelsgesellschaften im Sinne der Ausschlussklausel des § 3 (2) [X.] wahr. Die Klage, für die er Rechtsschutz begehre, betreffe nicht seine Stellung als Kommanditist; sie sei vielmehr auf die Grundsätze der Prospekthaftung gestützt und richte sich gegen eine mit der [X.] nicht identische und an ihr nicht beteiligte GmbH. Sie betreffe zudem [X.], die erst zum Erwerb der Kommanditistenstellung durch den Kläger geführt hätten. Es liege auch keine selbständige Tätigkeit vor, für die kein Versicherungsschutz bestehe. Tatsachen, die die Annahme einer beruflichen Tätigkeit begründen könnten, trage die Berufung nicht vor. Es handele sich nur um eine einzige Beteiligung, deren Höhe für die Be-urteilung, ob eine über den privaten Bereich hinausgehende Tätigkeit vorliege, nicht relevant sei. Dass der Kläger in steuerrechtlicher Hinsicht als Mitunternehmer anzusehen sei, führe noch nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit im Sinne von § 28 (1) b [X.] 94. 5 Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. 6 1. a) Der Kläger verfolgt in dem Rechtsstreit gegen die [X.] L.

-[X.] für Beteiligungen mbH Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung wegen nach seiner Behauptung fehlerhafter Angaben in einem Prospekt, der die Grundlage seiner [X.] ge-bildet habe; die Beklagte jenes Prozesses sei für den Inhalt des [X.] verantwortlich. 7 - 5 -

Nach der Rechtsprechung des [X.] unterliegen der Haftung wegen unrichtiger oder unvollständiger Angaben in einem Pros-pekt die Herausgeber des Prospekts und die für dessen Herstellung [X.], insbesondere die das Management bildenden Initiatoren, Gestalter und Gründer der [X.] sowie die Personen, die hinter der [X.] stehen und neben der Geschäftsleitung Einfluss aus-üben und Mitverantwortung tragen. Insoweit ist die Haftung an standardi-siertes, diesen Personen typischerweise entgegengebrachtes Vertrauen geknüpft und nicht davon abhängig, dass die jeweiligen Personen und ihr Einfluss im Prospekt offenbar werden oder den Anlegern sonst bekannt geworden sind ([X.]Z 145, 187, 196). Die Prospekthaftung stellt eine Parallele zur börsenrechtlichen Prospekthaftung nach § 45 BörsG dar (MünchKomm/[X.], [X.]. [X.]. vor § 241 Rdn. 88; [X.], [X.]. § 311 Rdn. 162). 8 b) Nach § 28 (1) b [X.] 94 besteht für den Kläger als Ehemann der Versicherungsnehmerin Versicherungsschutz im privaten Bereich und für die Ausübung nicht selbständiger Tätigkeiten; er umfasst nach Absatz 3 der Klausel [X.] nach § 2 a [X.] 94 und u.a. Rechtsschutz im Vertragsrecht nach § 2 d [X.] 94. Dabei bezieht sich der [X.] nach § 2 a [X.] 94 auf die Geltend-machung von Schadensersatzansprüchen, soweit diese nicht auf einer Vertragsverletzung beruhen, während § 2 d [X.] 94 im Vertragsrecht Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus privat-rechtlichen Schuldverhältnissen verspricht, soweit der Versicherungs-schutz nicht schon in der Leistungsart a) der Klausel enthalten ist. Da - wie dargelegt - der dem Kläger zu gewährende Versicherungsschutz aber die Leistungsarten nach a) und d) der Klausel umfasst, sind die 9 - 6 -

oben genannten Ansprüche aus Prospekthaftung in jedem Fall vom [X.] umfasst, ohne dass dies einer Zuordnung im Einzelnen bedarf. 2. Der Anspruch auf Rechtsschutz ist nicht gemäß § 3 (2) [X.] ausgeschlossen. Bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus Pros-pekthaftung handelt es sich nicht um die Wahrnehmung rechtlicher Inte-ressen aus dem Recht der Handelsgesellschaften. 10 a) Der Senat hat mit Urteil vom 21. Mai 2003 ([X.]/00 - VersR 2003, 1122) zur Auslegung des in den [X.] 75 in § 4 (1) c enthal-tenen Risikoausschlusses "Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Bereich des Rechts der Handelsgesellschaften" festgestellt, dass es sich bei dieser Bereichsumschreibung, um keinen fest umrissenen [X.] der Rechtssprache handelt. Aus Sicht eines verständigen [X.] geht es beim Bereich des Rechts der Handelsgesellschaf-ten um eine an rechtlichen Maßstäben ausgerichtete Zuordnung, mit der gewisse Risiken vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. [X.] der Verweisung auf rechtliche Kriterien wird und darf der Versiche-rungsnehmer annehmen, dass die vom Versicherungsschutz ausge-schlossene Interessenwahrnehmung jedenfalls keine Tatbestände be-trifft, die nach allgemeiner Auffassung nicht zum Bereich des Rechts der Handelsgesellschaften, sondern zu einem anderen Rechtsbereich gehö-ren. 11 12 b) Der hier maßgebliche § 3 (2) [X.] verwendet nur noch die Formulierung "Recht der Handelsgesellschaften". Es kann indessen auf sich beruhen, ob damit eine Begriffspräzisierung oder gar eine [X.] -

gung verbunden ist. Maßgeblich bleibt aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nach wie vor, dass damit keine Tatbestände vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, die jedenfalls nicht dem Recht der Handelsgesellschaften zuzurechnen sind. Das aber ist beim Schadensersatzanspruch wegen Prospekthaftung der Fall. Die Geltend-machung eines solchen Anspruchs stellt keine Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Recht der Handelsgesellschaften dar. Das erschließt sich aus der Rechtsnatur des oben näher beschriebenen Anspruchs. Der haftungsbegründende Vorgang, die Herausgabe des unrichtigen [X.], geht der [X.] voraus; er schafft die Grundla-ge für die [X.] des mit ihm geworbenen Interessen-ten. Dieser soll in seinem vor dem Erwerb gefassten Vertrauen auf einen richtigen Prospekt geschützt werden, und zwar unabhängig davon, ob im Sinne der bügerlich-rechtlichen culpa in contrahendo Vertragsverhand-lungen stattgefunden haben oder ihm die Prospektverantwortlichen per-sönlich gegenüber getreten sind (vgl. [X.]Z 123, 106, 109; 79, 337, 341 f., 348). Daran wird deutlich, dass der auf Prospekthaftung gestützte [X.] nicht als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Recht der Handelsgesellschaften anzusehen ist; es geht hier nicht um Ansprüche des [X.] als Kommanditist, sondern als Beteiligungsinteressent, der in seinem Vertrauen auf zutreffende Angaben im Prospekt geschützt werden soll. Das Berufungsgericht weist in diesem Zusammenhang zu-treffend darauf hin, dass sich die Klage auch nicht etwa gegen die [X.] richtet, der der Kläger beigetreten ist, sondern gegen eine mit dieser nicht identische und an ihr nicht beteiligte [X.]. 13 - 8 -

I[X.] Der dem Kläger versprochene Versicherungsschutz erstreckt sich auf den privaten Bereich und auf die Ausübung nicht selbständiger Tätigkeiten (§ 28 (1) [X.] a [X.] 94). Damit sind vom [X.], wie sich aus dem Zusammenhang von § 28 (1) a und b [X.] 94 ergibt, solche Tätigkeiten ausgenommen, die den privaten Be-reich überschreiten und sich bereits als selbständige Tätigkeit darstellen (vgl. zu § 25 (1) 2 [X.] 75; [X.]Z 119, 252). 14 1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die getroffenen Feststellungen für die Annahme einer solchen selbstän-digen Tätigkeit des [X.] nicht ausreichen. Es hat zutreffend darauf abgestellt, dass es sich um eine einzige Beteiligung handelte und dass eine unbestimmte Anzahl von Geschäftsvorfällen nicht zu erwarten war. Hinzu kommt, dass die Verwaltung der Beteiligung einer Treuhandkom-manditistin übertragen wurde, so dass es, was auch die Revision nicht in Zweifel zieht, keiner eigenen Verwaltungstätigkeit des [X.] bedurfte. 15 2. Schließlich kann dahinstehen, ob der Kläger im Hinblick auf sei-ne Beteiligung an der [X.] als Mitunternehmer im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist. Das Berufungsgericht hat entgegen der [X.] der Revision zu Recht angenommen, dass die maßgeblichen Abgrenzungskriterien für den Begriff "selbstständige Tätigkeit" bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen nicht an Hand des Steuer-rechts vorgenommen werden können, die Auslegung vielmehr jeweils nach dem Zweck der Vorschrift zu erfolgen hat ([X.], Urteil vom 28. Juni 1978 [X.] VersR 1978, 816 unter [X.] a; [X.] -

2005, 1139, 1141). Auch dem verständigen Versicherungsnehmer er-schließt sich nicht ohne weiteres, dass eine selbstständige Tätigkeit im Sinne von § 28 (1) [X.] 94 und die [X.] gemäß § 15 EStG dasselbe sind. Dies hätte die Beklagte in den Versicherungs-bedingungen deutlich klarstellen müssen ([X.] aaO). Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.02.2004 - 9 O 242/03 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 3 U 55/04 -

Meta

IV ZR 252/04

03.05.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2006, Az. IV ZR 252/04 (REWIS RS 2006, 3746)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3746

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3 U 55/04

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