Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2011, Az. VI ZR 337/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3200

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 337/10

vom

20. September
2011

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 116
Wenn in einem zwischen einem Haftpflichtversicherer und einem Träger der gesetzli-chen Unfallversicherung geschlossenen Teilungsabkommen auf die "Prüfung des Rechtsübergangs" bzw. den Einwand der mangelnden Übergangsfähigkeit verzichtet wird, erstreckt sich dieser Verzicht grundsätzlich auf das Fehlen der für den Regress vorausgesetzten Kongruenz zwischen einzelnen Schadenspositionen und den [X.] sowie auf das Eingreifen des [X.]. Von der Prüfung des Übergangs des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist die Prüfung der Haftungsfrage zu trennen.

[X.], Beschluss vom 20. September 2011 -
VI ZR 337/10 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
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Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 20. September 2011 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], Pauge, [X.] und die Richterin von
Pentz

beschlossen:

Die Beschwerde der [X.]
gegen die Nichtzulassung der Re-vision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 3. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Die [X.] trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:
1. Die Klägerin, Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, begehrt von der [X.], einem Kfz-Haftpflichtversicherer, gestützt auf das zwischen den Parteien bestehende Teilungsabkommen vom 29. Februar/23. März 1984 im Wege der Leistungs-
und Feststellungsklage Ersatz von 50
% der [X.], die ihr nach einem Unfall ihrer Versicherten M. entstanden sind. Diese sollte wegen einer Hemiparese rechts und Sprachstörungen am 14. September 1998 mit dem Rettungswagen in die [X.] des [X.] werden. Während der Fahrt kollidierte der Rettungswagen mit einem entgegenkommenden, bei der [X.] haftpflichtversicherten Pkw. Zwischen den Parteien steht das Alleinverschulden des [X.] außer Streit. M. erlitt bei dem Unfall u.a. [X.] und Halswirbelquetschungen. Sie wurde mit 1
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dem Rettungshubschrauber in die Universitätsklinik R. verbracht. Dort kam es in der Nacht vom 15. zum 16. September 1998 zu einer Einblutung in das Ge-hirn, die einen operativen Eingriff und weitere Behandlungen erforderte und de-ren Folgen bis heute andauern. Die Klägerin hat in einem von M. gegen sie ge-führten Sozialgerichtsverfahren nach Einholung eines Sachverständigengutach-tens die Folgeerscheinungen als Unfallfolge anerkannt. Sie hat für [X.] (Aufwendungen für Heilbehandlungen) und Barleistungen (Verletzten-geld und Renten) erbracht. Die [X.], die teilweise Ersatz geleistet hat, lehnt darüber hinausgehende Zahlungen mit der Begründung ab, die weiteren [X.] Klägerin seien nicht unfallbedingt.
Die für den Streitfall maßgebenden Regelungen des Teilungsabkom-mens (im Folgenden: [X.]) lauten wie folgt:

"§ 1

Werden von der [X.] = Klägerin] aufgrund von [X.] der §§
116 ff. [X.] Ersatzansprüche gegen eine natürliche oder juristi-sche Person erhoben, die gegen die gesetzliche Haftpflicht aus dem der Forde-rung zugrunde liegenden Schadensereignis bei dem [X.] [Haftpflichtversicherer = [X.]] versichert ist, so verzichtet der [X.] auf die Prüfung der [X.] und beteiligt sich nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen an den [X.] [X.] (...) Die [X.] verzichtet ihrerseits auf weitergehende Forde-rungen, und zwar auch dann, wenn der Schaden nachweisbar in vollem [X.] durch das Verschulden des Haftpflichtigen verursacht worden ist.

§ 2

Für die Anwendung des Teilungsabkommens gelten die folgenden Vorausset-zungen:

5. Im [X.] ([X.]) muss ein ursächlicher Zu-sammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem Gebrauch eines Kraft-fahrzeugs im Sinne der Rechtsprechung des [X.] bestehen.
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§ 4

12. Von den Barleistungen der [X.] (Übergangsgeld, Verletztengeld, Renten) werden die ersten DM 10.000,00 ... hälftig ohne Rücksicht darauf geteilt, ob die Leistungen zivilrechtlich übergangsfähig sind.
Soweit Leistungen der [X.] den vorstehenden Betrag von [X.], ist dagegen der Einwand der mangelnden zivilrechtlichen Übergangsfähig-keit zulässig. Die Beweislast obliegt ausschließlich der [X.]

13. Hinsichtlich der schadensbedingten Sachleistungen der [X.], die der [X.] nach diesem Abkommen mit 50 % erstattet, ist der Einwand der mangelnden zivilrechtlichen Übergangsfähigkeit zulässig."

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Die Beru-fung der [X.] hatte keinen Erfolg. Die Revision hat das [X.] nicht zugelassen.
2. Das Berufungsgericht führt aus, die [X.] könne mit ihrem [X.], es fehle an der haftungsausfüllenden Kausalität des Unfalls für die gel-tend gemachten Aufwendungen, nicht gehört werden,
weil sie auf die Prüfung der Haftungsfrage verzichtet habe. Voraussetzung für ihre Haftung sei gemäß §
2 Nr.
5 [X.] lediglich, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs bestehe. Daher komme es nur
darauf an, ob ein innerer Zusammenhang zwischen Schadensfall und versichertem Wagnis bestehe. Dafür genüge bereits die Möglichkeit, dass der eingetretene Schaden auf dem versicherten Wagnis beruhe. Das sei hier der Fall. Ein sogenannter Groteskfall, bei dem schon aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unzweifelhaft und offensichtlich eine Ersatzpflicht des [X.] gar nicht in Frage komme, liege nicht vor. Eine Beschränkung des Verzichts auf die Prüfung der Haftungsfrage, etwa dahin gehend,
dass der [X.] im Zweifel die Ursächlichkeit des fraglichen Schadens-falls für den der Kostenforderung zugrunde liegenden Krankheitsfall nachzuwei-3
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sen habe, sei hier nicht vereinbart worden. Vielmehr sei gemäß §
4 Nr.
13 [X.] hinsichtlich der schadensbedingten Sachleistungen der Klägerin lediglich der Einwand der mangelnden zivilrechtlichen Übergangsfähigkeit zulässig. Der [X.] "schadensbedingt" beziehe sich erkennbar auf den ursächlichen Zusam-menhang gemäß §
2 Nr.
5 [X.] und sei nicht im Sinne von "unfallbedingt" zu [X.]. Es komme auch nicht darauf an, ob der Anspruch tatsächlich auf den Sozialversicherungsträger übergegangen sei. Ausgeschlossen seien nur [X.], die ihrer rechtlichen Natur nach nicht übergangsfähig seien. Durch eine solche Auslegung werde das wirtschaftliche Gleichgewicht eines Teilungs-abkommens auch nicht derart gestört, dass sich der Haftpflichtversicherer sofort davon trennen müsse. Der Umstand, dass die Haftungsfrage nicht geprüft [X.], wirke sich auch zu seinen Gunsten aus, weil er auch bei alleiniger Verursa-chung durch seinen Versicherungsnehmer lediglich 50 % der entstandenen Aufwendungen erstatten müsse.
3. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil sie nicht auf-zeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Ent-scheidung des [X.] erfordert (§
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO).
Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde hat das [X.] die Bestimmungen des Teilungsabkommens zutreffend ausgelegt. Der vorliegend in §
4 Nr.
12 und 13 geregelte Einwand der mangelnden zivil-rechtlichen Übergangsfähigkeit betrifft weder die Haftungsfrage noch die [X.], sondern die Frage, ob
der Sozialversicherungsträger gemäß §
116 [X.] zur Geltendmachung des Anspruchs des Geschädigten berechtigt sei. Zu prüfen ist deshalb nur, ob der Anspruch, wenn er bestünde, gemäß §
116 [X.] auf den Sozialversicherungsträger übergegangen wäre (vgl. Se-natsurteile vom 6.
Dezember 1977 -
VI
ZR 79/76, [X.], 150, 153 und 5
6
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6
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vom 8.
Februar 1983 -
VI
ZR 48/81, [X.], 534, 535; [X.], Urteile vom 2.
Juni 1966 -
II
ZR 45/64, [X.], 817, 818 und vom 11.
Januar 1989 -
IVa
ZR 285/87, [X.], 86). Der Begriff der "zivilrechtlichen Übergangsfä-higkeit" wird im Schadensersatzrecht einheitlich so verstanden, dass der Leis-tung des Sozialversicherers ein auch sachlich kongruenter Anspruch des [X.] gegenüberstehen muss (vgl. [X.], Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10.
Aufl. 2010, Rn.
597 ff., [X.]; [X.], [X.] im Schadensersatzrecht, Kap.
1, Rn.
78
f.). Wenn in einem Teilungsab-kommen -
wie dies häufig bis zu einer bestimmten Wertgrenze geschieht
-
auf die "Prüfung des Rechtsübergangs" bzw. den Einwand der mangelnden Über-gangsfähigkeit verzichtet wird, erstreckt sich dieser Verzicht grundsätzlich auf das Fehlen der für den Regress vorausgesetzten Kongruenz zwischen einzel-nen Schadenspositionen und den Versicherungsleistungen sowie auf das Ein-greifen des [X.] (vgl. [X.]/[X.], [X.], 26.
Aufl., 30.
Kap. Rn.
100). Von der Prüfung des Übergangs des zivilrechtli-chen Schadensersatzanspruchs ist die Prüfung der Haftungsfrage zu trennen, worauf die [X.] in §
1 [X.] ausdrücklich und ohne Einschränkung verzichtet hat.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2, 2.
Halbs. ZPO abgesehen.
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7
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Galke
[X.]
Pauge

[X.]
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.02.2010 -
20 O 254/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 03.12.2010 -
20 U 35/10 -

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Meta

VI ZR 337/10

20.09.2011

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2011, Az. VI ZR 337/10 (REWIS RS 2011, 3200)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3200

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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